3. Kapitel
Katie und Tia waren eine der ersten, die aus dem Zug und auf den Bahnsteig sprangen, sobald dieser stand.
Tia hätte sich gerne noch ein wenig Zeit gelassen, aber Katie musste sie unbedingt mit sich mitreißen und so kam es, dass sie einen kurzen Moment beinahe allein auf dem Bahnsteig standen.
Es war dunkel geworden und Tia wickelte sich noch ein wenig mehr in ihrer Jacke ein, da es auch ein wenig frischer war. Der Sommer hatte sich verabschiedet und der Herbst kam langsam in der Nacht zum Vorschein.
„Erstklässler! Erstklässler zu mir!", rief eine laute, dunkle Stimme über den Bahnsteig.
„Wir sind gemeint!", rief Katie aufgeregt und riss Tia schon wieder mit sich. Sie schien wirklich ein verstecktes Talent zu haben, Tia wohl immer mit sich reißen zu können.
Der, der rief, war ein riesiger Mann mit buschigem Haar und Bart. Er war bestimmt zwei Meter groß und als Tia vor ihm stand, musste sie ihren Kopf in den Nacken legen, um seinen Kopf zu sehen.
„Du bist ziemlich groß", bemerkte Katie geradeheraus und Tia schlug ihr leicht in die Seite.
„Katie, du kannst nicht einfach so durch die Gegend gehen und anderen sagen, dass sie groß sind!", tadelte sie ihre Freundin, aber der große Mann schien das nicht böse zu nehmen.
„Das ist kein Problem – ich weiß, dass ich groß bin, aber vielleicht seid ihr beide ja nur sehr klein", vermutete der Mann.
Katie runzelte die Stirn und stemmte ihre Hände in die Hüfte. „Ich bin nicht klein – ich wachse noch!", bestimmte sie selbstsicher und reckte wieder ihren Kopf in die Höhe, um größer zu wirken.
„Das wirst du bestimmt noch", stimmte der Mann ihr zu.
„Ich bin Katie", stellte sie sich vor und Tia war erstaunt, wie selbstsicher sie immer war. Tia konnte es sich nicht vorstellen, sich wildfremden Leuten einfach so vorzustellen, aber Katie schien damit kein Problem zu haben.
„Mein Name ist Hagrid", stellte sich der große Mann vor, bevor er wieder begann, die Erstklässler zu sich zu rufen.
Als sich eine kleine Traube um ihn gebildet hatte, mit Kindern, die alle so alt zu sein schienen, wie Tia und Katie, fragte Hagrid noch einmal in die Runde: „Sind alle hier? Sind alle Erstklässler hier? Dann mir nach!"
Hagrid führte sie einen kleinen, schmalen Pfad hinunter und die meisten rutschten eher, als wirklich zu gehen. Tia und Katie gingen Hand in Hand, um sich aufzufangen, sollten sie ausrutschen und tatsächlich riss Katie sie beide beinahe einmal zu Boden, aber Tia hielt sie beide auf den Beinen.
„Du bist wirklich stark", keuchte Katie und konzentrierte sich wieder auf den Weg. Tatsächlich war Tia, für ihre Größte und ihre Muskelmasse, stärker, als man es ihr ansah. Ihre Großmutter hatte immer gesagt, dass es einfach in der Fuego Familie lag, stark zu sein. Die Fuegos waren eben stark.
„Da vorne um die Biegung – da könnt ihr dann das erste Mal Hogwarts sehen!", warnte Hagrid sie vor und tatsächlich als sie noch ein Stück weitergingen, tauchte am Ende des Pfades ein großer See auf und am anderen Ufer stand ein riesiges Schloss. Der beinahe volle Mond schien auf den See und sein Licht wurde zu schimmernden Streifen reflektiert. Das Schloss wurde nur von seinem eigenen Licht beleuchtet, das von den Fenster nach draußen strahlte.
Am Ufer ankerten viele kleine Boote, zu denen Hagrid sie führte.
„Nicht mehr als vier in einem Boot!", rief Hagrid laut und sofort setzten Tia und Katie sich in eines, zusammen mit zwei Jungen, die aber ziemlich ängstlich und schüchtern aussahen und kaum sprachen.
„Alle drin?", fragte Hagrid noch einmal laut, „Nun denn – VORWÄRTS!"
Wie von Zauberhand (Tia vermutete, dass es wirklich Zauberei war) setzten sich die Boote in Bewegung und glitten über den ruhigen See. Sie kamen dem großen Schloss immer näher und die Boote glitten durch einen Efeuvorhang in einen Tunnel.
Am Ufer angekommen kletterten sie alle aus den Booten und Hagrid führte sie weiter eine Steintreppe hoch, bis sie an ein Eichentor kamen.
Hagrid sah sich noch einmal um, um sich zu vergewissern, dass ihm alle nachgekommen waren, bevor er seine gewaltige Faust hob und dreimal an das Eichentor klopfte.
Als Tia in die Große Halle eintrat, traute sie ihren Augen kaum. Die Decke schien ein Sternenhimmel zu sein und Kerzen schwebten über ihre Köpfe. Die vielen Schüler, die sich schon auf vier Tischen versammelt hatten, schauten sich sofort zu den Erstklässlern um und Tia fühlte sich sehr unwohl mit all den Blicke auf ihr, aber die Aufregung verschwand, nachdem einer alter, lustiger Hut ein Lied über die vier Häuser gesungen hatte und McGonagall ihnen mitteilte, dass sie ihre Namen vorlesen würde und der Hut sie in ihr Haus einteilen würde.
„Bell, Katie", las McGonagall Katie als erstes vor.
„Warum muss ich immer die erste sein", fluchte sie leise, schritt aber trotzdem mit großen, schnellen Schritten vor und setzte sich auf den Stuhl. Der Hut rutschte über ihre Augen, blieb dort aber nur für wenige Sekunden, bevor er laut rief: „Gryffindor!"
Der Tisch der Gryffindors jubelte laut und Tia freute sich für ihre Freundin, die sofort zu ihnen rannte und sich setzte.
Weitere Schüler wurden genannt und eingeteilt, als Tia an der Reihe war.
„Fuego, Tara", hörte sie ihren Namen.
Nervös mit zitternden Knien stieg sie die Treppen hoch und setzte sich auf den dreibeinigen Stuhl. Der Hut rutschte über ihre Augen und plötzlich hörte sie eine Stimme in ihrem Kopf.
Sie war piepsig und Tia konnte sich im ersten Moment nicht erklären, woher sie kam, bevor sie realisierte, dass wohl der Hut zu ihr sprach.
„Hmm", sagte die Stimme, „Ich sehe schon, du wirst ein schwieriger Fall sein."
„Entschuldigung", dachte Tia beschämt.
„Kein Grund, sich zu entschuldigen", meinte der Hut, „Ich habe es bis jetzt schon immer geschafft, alle einzuteilen – du bist keine Ausnahme. Aber ich sehe, Hufflepuff wäre eine Möglichkeit."
Hufflepuff, das Haus der Treue und Loyalität. Katie hatte zwar gesagt, dass Hufflepuff ein langweiliges Haus wäre, aber für Tia klang es nicht so schlecht.
„Oder vielleicht doch eher Ravenclaw? Kreativität und Klugheit sehe ich auch in deinem Kopf", überlegte der Hut.
„Oh, ich bin sicher, Sie wissen, was passend für mich ist", dachte Tia, „Hauptsache, ich fühle mich dort wohl."
„Wohlfühlen, hu?", fragte der Hut laut, „Deine Freundin ist in Gryffindor – willst du nicht auch dorthin?"
„Ich bin mir sicher, wir können auch so miteinander sprechen, ohne im selben Haus zu sein", gestand Tia, „Aber ich denke nicht, dass ich wirklich geeignet bin, ein Gryffindor zu sein. Ich bin doch nicht mutig."
„Und doch sehe ich in dir genau das Gegenteil", meinte der Hut, „Mut und Tapferkeit – vielleicht siehst du es nicht auf den ersten Blick, aber beides findet sich in dir in Massen."
„Oh, nein", widersprach Tia, aber der Hut hörte nicht auf sie.
„Ich habe mich entschieden. Du würdest auch in Hufflepuff und Ravenclaw deinen Platz finden, aber ich sehe deine Zukunft eher in –"
„GRYFFINDOR!", rief der Hut laut und der Gryffindortisch begann laut zu klatschten, als Tia den Hut absetzte und sich zu Katie gesellte.
„Hab ich dir doch gesagt – Gryffindor! Wir sind beide in Gryffindor!", rief Katie aufgeregt, „Du hast dir aber ordentlich Zeit gelassen!"
„Wirklich?", fragte Tia. Ihr kam es so vor, als wären kaum ein paar Sekunden vergangen, aber ein rothaariger Schüler mit Brille, der in ihrer Nähe saß sah auf seine Uhr und nickte.
„Beinahe fünf Minuten – ein Hutklemmer!"
Tia wusste nicht, was ein Hutklemmer war, aber sie schlussfolgerte, dass es ein Schüler war, bei dem der Hut länger brauchte, als sonst.
Nachdem alle anderen Schüler auch noch eingeteilt wurden, stand der Schulleiter, Professor Dumbledore auf und hob seine Arme, um eine Rede zu halten.
„Ich habe noch, bevor das Festessen beginnt, einige Wörter zu sagen!", rief er in die Halle und alle hörten zu, „Lasst es euch schmecken!"
Einige lachten, andere klatschten und Tia kicherte verwirrt. Wenn es ihr bis jetzt noch nicht klar gewesen ist, wusste sie spätestens jetzt, dass diese Schule nicht so war, wie andere.
Plötzlich tauchten auf den Tellern und Schüsseln, die schon am Tisch standen verschiedene Gerichte auf und einige „Ohh"s und „Ahh"s waren zu hören. Auch Tia staunte nicht schlecht, als die Gerichte auftauchten und Katie neben ihr wartete nicht lange, bevor sie kräftig zulangte.
Auch Tia schöpfte sich von allem etwas auf ihren Teller, denn obwohl sie so schmal war, hieß das noch lange nicht, dass sie nicht gerne und viel aß. Ihre Großmutter hatte häufig gescherzt, dass ihr Magen ein Schwarzes Loch sein musste, so viel konnte das kleine Mädchen verdrücken – besonders, wenn es um Schokolade ging.
Katie und Tia sagten erst einmal kein Wort, weil sie zu beschäftigt mit essen waren, aber als sie die Aufregung dieses ersten Zaubers legte, begann Katie ein Gespräch.
„Ich habe gedacht, dein Name wäre Tia!", beschwerte Katie sich laut, „Warum liest McGonagall dann „Tara" vor?"
„Tia ist nur ein Spitzname", gestand Tia schüchtern, „Meine Großmutter nennt mich schon so, seit ich ein Baby war. Tia ist eigentlich nur eine Zusammensetzung der Initialen meiner ersten drei Namen."
„Ersten drei?", wiederhole Katie kichernd, „Du hast mehr als drei Namen?"
„Es ist Tradition in der Familie, seinen Kindern viele Namen zu geben. Meine Großmutter und meine Mutter haben auch so lange Namen", gestand Tia leise und wurde rot.
„Jetzt musst du mir aber sagen, wie du mit vollem Namen heißt – kein Name wird ausgelassen, außer es sind mehr als hundert, dann kannst du nach den ersten zwanzig aufhören", befahl Katie.
Tia seufzte, aber sie wusste, dass sie Katie neugierig gemacht hatte. Sie mochte ihren vollen Namen nicht wirklich – er war so lang und so edel.
„Tara Isabel Apate Carla Peloma Fuego", sagte Tia ihren vollen Namen auf und Katie Mund blieb weit offenstehen.
„Was? Nicht mehr? Nicht auch noch „Hildegard Anna Zita von Hausenstadt die Dritte?"
„Nein, nur diese fünf", grinste Tia.
„Mehr als genug", schnaubte Katie, „Ich bin froh, wenn ich mir den meinen merken kann!"
„Dann nenn mich einfach Tia und erwähne meine anderen Namen nie wieder", schlug Tia vor, „Du bist glücklich, ich bin glücklich und niemand muss sich die Mühe machen, sich meine Namen zu merken."
„Klingt nach einem Deal, Tia", grinste Katie und stopfte sich weiter mit Kartoffel voll.
Egal, wie gut Tia das Essen schmeckte, irgendwie bemerkte sie früh, dass sie das Essen ihrer Großmutter vermisste. Sie kannte, seit sie ein kleines Kind war, eigentlich nur das Essen ihrer Oma und hatte deswegen auch nie gewusst, was ihre abuelita damit meinte, wenn sie sich wieder einmal über das englische Essen aufregte, das ihr einfach zu fad schmeckte. Ohne die übliche Schärfe merkte Tia erst recht, wie scharf sie sonst immer aß. Es schmeckte ihr zwar, aber nicht so gut, wie sie erwartet hatte. Selbst die Gerichte, die etwas würziger aussahen, waren für sie noch nicht genug.
„Wo ist Chili, wenn man es braucht", seufzte Tia irgendwann unter dem Essen, aber nicht nur Katie hörte es, sondern noch jemand, von dem Tia lieber gewollt hätte, er hätte es nicht gehört.
„Chili?", einer der rothaarigen Zwillinge, die sie im Zug belästigt hatten, hatte gehört, was Tia gesagt hatte und grinsend zückte er tatsächlich einen echten Chili. Sofort hellte sich Tias Gesicht auf, als sie das vertraute Gewürz erblickte, aber der Zwilling schien das nicht zu verstehen.
„George, nicht!", warnte sein Zwilling ihn dramatisch, „Lee hat gesagt, die ist wirklich scharf!"
„Dann kann unsere kleine Angeberin ja beweisen, was sie kann", schlug der Zwilling, George vor und hielt Tia die Chili herausfordernd hin, „Wenn du es schaffst, die Chili zu essen, lassen wir dich die ersten paar Monate in Ruhe."
„Oh, vielen Dank!", freute Tia sich, dass ihr jemand den Geschmack von Heimat anbot und sie lächelte den Jungen überglücklich an, „Ich nehme sie gerne. Danke, das ist wirklich großzügig von dir!"
Nun sah George nicht mehr so selbstsicher aus, als Tia vollkommen unbeeindruckt und seiner Meinung nach beinahe schon herausfordernd die Hand hinhielt, um den Chili entgegenzunehmen.
„Tia, bist du dir sicher?", fragte Katie neben ihr, aber auch sie sah so aus, als würde sie dieses Schauspiel gerne sehen, „Mein Vater hat einmal Chili gegessen – es hat wirklich schlimm ausgesehen."
„Oh, vor Chili muss man keine Angst haben", winkte Tia ab, „Man muss sich nur an die Schärfe gewöhnen. Ein einziges Mal hat meine abuelita so viele Gewürze in den Eintopf getan, dass nicht einmal sie ihn noch essen konnte, ohne nebenbei ein Stück Brot zu haben – das war wirklich scharf, aber diese Chili-Art ist nichts dagegen."
Nun, da Tia George direkt herausgefordert hat, konnte er nicht anders, als das Gewürz in ihre Hand zu legen. Tia zögerte nicht lange und biss herzhaft ab. Es war nicht direkt scharf für sie – eher würzig. Mittlerweile sahen ihnen alle Gryffindors zu, bereit, laut zu lachen, wenn Tia bemerken würde, wie scharf sie war, aber das geschah nicht.
„Nicht möglich", George riss ihr den Chili wieder aus der Hand und besah ihn kurz, bevor er selbst davon abbiss, bevor Tia ihn warnen konnte.
Im ersten Moment passierte nichts, aber dann spürte George langsam die Schärfe, die sich in seinem Mund ausbreitete. Er versuchte es, zu verstecken, aber er konnte nicht verhindern, dass sein Kopf knallrot wurde.
„George, das war dumm", bemerkte ein anderer rothaariger Gryffindor trocken, beobachtete aber genauso wie alle anderen amüsiert, wie er zu husten begann.
„Wasser", keuchte George verzweifelt und hustete. Sein Zwilling, Fred schenkte ihm einen Krug Kürbissaft ein.
„Ich würde das nicht tun", warnte Tia, aber George hörte nicht auf sie und trank schnell etwas von dem kühlen Getränk und für einen Moment half es wirklich, aber dann kam die Schärfe zurück – schlimmer und in seinem ganzen Mund.
„Oh, Gott", jammerte George, „Warum habe ich das getan?"
„Du kannst mich ruhig Tia nennen", winkte Tia ab, „Und ich empfehle dir, Brot zu essen – das hilft besser."
George warf ihr einen bösen Blick zu, aber er hörte auf ihren Rat und begann auf etwas Brot herumzukauen, was wirklich half und bald färbte sich sein Gesicht wieder zu seiner ursprünglichen Farbe, aber seine Ehre war wirklich stark beschädigt worden.
„Ich habe dich gewarnt", bemerkte Fred selbstgefällig, „Du hast nicht auf mich gehört."
„Halt die Klappe, Fred", brachte George nur heraus.
Als alle mit dem Hauptgang fertig waren, gab es noch Nachspeisen und Tia war kurz davor, in Tränen auszubrechen, als sie die riesige Schokotorte sah.
„Wow!", staunte sie, „Hätte mir das jemand davor schon gesagt, dass es so viel Schokotorte geben wird, dann hätte ich nicht so viel von den Kartoffeln gegessen!"
„Ich sehe schon, wir haben es hier mich einer Schokoladen-Süchtigen zu tun", bemerkte Katie, „Und ich hätte gedacht, ich wäre süchtig nach Lakritze."
„Ich wünschte, ich wäre ein Hamster, dann könnte ich Schokotorte in meine Backen stopfen und später essen", seufzte Tia sehnsüchtig.
Sie endete mit zwei Stück Schokotorte, aber mehr, und das gab sie selbst ungern zu, konnte sie einfach nicht essen. Mit dem Essen, das ihre Großmutter immer kochte, wurde sie zwar immer satt, aber so richtig voll war sie bis zu jenem Abend nicht gewesen.
Nach dem Essen sprach Dumbledore noch ein paar Worte an alle, aber es waren nur Informationen über das kommende Schuljahr. Wohin sie gehen durften, wohin nicht, was sie machen durften und der neue Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste wurde vorgestellt, ein gewisser Professor Nogard.
Nachdem Dumbledore seine Rede beendet hatte, verließen die Schüler langsam die Große Halle.
„Erstklässler Gryffindors! Mir hinterher!", rief ein rothaariger Gryffindorschüler und winkte sie alle zu sich.
„Ich bin Charlie Weasley und ich bin ein Vertrauensschüler! Wenn ihr mir folgen wollt – bitte verlauft euch nicht, das wäre nicht gut für meinen Lebenslauf und bitte bringt auf dem Weg niemanden um – das wäre auch nicht so gut."
„Er gefällt mir", bemerkte Katie grinsend und stieß Tia leicht in die Seite.
Zusammen folgten sie Charlie Treppen hoch. Er erzählte von den Gemälden, die sich bewegten, von den Treppen, die sich auch bewegten, von den Rüstungen, die sich ebenfalls zu bewegen schienen und eigentlich warnte er sie, dass sich so ziemlich alles im Schloss bewegen könnte. Tia fand das alles furchtbar faszinierend, versuchte aber gleichzeitig sich den Weg einzuprägen. Sie war sich sicher, dass es nicht schaden konnte, aber sie machte sich da eher wenige Sorgen, da sie einen außergewöhnlichen Orientierungssinn besaß.
„Und hier sind wir", Charlie hatte sie zu dem Gemälde einer dicken Frau gebracht, die sie schon zu erwarten schien.
„Passwort?", fragte sie ein wenig hochnäsig, als würde sie versuchen, besonders seriös und ernst zu wirken, aber sie selbst sah einfach so lächerlich aus, dass es ihr nicht wirklich gelang.
„Drachenei", sagte Charlie stolz das Passwort und das Portrait schwang zur Seite und ein kleiner Durchgang kam zum Vorschein.
Nacheinander kletterten die Schüler durch und als Tia zum ersten Mal den Gemeinschaftsraum der Gryffindors betrat, blieb sie erst einmal verwundert stehen. Einige bequem aussehende Sessel und eine Couch standen scheinbar willkürlich im Raum verteilt, im Kamin prasselte ein warmes Feuer und durch die Fenster sah man hinaus in die dunkle Nacht. Der Raum selbst war rund, was für Tia als eine seltsame Form vorkam, aber dann erinnerte sie sich an die runden Türme, die sie von außen bei dem Schloss gesehen hatte und kombinierte so, dass sie sich wohl in so einem Turm befinden mussten.
„Hier geht es zu den Mädchenschlafsälen hoch und dort oben zu denen der Jungen", beendete Charlie seine Führung, „Ich hoffe, Sie genießen den Aufenthalt in Hogwarts und bei Unsicherheiten und Fragen stehen Ihnen die Vertrauensschüler immer zur Verfügung. Noch eine gute Nacht!"
Mit einer Verbeugung verabschiedete sich Charlie und er bekam von wenigen Applaus.
„Ich habe gehört, die Betten in Hogwarts sind die bequemsten des Landes", schwärmte Katie und riss schon wieder Tia an ihrem Arm hinter sich her, „Komm mit!"
Katie zog Tia die Treppen der Mädchenschlafsäle nach oben und sie kamen in einen runden Raum, in dem fünf Himmelbetten mit tiefroten Samtvorhängen verkleidet standen. Ihr Gepäck stand vor jeweils einem Bett. Sofort warf Katie sich in ihr Bett.
„Wow!", seufzte sie zufrieden in die Matratze, die ihre Stimme dämpfte, „Die sind wirklich bequem."
„Das ist ein Festessen gewesen", schwärmte ein Mädchen, das hinter Tia in den Schlafsaal kam, „Ich hätte nicht erwartet, dass ich mich so wohl in Hogwarts fühlen würde."
„Ich kann nicht glauben, dass ich Gryffindor gelandet bin", gab eine andere zu, „Ich hätte gedacht, ich würde nach Ravenclaw kommen, wie meine Mom."
„Ich bin übrigens Katie!", rief Katie begeistert und sprang auf ihrem Bett herum.
„Entschuldigt sie – sie hat ein wenig viel von der Früchtetorte gegessen", entschuldigte sich Tia für ihre Freundin.
„Als ob du nicht auch zwei Stück Schokotorte gegessen hättest!", kicherte Katie, „Zu Hause bekomme ich nie so viel Zucker."
„Ich verstehe auch, warum", grummelte ein Mädchen mit Brille, das sich schon den Pyjama angezogen hatte, „Und ich hätte jetzt auch gerne Ruhe – morgen beginnen die Stunden und ich habe keine Lust, müde dort aufzutauchen."
„Spaßverderberin", hustete Katie heimlich und grinste breit, während Tia sich ein Grinsen verhielt. Das Mädchen schnaubte noch einmal unzufrieden, bevor sie ihre Brille absetzte und auf das Nachtkästchen legte, bevor sie die Vorhänge ihres Bettes zuzog.
„Kümmert euch nicht um Vicky – sie ist ein wenig nervös wegen den Klassen morgen", entschuldigte sich ein Mädchen mit dunkelblonden Haaren, die sie zu einer eleganten Hochsteckfrisur frisiert hatte, „Ich bin übrigens Leanne. Du bist Katie und du bist...?"
„Ich bin Tia", stellte sie sich vor.
„Du bist die verrückte, die sich mit einem der Weasley-Zwillinge angelegt hat! Das Chili-Mädchen!", erinnerte sie sich begeistert.
„Hast du gehört?", freute Katie sich und klatschte begeistert in die Hände, „Du hast jetzt schon einen Spitznamen! Du bist jetzt schon bekannt in der Schule!"
„Mir wäre es lieber, wenn ich noch ein paar Monate ausgekommen wäre, ohne die Seltsame zu sein", gab Tia leise zu.
„Es schadet nie, sich schnell eine Bekanntschaft in der Schule aufzubauen. So bekommt man immer die aktuellsten Neuigkeiten mit, oder nicht?", fragte sich Leanne, „Und, habe ich das schon gesagt? Ich liebe deine Haare!"
Als Leanne über Tias Haare schwärmte, konnte sie nicht anders als rot zu werden.
„Ihre Haare? Wirklich, Leanne?", hinterfragte Katie sie, „Hast du ihre Augen gesehen? So vollkommen verschieden!"
„Ihr könnt jetzt aufhören, über mich zu sprechen", bat Tia schüchtern und begann sich selbst bettfertig zu machen. Sie zog ihren Pyjama an und öffnete ihren Zopf, um ihre Haare noch einmal zu flechten, aber dieses Mal in zwei Zöpfe, damit sie bequemer schlafen konnte, sich aber ihre langen, dicken, leicht lockigen Haare nicht verknoteten, aber bevor sie mit dem flechten beginnen konnte, stieß jemand einen wirklich hohen, wirklich lauten Ton aus und Tia zuckte zusammen.
„Bitte sag, dass ich deine Haare flechten darf!", bat Leanne begeistert, „Sie sehen so weich und flauschig aus."
„Ich... äh", stammelte Tia, unsicher, wie sie darauf reagieren sollte. Zu Hause flocht ihre Großmutter ihr oft ihre Haare, aber noch nie war jemand so begeistert über ihre Haare gewesen.
„Könnt ihr das nicht ein wenig leiser machen? Ich will schlafen!", beschwerte sich Vicky von ihrem Bett aus und die anderen Mädchen kicherten und grinsten schelmisch, bemühten sich aber, leiser zu sein.
„Äh... klar", antwortete Tia, und Leanne klatschte begeistert in die Hände, bevor sie sich zu Tia auf ihr Bett setzte und begann, mit ihren Händen durch ihre Haare zu kämmen.
„Wie die Haare einer Veela", schwärmte Leanne zufrieden und flocht die feinen, aber doch dicken Haare zu einem ordentlichen Zopf. Tia machte es selten so makellos, denn meistens waren ihr ihre Haare egal, Hauptsache sie musste sich am nächsten Morgen nicht mit ihnen abquälen.
Als Leanne fertig damit war, ihre Haare zu flechten, legten sich alle Mädchen in ihre Betten.
„Gute Nacht", begann Katie.
„Gute Nacht", führte Leanne fort.
„Gute Nacht", gähnte auch Tia.
„Haltet endlich die Klappe", fluchte Vicky und die anderen kicherten noch einmal leise, bevor sie alle einschliefen und Tia fragte sich, ob es sich so anfühlte, Freundinnen zu haben.
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