27. Kapitel

Dieses Jahr war Tia nicht mehr so aufgeregt über die Prüfungen, wie im ersten Jahr. Immerhin wusste sie jetzt ungefähr, was sie erwartete, wenn man Verteidigung gegen die Dunklen Künste nicht mitzählte, wo sie ja einen neuen Professor hatten, aber das änderte nichts daran, dass sie doch ein wenig nervös war.

Keiner bestritt, dass Tia nicht sonderlich begabt in den meisten Hexen-Disziplinen war, aber sie begann schon immer früh mit dem Lernen und bemühte sich wirklich, wenigstens in die nächste Klasse zu kommen.

Die Prüfungen brachte sie einfach hinter sich – sie war nicht wirklich außergewöhnlich gut in den Fächern, außer natürlich in Zaubertränke.

Im Gegensatz zu allen anderen, die wohl eher Probleme darin zu haben schienen, kannte sie die Tränke schnell auswendig, schaffte es ohne Probleme durch die Prüfung und Snape sah sie am Ende nicht so an, als hätte sie vollkommen versagt, also war das die einzige Prüfung, aus der sie mit einem Lächeln ging.

„Da hat ja jemand gute Laune", bemerkte George, nachdem Tia gleich nach der Prüfung in die Große Halle zum Mittagessen ging. Katie und Leanne waren noch in der Klasse und stellten ihren Trank noch fertig, aber Tia war schon etwas früher fertig gewesen.

„Wir haben gerade Zaubertränke gehabt und das erste Mal habe ich ein gutes Gefühl!", grinste Tia.

„Wenigstens eine, die vor Zaubertränke keinen Nervenzusammenbruch bekommt", lachte Fred, „Wie ist es dir in den anderen Fächern gegangen?"

„Flitwick und McGonagall haben gesagt, dass ich durch bin, obwohl ich die Maus in Verwandlung blau und nicht gelb gefärbt habe... in den anderen Fächern weiß ich es noch nicht."

Katie und Leanne kamen zusammen in die Große Halle und ließen sich wortlos neben Tia auf die Stühle fallen.

„Ich hasse Zaubertränke", schnaubte Leanne, „Ich bin froh, dass ich überhaupt etwas abgeben konnte!"

„Das einzige, das mich während der Prüfung bei Laune gehalten hat, war Vicky – sie hat so ausgesehen, als würde sie auch noch gerne Vicky-Tränen zu ihrem Trank hinzufügen. Vielleicht wäre er dann besser geworden", grinste Katie.

„Sei nicht so gemein – durchzufallen ist niemals lustig", tadelte Tia sie schnell.

„Tia, sie wollte dich umbringen – natürlich bin ich gemein zu ihr", zeigte Katie auf.

„Sie wollte mich nicht umbringen – sie hat mich nur verbrannt."

„Wenn sie dich dabei umgebracht hätte, hätte es sie bestimmt auch nicht gestört", meinte Katie. Es stimmte, dass seit dem Vorfall in Zaubertränke keiner aus dem Mädchenschlafsaal noch mit Vicky sprach und sie war auch erstaunlich häufig Opfer von den Streichen von Fred und George. Tia hatte beschlossen, das Mädchen einfach zu ignorieren. Die Verbrennungen hatten zwar keine Narben hinterlassen, aber dennoch hatte Tia verstanden, dass man mit Vicky nicht rational sprechen konnte und bevor sie sie so stark verletzte, dass sie für immer Narben tragen würde, ging sie ihr lieber aus dem Weg. Zu ihrem Glück teilte Snape sie seitdem auch nicht mehr mit ihr ein, aber Tia wusste nicht, ob es Zufall war oder Absicht.

„Heute Nachmittag haben wir endlich frei", freute sich Leanne, „wir könnten raus und die Sonne noch einmal genießen."

„Lee und wir gehen später noch zum See – kommt einfach mit", schlug George schon beinahe hoffnungsvoll vor.

„Klingt gut", Tia zuckte mit den Schultern und nachdem auch ihre Freundinnen nickten, waren die Nachmittagspläne fixiert.

Am See lockten die Zwillinge mit Lee den Tintenfisch aus dem See – jedenfalls versuchten sie es, denn Tia war sich nicht sicher, ob Tintenfische gerne Marmeladebrote aßen.

Plötzlich tauchte tatsächlich ein Tentakel auf und jubelnd versuchte die drei ihn zu berühren.

„Ich warte nur darauf, dass etwas passiert", gestand Katie, aber sie beobachtete die drei trotzdem amüsiert.

„Ich kann nicht glauben, dass wir jetzt schon unser zweites Jahr hinter uns haben", Leanne streckte sich, bevor sie sich ins Gras fallenließ.

„Es kommt mir vor, als wäre dieses Jahr wirklich schnell vergangen", stimmte Tia ihr zu, „Und eigentlich hat es nicht allzu viele Aufregungen gegeben."

„Du vergisst wohl den Troll zu Halloween", zeigte Katie auf.

„Und den verhexten Besen von Harry Potter", erinnerte sich Leanne.

„Und generell mein erstes Quidditch-Spiel."

„Und deine Verbrennungen."

„Ich habe es verstanden – es hat einige aufregende Zeiten gegeben, aber jetzt so zurückblickend kommt es mir ziemlich ruhig vor", erklärte Tia.

„Und hoffentlich bleibt es auch die nächsten Jahre so", schnaubte Katie, „Ich habe ehrlich gesagt nicht so viel Interesse daran, dass irgendetwas meine Schulzeit unterbrechen könnte."

„Damit meinst du wohl deine Quidditch-Karriere und nicht die Schule, oder?", erriet Leanne, und Katie zuckte grinsend die Schultern.

Die drei verstummten wieder und sahen wieder Fred, George und Lee dabei zu, wie sie mit dem Tintenfisch spielten, als das passierte, was sie alle erwartet hatten – plötzlich war überall pechschwarze Tinte und der Tentakel packte sich das Brötchen, bevor er im Wasser wieder verschwand.



Bei der Abschlussfeier gab es nur ein Gesprächsthema – Harry Potter und wie er aus unempfindlichen Gründen Quirrell zum Verschwinden gebracht hatte.

Tia hatte so viele Gerüchte gehört, dass sie sich nicht einmal mehr sicher war, welchen sie trauen sollte. Sie hatte gehört, dass Harry den Professor mit Avada Kadavra umgebracht hatte, dann hörte sie wieder eine Version, dass Quirrell gar nicht tot, sondern einfach nur in einem geheimen Keller unter dem Schloss eingesperrt war. Eine andere Geschichte erzählte von Harry einfach nur versucht hatte, einen Handstand auf dem Gelände der Großen Treppe zu machen und dabei gestürzt war.

Tia war sich nicht sicher, was sie glauben sollte, aber eigentlich interessierte es sie nicht, denn das einzige, das sie wusste, war, dass es wieder ein Festessen gab und sie wieder allerlei spanische Gerichte probieren konnte. Außerdem saß Quirrell tatsächlich nicht neben seinem üblichen Platz neben Snape, was wohl bedeutete, dass er tatsächlich wie auch der Professor zuvor die Schule verlassen hatte.

Die Halle selbst war geschmückt in grün und Silber – so wie letztes Jahr, nachdem Slytherin schon wieder die meisten Punkte erhaschen konnte.

Nachdem Gryffindor beim letzten Spiel gegen Ravenclaw komplett versagt hatte, weil Harry im Krankenflügel gewesen war, hatte auch Slytherin diesen Pokal gewonnen und darüber war besonders Katie ziemlich verbittert.

Als Harry Potter eintrat, schwiegen für einen Moment alle und Tia fragte sich, warum sich die Leute nicht einfach um ihren eigenen Kram kümmern konnten.

„Wieder ein Jahr vorbei!", rief Dumbledore, der diese Stille wohl nutzte, um eine Rede zu halten, „Und bevor wir die Zähne in unser köstliches Festessen versenken, muss ich euch mit dem schwefligen Geschwafel eines alten Mannes belästigen. Was für ein Jahr! Hoffentlich sind eure Köpfe ein wenig voller als zuvor – ihr habt jetzt den ganzen Sommer vor euch, um sie wieder hübsch leer zu räumen, bevor das nächste Schuljahr anfängt... Nun, wie ich es verstehe, muss jetzt dieser Hauspokal überreicht werden, und auf der Tabelle sieht es wie folgt aus: an vierter Stelle Gryffindor mit dreihundertundzwölf Punkten; an dritter Hufflepuff mit dreihundertundzweiundfünfzig; Ravenclaw hat vierhundertundsechundzwanzig und Slytherin vierhundertundzweiundsiebzig Punkte."

Die Slytherins begannen laut zu jubeln und Tia freute sich für sie und wollte mitklatschen, aber Katie hielt ihre Hände fest und hinderte sie so daran.

„Ja, ja, gut gemacht, Slytherin", meinte Dumbledore, „Allerdings müssen auch die jüngsten Ereignisse berücksichtigt werden."

In der Halle wurde es sehr leise und Tia fragte sich, ob der wohl den Potter-Vorfall meinte. Dann war er also wirklich nicht von den Stufen gefallen.

„Ähem", räusperte sich Dumbledore, „Ich habe hier noch ein paar letzte Punkte zu vergeben. Schauen wir mal. Ja... Zuerst – an Mr. Ronald Weasley für die beste Schachpartie, die in Hogwarts seit vielen Jahren gespielt wurde, verleihe ich Gryffindor fünfzig Punkte."

Tia ließ sich von den Jubelschreien der anderen anstecken, obwohl sie sich nicht sicher war, warum eine Schachpartie so viele Punkte einbringen konnte.

„Zweitens – Miss Hermine Granger... für den Einsatz kühler Logik im Angesicht des Feuers verleihe ich Gryffindor fünfzig Punkte."

Wieder jubelten die Gryffindors und Tia versuchte, zu berechnen, an welcher Stelle sie schon waren, aber es gelang ihr nicht beim dem Lärm zu rechnen.

„Drittens – Mr. Harry Potter...", zeigte Dumbledore auf und es wurde mit einem Schlag totenstill, „...für seine Unerschrockenheit und seinen überragenden Mut verleihe ich Gryffindor sechzig Punkte."

„Wow, gleich sechzig", staunte Leanne neben Tia, während die Gryffindors zum dritten Mal jubelten und klatschten, während die Gesichter der Slytherins immer länger und länger geworden waren.

„Es ist Gleichstand – wir liegen mit Slytherin gleich", errechnete Katie, die wohl bei Lärm besser rechnen konnte, als Tia.

„Es gibt viele Arten von Mut", begann Dumbledore noch einmal, nachdem der Lärm sich wieder gelegt hatte, „Es verlangt einiges an Mut, sich seinen Feinden entgegenzustellen, doch genauso viel, den eigenen Freunden in den Weg zu treten. Deshalb vergebe ich zehn Punkte an Mr. Longbottom."

Und da brachen die Gryffindor endgültig in Jubeln und Schreie aus. Sie hatten es geschafft, vom Vierten auf den Ersten Platz zu kommen.

„Das heißt", rief Dumbledore über den Lärm hinweg, „wir müssen ein wenig umdekorieren."

Er klatschte in die Hände und die grünen und silbernen Farben verschwanden und wurde mit Rot und Gold getauscht.

„Die armen Slytherins – sie haben doch eigentlich gewonnen", bemerkte Tia.

„Tia, hör auf", befahl Katie lächelnd, „Wir haben gewonnen. Genieße, dass wir das erste Mal seit Jahren auch einmal den Pokal haben. Die Slytherins haben ihn lange genug behalten."

„Wenn du meinst", meinte Tia kleinlaut, „Aber ich finde immer noch, dass auch die Slytherins einen Preis verdient haben."

„Wenn sie nett sind, dürfen sie den Pokal vielleicht einmal berühren", schlug Leanne vor und damit war Tia zufrieden.

Das Jahr ging zu Ende, die Koffer wurden gepackt und Tia würde wieder zurück in die Muggelwelt zu ihrer abuelita fahren. Es war lange her, seit sie sie gesehen hatte und sie freute sich schon, wieder ihr Essen zu sich zu nehmen und von ihr wieder umarmt zu werden.

In Hogwarts waren ihre Freunde, aber zu Hause, bei ihrer Großmutter, war noch immer ein Platz, an den sie gerne zurückkehrte, bevor sie ihr drittes Jahr in Hogwarts antreten würde.

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