22. Kapitel
„Ich würde jetzt gerne wieder zurück ins Bett gehen."
„Ich würde auch gerne in der Großen Halle ein riesiges Stück Schokotorte mit Schlagsahne und Kirschen genießen, aber wir bekommen eben nicht immer das, was wir wollen."
„Tia, wir reden wirklich einmal über deine Gabe, andere aufzumuntern", seufzte Katie.
„Und jetzt will ich nur noch mehr in mein Bett", jammerte Leanne.
„Du wirst diese Stunden überleben, wie du die letzten paar auch schon überlebt hast", erinnerte Katie sie, „Ich verstehe nicht, warum du jede Stunde so herumjammerst."
„Ich bin mir sicher, dass Snape irgendwann auf die Idee kommt, mich umzubringen! Ich weiß es einfach!", versicherte Leanne ihnen.
„Und ich bin mir sicher, er weiß auch ganz genau, wie er deine Leiche loswerden muss, damit sie niemand mehr findet", überlegte Tia.
„Tia! Das macht es nicht besser!", kreischte Leanne auf, „Ich weiß, dass er mich irgendwann loswerden will! Ich sehe es in seinen schwarzen, leeren Augen!"
„Woher weißt du, welche Augenfarbe er hat? Starrst du ihm öfter einfach so in die Augen?", fragte Katie leicht verstört.
„Natürlich nicht!", verteidigte Leanne sich, „Also... ja... eigentlich mache ich das mit allen... Schaut ihr den Leuten nicht in die Augen, wenn ihr mit ihnen spricht?"
„Nein", antwortete Tia.
„Eher selten – Augen verwirren mich", gab Katie zu.
„Was? Und ihr denkt, ich wäre die Gestörte hier!"
„Paranoid bist du schon", zeigte Tia auf, „Außerdem habe ich gehört, dass Snape dich nicht so sehr hasst, wie Harry Potter und das ist doch schon einmal ein Vorteil, oder?"
„Das hilft mir eigentlich gar nicht weiter, Tia, aber danke, dass du es versuchst", seufzte Leanne.
Sie traten in das Klassenzimmer für Zaubertränke ein und setzten sich wie immer eher weiter hinten hin, besonders, weil Leanne Snape so gut wie es eben möglich war aus dem Weg gehen wollte.
Aus Gewohnheit packte Tia wieder ihre Brille aus ihrer Tasche aus und setzte sie auf. Noch immer vermied sie es, sie häufiger zu tragen. Normalerweise, so hatte sie festgestellt, konnte sie Sachen, die sich bewegen aus großen Entfernungen sehen, während anderen kaum Umrisse wahrnehmen können, aber bei stillen Gegenständen und auch Buchstaben wurde es immer schlimmer. Mittlerweile musste sie schon ihre Augen zusammenkneifen, um aus Büchern lesen zu können, aber die Brille schränkte ansonsten ihr Sehvermögen ein, was sie irgendwie unsicher und paranoid machte. Sie hatte dann das Gefühl, Gefahren nicht schnell genug ausweichen zu können und es war so, als würde man jemanden die Augen verbinden.
„Vielleicht bessert sich deine Sehkraft wieder, wenn du deine Brille nicht nur in Zaubertränke tragen würdest", bemerkte Katie, „Ich habe gehört, dass es sein kann, dass sich Augenfehler auswachsen, wenn man oft genug die Brille trägt."
„Das sagt mir meine abuelita auch immer – aber ihr müsst verstehen, dass ich wahnsinnig werden würde!", entgegnete Tia.
Katie hatte keine Chance mehr, darauf etwas zu antworten, denn Snape trat dramatisch wie immer ein, huschte an den Schülern vorbei nach vorne ans Pult.
Nachdem er die Anwesenheitsliste durchgegangen war, erklärte er den Schülern, dass sie einen Schwelltranktrank brauen würden.
„Der Schwelltrank wirkt nur äußerlich, also schwillt alles, was mit dieser Flüssigkeit in Berührung kommt an – dies kann schmerzvoll sein, also vermeidet ihr es besser, mit dem Trank in Berührung zu kommen."
Nach der Einführung teilte er sie in Zweiergruppen ein, aber anders als sonst würde Tia nicht mit Katie zusammenarbeiten.
„Fuego und Frobisher!", las Snape vor und sofort kam er ein erschrockenes Keuchen von Vicky, die bei ihren Freundinnen aus Slytherin saß.
„Was?", fragte sie ungläubig, „Warum?"
„Hinterfragst du häufiger die Entscheidungen von Professoren?", zischte Snape sofort und Vicky sank auf ihrem Stuhl zusammen und wurde still.
„Tut mir echt leid – mit Vicky zusammen zu arbeiten ist bestimmt hart", wisperte Katie.
„Oh, das denke ich nicht – es wird schon funktionieren", winkte Tia ab.
Vicky und sie setzten sich nebeneinander, während Snape die Anweisungen auf die Tafel schrieb. Vicky funkelte Tia böse an, aber Tia überlegte sich schon, wie sie den Trank am besten brauen würde.
„Ich hole das Feuersalamanderblut und die Diptamessenz – du das Warzhautpulver und die Pufferfischaugen, in Ordnung?", fragte Tia, nachdem die Anweisungen auf der Tafel standen und sie mit der Arbeit beginnen konnten.
Vicky sah sie perplex an, bevor sie wieder ihren wütenden Blick aufsetzte.
„Bilde dir nicht ein, mich herum kommandieren zu können!", zischte sie beleidigt.
„Tut mir leid, das wollte ich nicht", entschuldigte Tia sich ehrlich, „Wenn du willst, können wir auch tauschen – Warzhautpulver sollte auch nicht auf die Haut gelangen, das könnte fiese Ausschläge hervorrufen."
„Woher weißt du das?", fragte Vicky, „Ich habe das noch nie gehört."
„Steht im Zaubertrankbuch – ich habe es schon gelesen", erzählte Tia und wurde rot, immerhin fühlte sie sich jetzt wie eine Streberin, dabei hatte sie es einfach nur in einer Vollmondnacht durchgeblättert.
„Ich mag Zaubertränke nicht – ich fasse das Buch nicht an, wenn ich nicht muss", grummelte Vicky.
„Fuego, Frobisher – warum habt ihr noch nicht angefangen?", fragte Snape sie plötzlich.
„Entschuldigen Sie, Sir, aber ich habe Vicky noch erklärt, dass die Diptamessenz und das Feuersalamanderblut vermutlich eine heilende Wirkung haben sollen, damit die Haut bei der Berührung von dem Trank nicht aufplatzt oder die negativen Effekte von Warzhautpulver zum Vorschein kommen", log Tia wie aus der Pistole geschossen ohne rot zu werden.
Snape musterte sie einen Moment, bevor er tatsächlich nickte: „Richtig. Zwei Punkte an Gryffindor."
Diese Worte klangen ziemlich herausgepresst – vermutlich, weil Snape sie ziemlich selten sagte, aber er ließ Tia und Vicky wieder ihre Arbeit machen.
„Gut gelogen", wisperte Vicky sehr leise, „Danke."
„Keine Ursache – aber jetzt holen wir besser die Zutaten..."
Bevor sie die Zutaten in den Kessel warfen, maß Tia noch alles im Vorhinein ab, damit sie danach nichts mehr messen mussten, sondern nur noch rühren.
„Wir sparen uns dafür später mehr Zeit", erklärte die Vicky, während sie doppelt so viel Feuersalamanderblut abmaß, wie sie Warzhautpulver hinzufügen würde. Dazu noch einige Tropfen Diptamessenz und eine Handvoll Pufferfischaugen.
Als erstes schüttete Tia das gesamte Feuersalamanderblut auf einmal in den Kessel und rührte exakt dreimal gegen den Uhrzeigersinn, bevor sie die Diptamessenz und das Warzhautpulver hinzufügte.
„Das muss jetzt aufkochen – kannst du kurz darauf achten, dass es nicht übergeht oder anbrennt, aber nicht rühren", bat Tia Vicky, die zwar unzufrieden aussah, aber trotzdem nickte. In der Zwischenzeit berechnete und überlegte Tia, wie viele Pufferfischaugen zum Trank hinzugefügt werden sollten, als sie roch, wie der Trank leicht angebrannt roch.
„Achtung! Das Feuer ist zu heiß!", warnte Tia schnell und hob den Trank ein wenig höher über das Feuer, „Er brennt sonst an."
„Davon habe ich noch nichts gesehen", blaffte Vicky, „Wenn du mir unter die Nase reiben willst, dass ich nicht gut in Zaubertränke bin, dann sage es mir doch ins Gesicht und behandle mich nicht wie ein Kind!"
„Kannst du das Feuer ein wenig kleiner schüren?", Tia ignorierte Vickys angespannte Haltung, aber ihre Arme schliefen ihr langsam ein.
„Natürlich", knurrte Vicky unzufrieden und Tia wartete darauf, dass die Flammen kleiner werden würden, aber stattdessen schossen diese plötzlich in die Höhe und verbrannten Tias Unterarme.
„Vicky! Pass doch auf! Der Trank!", rief Tia aus und sie spürte den Schmerz bei ihren Armen gar nicht, sondern stellte den Kessel auf die kleineren Flammen.
„Fuego, Frobisher – was hat das zu bedeuten?", fragte Snape, der nur Tias Schreie gehört hatte.
„Professor Snape, ich habe es gesehen – Vicky hat Tias Arme verbrannt!", rief Katie erschrocken aus.
„Meine Arme?", fragte Tia verwirrt, als würde sie erst jetzt bemerken, dass ihre Arme schmerzten und sie untersuchte sie, „Oh, das ist nicht so schlimm – ich braue den Trank noch fertig."
„Fuego – in den Krankenflügel. Und Frobisher, ich sehe dich heute Abend beim Nachsitzen!", befahl Snape.
„Ich könnte auch ein wenig Diptamessenz darauf tröpfeln – dann könnte ich den Trank noch fertigstellen", schlug Tia vor, „Wir haben doch etwas hier..."
„Bell, begleite sie zum Krankenflügel und sorg dafür, dass Madam Pomfrey sie versorgt", wies Snape Katie auf und ignorierte Tia vollkommen.
„Komm mit, Tia, wenn wir uns beeilen, sind wir schneller wieder aus dem Krankenflügel draußen", Katie führte Tia aus der Klasse hinaus und Tia kam zwar unwillentlich, aber stumm mit.
„Ich wollte den Trank noch zu Ende führen – ich hätte gerne gewusst, ob meine Messungen richtig waren", seufzte Tia.
„Ich weiß, aber solche Verbrennungen solltest du wirklich behandeln lassen", meinte Katie sanft.
„Warum hat Vicky das getan?", fragte Tia leise, „Ich bin doch freundlich zu ihr gewesen."
„Vicky mag es nicht, wenn sie nicht die Beste in etwas ist – vermutlich hat sie es nicht gut gefunden, dass du ihr Anweisungen gegeben hast."
„Sonst hätten wir nie angefangen! Sie hat mich die ganze Zeit einfach nur böse angeschaut und sich so dumm angestellt! Ich verstehe nicht, warum sie nicht einfach ihre Streitigkeiten beiseitelassen kann, damit wir zusammen einen guten Trank brauen und eine gute Note bekommen."
„Ich verstehe Vicky auch nicht", seufzte Katie und führte Tia in den Krankenflügel, „Madam Pomfrey? Sind Sie hier?"
Madam Pomfrey kam aus ihrem kleinen Seitenraum heraus und kam zu den beiden Mädchen.
„Was ist passiert?", fragte sie und untersuchte mit ihrem Blick die beiden, bis Tia die Arme hochhob und erklärte: „Ich habe mir in Zaubertränke die Arme verbrannt – könnten Sie sie vielleicht schnell verarzten?"
„Oh du meine Güte, natürlich! Setzen Sie sich in der Zwischenzeit auf eines der Betten, ich komme gleich wieder", befahl sie und Katie führte Tia zum nächstgelegenen Bett und sie setzten sich nebeneinander darauf.
„Wirst du dich bei Vicky rächen?", fragte Katie grinsend.
„Ich weiß noch nicht", Tia wurde rot, „Ich weiß, sie hat es absichtlich getan – sie hat mich schon so böse angesehen und ich habe ihr gesagt, sie soll das Feuer kleiner machen, und es nicht vergrößern. Vicky ist zu klug, um das nicht zu können. Außerdem hat sie sich nicht entschuldigt, aber andererseits muss sie heute sowieso bei Snape nachsitzen."
„Und trotzdem kannst du sie spüren lassen, dass man sich besser nicht mit Tara Isabel Apate Carla Peloma anlegt, oder?"
„Bitte sag meinen Namen nie wieder", bat Tia sie seufzend.
„Ich sage dir nicht, dass du dich unbedingt bei ihr rächen musst,aber vielleicht kannst du ja deine guten Kontakte mit George Weasley spielen lassen und ihnen einen Tipp für ihr nächstes Opfer geben."
„Das klingt schon witzig", grinste Tia, „Ich glaube, ich erzähle es ihm – die beiden werden schon wissen, wie man Vicky daran erinnert, dass sie sich besser nicht mit mir anlegt!"
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