21. Kapitel
Tia fand, es war ein wenig zu laut, aber für Katie würde sie den Lärm beim ersten Quidditch-Spiel der Saison – Gryffindor gegen Slytherin schon überstehen.
Nach dem Chaos zu Halloween, als angeblich ein Troll ins Schloss eingedrungen war, brauchte Tia wirklich ein wenig Ablenkung und auch wenn sie nicht wirklich ein Quidditch-Fan war, so war sie ein Fan von Katie, die schon den ganzen Vormittag nervös gewesen war.
Gryffindor und Slytherin trafen sich in der Mitte – Tia sah Katie, die hinter Angelina und Alicia herging, die drei stolzen Jägerinnen.
Wood schüttelte die Hand des Slytherin-Kapitäns und die Spieler bestiegen ihre Besen.
Madam Hooch, die Schiedsrichterin blies in ihre Pfeife und das Spiel begann.
Leanne schrie laut in Tias Ohr, als Katie in die Höhe schoss.
„Und Angelina Johnson von Gryffindor übernimmt sofort den Quaffel – was für eine glänzende Jägerin dieses Mädchen ist, und außerdem auffallend hübsch –"
„JORDAN!"
„Verzeihung, Professor."
Lee Jordan kommentierte die Spiele in Hogwarts immer ein wenig anders, als Tia es von Muggel-Sprechern gewohnt war und vermutlich auch anders, als Kommentatoren in der Zaubererwelt, aber sie und viele andere störte dieser spezielle Kommentar nicht – nur McGonagall schien ihn nicht anzusprechen.
„Und haut dort oben mächtig rein in den Ball, jetzt ein sauberer Pass zu Alicia Spinnet, eine gute Entdeckung von Oliver Wood, letztes Jahr noch auf der Reservebank – wieder zu Johnson und – nein, Slytherin hat jetzt den Quaffel, ihr Kapitän Marcus Flint holt ihn und haut damit ab – Flint fliegt dort oben rum wie ein Adler – gleich macht er ein To... - nein, eine glänzende Parade von Gryffindor-Torwart Wood stoppt ihn, und jetzt die Jägerin Katie Bell von Gryffindor –"
„Los geht's, Katie! Enttäusche und nicht! Wir glauben an dich!", brüllte Leanne.
„Du schaffst das schon!", rief Tia begeistert, als ihre Freundin den Quaffel in die Hände bekam.
„– elegant ist sie unter Flint hindurchgetauscht und schnell jagt sie über das Feld und – AU – das muss wehgetan haben, ein Klatscher trifft sie im Nacken –"
„Buh!", schrie Leanne.
„Ich hoffe, sie hat sich nicht verletzt", hoffte Tia, aber Katie fing sich schnell wieder und flog scheinbar unverletzt, aber ehrgeizig weiter.
„– der Quaffel jetzt wieder bei den Slytherins – das ist Adrian Pucey, der in Richtung Tore losfegt, doch ein zweiter Klatscher hält ihn auf – geschickt von Fred oder George Weasley, ich kann die beiden einfach nicht auseinander halten – gutes Spiel vom Reiber der Gryffindors jedenfalls –"
„Es war George – ich habe es gesehen", informierte Tia ihre Freundin, die sie verwirrt ansah.
„Ich kann da oben kaum sagen, ob es Slytherins oder Gryffindors sind – wie kannst du die Zwillinge auseinanderhalten?", fragte Leanne verwirrt und kniff die Augen zusammen, um selbst vielleicht Tias Trick herauszufinden.
„Ich sehe es einfach – meine Augen sind eben sehr gut", Tia zuckte mit den Schultern.
„Sagt die, mit einer Brille", schnaubte Leanne nicht überzeugt.
„Johnson wieder in Quaffelbesitz, hat jetzt freie Bahn, und weg ist sie – sie fliegt ja buchstäblich – weicht einem schnellen Klatscher aus – da sind schon die Tore – ja, mach ihn rein, Angelina – Torhüter Bletchley taucht ab, verfehlt den Quaffel – und TOR FÜR GRYFFINDOR!"
„Jaa!", schrie Tia laut, sprang auf und umarmte Leanne fest.
„Ich bekomme keine Luft, Mädchen!", beschwerte Leanne sich.
Andere Gryffindors um sie herum jubelten ebenfalls laut, sodass es Tia schon in den Ohren schmerzte, aber für diesen Moment hielt sie den Schmerz gerne aus.
„Slytherin in Quaffelbesitz. Jäger Purcey duckt sich vor zwei Klatschern, zwei Weasleys und Jäger Bell und rast auf die – Moment mal – war das der Schnatz?"
Verwirrt ließ Purcey den Quaffel fallen, als der Schnatz von Lee Jordan erwähnt wurde, als er sich danach umdrehen musste und plötzlich schienen alle still zu stehen, um den Schnatz zu suchen.
Harry bemerkte ihn als erstes, stürzte hinab, aber der Slytherin-Sucher hatte ihn ebenfalls gesehen. Tia sah den kleinen, goldenen Ball ganz genau, wie er schnell in der Luft herumflog.
Harry war schneller, als der andere Sucher, aber als er ihn schon fast erreicht hatte, beschloss Marcus Flint ihm den Weg zu versperren und Harry stieß gegen ihn und trudelte in der Luft herum.
„Buh! Foul!", schrie Leanne laut wie so viele andere auch. Tia beobachtete nur, ob sie den Schnatz wieder zu Gesicht bekommen würde, aber sie fand ihn nicht mehr.
Madam Hooch sah Flints Spiel wohl auch als Foul, denn sie gab Gryffindor einen Freiwurf, doch dieser war natürlich nichts gegen einen Schnatzfang.
„So – nach diesem offenen und widerwärtigen Betrug –"
„Jordan!", McGonagall war wohl nicht zufrieden, wie Jordan das Spiel kommentierte.
„Ich meine, nach diesem offenen und empörenden Foul –"
„Jordan, ich warne Sie –"
„Schon gut, schon gut. Flint bringt den Sucher der Gryffindors fast um, das könnte natürlich jedem passieren, da bin ich mir sicher, also ein Freiwurf für Gryffindor, Spinnet übernimmt ihn, und sie macht ihn rein, keine Frage!"
„Yeah! Gut gemacht, Alicia!", jubelte Tia laut und klatschte und es kam ihr so vor, als hätte Alicia sie sogar gehört und würde kurz in ihre Richtung winken.
„Das Spiel geht weiter, Gryffindor immer noch im Quaffelbesitz."
Tia beobachtete Katie, wie sie den Quaffel an Angelina abgab, zurück zu Alicia, wieder zu Katie, als würden sie sich den Ball nur im Kreis zuwerfen und die Slytherin-Jäger hatten keine Chance, ihn zu erreichen, bis jemand gegen Angelina stieß, als diese den Quaffel wieder fangen wollte.
„Slytherin im Ballbesitz – Flint mit dem Quaffel – vorbei an Spinnet – vorbei an Bell – der Quaffel trifft ihn hart im Gesicht, hat ihm hoffentlich die Nase gebrochen – nur'n Scherz, Professor – Tor für Slytherin – o nein..."
Tia jubelte nicht, aber die Slytherins waren dafür umso lauter.
„Schau Mal – was macht Potter da?", fragte Leanne plötzlich und lenkte Tias Aufmerksamkeit schließlich auf den Sucher, der irgendwie die Kontrolle über seinen Besen verloren zu haben schien und von diesem wild hin und her geworfen wurde wie von einem wilden Stier.
Er drehte eine Rolle, flog ruckartig nach oben und unten, aber trotzdem konnte er sich noch festhalten. Dafür hatte Tia wirklich Respekt vor ihm – es war bestimmt nicht einfach, sich da noch auf dem Besen zu halten, aber es war auch gut so – ein Sturz aus dieser Höhe könnte sogar tödlich enden.
„Jemand soll ihn da runterholen", verlangte Tia, aber da war es gar nicht mehr nötig, denn plötzlich hörte der Besen auf, schwierig zu sein und Harry konnte sich wieder hinaufziehen, als er plötzlich doch wieder Richtung Boden schoss und Tia befürchtete, dass das das Ende von Harry Potter sein könnte, aber sie beobachtete, wie er sich plötzlich die Hände vor den Mund schlug, als ob ihm übel wäre, was Tia nach diesem Besenritt nicht wunderte. Er fiel letztendlich doch noch vom Besen, aber aus einer Höhe, die nicht tödlich war, bevor er hustend liegen blieb. Vielleicht hatte er sich die Lunge verletzt oder etwas Ähnliches – vielleicht würde einfach nur die ganze Schule dabei zusehen, wie er sich übergab. Aber weder noch war der Fall, als ihm etwas Goldenes in die Hände fiel.
„Ich hab den Schnatz!", rief er für alle gut hörbar, aber niemand verstand wirklich, was gerade passiert war.
„Gewonnen!", jubelte Leanne laut, „Gryffindor hat gewonnen!"
Noch viel später, als das Spiel schon längst zu Ende war, feierten die Gryffindors im Gemeinschaftsraum. Viele Schüler hatten sich dort versammelt – zu viele, für Tias Geschmack. Sie hatte sich auf einen abgelegenen Sessel zurückgezogen, einen Kakao statt einem Butterbier in der Hand und so weit wie möglich den Lärm ausblendend. Im Schlafsaal war nur Vicky gewesen und Tia wollte nicht allein mit ihr in einem Raum sein, wenn sie ehrlich sein musste, also blieb sie lieber bei ihren Freundinnen, die sich köstlich mit den Quidditch-Spielern unterhielten.
„Du siehst so aus, als würdest du am liebsten verschwinden wollen", bemerkte plötzlich jemand und setzte sich auf die Stuhllehne ihres Sessels. George Weasley hatte kein Getränk in der Hand, was Tia verwunderte, denn nachdem er mit seinem Bruder und Lee Jordan einige Butterbier aufgetrieben hatte, erwartete sie natürlich, dass er selbst etwas trinken würde.
„Ich will irgendwie nicht mit Vicky allein im Schlafsaal sein und es ist zu spät, um den Turm zu verlassen", gab Tia zu, „Aber es ist schon in Ordnung – nur ein bisschen laut."
„Das muss schrecklich sein mit deinen verbesserten Sinnen", stimmte George ihr zu, „Sogar ich finde es ziemlich laut."
Einen Moment wurde es still zwischen den beiden, aber es war eine angenehme, nachdenkliche Stille.
„Wie wäre es, wenn wir zusammen den Turm verlassen würden? Wir könnten eine Runde Karten spielen", schlug George vor.
„Die anderen werden bestimmt auch bald müde – dann wird es ruhiger und wir können alle schlafen gehen", winkte Tia ab.
„Aber du nicht", erinnerte George sich, „Heute ist Vollmond – das habe ich nicht vergessen. Du wirst die Nacht wieder wachbleiben, oder?"
Tia war erstaunt, dass er wusste, dass Vollmond war. Sie selbst hatte es vergessen, aber es war ihr wieder eingefallen, als es langsam dunkel geworden war und sie noch hellwach geblieben war, obwohl es ein langer Tag gewesen war.
„Vermutlich, ja", vermutete sie ehrlich, „Aber das ist kein Problem – ich bin das schon gewohnt."
„Würde dich Gesellschaft stören? Ich bleibe auch wach, wenn du willst", versprach George ehrlich.
„Warum?", fragte Tia verwirrt, „Wenn ich könnte, würde ich schlafen – warum willst du freiwillig wach bleiben? Das macht keinen Sinn."
„Ich kann dich gut leiden, ich verbringe gerne Zeit mit dir, das letzte Mal war einer der entspannendsten Nächte, die ich in meinem Leben je verbracht habe außerdem kann ich morgen ausschlafen und brauche heute Nacht keinen Schlaf – brauchst du noch mehr Gründe?", zählte George auf.
„Du bist wirklich seltsam", bemerkte Tia und runzelte die Stirn.
„Sagt die Veela mit Supersinnen und einem gestörten Schlafrhythmus", schnaubte George.
„Meine Ur-Großmutter war eine Veela – das ist wichtig!", widersprach Tia ihm schnell, „Außerdem glaube ich, dass alle anderen nur schlechte Sinne haben."
„Alle anderen sind also seltsam – alle, außer dir?", fasste George zusammen.
„Halt die Klappe, Weasley", schnaubte Tia und wurde rot.
„Was sagst du also? Hauen wir ab?", bot George an und zeigte auf das Loch nach draußen.
Tia überlegte kurz, kam dann aber doch zu einem Entschluss: „Wenn wir erwischt werden, ist das deine Schuld."
„Ich übernehme alle Verantwortung, solange du immer ein Ohr offenhältst", versprach George und half Tia auf. Sie stellte ihre Tasse schnell hin, bevor sie zusammen mit George den Turm verließ.
Draußen war schon alles dunkel und leer. Es herrschte eine Stille, die man sonst nie zu hören bekam. Wenn ein so großes Schloss beinahe ausgestorben ist, entsteht eine Stille, man könnte meinen, seinen eigenen Herzschlag zu hören.
Tia hörte Georges Herz schlagen, aber sie hörte auch seine Schritte und seinen Atem, also wurde die Stille nicht allzu erdrückend. Im Dunkeln sah sie zwar weniger Farben, aber noch immer gut genug, um keinen Lichtzauber zu brauchen, während George eher etwas unsicher vorging.
Er hielt noch immer ihre Hand und zog sie hinter sich her, als hätte er Angst, sie könnte einfach verschwinden.
„Lass mich vorgehen – ich sehe den Weg", wisperte Tia leise.
„Natürlich tust du das", schnaubte George leise, widersprach aber nicht, als sie die Führung übernahm und ihn mit sich zog und darauf achtete, dass er nirgendwo stolperte.
Sie wusste nicht, wo ihr Ziel war, aber sie meinte, es wäre eine gute Idee, sich an eines der Fenster zu setzen. Der Vollmond spendete helles Licht, gerade genug, dass selbst George sehen konnte.
„Hier ist gut", meinte er, „Wie wäre es mit einer Runde Zauber-Schnipp-Schnapp?"
„Klingt nach einem Plan", flüsterte Tia, „Und als zusätzliche Challenge müssen wir ganz leise sein!"
„Als ob du das schaffen wirst, wenn ich dich besiege", lachte George leise.
„Das werden wir noch sehen, Weasley", warnte Tia.
Die Stunden vergingen für Tia schneller, als sonst, wenn sie allein im Gemeinschaftsraum zeichnete oder Hausaufgaben machte und selbst, wenn sie beschloss, einen Spaziergang durchs verlassene Schloss zu machen, war es nicht dasselbe, wie Zeit mit George zu verbringen.
Während sie jedoch selbst nach Stunden noch keine Müdigkeit verspürte, bemerkte sie, wie George immer häufiger gähnte und seine Augen ihm langsam zufielen.
„Gehen wir zurück zum Turm – jetzt sind bestimmt schon alle im Bett", schlug Tia vor.
„Oh nein, ich habe gesagt, ich bleibe mit dir wach, also bleibe ich auch wach", beschwerte George sich.
„Du musst ja nicht gleich schlafen gehen – aber wir können schon einmal zum Turm zurück, bevor uns jemand erwischt", versuchte Tia ihn zu überreden.
„Na gut, Fuego. Ausnahmsweise", gab George sich geschlagen und ließ sich von Tia durch das finstere Schloss zurückführen.
Tatsächlich war niemand mehr im Gemeinschaftsraum und es herrschte wieder Stille. In den Schlafsälen hörte Tia einige schnarchen – sie war sich sicher, dass sie Leanne am lautesten hörte.
George und sie setzten sich nebeneinander auf die Couch, die dem Kamin am nächsten stand und blickten einen Moment stumm ins Feuer. George versuchte wirklich nicht einzuschlafen und irgendwie fand Tia das wirklich süß von ihm.
„Darf ich dich etwas fragen?"
Tia runzelte die Stirn und schmunzelte ein wenig, als sie antwortete: „Du hast schon etwas gefragt."
„Ha, ha", meinte George trocken, „Ich frage dich trotzdem noch etwas!"
„Rebellisch", grinste Tia, und George zeigte ihr die Zunge.
„Ich höre dich häufig über deine Großmutter sprechen, sie hat dich beim Bahnhof letztes Jahr abgeholt, ...", begann George.
„Worauf willst du hinaus?", fragte Tia ihn. Ihr gefiel die Richtung, in die dieses Gespräch ging nicht wirklich, aber sie wartete geduldig darauf, dass George endlich mit der Frage herausrückte.
„Du musst es mir nicht sagen, wenn es zu schmerzvoll oder persönlich ist, aber... aber was ist mit deinen Eltern passiert?", fragte George schließlich und Tia stockte. Irgendwie hatte sie mit dieser Frage gerechnet, aber irgendwie traf sie sie doch wie eine Abrissbirne.
„Tut mir leid, du musst es mir nicht sagen. Ich frage es mir nur schon länger und... ich bin zu neugierig, es tut mir leid", stammelte George schnell.
„Nein, keine Ursache. Ich denke, ich verstehe dich. Katie und Leanne haben auch schon gefragt, nachdem ich nur Bilder von meiner Großmutter und mir besitze...", murmelte Tia, aber George verstand sie noch sehr gut. Sie blickte nachdenklich ins Leere und George hoffte, dass er keine schlechten Erinnerungen geweckt hatte.
„Ich habe meine Eltern nie wirklich kennengelernt", erinnerte Tia sich, sie schaute George dabei aber nicht an, „Meine Mutter ist früh mit mir schwanger geworden – sie ist gerade einmal siebzehn gewesen, als ich auf die Welt kam. Meinen Vater hat sie nur eine Nacht gekannt – sie hat niemanden erzählt, was genau passiert ist, aber es ist im Urlaub passiert, als meine Mutter mit meiner Großmutter zusammen in England einige Zeit verbracht hat. Meine abuelitahat mir erzählt, dass sie sich am Abend gestritten hatten – vermutlich hat sie es eher als Akt der Rebellion gemacht, als aus Liebe und mit ihren Veela-Genen fällt es ihr nicht schwer, Leute zu verführen. Dabei hat sie nicht bedacht, dass sie schwanger werden könnte..."
„Oh", machte George, „Deine Mutter klingt nach... nach einer interessanten Persönlichkeit."
„Ich nehme es ihr nicht übel – ich habe Bilder von ihr gesehen und sie ist wirklich wunderschön. Nahezu perfekt... Kein Wunder, dass sie schon früh bemerkt hat, dass sie mit ihrem Aussehen weit kommen kann", erklärte Tia geduldig, „Sie ist nach England gezogen, nachdem sie erfahren hat, dass sie schwanger ist und meine Großmutter ist ihr gefolgt. Ich bin in England geboren und aufgewachsen."
„Das beweist dein englischer Akzent", zeigte George amüsiert auf.
„Jedenfalls haben sich meine Mutter und meine Großmutter noch weiter zerstritten, sie haben sich immer seltener gesehen, bis sie wirklich nur ab und zu telefoniert haben. Ein Jahr nach meiner Geburt aber, steht meine Mutter vor der Haustür meiner Oma, mich in den Armen. Sie hat gesagt, dass sie mich nicht haben will, hat mich ein Dämonenkind genannt, und sie will mich nie wiedersehen. Da war dann meine abuelita, ich kaum älter als ein Jahr, ohne Mutter und ohne Vater. Meine Großmutter hat mich aufgezogen und erzogen – meine Mutter habe ich seitdem nicht mehr gesehen."
„Wow", konnte George dazu nur sagen, „Das ist irgendwie... ich habe etwas Anderes erwartet."
„Was denn?", fragte Tia neugierig.
„Keine Ahnung", gab George zu, „Vielleicht eine zweite Harry-Potter-Geschichte. Eltern tot, du lebst bei deiner Großmutter und hast sie nie kennengelernt..."
„Wäre vermutlich weniger kompliziert gewesen", stimmte Tia ihm zu, „Jetzt erwarten alle von mir, dass ich meine Eltern hasse."
„Das tust du nicht?", fragte George ein wenig überrascht.
„Nein", Tia schüttelte den Kopf, „Nicht wirklich. Mein Vater weiß nichts von mir. Er hat sich von meiner Mutter verführen lassen und das kann ich ihm nicht übelnehmen. Und meine Mutter... sie war jung und unerfahren. Sie war noch nicht bereit, für ein Kind, besonders keines, das regelmäßig Sachen durch die Gegend fliegen lässt und andere seltsame Sachen passieren lässt. Kein Wunder, dass sie Angst vor mir gehabt hat. Ich wünsche mir nur manchmal, sie würde mir jetzt eine Chance geben, sie kennenzulernen."
„Klingt plausibel, aber ich verstehe dich trotzdem nicht", gab George zu, „Wenn meine Mutter das getan hätte – was sie bestimmt niemals tun würde, dann würde ich es ihr nie verzeihen."
„Sie ist verheiratet, hat drei andere Kinder", erzählte Tia, „Meine Großmutter hat erzählt, dass es ihnen wohl gut geht. Sie kann also eine gute Mutter sein – nur bei mir war es noch zu früh dafür."
„Es ist nett von dir", gähnte George, „Bestimmt wirst du deine Eltern einmal kennenlernen und dann wirst du sehen, ob sie es wert sind."
Seine Augen fielen ihm endgültig zu und sein Kopf fiel auf Tias Schulter. Sie bewegte sich nicht, um ihn nicht aufzuwecken und schaute ins Feuer. Sie dachte nach, allein und ohne Störungen, hörte nur das Tiefe Atmen von George und die anderen Schüler, die sich in ihren Betten wälzten, sowie das Knistern des Feuers.
Als der Morgen graute, überkam Tia die Müdigkeit und sie wehrte sich nicht dagegen, als ihre Augen zufielen und sie neben George einschlief.
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