„Harry Potter? Wirklich?", wiederholte Leanne ungläubig, „Ist er kein Erstklässler? Dürfen Erstklässler überhaupt ins Team?"

„Anscheinend hat McGonagall persönlich ihn vorgeschlagen – irgendetwas mit erster Flugstunde und einem Ball, aber so genau habe ich es nicht verstanden", erzählte Katie, „Auf jeden Fall war Wood froh, überhaupt einen Sucher gefunden zu haben. Ich habe ihn noch nicht fliegen gesehen und Wood auch nicht, aber wenn McGonagall ihn schon gut findet, dass muss es etwas bedeuten."

„Vermutlich, ja", murmelte Leanne, „Auf jeden Fall bin ich froh, deine Freundin zu sein – ich denke nicht, dass schon jemand dieses Gerücht kennt!"

„Du darfst es niemanden erzählen! Wood will ihn als Überraschung aufbehalten", warnte Katie.

„Schade", seufzte Leanne enttäuscht.

„Ich hoffe, das ist, was Harry wirklich will", hoffte Tia.

„Natürlich will er das! Wer will nicht ins Team?", rief Katie aus.

„Leute, die nicht gerne Quidditch spielen?", schlug Leanne vor und Katie blickte sie warnend an.

„Ich meine damit, dass er sowieso schon so viel Aufmerksamkeit von allen bekommt, dass er vielleicht mit noch mehr nicht mehr zurechtkommt und in die Tiefen der Verzweiflung und immerwährenden Einsamkeit stürzt, weil er niemanden mehr wirklich vertrauen kann", erklärte Tia und einen Moment war es zwischen den Freundinnen still.

„Nah", winkte Katie ab, „Er kommt zurecht. Dafür sorgen schon Fred und George. Die beiden scheinen begeistert von ihm zu sein. Außerdem ist er mit ihrem Bruder befreundet. Angelina und Alicia haben sich auch gefreut, einen Sucher gefunden zu haben – ich denke nicht, dass es sie wirklich interessiert hat, dass es Harry Potter war."

„Das hoffe ich für ihn", lächelte Tia, „Immerhin hat er doch auch ein ganz normales Leben verdient."

Katies erstes Training war eine große Aufregung für die neue Spielerin. Das erste Mal würde sie nicht nur mit ihrem Dad, sondern mit anderen Spielern in einem Team spielen und sie hoffte, sie würde sich so gut einfinden, wie sie es mit ihrem Vater tat.

Leanne hätte den Nachmittag lieber im Schloss verbracht – einige Ravenclawmädchen in ihrem Alter hatten eine kleine Party geplant zur Feier eines Geburtstages, aber nachdem Tia sie überzeugt hatte, wenigstens kurz hinunter zum Feld zu kommen, um Katie zu unterstützen, kam sie doch mit.

„Danke, dass ihr mitkommt", meinte Katie auf dem Weg zum Feld aufgeregt, „Ihr hättet das nicht tun müssen."

„Das ist doch kein Problem, Katie – wir sind deine Freundinnen, bei deinem ersten Training lassen wir dich nicht allein!", versicherte Tia ihr und lächelte Leanne an, die zuerst ein wenig unzufrieden wirkte, dann aber ebenfalls lächelte.

„Tia hat Recht", brachte sie heraus, „Es ist dein erstes Training – wir müssen dabei sein, wenn du dich blamierst!"

„Katie wird sich nicht blamieren! Sie wird wunderbar fliegen, so wie immer", verbesserte Tia sie schnell.

„Ihr seid beides gute Freundinnen, danke", lächelte Katie.

Beim Feld setzten sich die beiden Mädchen auf die Zuschauerbänke, während Katie sich umziehen ging, aber sie waren nicht die einzigen, die beim Training zusahen, sondern ein rothaariger Gryffindor saß ebenfalls schon da und beobachtete Wood, der schon nervös in der Luft hin und herflog.

Tia erkannte ihn als Ron Weasley und sie glaubte, dass er Harry Potter bei seinem ersten Training zusah.

Leanne und Tia setzten sich nicht weit von ihm entfernt hin und er bemerkte sie, musterte sie einen Moment verwirrt, bevor er fragte: „Seid ihr wegen Fred und George hier?"

„Ha!", lachte Leanne laut auf, „Als ob! Für diese beiden Clowns sitze ich nicht freiwillig in der Kälte!"

„Sei nicht so gemein, Leanne. Er hat freundlich gefragt", tadelte Tia ihre Freundin, „Eigentlich sind wir wegen Katie hier – es ist auch ihr erstes Training als Jägerin!"

In diesem Moment trat Katie aus der Umkleide und schoss mit ihrem Besen in die Luft.

„Da ist sie ja! Katie! Katie!", schrie Tia und winkte ihr. Katie sah in ihre Richtung, winkte zurück und machte einen Looping.

„Sie freut sich ja wirklich, dass wir hier sind", bemerkte Leanne erstaunt, als hätte sie nicht erwartet, dass jemand nur wegen ihrer Anwesenheit fröhlich sein konnte.

„Natürlich! Habe ich dir doch gesagt!", bemerkte Tia, „Sie hat ja auch die ganze Nacht nicht geschlafen."

„Und das weißt du, weil...?", fragte Leanne misstrauisch, „Du schläfst doch auch genug, oder? Ich will nicht, dass du zu einem müden Zombie wirst!"

„Keine Sorge, Leanne, aber Katie hat mich wirklich lange wachgehalten. Sie hat sich die ganze Zeit gedreht und mit sich selbst gemurmelt... es ist wirklich laut gewesen. Und dann hast du noch geschnarcht..."

„Ich schnarche nicht!", verteidigte Leanne sich schnell und verschränkte die Arme vor der Brust, „Ich habe noch nie geschnarcht und ich werde es auch nie tun!"

„Rede dir das nur ein", summte Tia, „Ich weiß, was ich gehört habe."

„Ich weiß, was ich hören werde, wenn du nicht gleich die Klappe hältst – deine Schmerzensschreie", warnte Leanne.

„Das bezweifle ich – du bist ziemlich schwach", vermutete Tia und einen Moment war Leanne vollkommen paff.

„Was hast du gesagt?", hinterfragte sie.

„Ich meine, dass ich ziemlich gut im Armdrücken bin, wie ich letztes Jahr bewiesen habe – ich bin, im Gegensatz zu dir, ziemlich stark."

„Na warte", Leanne sprang vor, aber Tia gelang es, ihre Hand auf ihre Stirn zu legen und hielt sie so davon ab, in ihre Nähe zu kommen. Leanne fuchtelte mit ihren kürzeren Armen vor Tias Gesicht herum und versuchte sie zu erreichen, aber es gelang ihr nicht.

Ron Weasley hatte die Unterhaltung verfolgt und runzelte ein wenig verstört die Stirn.

„Läuft das öfter so bei euch ab?", fragte er langsam und zeigte zwischen Tia und Leanne hin und her.

„Nein, normalerweise versucht Katie Leanne mit einem Kissen zu ersticken, wenn sie wieder einmal zu laut schnarcht", erinnerte sich Tia.

Das Training begann, als alle versammelt waren und Tia sah, wie Alicia ihr zuwinkte und Tia winkte zurück.

„Was läuft da eigentlich zwischen Alicia und dir?", fragte Leanne grinsend, „Du versuchst doch nicht etwa, Katie und mich zu ersetzen?"

„Ich kenne sie kaum", winkte Tia ab und wurde rot, „aber sie ist nett. Wir haben uns letztens gut unterhalten."

Tia und Leanne sahen später friedlich wieder dabei zu, wie sich Katie zusammen mit Angelina und Alicia Bälle zuwarfen, Wood übte mit Harry und Fred und George schlugen Bälle mit ihren Schlägern so weit, sie konnten. Tia fiel auf, dass jeder Spieler hin und wieder in ihre Richtung sah. Harry winkte Ron zu, Katie kam einmal näher, um Leannes Frisur zu zerstören, Alicia lächelte in ihre Richtung und die Weasley-Zwillinge führte Kunststücke in ihrer Richtung auf.

Tia fragte sich, ob sie nicht häufig Zuschauer hatten, oder ob sie einfach Dankbar für jede Ablenkung waren. Leanne fühlte sich jedenfalls sehr amüsiert und bereute es nicht, doch mitgekommen zu sein.

Am Ende des Trainings, nachdem Wood sie endlich entließ, zogen sich alle um und Tia wartete zusammen mit Leanne und Ron auf ihre Freunde.

„Harry! Toll gespielt! Du bist wirklich so gut, wie Charlie!", rief Ron, als Harry als erstes aus der Umkleide trat.

„Ja, du warst wirklich gut", stimmte Tia ihm zu und Harry wurde rot.

„Danke", murmelte er, bevor er mit Ron in Richtung Schloss verschwand, seinen neuen Nimbus 2000 stolz in der Hand tragend.

Als nächstes kam Wood, der ihnen zulächelte, bevor er vor sich hinmurmelnd schon beinahe tänzelnd zum Schloss ging – Tia vermutete, dass er glücklich darüber war, wie das Training heute verlaufen war.

Nach ihm kamen Fred und George in Begleitung von Angelina und Alicia.

„Und, wie waren wir?", fragte George grinsend.

„Wirklich fabelhaft", lobte Tia sie alle.

„Tia hat keine Ahnung von Quidditch", klärte Leanne sie auf.

„Ich hoffe, es ist nicht allzu langweilig gewesen", hoffte Alicia und sah dabei Tia an, aber es war Leanne, die antwortete.

„Nein, keine Ursache. Es ist eigentlich ganz witzig gewesen."

„Wenn dich Schwächlinge nicht gerade versuchen umzubringen", fügte Tia hinzu und Leanne warf ihr einen warnenden Blick zu.

„So...", begann George langgezogen, „Fred, Angelina, Alicia und ich haben uns überlegt, später im Gryffindorturm noch ein Butterbier oder so zu trinken – seid ihr dabei?"

„Oh, entschuldigt, aber wir haben uns schon in der Großen Halle zu einem Kakao verabredet", entschuldigte Tia sich schnell und sah nicht, wie nicht nur George enttäuscht aussah, sondern auch Alicia, „Vielleicht ein anderes Mal?"

„Ja, sicher", murmelte Alicia, als Katie als letzte aus der Umkleide kam.

„Katie!", rief Tia erfreut, drängte sich zwischen George und Alicia hindurch und rannte zu ihrer Freundin und umarmte sie, „Du hast wundervoll gespielt! Wirklich gut!"

„Danke, aber jetzt habe ich wirklich Lust auf eine heiße Schokolade. Das Angebot steht doch noch, oder?", fragte Katie.

„Klar doch", Leanne legte einen Arm um die Schulter ihrer größeren Freundin, „Komm mit, bevor die Hauselfen mit dem Abendessen beginnen und keine Zeit mehr haben!"

Tia, Katie und Leanne gingen Arm in Arm zum Schloss und sahen nicht, wie George und Alicia ein wenig wie getretene Hunde aussahen.

„Ihr seid lächerlich – alle beide", bemerkte Angelina, „Dann ist sie eben nicht interessiert! Sie ist ein Jahr jünger, als ihr!"

„Was? Was redest du da?", fragte Alicia schnell.

„Ich weiß nicht, was du meinst", George schüttelte den Kopf.

„Wie auch immer – Butterbier, im Turm? Jetzt?", fragte Fred grinsend.

„Klar doch – immer!", Angelina schubste George und Alicia weiter, damit sie nicht noch länger wie paralysiert einfach herumstanden, „Ich freue mich schon das ganze Training darauf! Hopp!"