170. Kapitel
„Kabinenfieber ist das schlimmste, wenn man verfolgt wird", erklärte Liza Tia geduldig, die ihr gespannt zuhörte. Liza hatte begonnen, in der Zeit, in der sie nichts zu tun hatten, ihr alle möglichen medizinischen Phänomene beizubringen, als wäre Tia eine Heiler-Schülerin und Tia nahm jedes Wort auf... vergaß es aber meistens bis zum nächsten Tag wieder. Aber es war besser, als nichts zu tun.
„Man versteckt sich in einem sicheren Haus, das man mit alle möglichen Zauber schützt und man würde alles überleben, aber man hält es nicht lange in diesem Haus aus. Man will raus, auch, wenn es einen umbringen könnte", erzählte Liza, „Man hält es vielleicht ein paar Tage oder Wochen aus, aber danach..."
Plötzlich ertönte ein lauter Knall. Weder Liza noch Tia waren davon besonders geschockt. Das war in letzter Zeit ziemlich häufig vorgekommen.
„Und dann gibt es auch noch etwas, das ich den „Größenwahn von Konstantin Gregorovich" nenne", fügte Liza seufzend hinzu, „Konstantin ist mittlerweile schon so darauf gedrillt, dass er ständig in Lebensgefahr ist, dass er es keine fünf Minuten ohne einen Kampf aushält."
Sie hörten Schreie – Konstantin. Er klang panisch. Weder Liza noch Tia waren davon besonders geschockt.
„Wir sind jetzt schon seit Monaten hier", fiel Tia auf. Es war März geworden, ohne dass etwas passiert wäre, denn es passierte überhaupt nichts. Sie hatten keine Aufgabe; es musste niemand gerettet werden; sie wollten sich nicht mehr blind in lebensgefährliche Situationen stürzen und sie hörten, bis auf die regelmäßigen Berichte von PotterWatch und den weniger regelmäßigen Briefen von Fred an Agnes kaum etwas von der Außenwelt. Sie waren in dem Haus ihrer abuelita und warteten.
„Jaah, ich bin selbst überrascht, dass Konnie noch nicht implodiert ist", gestand Liza und runzelte die Stirn, „aber langsam dreht er durch..." Noch mehr Geschrei. „... langsam drehen alle drei durch."
Noch mehr Geschrei. Liza seufzte und stand auf.
„Ich glaube, ich schau einmal, ob sie Sirius kochen...", sagte sie und Tia war sich nicht sicher, ob Liza sich versprochen hatte, aber vielleicht drehte Liza mittlerweile auch langsam durch... oder es war eine Ernsthafte Sorge von der Heilerin, dass Agnes und Konstantin auf die Idee kommen würden, Sirius zu kochen... bei dieser Gruppe konnte man sie nie sicher sein.
Tia beschloss, dass, sollten sie Sirius wirklich kochen, sie ebenfalls ein Stück von ihm essen würde. Sie wollte schon lange wissen, wie Mensch schmeckte und das war die perfekte Möglichkeit.
Notfalls konnten sie es einfach auf dieses „Kabinenfieber" schieben und sagen, sie wären alle durchgedreht, obwohl Tia absolut normal war.
Tia folgte Liza in Richtung Küche und die Szene vor ihnen war eigentlich absolut normal für ihre Verhältnisse.
Sirius hielt Konstantin im Schwitzkasten und drückte seinen Zauberstab drohend gegen seinen Hals und Konstantin konnte sich nicht rühren, ohne verletzt zu werden, während Agnes vor ihnen stand, ein kühles Lächeln im Gesicht und einen Keks in der Hand.
Konstantin war kurz davor zu weinen.
Sirius sah aus, als hätte er einen Welpen überfahren – Tia wusste, wie das aussah, immerhin war das wirklich passiert, als Sirius und Agnes das letzte Mal alleine einkaufen gewesen waren, aber Liza war es gelungen, den kleinen Hund wiederzubeleben, der letztendlich gar kein Hund gewesen war, sondern ein Opossum... nach diesem Erlebnis hatten sie einstimmig – ohne Sirius und Agnes – beschlossen, dass die beiden nicht mehr einkaufen gehen sollten.
Liza sah einfach nur noch müde aus.
Im Gegensatz zu einigen Szenen in den letzten drei Monaten war das hier eigentlich ziemlich normal. Immerhin war dieses Mal keine Haarfarbe im Spiel gewesen und es sah (noch) nicht so aus, als würden sie jemanden opfern wollen, also war das eigentlich ganz gut... Nach dem, was vor drei Tagen passiert war, hatte Tia sich erwartet, dass sie jetzt schon so weit wären, Menschenopfer zu bringen... vielleicht wollten sie Konstantin auch erst noch opfern und Liza und Tia waren zu früh eingeschritten. Vielleicht wollten sie Konstantin statt Sirius kochen... Tia fragte sich, ob sie trotzdem noch ein Stück probieren würde und kam zu dem Schluss, dass das ihr sogar noch lieber wäre.
„Ich werde mich rächen!", kreischte Konstantin noch immer fest in Sirius' Griff und er funkelte Agnes so böse an, dass Tia sich sicher war, dass er das Geheimnis herausgefunden hatte, wie man jemanden mit Blicken umbringen konnte, „Liza wird sich rächen –"
„Nein", unterbrach Liza ihn.
Konstantin verdrehte seinen Kopf so in Sirius' Griff, dass er zu ihnen sehen konnte und Tia verzog das Gesicht – das sah schmerzvoll aus.
„Nein, ich werde dich nicht rächen", stellte Liza klar.
„Verrätst du mich jetzt auch noch?", fragte Konstantin empört, „Ist hier eigentlich noch irgendjemand auf meiner Seite?"
Tia hob ihre Hand. Sie würde Konstantin zwar essen, sollten die anderen auf die Idee kommen, ihn zu kochen, aber solange er noch nicht als „Essen" eingestuft wurde, würde sie auf seiner Seite sein.
Konstantin sah sehr zufrieden darüber aus. „Könntest du mir helfen?"
Tia runzelte die Stirn. Konstantin war im Moment in keiner Position, in der er sich hätte wehren können und sein Zauberstab lag auch außer Reichweite auf dem Boden. Und Tia alleine gegen Sirius, Liza und Agnes – Agnes, die eigentlich ihre Schwester war und sie mochte die drei eigentlich auch ganz gerne...
Tia ließ ihre Hand wieder sinken und schüttelte den Kopf.
Konstantin ließ die Schultern hängen und schien sich einen Moment lang zu fragen, ob es nicht besser wäre, sich aufessen zu lassen. Dann richtete er sich an Agnes: „Komm schon, Agnes – nur einen Keks!"
Es ging also um den Teller mit Keksen, der auf dem Tisch stand. Tia konnte das verstehen – Agnes' Kekse waren wirklich sehr gut und sie fragte sich, ob sie nicht auch dafür sterben würde... vermutlich schon, aber wahrscheinlich wäre es eher eine spontane Entscheidung, die sie im Moment nicht treffen konnte, ohne in dieser Situation zu sein.
„Du hättest davor fragen können, dann hätte ich dir einen gegeben – jetzt ist es zu spät!", sagte Agnes streng und Tia verstand sie – es war unhöflich, sich einfach etwas zu nehmen. Fragen kostete nichts, wie ihre abuelita immer gesagt hatte, außer natürlich, man musste bei Telefonaten extra zahlen, je länger es dauerte.
„Ich kann dich nicht einfach fragen!", bemerkte Konstantin empört, „Dafür bin ich zu stolz!"
Auch ein sehr gutes Argument. Tia sah zu Agnes und fragte sich, wie sie das kontern würde.
„Und dein Stolz ist dein Untergang", sagte Agnes nur in einem gleichgültigen Ton und biss von dem Keks in ihrer Hand ab. Tia fand das wunderbar – es war wie eine dieser schlechten Fernsehserien, die ihre abuelitaso hasste. Aber so dramatisch! Es fehlte eigentlich nur noch dramatische Hintergrundmusik. Tia überlegte einen Moment lang, ob sie diesen Part übernehmen sollte und dramatische Melodien summen sollte, entschied sich aber dagegen.
„Tja, sieht nicht so rosig für dich aus, Konstantin", spottete Sirus, aber Konstantin trat auf seinen Fuß und mit einem Schmerzensschrei ließ Sirius ihn los. Konstantin sah beleidigt aus und erinnerte Tia dabei an einen beleidigten Pfau.
„Tia, willst du einen Keks?", fragte Agnes sie und natürlich wollte Tia einen Keks – sie musste nicht einmal dafür sterben!
Überglücklich nahm sie ihn von Agnes an und aß ihn. Liza und Sirius bekamen auch einen. Konstantin nicht.
Das schien ihm nicht zu gefallen.
„Hört mal, ich –"
Weiter kam Konstantin nicht, denn plötzlich fiel etwas direkt vor ihnen von der Decke und zuerst dachte Tia, es wäre eine wirklich große, silberne Spinne, aber es war nur ein silberner Otter – ein Patronus.
„Tia", es war Hermines Stimme, die sprach und Tia zuckte zusammen, als sie direkt angesprochen wurde, obwohl Hermine einige Zeit lang nicht so gewirkt hatte, als würde sie Tia mögen, „Wenn du kommunizieren kannst, melde dich!"
Natürlich konnte Tia kommunizieren... sie konnte sprechen und sie hatte einmal gehört, dass man nicht nicht kommunizieren konnte, denn selbst Körpersprache war eine Art der Kommunikation. Dann fiel ihr ein, dass Hermine vermutlich meinte, dass Tia sie mit einem Patronus kontaktieren sollte...
„Bei Helgas Fußsohlen", keuchte Liza und Tia nahm sich vor, sich diesen Ausruf zu merken – „bei Merlin" wurde langsam langweilig, „Hermine! Es muss um Harry gehen und Ron!"
„Das ist eindeutig Hermine gewesen", bestimmte Agnes, „Ich erinnere mich noch daran, wie wir gelernt haben, einen Patronus zu erschaffen – Hermines war ganz bestimmt ein Otter."
Tia konnte sich nicht mehr daran erinnern. Sie war froh, wenn sie sich daran erinnerte, ob sie schon etwas zu Abend gegessen hatte oder nicht – notfalls aß sie einfach noch einmal.
Doppelt hält besser... diesen Spruch hatte ihre abuelita immer benutzt, wenn es um die frühe Schwangerschaft ihrer Tochter ging, die, laut Carla, ein perfektes Beispiel dafür war, was passierte, wenn überhaupt nichts hält... Tia hatte das nie wirklich verstanden...
„Wir sollten sich kontaktieren", schlug Sirius vor, „Tia, antworte ihr."
Tia würde ja gerne. Hermine hatte sie direkt angesprochen, also brauchten sie ihre Hilfe, aber... „Ich...", stammelte sie, „Ich kann das nicht! Ich kann einen Patronus schaffen, aber ich weiß nicht, wie er sprechen kann!"
„Kon, willst du?", fragte Sirius ihn und Tia atmete erleichtert aus, als sie bemerkte, dass das absolut kein Problem war – es gab andere, die das konnten.
„Sie werden ihn nicht erkennen", meinte Konstantin, „Agnes?"
„Klar", Agnes hatte ihren Zauberstab schon in der Hand und schloss einen Moment lang die Augen, bevor sie ihren Patronus – einen Wolf – beschwor und ihn fortschickte.
„Hermine, ich bin bei Tia – wir können frei sprechen", sagte Agnes und Tia erinnerte sich an die Hochzeit von Bill und Fleur, als Kingsley ihnen einen Patronus als Warnung geschickt hatte.
Der silberne Nebel verschwand wieder und sie mussten nur einen Moment lang warten, bis Hermines Otter wieder vor ihnen durch die Luft zu schwimmen schien.
„Kommt zum Shell Cottage zu Bill und Fleur – wir brauchen eure Hilfe", ertönte Hermines Stimme und die fünf des Rudels sahen sich zweifelnd an.
„Können wir dem trauen?", fragte Sirius, „Ich weiß, dass Dumbledore diese Methode entwickelt hat, weil man Patroni nicht fälschen kann, aber..."
„Es könnte sein, dass man sie dazu zwingt, einen Patronus zu uns zu schicken", bemerkte Agnes, „Menschen würden alles tun, um keine Schmerzen zu haben..."
„Nein, dann könnte sie überhaupt keinen Patronus schaffen – man braucht dafür eine schöne Erinnerung und unter Druck funktioniert das nie", bestimmte Liza, „Shell Cottage... ich weiß, wo das ist. Wir schicken eine Vorhut und die anderen kommen nach, wenn wir uns sicher sind, dass es sicher ist."
„Du bist schon einmal dort gewesen?", fragte Konstantin Liza und diese nickte „Dann werden Agnes und du dorthin apparieren und ihr kontrolliert, ob es wirklich Hermine gewesen ist, die unsere Hilfe angefordert hat. Ich will keinen Todessern in die Fänge laufen."
„Sie hat speziell Tia kontaktiert", erinnerte Agnes ihn, „Wenn es Todesser wären, hätte sie jeden anderen angefragt."
„Nicht unbedingt", murmelte Konstantin zweifelnd, „aber wir sollten der Sache auf jeden Fall nachgehen."
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