157. Kapitel
Sirius und Agnes schienen ein spezielles Talent fürs Fallen und wieder aufstehen zu haben, aber Tia besaß das nicht.
Arresto Momentum ließ die drei für einen Moment in der Luft schweben, aber dann fielen sie die letzten paar Meter weiter nach unten und während Sirius und Agnes damit gerechnet hatten und sich abrollten, versuchte Tia dämlicher Weise ihren Fall mit ihren Beinen abzufedern und das funktionierte überhaupt nicht so, wie gedacht.
Zu ihrer Verteidigung, sie war überrascht worden und sie hatte noch nie Quidditch gespielt und ihr erster Instinkt war es, wie eine Katze auf den Füßen zu landen... nur war sie keine Katze, sondern Tia.
Es knackte und Tia schrie vor Schmerz auf. Ihre Beine konnten ihr Gewicht nicht mehr halten, aber selbst, wenn sie noch hätte stehen können, wäre sie umgekippt – die Welt drehte sich und Tia fand es nicht lustig. Es fühlte sich nicht so an, wie in einem Karussell – es war eher wie in einem Flugzeug, das unkontrolliert in Richtung Boden wirbelte und sich dabei um sich selbst drehte und Tia schloss die Augen, während sie eine Reihe spanischer Wörter ausstieß, für die ihre abuelita ihr den Mund ausgewaschen oder sie gelobt hätte – bei Carla konnte man sich da nie so sicher sein.
„Wir müssen weg von hier", keuchte Agnes und rappelte sie auf ihre eigenen Beine, die noch funktionstüchtig waren, im Gegensatz zu denen von Tia, „Es wird nicht lange dauern, dann kommt Agnolia hierher – wir müssen weg."
„Tia, ist alles in Ordnung?", fragte Sirius sie besorgt. Tia hockte am Boden und fluchte noch immer leise vor sich hin, während sie die Augen fest zugekniffen hatte und versuchte, nicht an den Schmerz in ihrem rechten Fußgelenk zu denken.
„Sehe ich so aus, als wäre alles in Ordnung, idiota?", zischte Tia gereizt und öffnete ihre Augen, aber es drehte sich noch immer alles, also schloss sie sie schnell wieder.
„Oh, bei Merlins Bart", keuchte Sirius auf, als er Tia oberflächlich untersuchte und wich zurück, „Ich will dir ja jetzt keine Angst machen, Tia, aber dein Fuß ist ein bisschen... schief... er steht einfach in einer Richtung ab, in der ich noch nie einen Fuß hab abstehen sehen. Ich meine... wow... dieser Winkel... das ist einfach nur... ekelerregend... Tia, das musst du dir ansehen –"
„Sirius, du hilfst nicht weiter", zischte Agnes warnend und kniete sich neben Tia hin, um ihr Bein zu untersuchen, aber es war schon zu spät.
Tia lehnte sich zur Seite und bewegte dabei ihren Fuß, aber statt eines Schmerzensschreis übergab sie sich neben sich im Gras.
Agnes hielt ihre Haare zurück und strich ihr sanft über den Rücken und als Tia sich wieder beruhigt hatte, sah Agnes sie besorgt an.
„Tia, ich weiß, es tut weh, aber wir müssen weiter."
„Lasst mich zurück", keuchte Tia und ließ sich ins Gras fallen, den Arm über ihre Augen gelegt, damit sie die Welt und ihr Bein nicht sehen musste, „Ich komme schon zurecht – ich brauche nur einen Moment."
„Unsinn, Tia", widersprach Sirius scharf.
„Tia, es tut mir wirklich leid", seufzte Agnes und berührte Tias Bein und Tia schrie sofort vor Schmerz auf, „das wird jetzt wirklich wehtun."
Bevor Tia sich irgendwie beschweren konnte, hob Agnes sie auf und Tia konnte nicht anders, als zu schreien, aber Agnes rannte mit Tia in Richtung Peitschende Weide und bei jedem Schritt fühlte Tia sich schlechter und schlechter, bis ihre Schreie schließlich nur noch zu einem schwachen Wimmern wurden.
Tia wurde nicht bewusstlos – leider, aber sie hatte keine Kraft mehr, um zu schreien und kniff einfach nur fest die Augen zusammen und versuchte an schöne Zeiten zu denken, als ihr Bein noch nicht so wehgetan hatte, als würde es versuchen, Tia selbst umzubringen.
Nur dämmrig bemerkte Tia, wie Agnes sie irgendwie durch den Gang brachte, der in die Heulende Hütte führte und wie sie durch ein Fenster getragen wurde. Agnes apparierte mit ihr in den Armen und das gab Tia den Rest.
Es war nur noch eine schwache Erinnerung, wie sie wieder in London ankamen und Agnes mit ihr schon weiter zum Haus des Wiederstands eilte.
Sirus öffnete die Tür und sie wurden schon von einigen Leuten begrüßt, aber Tia wusste nicht wirklich, wer es war. Agnes trug sie einfach nur ins Wohnzimmer und so sanft sie konnte, legte sie Tia auf einem Bett aus Schlafsäcken ab, die sie gestapelt hatten, um es bequemer für die Verletzte zu machen – Tia hatte das gar nicht bemerkt.
Alles war ein bisschen dunkel für Tia und sie hörte, wie sich Leute um sie herum leise unterhielten, aber sie konnte sich nicht auf die Worte konzentrieren – für sie gab es nur den Schmerz in ihrem Bein.
Plötzlich berührte sie jemand an der Schulter und Tia riss erschrocken die Augen auf, aber da war nur Janet, die Frau, die Agnes und Sirius aus Askaban befreit hatten und die sich wohl gut mit Agnes zu verstehen schien.
„Ich muss dein Bein wieder einrenken", warnte sie leise, „Du hast dir dein Fußgelenk gebrochen, aber wir bekommen das wieder hin."
„Es tut weh", wisperte Tia schwach und schloss wieder die Augen, damit der Raum sich nicht mehr drehte, „Bitte – mach es einfach schnell."
Und Janet machte es schnell. Zuerst legte sie nur sanft ihre Hände auf Tias Bein, allein das schmerzte schon, sodass Tia wieder aufschrie, aber der Schmerz, der dann folgte, war noch schlimmer, als sie das Knacken hörte.
Tia musste bewusstlos geworden sein und als sie wieder aufwachte, war sie allein im Wohnzimmer in einem Bett aus Schlafsäcken – jedenfalls dachte sie das zunächst.
Sie sah zu ihrer Seite und erblickte dort Liza, wie sie selbst auf Schlafsäcken schlief und auch mit einem Schlafsack zugedeckt war, der aber leicht verrutscht war. Sie war bleich und wirkte kleiner, als sonst, wie sie scheinbar friedlich aber doch mit einem leicht schmerzverzerrten Gesicht unruhig schlief. Ihre Hand lag auf ihrem Bauch und sie trug kein Oberteil, sodass Tia einen Verband sehen konnte, der um ihren Bauch gewickelt war.
Was war mit Konstantin und Liza passiert, während sie in Hogwarts gewesen waren? Wenigstens hatten sie überlebt – das war schon einmal ein Anfang.
Tia versuchte, aufzustehen, aber ihr Bein war dick verbunden und provisorisch mit einigen Ästen geschient und schmerzte noch immer, wenn auch nicht mehr so stark, wie noch kurz davor.
Plötzlich hörte Tia, wie jemand den Raum betrat und als sie aufsah, war dort Janet, die einen Moment überrascht schien, sie mit offenen Augen zu sehen, dann aber freundlich lächelte und zu ihr eilte.
„Guten Morgen", begrüßte die Heilerin sie leise, „Wie geht es dir?"
„Morgen?", wiederholte Tia verwirrt – als sie das letzte Mal wach gewesen war, ist noch Nacht gewesen.
„Es ist gerade fünf Uhr in der Früh", erklärte Janet ruhig und legte eine Hand auf Tias Stirn, „Gut, du hast kein Fieber mehr."
„Ich habe Fieber gehabt?", fragte Tia verwirrt – das hatte sie gar nicht bemerkt.
„Nur ein bisschen – eine Reaktion von deinem Körper auf den Bruch und die Schmerzen. Wie geht es dir?"
„Besser", sagte Tia ehrlich, „Ich habe nur Durst und Hunger... wo sind die anderen? Was ist passiert?"
Natürlich war Tia ein bisschen überrascht, dass sie alleine aufgewacht war, aber die anderen waren bestimmt auch müde gewesen und hatten nicht an ihrem Bett warten wollen und Tia verstand das.
„Konstantin und Liza haben sich mit einigen Todessern angelegt", erklärte Janet mit einem besorgten Blick auf Liza, „Liza hat einen Fluch abbekommen und ist schwer verletzt – sie ist bis jetzt noch nicht zu sich gekommen."
„Aber sie lebt doch noch, oder?", fragte Tia besorgt.
„Natürlich", bestätigte Janet schnell und Tia seufzte erleichtert, „Sie wird auch wieder genesen, wie ich vermute. Sie hat nur eine Menge Blut verloren..."
„Ich habe einen blutbildenden Trank in meiner Tasche", erinnerte Tia sich und wollte sich aufsetzen, aber dabei stieß sie mit ihrem Bein am Boden an und zischte, als Schmerz bis zu ihren Hüften hochschoss und sie fiel wieder zurück in ihr Bett aus Schlafsäcken. „Vielleicht... vielleicht könntest du ihn holen, Janet..."
„Natürlich", bestätigte Janet nickend, „Ich bin bald zurück – ich werde auch Agnes und Sirius sagen, dass du wieder wach bist, wenn ich sie finde."
„Warum? Wo sind sie hin?", fragte Tia besorgt und fragte sich für einen kurzen panischen Moment, ob die beiden schon wieder in das nächste Abenteuer gestürzt waren, dieses Mal aber ohne sie.
„Es... sie sollten es dir selbst sagen, aber sie sind irgendwo im Haus", versprach Janet schnell und stand auf, „Die beiden sind doch schon immer ein bisschen geheimniskrämerisch gewesen, oder nicht? Wann wissen wir wirklich, wo sie sind und was sie aushecken?"
Vermutlich hätten es beruhigende Worte sein sollen, aber Tia besorgten sie nur noch mehr und als Janet den Raum verließ, schwirrten Tias Gedanken wie wütende Bienen in ihrem Kopf.
Kurz darauf kam Janet zurück, aber sie war nicht alleine.
Bei ihren waren auch noch Sirius, Agnes und selbst Konstantin, aber irgendetwas schien zwischen den drei passiert sein, denn während Agnes und Sirius wie eine Einheit nebeneinander gingen, folgte Konstantin ihnen mit etwas Abstand und wie ein Ausgeschlossener. Es war ein seltsamer Anblick, Konstantin so ausgeschlossen zu sehen, aber noch seltsamer war es, dass es Agnes und Sirius waren, die ihn ausschlossen. Vielleicht interpretierte Tia auch nur zu viel hinein und alles war eigentlich okay.
Tia lächelte, als sie Agnes erblickte, die sofort an ihre Seite eilte und ihr über die Haare strich.
„Hey, Tia", Agnes lächelte sie an, „Wie geht es dir?"
„Es ist mir schon einmal besser gegangen", gestand Tia ehrlich, „aber es geht mir gut genug. Was ist passiert?"
„Wir sind aus dem siebten Stock gesprungen", erzählte Sirius und grinste breit, „Du hast beschlossen, dass du plötzlich kein Baby-Lupin sondern eine Baby-McGonagall sein wolltest und hast versucht, auf den Füßen zu landen – das ist nach hinten losgegangen."
„Wir haben dich hierher zurück gebracht und Janet hat sich um dein Bein gekümmert", erklärte Agnes sanft, „Sie sagt, es braucht nur ein oder zwei Wochen, dann bist du wieder vollkommen gesund."
„Was ist mit Liza?", fragte Tia und sah Konstantin an, der am besten wissen sollte, was passiert war.
„Agnolia Tripe hat sie mit einem Fluch am Bauch erwischt", erzählte Konstantin mit seltsamer, hohler Stimme, „Wir schaffen es nicht, die Wunden ganz zu verschließen."
„Habt ihr es schon mit Diptam-Essenz versucht?", fragte Tia und setzte sich auf – als Agnes den Versuch bemerkte, beeilte sie sich, ihr zu helfen und Tia lehnte sich an Agnes an, während sie saß und allein diese Kleinigkeit schien schon anstrengend gewesen zu sein.
„Wir haben hier im Haus keine Diptam-Essenz", erklärte Janet, „Wir haben gehofft, du hättest noch welche bei dir, aber wir haben gewartet, bis du aufwachst."
„In meinem Rucksack", sagte Tia und deutete auf den Rucksack, den Janet mitgebracht hatte und mit ihrer Erlaubnis suchte Janet die Essenz mit „Accio Diptam" und das kleine Fläschchen schoss aus dem Chaos, das in Tias Rucksack herrschte, direkt in die Hand der Heilerin.
Janet eilte damit sofort an Lizas Schlafstätte und zog den Schlafsack, der als Decke gedient hatte zur Seite.
Tia wünschte sich ein bisschen, aufstehen zu können, um selbst zu sehen, wie schlimm Lizas Verletzung war und ob die Diptam-Essenz wirkte, aber sie war auf den Boden gefesselt und konnte an Agnes vorbei nichts sehen, aber in Agnes' Gesicht sah sie Verwirrung, als diese die Verletzung sah.
„Du sagst, es ist ein Fluch gewesen?", fragte Agnes an Konstantin gewandt.
„Ich weiß nicht", gestand Konstantin, „Agnolia hat ihn stumm gewirkt und ich habe noch nie solche Auswirkungen von einem Zauber gesehen. Agnolia hat sich davor im Gesicht erwischt – es hat ziemlich lange geblutet."
Konstantin deutete auf den kleinen Schnitt in seinem Gesicht, der zwar nicht mehr blutete, aber noch immer ziemlich schlimm aussah.
„Für mich sehen diese Wunden nicht nach einem Zauber aus", meinte Agnes nachdenklich, „Janet, spar dir diese Essenz lieber und behandle die Wunden mit einer Salbe aus Baldrian, Koriander und Kletten."
„So eine Salbe benutzt man bei...", Janet runzelte verwirrt die Stirn und sah noch einmal auf Lizas Wunden, „Aber es ist nicht Vollmond gewesen..."
„Wir sprechen hier von meiner Mutter", bemerkte Agnes trocken, „Es würde mich wundern, wenn sie nicht einen Zauber gefunden hätte, der eben solche Verletzungen imitieren würde. Ihr sagt, die Wunden lassen sich nicht komplett schließen? Das liegt daran, dass sie verflucht sind."
„Wovon sprecht ihr?", fragte Konstantin und verdrehte genervt die Augen, „Ich hasse es, wenn ihr in Rätseln sprecht."
„Diese Wunden sehen aus wie Wunden von einem Werwolf", erklärte Agnes und sie klang etwas angespannt, „Liza hätte das euch sofort sagen können, aber zufällig weiß ich selbst ebenfalls, wie solche Wunden aussehen."
„Unsichtbare Krallen", wisperte Sirius leise, „Das ist... schrecklich, selbst für Agnolia. Sie werden vernarben, wenn du Recht hast, Agnes."
Tia sah, wie Konstantin sich ins Gesicht zu dem Kratzer auf seiner Wange griff, aber sein Blick blieb ausdruckslos.
„Versuchen wir, sie irgendwie am Leben zu erhalten", sagte Konstantin tonlos, „Sie ist schon verlobt – sie braucht keinen perfekten Körper mehr."
Mit diesen Worten verließ Konstantin den Raum und Tia blickte ihm verwirrt hinterher.
„Was ist passiert?", fragte sie ein bisschen panisch, „Warum seid ihr alle so... angespannt?"
Sirius und Agnes sahen sich einen Moment lang an.
„Wir... haben uns gestritten", gestand Agnes, „Aber sprechen wir später darüber – du musst erschöpft sein, Tia."
Tia wollte nicht später darüber sprechen – sie wollte das sofort klären, aber Agnes' Blick sagte ihr, dass das nicht der Fall sein würde und ein bisschen beleidigt ließ sich Tia wieder in ihre Schlafsäcke zurückfallen und sie fragte sich, warum sie das Gefühl hatte, dass ihre bisher perfekte Gruppe sich aufzulösen schien.
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