156. Kapitel
Tia hätte Agnes gerne von ihrer Begegnung mit Snape erzählt, aber sie hatte ihm versprochen, das nicht zu tun.
Sie hätte auch nicht wirklich die Chance zu gehabt, denn als sie zusammen mit Agnes wieder durchs Schloss schlich, mussten sie leise sein und darauf achten, dass ihnen niemand entgegenkam. So konnte Tia auch nicht nachfragen, wo Agnes gewesen war, aber sie war sich sicher, dass es wichtig gewesen sein musste, wenn Agnes dafür sogar ihren Posten verlassen hatte.
Sie würden sich im Zweiten Stock in Myrtes Badezimmer mit Sirius treffen – das Bad war berühmt berüchtigt und es war auch der Raum, durch dessen Fenster Agnes ins Schloss eingedrungen war und sie würden eben diesen Weg zurücknehmen und hoffentlich sicher aus dem Schloss kommen.
Tia hoffte, dass alles genauso gut bei den anderen funktioniert hatte, wie bei ihnen – Tia hatte alle Zutaten und sie hoffte, dass auch der Widerstand sicher im Raum der Wünsche angelangt war und Sirius schon auf sie im Bad wartete. Sie hoffte natürlich auch, dass es Konstantin und Liza gutging – die beiden hatte ihr Leben riskiert, damit die Todesser sie nicht in Hogsmeade bemerkten, aber seitdem hatten sie nichts mehr von ihnen gehört.
Plötzlich erschreckte sie ein Schrei, aber nicht nur irgendein Schrei. Es war offensichtlich Sirius gewesen, obwohl der Schrei ungewöhnlich hoch für einen Mann gewesen war, aber Tia hatte trotzdem Sirius' Stimme erkannt.
„Du hast meinen Hintern verbrannt!", rief Sirius – er schien nur einen Stock höher zu kämpfen, „Diese Hosen sind so gut wie neu gewesen!"
Agnes reagierte sofort und zückte ihren Zauberstab, während Tia noch zögerte. „Man kann ihn keinen Moment aus den Augen lassen!" Agnes rannte die letzten Treppen nach oben, aber Tia fühlte sich für einen Moment wie paralysiert.
Sie war doch keine gute Kämpferin und sie verfluchte sich selbst, als sie bemerkte, dass sie all die Zutaten für den Wolfsbanntrank in ihrem Rucksack über ihre Zaubertränke für Kämpfe gestapelt hatte und es würde zu lange dauern, diese heraus zu suchen. Sie sollte wirklich langsam anfangen, nachzudenken, bevor sie etwas in ihren Rucksack packte, aber dafür war es jetzt zu spät.
Aber Agnes und Sirius kämpften und sie stand hier nur herum – das war auch nicht richtig.
Tia atmete tief durch und rannte Agnes hinterher die Treppen hoch – im Notfall konnte sie noch immer jemanden schlagen oder sie würde einfach zu singen und tanzen anfangen und so eine Ablenkung schaffen – das konnte sie noch ohne Zaubertränke.
Tia folgte den Geräuschen von Kämpfenden, die immer lauter wurden. „Bombarda!", hörte Tia eindeutig Agnes und kurz darauf Rumpeln – Agnes schien offenbar Hogwarts einreißen zu wollen und obwohl Tia Hogwarts eigentlich ziemlich hübsch fand, so wie es war, war es doch alt und vielleicht brauchte es ja tatsächlich früher oder später eine Renovierung und Modernisierung. Tia war von Agnes beeindruckt, dass sie in einer Kampfsituation daran denken konnte.
Tia bog um eine Ecke, aber Agnes und Sirius kamen ihr gerade entgegen. Das verstand Tia nicht, immerhin war sie doch gerade erst angekommen, um zu kämpfen, aber Agnes und Sirius schienen das wohl schon ohne sie erledigt zu haben. Außerdem war Tia sich sicher, dass sie sich gerade von Myrtes Badezimmer entfernten und das war doch eigentlich das Ziel, an dem sie sich treffen wollten. Vielleicht hatten sie den Plan schon wieder geändert, ohne Tia etwas davon zu sagen.
„Oh, hallo...", begrüßte Tia die beiden, „Warum rennen wir hierhin?"
„Planänderung!", rief Agnes unterm rennen, packte Tia am Arm und zog sie mit sich mit und Tia nahm das einfach hin und rannte in die andere Richtung weiter, obwohl sie genau wusste, dass sie in die entgegengesetzte Richtung rennen mussten, um zu Myrtes Bad zu kommen, aber sie wollte Agnes und Sirius jetzt nicht belehren.
„Lauf, Tia – renn einfach nur", warnte Agnes sie und machte Tia damit ein bisschen Angst – wovor rannten sogar Agnes und Sirius weg?
„Wovor rennen wir weg?", fragte Tia – sie wollte wenigstens wissen, was sie erwarten würde, sollte sie stolpern.
„Vor Sirius' Hinter – renn einfach schneller, als er und fall nicht zurück", informierte Agnes sie und verwirrte Tia damit noch mehr, aber wahrscheinlich war das eine der Situationen, in denen Tia besser nicht nachfragte, sondern es einfach hinnahm, also rannte sie.
„Ich hasse dich, Agnes", keuchte Sirius.
Agnes zog Tia und Sirius mit sich und Tia hielt mit ihr Schritt, war aber froh, dass Agnes sie auch mit sich zog, so musste sie nicht nach dem Weg fragen, immerhin hatte sie keine Ahnung, wie diese Planänderung aussah.
„Wohin rennen wir?", fragte Sirius – er hatte also auch keine Ahnung. Sollte das Tia beunruhigen?
„Nach oben", gab Agnes ihm eine eigentlich ziemlich offensichtliche Antwort – immerhin rannten sie gerade wirklich Treppen nach oben und Tia fühlte sich ein bisschen dumm, dass sie selbst nicht auf diese Antwort gekommen war – das war wirklich offensichtlich.
„Das habe ich schon bemerkt – ich bin schon lange nicht mehr so viele Treppen nach oben gerannt – ich glaube, ich bekomme Seitenstechen", keuchte Sirius außer Atem. Tia war auch schon ein bisschen erschöpft, aber nicht so schlimm, wie Sirius, wie es aussah, aber Sirius rannte auch schon ein bisschen länger, als sie.
„Wenn wir hier lebend rauskommen, dann zwinge ich dich dazu, sportlicher zu werden", warnte Agnes Sirius und Tia fand das eine ausgezeichnete Idee und fragte sich, ob sie dann mitmachen konnte, „Wir sind im Krieg – ein bisschen Ausdauer sollte da schon vorhanden sein."
„Es kann nicht jeder ein physisch verbesserter Werwolf sein!", beschwerte Sirius sich, „Außerdem habe ich eine perfekte Figur – ich brauche keine Ausdauer."
„Sag das erst einmal deinem Seitenstechen!"
„Ich kann mit meinem Seitenstechen nicht sprechen – es ist nur Seitenstechen!"
„Wenn du aufhören würdest, unterm Rennen zu reden, als hättest du kein Seitenstechen!"
„Ich rede doch nur, weil du mit mir redest!"
„Ich rede nur mit dir, weil du mit mir redest!"
„Dann hör auf zu reden!"
„Hör du zuerst auf!"
In diesem Moment reichte es Tia: „Hört jetzt sofort beide auf! Konzentriert euch gefälligst aufs Entkommen! Ich kann niemanden hören – werden wir noch verfolgt?"
Tia hörte nichts – ihr Herz klopfte zu laut und ihre Schritte waren zu laut.
Agnes blieb stehen, um zu lauschen und Tia nutzte die Pause, um wieder etwas zu Atem zu kommen, während Sirius sich sogar an einer Wand abstützen musste.
„Wartet einen Moment", warnte Agnes sie – sie wurden also noch verfolgt. Agnes richtete aber entspannt ihren Zauberstab auf die Treppe und plötzlich verwandelten sich diese in steile Rampen und Tia hörte, wie Leute daran hinunterrutschten gefolgt von einem Krachen.
„Wir wecken noch das ganze Schloss auf", tadelte Sirius sie streng und sofort fühlte Tia sich schuldig – nur wegen ihnen wurden die Schüler und Lehrer mitten in der Nacht geweckt, „Hier sind Kinder, die einen langen, gesunden Schlaf brauchen!"
„Ich würde jetzt auch gerne schlafen, aber ich zu sehr damit beschäftigt, zu überleben", verteidigte sich Agnes, „Kommt weiter!"
Agnes packte Sirius und zog ihn weiter, aber Tia brauchte einen Moment zu lange und plötzlich sah sie, warum sie vor Sirius' Hintern wegrannten.
Sirius' Hosen schienen verbrannt und er präsentierte seinen Hinter in all seiner... Pracht...
Dieser Anblick war ein bisschen verstörend für Tia und sie wünschte sich, sie hätte auf Agnes gehört und wäre vor Sirius' Hintern davongelaufen und wäre immer schneller gewesen, als er, aber dafür war es jetzt zu spät.
„Sirius, du hast da ein kleines Loch in der Hose... und in deiner Unterhose..." Tia fühlte sich verpflichtet, Sirius davon zu erzählen, immerhin konnte er nicht einfach so in der Öffentlichkeit herumlaufen, wenn in seiner Hose ein Lock war – das wäre ein bisschen peinlich für ihn, wie Tia vermutete.
„Danke, Tia", bedankte Sirius sich, „Das habe ich noch gar nicht bemerkt!"
Tia lächelte zufrieden – sie hatte Sirius vor dieser Peinlichkeit bewahrt. „Gern geschehen!"
„Können wir uns jetzt lieber darauf konzentrieren, aus Hogwarts zu entkommen? Wir können später Sirius' Hintern besprechen!", bot Agnes an, wartete aber nicht auf sie, sondern rannte schon wieder los und Sirius und Tia folgten ihr schnell.
„Ich will dich ja nicht beleidigen, Sirius, aber ich würde es bevorzugen, wenn wir deinen Hintern nicht besprechen würden", gestand Tia unterm Rennen.
„Warum nicht?", fragte Sirius und er klang ernsthaft beleidigt – sofort bereute Tia ihre Worte – sie wollte Sirius gar nicht beleidigen, „Ich rede gerne über meinen Hintern!"
„Du wirst bald keinen Hintern mehr haben, wenn wir uns nicht beeilen!", unterbrach Agnes streng, „Wenn ich heute sterbe, Black, dann schwöre ich dir, ich werde viel mehr tun, als nur deine Hose verbrennen!"
„Aber ich mag meinen Hintern doch so gerne!", rief Sirius empört, „Wie kannst du mir nur drohen, meinen Hintern zu verletzen? Zuerst verletzt du Hogwarts und jetzt auch noch meinen Hintern?"
„Das klingt so, als hätte dein Hintern Gefühle", bemerkte Tia fasziniert – diese Idee schien so absurd, dass sie schon wieder wahr sein könnte.
„Mein Hintern hat Gefühle", bestätigte Sirius, „und Agnes hat gerade die Gefühle meines Hinterns verletzt."
Tia keuchte erschrocken auf. „Oh nein... Agnes, du solltest dich entschuldigen."
„Ich werde mich nicht bei Sirius' Hintern entschuldigen!"
„Du verletzt meinen Hintern einfach immer weiter", seufzte Sirius enttäuscht und schüttelte den Kopf, „Wie kaltherzig bist du, dass du nicht einmal bemerkst, wenn du einen Hintern verletzt?"
„Sirius, ich werde dich –", Agnes verstummte abrupt und es brauchte ein paar Sekunden, bevor Tia bemerkte, dass Agnes nicht mehr neben ihnen war, sondern stehengeblieben war und als sie sich zu ihr umdrehte, bemerkte Tia sofort, dass etwas nicht stimmte. Agnes war noch bleicher geworden, als sie es normalerweise schon war und sie sah erschrocken aus, als hätte sie Sirius' Hintern noch einmal gesehen.
„Agnes?", fragte Tia besorgt, „Hat dich das Gespräch über Sirius' Hintern traumatisiert?"
„Kein Gespräch über meinen Hintern könnte jemanden trauma– Agnes?", Sirius schien nun zu bemerken, dass wirklich etwas nicht mit Agnes stimmte und wurde sofort ernst, „Agnes... was ist los?"
„Sie ist hier", keuchte Agnes leise, aber noch hörbar, „Wir... wir müssen..."
Plötzlich roch Tia sie auch. Sie hatte gehofft, diesen Geruch nie wieder wahrnehmen zu müssen. Im nächsten Moment kam sie auch um die Ecke und stand nun vor ihnen – so elegant und königlich, wie immer.
Sirius drehte sich ebenfalls um und folgte Tias und Agnes' Blick und fluchte laut, bevor er sich schützend vor Agnes und Tia stellte. „Agnolia Tripe."
„Sirius Black", begrüßte Agnolia ihn und sie lächelte freundlich, „Welch eine Freude, dich hier zu treffen und– oh! Tia! Wie schön, dass wir uns wiedersehen!" Tia fragte sich, ob Agnolia es wirklich schön fand, sie wieder zu sehen, immerhin hatte sie sie gefoltert, als sie sich das letzte Mal gesehen hatten. Tia konnte es nicht genau sagen und sie konnte im Moment auch nicht Sirius oder Agnes fragen, wenn Agnolia direkt vor ihnen stand. Zur Sicherheit holte Tia ihren Zauberstab hervor und bemerkte in diesem Moment, dass ihre Hand zitterte – sie schien Angst zu haben. Das fand Tia seltsam – allein Agnolias Anblick machte ihr Angst, obwohl diese noch gar keinen Zauber gegen sie gesprochen hatte.
„Was für eine schöne Überraschung, euch hier zu treffen", lächelte Agnolia, „Agnes! Schätzchen, ich bin so froh, dich zu sehen." Tia war verwirrt – warum war Agnolia immer so schrecklich zu Agnes, wenn sie sich gleichzeitig freute, sie zu sehen. Das machte absolut keinen Sinn für Tia.
„Agnes?", wisperte Sirius leise, ohne den Blick von Agnolia abzuwenden, aber Tia warf einen besorgten Blick auf Agnes und sah, dass sie überhaupt nicht gut aussah, „Agnes, bist du okay?"
Nein... Agnes war nicht okay und das sah man ihr auch an. Sie schien in eine Schockstarre gefallen zu sein und starrte ihre Mutter nur ängstlich an.
„Tia", flüsterte Sirius leise, „Auf mein Zeichen springen wir."
„Was ist dein Zeichen?", fragte Tia ebenso leise. Sie hasste Planänderungen.
Sirius sagte ihr nicht einmal, was es für ein Zeichen sein würde, sondern hob nur seinen Zauberstab gegen Agnolia, die sich ebenfalls vorbereitete. Tia wusste nicht, was Sirius damit meinte, dass sie springen würden. Sollte sie einfach nur nach oben springen? Sollte sie auf die Decke springen, sollte sie Agnolia anspringen, sollte sie Agnes anspringen und sie zu Boden stoßen, während Sirius einen mächtigen Zauber gegen Agnolia sprach – Tia wusste es einfach nicht und das machte ihr Angst.
Aber nichts von dem war der Fall – Sirius richtete seinen Zauberstab plötzlich gegen ein Fenster an ihrer Seite und es zerbrach.
Bevor Tia Sirius' Plan verstehen konnte, packte dieser sie schon am Arm und riss sie zum Fenster und sprang mit ihnen mehr oder weniger hinaus. Tia schnitt sich an scharfen Kanten des verbrochenen Fensters, aber dieser Schmerz war schnell vergessen, als sie plötzlich bemerkte, dass sie nicht mehr im Schloss war, sondern draußen. Und zwar nicht einfach nur draußen, sondern mehrere-Meter-weit-oben-draußen und dann fiel sie.
Sirius hielt noch immer ihren Arm fest, aber Tia konnte einen Schrei nicht unterdrücken, als sie bemerkte, dass der Boden immer näherkam und ihr Hirn war leer, als sie panisch überlegte, wie sie überleben sollte. Ihr fiel kein Zauber ein und sie erwartete schon, jämmerlich am Boden zerquetscht zu werden, aber zum Glück war Sirius bei ihnen.
Er hielt seinen Zauberstab in der Hand und sprach die rettenden Worte: „Arresto Momentum!"
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