155. Kapitel
Tia fand es traurig, dass sie sich jetzt schon von ihren Freundinnen wieder trennen musste.
Konstantin hatte einen Plan entworfen, der sie nach Hogwarts bringen sollte und hoffentlich auch wieder hinaus – was diesen Part anging war Konstantin ein bisschen ungenau gewesen und grinsend hatte er ihnen beigebracht, dass sie an dieser Stelle einfach improvisieren würden. Aber Tia hatte Zuversicht in Konstantin und vertraute auf seinen Plan, immerhin hatten seine Pläne bisher auch mehr oder weniger funktioniert... sie lebten wenigstens noch und das war schon einmal gut, wenn man bedachte, in welchen Situationen sie sich schon befunden hatten.
Aufgeregt stand Tia bei ihrer kleinen Gruppe, mit der sie nach Hogsmeade apparieren würden und wartete gespannt auf Konstantins Kommando.
Insgesamt würden sie fünfzehn Personen sein, die apparieren und das Haus des Widerstandes verlassen würden und so eine Gruppe war zu groß, um gleichzeitig zu apparieren. Konstantin hatte zwar gesagt, dass es möglich wäre, aber das Risiko, dass jemand zersplinterte war einfach zu hoch und es gab keinen Grund, um so ein Risiko einzugehen, also hatten sie sich in vier kleine Gruppen aufgeteilt und würden so apparieren.
Tia stand bei Leanne und sie beide würden mit Sirius apparieren.
Tia konnte zwar sehr gut alleine apparieren, aber Konstantin hatte sie in diese Gruppe eingeteilt, also hatte sie sich nicht beschwert und dafür gab es auch gar keinen Grund.
„Okay, sind alle bereit?", fragte Konstantin in die Runde und Tia nickte enthusiastisch. Sie freute sich schon beinahe auf diesen Auftrag und sie freute sich auch, Hogwarts wieder von innen zu sehen.
Es war eigentlich erst einen Sommer her, seit sie selbst Schülerin gewesen war, aber in dieser Zeit war so viel passiert, dass es ihr schon wie eine Ewigkeit vorkam und es tat bestimmt gut, wieder einmal vertraute Gegenden zu sehen.
„Ich denke, für so einen Wahnsinn kann man nie bereit sein", sagte Liza, aber Tia musste ihr da widersprechen – sie war bereit.
„Ich bin bereit", sprach Agnes Tias Gedanken laut aus, „aber ich bin auch wahnsinnig."
„Auf mein Kommando apparieren wir – wir treffen uns in der Gasse vom Eberkopf", erinnerte Konstantin sie noch einmal alle – Tia war froh, dass Konstantin die einzelnen Schritte des Planes immer wieder wiederholte, so war sie sich sicher, dass sie auch nichts vergessen hatte, „Also... eins – zwei – drei!"
Tia hielt Sirius' Hand ganz fest, als sie spürte, dass er mit ihnen disapparierte. Tia mochte dieses Gefühl irgendwie – am Anfang war ihr zwar immer ein bisschen schlecht gewesen, aber es war eine Art von Übelkeit gewesen, die irgendwie angenehm war, wie nach einer aufregenden Achterbahnfahrt.
Nacheinander apparierten die Gruppen, aber plötzlich ertönte ein schrecklicher, greller Schrei und Tia zuckte erschrocken zusammen und sah sich alarmiert um – war jemand zersplintert? Nein, jeder schien gesund zu sein und sahen sich ebenso verwundert um, wie Tia, also musste es etwas anderes gewesen sein.
„Ein Alarm", beantwortete Konstantin Tias unausgesprochene Frage, „Sie haben tatsächlich einen Alarm aufgestellt – verdammte Todesser."
„Ein Alarm? Der war noch nicht da, als Agnes und ich hier appariert sind", meinte Sirius und ließ Tias Hand los.
Sirius und Agnes waren vor zwei Tagen schon nach Hogsmeade appariert, um zu sehen, wie man am besten in die Heulende Hütte gelangen konnte und Agnes hatte diese Chance genutzt, um sich in der Heulenden Hütte zu Vollmond in einen Werwolf zu verwandeln. Ohne den Wolfsbanntrank war sie ein blutrünstiges Monster gewesen und sie hatte einen Ort gebraucht, an dem sie niemanden hatte verletzen können, da hatte sich die Hütte angeboten.
Aber scheinbar hatten die beiden eine Kleinigkeit übersehen, aber Tia verzieh ihnen das sofort.
„Dann sollten wir lieber schnell von hier verschwinden", schlug Leanne vor, die sich noch immer an Tias Hand klammerte und Tia wollte auch nicht, dass sie losließ und es störte sie im Moment wenig – eigentlich gar nicht. Es war sogar ganz angenehm, eine Freundin bei sich zu wissen.
Leannes Plan, einfach zu verschwinden klang für Tia auch ziemlich verlockend, aber als sie zu Agnes sah, bemerkte sie, dass es wohl schon zu spät dafür war.
Agnes besaß ein noch besseres Gehör, als Tia und sie schien etwas bemerkt zu haben, denn sie sah Konstantin alarmiert und warnend an und im nächsten Moment hörte Tia es auch – Schritte.
„Okay, kleine Planänderung", sagte Konstantin heiter, aber seine Worte ließen Tia zusammenzucken – sie mochte keine Planänderungen, besonders nicht, nachdem sie gerade erst begonnen hatte, den ursprünglichen Plan zu verstehen, „Liza und ich werden die Todesser ablenken und ihr geht nach Hogwarts."
„Was?", fragte Sirius und er klang ein bisschen nervös, „Aber... Kon? Bist du sicher?"
„Wir trennen uns?", fragte Tia und sie fühlte sich nervös – vielleicht sogar noch nervöser, als Sirius. Konstantins Plan war doch perfekt gewesen – was war, wenn der neue Plan schiefging. Konstantin und Liza wollten die Todesser ablenken – das war bestimmt gefährlich.
„Wir treffen uns wieder", versprach Liza ihr und sie schaffte es, Tia damit ein bisschen zu beruhigen, aber nicht ganz. Irgendwie hatte Tia ein ungutes Gefühl dabei.
„Wie sollen wir uns wiederfinden?", fragte Agnes absolut rational und ruhig. Agnes sah so ruhig aus und Tia wünschte sich, sie könnte auch so gelassen sein, wenn es um so etwas ging, aber sie konnte ihre Nervosität nicht zur Seite schieben, egal, wie sehr sie sich bemühte.
„Ihr werdet uns schon finden", Konstantin grinste vielsagend, „Ihr solltet hier lieber verschwinden – los!"
Tia hätte gerne noch gefragt, wie genau sie die Geschwister wiederfinden sollten, aber sie hatte keine Chance mehr dazu, denn Liza und Konstantin rannten aus der halbwegs sicheren Gasse hinaus, direkt in die Arme der Todesser, wie Tia hören konnte.
„Schwesterherz, wie nennt man einen Todesser mit Hirn?", hörte Tia Konstantin laut fragen und Tia fragte sich, wie er auf die Idee kam, in so einer gefährlichen Situation so laut und offensichtlich zu sein, aber bestimmt wusste Konstantin, was er tat.
„Konstantin, das ist eine dämliche Frage", rief Liza ebenso auffällig laut, „Es gibt doch keine Todesser mit Hirn!"
Tia hörte die beiden lachen – es war beruhigen, sie lachen zu hören. Umso beunruhigender war es, als Konstantin und Liza aufhörten zu lachen, sich umdrehten und rannten, dicht gefolgt von einer Gruppe Todesser.
„Hier sind sie! Ihnen nach!", rief ein Todesser und eine Gruppe von ihnen rannte an ihnen vorbei, ohne in die Gasse zu blicken, in denen sich ein ganzer Haufen Eindringlinge versteckte und die bestimmt gesehen worden wären. Hätten sie zur Seite geschaut, hätten sie die ziemlich große Gruppe gesehen, aber das taten sie nicht. Konstantins Plan hatte funktioniert.
„Sie sind tatsächlich auf diesen Trick hereingefallen", bemerkte Agnes, „Scheinbar gibt es wirklich keine Todesser mit Hirn."
Tia wollte ihr widersprechen, ihr fielen da so einige Todesser ein, die bestimmt ziemlich intelligent waren, aber Sirius drängte sie schon weiter: „Wir sollten los, Kon und Liza können sie nicht ewig ablenken."
Sirius und Agnes führten die Gruppe durch die Straßen von Hogsmeade und Tia sah sich gut gelaunt um – es war schön, wieder in dem kleinen Dorf zu sein und sie erinnerte sich, wie sie häufig mit Katie und Leanne hier gewesen war, um einen Kakao zu trinken oder wie sie sich einmal mit Remus und Carla getroffen hatte und ihr Vater und sie zusammen beinahe alle Schokoladenvorräte des Honigstopfes aufgekauft hatten – das war natürlich übertrieben, aber sie hatten an dem Tag wirklich viel Schokolade gekauft.
Die Heulende Hütte hingegen war ein Ort, den Tia lieber vermieden hatte. Das verfallene Haus war Tia schon immer unheimlich gewesen und selbst, nachdem sie erfahren hatte, dass das der Ort war, an dem sich ihr Vater jeden Vollmond in einen Werwolf verwandelt hatte, hatte sie sie nie von Nahem gesehen.
Nun aber war dieses Haus ihr Ziel und Sirius und Agnes schienen ihren Weg genau zu wissen und als wäre es Routine stemmte Sirius ein Fenster auf, durch das sie in die Hütte gelangen konnten.
In der Hütte war es dunkel, aber Tia hatte schon immer gut in der Dunkelheit sehen können und sie sah sich neugierig um.
Es hatte wohl einmal Möbel gegeben, aber diese waren zerstört und teilweise verstaubt. Der Boden war ebenfalls staubig und man konnte ungefähr erkennen, wo Sirius und Agnes sich bewegt hatten, als sie vor zwei Tagen schon da gewesen waren.
Leider konnten sie nicht lange warten und Tia hatte nicht die Chance, sich noch genauer umzusehen, nachdem Agnes und Sirius die Gruppe weiterführten. Die beiden waren ein seltsames Team, aber sie arbeiteten gut zusammen, wie Tia fand. Sie passten aufeinander auf.
Es war ein schöner Nachtspaziergang, als sie zusammen über die Gründe von Hogwarts gingen und Tia fühlte sich wohl. Hogwarts war nie wirklich ihr Lieblingsort gewesen, aber irgendwie war Hogwarts ein Ort, an dem Tia trotzdem im Moment gerne war, obwohl nicht nur der Schulleiter ein Mörder war, sondern auch noch zwei Todesser bestimmt schrecklich zu den Schülern waren und Hogwarts bestimmt nicht mehr das war, was es einmal gewesen ist.
Bald schon erreichten sie das Eingangsportal und Tia hätte es lieber gehabt, wenn sie noch ein bisschen durch die Gegend spaziert wären, aber das sagte sie natürlich nicht laut, denn es war Zeit für Phase drei in Konstantins ursprünglichem Plan, den sie einfach weiterverfolgten, nur ohne Liza und Konstantin.
„Versteckt euch hier – Tia warnt euch, wenn jemand kommt", wisperte Agnes leise und trennte sich von der Gruppe.
Sie allein würde einen Weg in das Schloss finden müssen und Tia war das ein bisschen unangenehm. Eigentlich hätte Liza sie an dieser Stelle begleiten müssen, aber Liza war woanders beschäftigt und sie hatten keinen Ersatz beschlossen, also würde Agnes alleine gehen.
„Mir gefällt das nicht", flüsterte Tia leise.
„Mir auch nicht, Baby-Lupin", gestand Sirius ernst, „aber ich bin mir sicher, dass wir das schon schaffen. Immerhin ist es nur Hogwarts – wie oft sind wie beide schon in der Nacht da drinnen herumgeschlichen und haben uns vor Filch und Snape versteckt?"
„Vergiss nicht die Vertrauensschüler", erinnerte Tia ihn lächelnd, „In meiner Schulzeit ist Georges Bruder, Percy, Vertrauensschüler gewesen und er hat seinen Job immer sehr genau genommen."
„Das kann ich mir vorstellen", Sirius lachte leise, „Siehst du? Stell dir einfach vor, du würdest einfach in der Nacht spazieren gehen und du musst nur Filch und den Vertrauensschülern ausweichen. Das ist doch noch nie ein Problem für dich gewesen, oder?"
„Aber dieses Mal sind nicht nur Vertrauensschüler und Filch unser Problem, sondern auch diese Todesser", erinnerte Tia ihn ernst, „Die sind bestimmt noch unfreundlicher, als Filch."
„Denk nicht daran", redete Sirius leise auf sie ein, „Sieh es einfach ein bisschen... entspannter."
Aber Tia konnte sich nicht wirklich entspannen und während sie auf Agnes warteten, verging die Zeit ganz, ganz langsam. Je länger es dauerte, desto sicherer wurde sie, dass Agnes etwas passiert war. Agnes hätte niemals so lange gebraucht – Agnes wäre schon längst wieder bei ihnen, wenn alles so funktioniert hätte, wie geplant.
Plötzlich hörten sie alle, wie von innen die Schlösser des Tores gelöst wurden und sie bereiten sich alle auf das Schlimmstmögliche vor, aber als die Tore laut aufschwangen, stand da nur Agnes.
Sie beeilten sich, ins Schloss zu kommen, damit sie schnell wieder die Tore schließen konnten und sie weg waren, bevor jemand bemerken konnte, dass sie überhaupt hier waren.
„Hast du auf dem Weg noch einen Tee getrunken?", neckte Sirius Agnes sofort, als eine eingetreten waren und Agnes mit einem Zauber das Portal wieder schloss.
„Ich bin fast von der Mauer hinuntergefallen, Sirius", zischte Agnes leise und Tia zuckte kurz zusammen, als sie das hörte, redete sich aber selbst ein, dass Agnes bestimmt nur übertrieb, „Ein bisschen Dankbarkeit wäre angebracht."
Sirius wandte sich wieder an Tia und die anderen und sagte leise: „Ich hoffe, jeder weiß noch, was er zu tun hat. Ich weiß es nämlich nicht mehr von jedem von euch und Konnie ist nicht da, um den Plan noch einmal zu erklären."
„Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir das schaffen", sagte Tia ehrlich, „Ich denke, ich weiß noch den größten Teil vom Plan, aber das ist nicht schlimm. Den Rest können wir ja wie immer improvisieren."
„Tia, du schaffst es immer wieder, mich siegessicher zu stimmen", murmelte Sirius und obwohl Tia sich nicht ganz sicher war, ob er es ernst meinte oder nicht, freute sie sich, dass er so dachte, „Also... hier trennen sich unsere Wege. Passt auf, ihr beiden. Moony würde mich lebendig häuten, wenn euch etwas passiert."
„Wir kommen schon klar", beruhigte Agnes ihn mit Humor in der Stimme, „Pass lieber auf, dass euch niemand erwischt. Ihr habt niemanden mit verbesserten Sinnen bei euch."
„Wir brauchen niemanden, der die Cheats des Lebens kennt", schnaubte Sirius, „Damals, als ich ein Schüler gewesen bin, haben wir es auch geschafft, Filch und den Professoren aus dem Weg zu gehen, oder nicht?"
„Habt ihr nicht einen Unsichtsbarkeitsmantel gehabt?", fragte Tia ihn unschuldig.
„Ja...", nun sah Sirius nicht mehr ganz so sicher aus und Tia hoffte, sie hatte nicht gerade all seine Hoffnungen und Träume zerstört.
„Und dieses Mal würdet ihr nicht nur Nachsitzen bekommen, wenn sie euch erwischen", warnte Agnes ihn ernst, „Sie würden euch einfach umbringen – einfach hier in Hogwarts schlachten wie Lämmer."
„Du bist wirklich ein Sonnenschein, Baby-Moony", seufzte Sirius, „Ich gehe lieber, bevor eure negativen Ansichten mich zum Weinen bringen."
„Und das wollen wir ja nicht", versicherte Agnes ihm. Das wollte Tia tatsächlich nicht und so winkte sie Sirius und ihren Freundinnen, von denen sie sich schon verabschiedet hatte, als diese die Treppe nach oben nahmen, während sie in die Kellerräume gehen würden.
„Beeilen wir uns", flüsterte Agnes und nahm Tia an der Hand, aber Tia hatte nicht das Gefühl, als wäre sie ein kleines Kind, das man an der Hand nehmen musste, damit es nicht wegrannte. Stattdessen gab Agnes' Hand ihr Sicherheit und Tia hoffte, dass sie dasselbe Gefühl auch an Agnes zurückgeben konnte. Immerhin war es dunkel, als sie zusammen Hand in Hand durch die Gänge schlichen und Tia wusste, dass Agnes Angst vor der Dunkelheit hatte.
Agnes zitterte leicht und ihr Blick erinnerte Tia an ein wildes Tier, das man in eine Ecke gedrängt hatte. Sie wirkte panisch, aber sie schien sich zusammen zu reißen und sie bekam keine Panik und Tia war so stolz auf ihre Schwester.
Sie sprachen nicht miteinander, als sie nebeneinander gingen, aber das war auch gar nicht nötig. Stattdessen lauschten sie beide ganz genau und achteten darauf, dass ihnen niemand entgegenkam, aber das Schloss war wie ausgestorben und schon bald erreichten die die Tür einer Tia nur allzu bekannten Klasse.
Tia hatte schon immer Zaubertränke geliebt. Das Fach hatte immer so viel Sinn ergeben und sie hatte geliebt, dass sie es nicht nur verstanden hatte, sondern auch noch wirklich gut darin gewesen war. Während die anderen Stunden in Hogwarts immer ein bisschen eine Qual für sie gewesen waren, war Zaubertränke ein Hoffnungsschimmer in der Woche gewesen.
Sie kannte diese Klasse sehr gut – sie erinnerte sich noch ganz genau, wo die einzelnen Zutaten standen und sie erinnerte sich noch an den meist verschlossenen Kasten, in dem Snape auch einige verbotene oder private Zutaten aufbewahrt hatte und den Tia nur einmal in ihrer Schulkarriere offen gesehen hatte – als sie mit Snape den Wolfsbanntrank gebraut hatte.
Agnes zögerte vor der Tür einen Moment – hier würde Agnes warten und Tia würde alleine die Zutaten zusammensuchen.
Tia drückte Agnes' Hand kurz und lächelte zuversichtlich und Agnes lächelte zurück. Das war all das Vertrauen, das Tia brauchte.
„Ich bin hier draußen und passe auf", versprach Agnes ihr.
„Bist du sicher?", fragte Tia sie unsicher. Sie wusste nicht genau, ob sie Agnes in der Dunkelheit alleine lassen sollte. Wenn Agnes wieder eine Panikattacke haben sollte, dann wusste Tia nicht, ob sie ihr helfen konnte und Sirius war in einem anderen Teil des Schlosses und behielt den Widerstand im Auge.
„Ich komme schon zurecht", versprach Agnes, „Beeil du dich und vergiss keine Zutat – ich denke nicht, dass wir noch einmal hierher zurückkehren können."
„Das werde ich nicht", versicherte Tia ihr und nickte, „Ich werde genug mitnehmen, damit wir vielleicht sogar ein paar Monate lang auskommen. Ich werde den Trank für dich brauen."
„Das weiß ich", flüsterte Agnes leise und küsste Tia schnell auf die Wange. Tia lächelte noch einmal in Agnes' Richtung, bevor sie in die Klasse eintrat.
Die Tür war offen gewesen und nicht versperrt, wie Tia erwartet hatte, aber nachdem nun nicht mehr Snape, sondern Professor Slughorn Professor für Zaubertränke war, war das vielleicht normal.
Es war dunkel, aber es schien immer dunkel in dieser Klasse zu sein und es war keine absolute Finsternis, also brauchte Tia nur einen Moment, damit sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnten, bevor sie ihren Weg sicher zum Schrank fand, der noch genau an dem Ort stand, an dem sie ihn zum letzten Mal gesehen hatte.
Sie versuchte, ob sich die Türen öffnen ließen, aber natürlich war das nicht der Fall, also zückte Tia ihren Zauberstab und deutete damit auf das Schloss.
„Alohomora", flüsterte sie, aber nichts geschah.
Es gab nun genau zwei Möglichkeiten: Nummer eins – Snape hatte den Kasten mit einem weitaus komplizierteren Zauber geschützt, als Tia gehofft hatte und sie würde ihn nicht einfach so mit „Alohomora" öffnen können oder Möglichkeit Nummer zwei – Tia konnte nicht einmal „Alohomora" ohne Schwierigkeiten zaubern.
Tia vermutete das letztere und atmete tief durch, richtete ihren Zauberstab auf den Kasten und sagte etwas sicherer: „Alohomora." Sie wusste, dass sie diesen Kasten aufbekommen musste und zu ihrer Überraschung und Zufriedenheit klackte dieses Mal das Schloss und Tia konnte erleichtert die Schranktüren öffnen.
Sie begann zu lächeln, als sie sah, dass tatsächlich noch Zutaten für den Wolfsbanntrank da waren – alles war direkt vor ihr, als würde es nur darauf warten, von Tia gestohlen zu werden – Tia bezweifelte zwar, dass irgendetwas existierte, um gestohlen zu werden, aber die Zutaten präsentierten sich ihr schon beinahe.
Tia nahm ihren Rucksack vom Rücken und öffnete ihn. Es war der Rucksack, den Agnes ihr geschenkt hatte und den Agnes magisch verzaubert hatte, sodass mehr Dinge darin Platz hatten, als eigentlich der Fall hätte sein sollen und Tia begann die Zutaten eilig, aber gleichzeitig säuberlich und vorsichtig in den Rucksack zu geben.
Sie wollte nichts vergessen und im Kopf wiederholte sie immer und immer wieder die Liste mit Zutaten, die sie brauchte, aber Tia wusste, dass sie sich Zaubertränke gut merken konnte und bezweifelte, dass sie etwas vergaß, aber sie schien hin und wieder die Angewohnheit zu haben, genau das zu vergessen, was furchtbar wichtig war... die Hausaufgaben für Verwandlung zum Beispiel.
Tia konzentrierte sich auf die Zutaten, aber hin und wieder lauschte sie doch und hörte in der Stille Agnes' Herzschlag vor der Tür – sie stand noch immer dort und bewachte die Tür, damit sich niemand an Tia anschleichen konnte.
Plötzlich aber änderte sich etwas und Tia hörte Agnes' Stimme klar und deutlich sagen: „Tia, ich bin bald zurück."
Agnes war noch immer draußen, aber sie musste wissen, dass Tia sie trotzdem hören würde und Tia fragte sich, ob es Agnes nicht gut ging und sie deswegen schnell aus dem Schloss raus musste, aber sie klang nicht wirklich verletzt oder verletzlich, also machte Tia sich lieber keine Sorgen. Agnes war stark – sie konnte gut auf sich selbst aufpassen und Tia bezweifelte, dass irgendjemand auf die Idee kommen würde, im Klassenzimmer für Zaubertränke nach Eindringlingen zu suchen.
„Wir treffen uns hier, okay?", fragte Tia und sie fühlte sich etwas seltsam, weil sie scheinbar mit niemanden sprach, aber sie hörte, wie sich Agnes' Schritte von ihr entfernten und bei ihr schien noch jemand zu sein – vielleicht hatte sie jemanden getroffen oder es war jemand vom Widerstand. Tia würde sie später danach fragen.
Jetzt musste sie sich erst einmal auf die Zutaten konzentrieren und sie verpackte große Mengen an Wolfsbann und gab sie in ihren Rucksack, als sie stockte und lauschte. Schritte näherten sich wieder, aber sie wusste nicht genau, ob es Agnes war, die zurückkam oder nicht.
Tia war sowieso gerade fertig und sie schloss ihren Rucksack und schulterte ihn wieder.
Mit hinter dem Rücken verschränken Armen wartete sie lauschend ab, ob die Person einfach weitergehen würde oder in die Klasse kommen würde. Tia hatte nicht wirklich einen Ausweg und es gab auch keine sonderlich guten Verstecke in der Klasse – sie könnte sich höchstens unter einem Tisch verstecken, aber das kam Tia dann doch ein bisschen dämlich vor, immerhin könnte man sie dort leicht entdecken. Da blieb sie lieber stehen.
Die Person stockte einen Moment vor der Tür, bevor diese tatsächlich geöffnet wurde und Tia roch und erkannte die Person, bevor diese den Raum überhaupt betreten hatte.
„Guten Tag, Professor Snape", begrüßte Tia ihn heiter und lächelte, als der Professor in die Klasse kam und stocksteif stehenblieb, als er sie erblickte, „Oder... besser Gute Nacht. Ich hoffe, wir haben Sie nicht geweckt."
Kurz war es still und die beiden musterten sich. Für Tia sah Snape noch genauso aus, wie sie ihn in Erinnerung hatte – fettige, dunkle Haare; dunkle Augen; dunkle Seele – das konnte Tia natürlich nicht sehen und sie kannte Snape auch nicht gut genug, um das beurteilen zu können, aber sie fand, dass diese Beschreibung in ihrem Kopf ziemlich dramatisch geklungen hatte und verbesserte sich deswegen nicht selbst.
„Fuego." Snape klang müde, aber das war noch immer seine alte, näselnde Stimme. „Was tust du hier?"
„Oh...", Tia blickte über die Schulter zum Zutatenschrank, dessen Türen noch immer offenstanden, dann wieder zu Snape, noch einmal zurück und dann zuletzt wieder auf Snape, „Ich denke, ich bestehle Sie gerade."
Snape schloss die Augen und Tia hörte, wie er tief durchatmete, bevor er sie wieder ansah. „Warum?", fragte er schlicht.
„Wir brauchen Wolfsbanntrank", erklärte Tia, „und uns ist kein anderer Ort eingefallen, an dem wir die Zutaten bekommen könnten, also sind wir in Hogwarts eingebrochen und... jetzt bin ich wohl hier." Tia lächelte zufrieden.
„Wolfsbanntrank?", wiederholte Snape und Tia meinte, etwas Spott in ihrer Stimme zu hören, „Für deinen jämmerlichen Vater?"
Das Lächeln verschwand aus Tias Gesicht und sie runzelte unzufrieden das Gesicht. „Professor, ich weiß, dass ich keinen Einfluss darauf habe, welche Personen Sie mögen und welche sie hassen, aber ich würde es trotzdem bevorzugen, wenn Sie Remus vor mir nicht „jämmerlich" nennen würden...", im nächsten Moment lächelte Tia wieder, „und nein, der ist nicht für Remus – ich mache ihn für Agnes. Sie hat in letzter Zeit ein paar Probleme damit, sich selbst zu vertrauen und deswegen will sie ihn wohl für die Vollmonde haben."
„Agnes Tripe?", fragte Snape nach und Tia überlegte einen Moment, ob Snape Agnes eher gemocht hatte oder eher nicht, aber sie war sich in dieser Hinsicht nicht ganz so sicher, also nickte sie nur und hoffte, dass sie das nicht in Schwierigkeiten bringen würde.
Tia konnte nichts aus Snapes Gesicht ablesen und das verunsicherte sie so wie immer, wenn sie nicht genau sagen konnte, was ihr Gesprächspartner dachte.
„Hast du alles gefunden, was du für den Trank brauchst?", fragte Snape plötzlich und überraschte Tia damit ein bisschen, aber sie riss sich schnell wieder zusammen.
„Ja, ich hab alles", bestätigte sie so, als würde sie wieder ganz normal mit Professor Snape im Zaubertrankunterricht sprechen und nicht mit einem Mann, der Dumbledore umgebracht hatte und ein Todesser war, „Ich kenne auch noch den Trank – ich kenne ihn noch auswendig."
„Du bist meine beste Schülerin gewesen. Ich erwarte noch Großes von dir", gestand Snape und dieses Kompliment klang so fremd für Tia, dass sie einen Moment lang überlegte, ob es überhaupt als Kompliment gemeint gewesen war, entschloss sich dann aber dazu, dass es wirklich ein Kompliment aus dem Mund von Severus Snape gewesen war.
„Danke, Professor", sagte Tia ernst, „Das bedeutet mir ehrlich gesagt ziemlich viel, das von Ihnen zu hören. Sie sind auch ein guter Professor gewesen."
„Wenn du alles hast, solltest du lieber verschwinden", schlug Snape vor, „Wir sind gewarnt worden, dass jemand in Hogsmeade angekommen ist. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie auch hier suchen."
„Vermutlich wäre das besser, ja", stimmte Tia ihm zu, „Auf Wiedersehen, Professor. Achten Sie darauf, dass Agnes Sie nicht riecht oder hört – sie ist in letzter Zeit ziemlich nervös in solchen Situationen und Agnes will Ihnen bestimmt nicht absichtlich wehtun, aber sie wird es tun, wenn sie nervös wird."
„Auf Wiedersehen... Tara", es war das erste Mal, dass Snape ihren Namen sagte, „Ich hoffe, du findest deinen Weg aus diesem Krieg heraus und... vielleicht können wir diese Begegnung für uns behalten. Ich verrate nichts und du verrätst es auch niemanden – niemanden."
Tia zögerte einen Moment – sie hatte mit diesem Gespräch ziemlich viel über Snape herausgefunden, das sie verwirrte und es mit jemanden wie Agnes zu besprechen wäre bestimmt erleichternd, aber Snape hatte Recht und es war bestimmt zum Vorteil für sie beide und Tia schuldete Snape auch ein bisschen etwas. Immerhin hätte er sie einfach umbringen können – Tia war, was Magie anging, eigentlich ziemlich schutzlos.
„In Ordnung, Professor", Tia nickte sicher und lächelte, „Vielleicht sehen wir uns wieder."
Mit diesen Worten ging sie an Snape vorbei und aus dem Klassenzimmer hinaus und traf dort auch bald schon auf Agnes.
Sie hörte Snape nicht, wie er leise zu sich selbst murmelte: „Das bezweifle ich..."
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