15. Kapitel
Nur, weil Tia mit Fred und George und später auch mit Leanne und Katie ad Nausea geübt und gelernt hatte, bedeutete das noch lange nicht, dass sie mit einem guten Gefühl und voller Zuversicht zu den Prüfungen tänzelte (wie Katie es vielleicht ein wenig tat, die selbst beim Frühstück angemerkt hatte, dass sie ihren Lernfortschritt für sehr erfolgreich empfand).
Sie schlurfte in die Klassenzimmer, als würde sie zum Richtpflock gehen.
Natürlich musste es mit Geschichte beginnen – Geschichte, das Fach, in dem nicht einmal Leanne wirklich aufgepasst hatte und sogar Katie hatte es hin und wieder für sinnvoller empfunden, ein wenig Schlaf nachzuholen.
Die Federn, mit denen sie schreiben mussten, waren speziell verzaubert, damit sie nicht schummeln konnten – Tia hätte nicht einmal gewusst, wie sie eine Feder verzaubern sollte, damit sie für sie schummelte, aber sie wünschte, sie würde wenigstens die Zauber kennen, die in Zauberkunst geprüft werden würden.
Tia wusste nicht, ob es ihr gut oder schlecht ergangen war, da sie zum Schluss hin eigentlich nur noch geraten und vermutet hatte – also ungefähr ab der Hälfte der Prüfung. Es konnte gut sein, dass sie keine einzige Frage richtig beantwortet hatte, aber vielleicht, eventuell, wenn sie Glück hatte, würde sie doch noch durchkommen.
Als nächstes stand Verwandlung auf dem Plan und Tia fürchtete sich schon, als sie von McGonagall in die Klasse gerufen wurde. Es würde ein praktischer Test werden, also würde sie etwas verzaubern müssen, aber bisher waren ihre Tendenzen eher zum Versagen. Selten hatte sie es geschafft, generell etwas zu verzaubern – in der Prüfung standen die Chancen nicht gut um sie.
McGonagall stand am Lehrerpult und sah auf, als Tia leise die Tür hinter sich zu fallen ließ.
„Miss Fuego – treten Sie näher", bat McGonagall sie und Tia tat, wie geheißen. Ihre Knie zitterten und sie schwitzte vor Angst, als sie vor McGonagall auf dem Tisch in einem kleinen Käfig auch noch eine Maus erblickte.
„Miss Fuego, ich verlange von Ihnen nicht mehr und nicht weniger, als diese Maus hier in eine Schnupftabakdose zu verwandeln", meinte McGonagall und Tia sank zusammen.
Noch nie hatte sie diesen Zauber geschafft – wie lange würde McGonagall mit ihr Geduld haben, bis sie ihr sagen würde, dass sie wohl doch nicht geeignet für Hogwarts war. Sie würde wieder nach Hause müssen, dann wäre sie zwar wieder bei ihrer abuelita, aber sie würde Katie und Leanne wahrscheinlich nie wiedersehen
„Miss Fuego – geht es Ihnen gut?", fragte McGonagall mit einem Blick auf das zitternde Mädchen, aber Tia brachte kein Wort heraus, sondern schüttelte nur den Kopf.
McGonagall sagte nichts im ersten Moment, sondern musterte Tia nur, bevor sie sanft vorschlug: „Warum nehmen Sie nicht als erstes den Zauberstab zur Hand?"
Damit konnte Tia etwas anfangen. Sie hatte sich ihren Zauberstab in ihren Zopf gesteckt, damit sie ihn immer griffbereit hatte. Vorsichtig holte sie ihn hervor, aber ihre Hand zitterte so sehr, dass sie nicht einmal auf die Maus zielen konnte.
Sie versuchte es wirklich, aber nach wenigen Sekunden schon sank ihre Hand wieder herunter und sie stieß ein Seufzen aus.
„Professor, was passiert, wenn ein Schüler die Prüfungen nicht besteht?", fragte sie leise.
„Nicht bestehen? Warum fragen Sie so etwas?", wollte McGonagall wissen, „Und muss ich das wirklich jetzt beantworten – Sie sind in ihrer Prüfung!"
„Ich kann es aber nicht – ich werde durchfallen", gestand Tia, „Ich wollte nur wissen, was jetzt mit mir passiert."
McGonagall musterte die Schülerin nachdenklich, bevor sie antwortete: „Miss Fuego, Sie wissen, dass ein Talent für Verwandlung nicht in Schüler steckt, die die Zauberei perfekt beherrschen. Für Verwandlung muss man offen für Neues sein, und Sie, Miss Fuego – in ihnen habe ich schon von Anfang an großes Potential gesehen, aber bisher ist es ihnen noch nicht gelungen, ihren Geist zu öffnen und bereit für Neues zu sein. Selbstvertrauen und Sicherheit – zwei gravierende Tugenden für Verwandlungen."
Tia seufzte, aber sie hob ihren Zauberstab wieder.
Offen für Neues sein?
Sie war in England geboren, ihre Familie kam aus Spanien, ihren Vater kannte sie nicht, ihre Mutter wollte sie nicht sehen, ihre Ur-Großmutter war eine Veela gewesen und dazu kam noch ihre Vorliebe für Malen, Zeichnen und Zaubertränke. Offen für Neues? In ihrem Leben hatte nichts mehr Neues Platz.
Dann dachte sie an den kalten Winter in England – in dieser Zeit vermisste sie Spanien, obwohl sie niemals dort gewesen war. Sie vermisste Sonne, warme Meere, Strände... Sie war offen für Neues.
Ihr Zauberstab tippte die Maus an und plötzlich schrumpfte sie zusammen und wurde flacher, bis sie sich zu einer hübschen, kleinen Schnupftabakdose verwandelt hatte. Ein kleines Bild von einem weiten Meer war zu sehen und die goldene Dose war mit vielen Schmuckelementen verziert.
„Eine sehr schöne Dose – volle Punktezahl", lobte McGonagall sie, aber Tia war so erschöpft und fertig von diesem einem Zauber, dass sie es gerade noch so aus der Klasse schaffte, bevor sie sich auf den Boden setzte.
„Tia!", Katie war schon vor ihr an der Reihe gewesen und hatte auf sie gewartet, „Wie ist es gelaufen? Wie war es?"
Tia brachte im ersten Moment nichts heraus, bevor sie zu grinsen begann und erst realisierte, was gerade passiert war.
„Ich habe bestanden", seufzte sie zufrieden und Katie stieß einen hohen, quietschenden Laut aus, bevor sie ihre Freundin umarmte.
„Ich habe gewusst, du würdest es schaffen! All die Übung und das Lernen – ich habe es gewusst!"
„Ohne euch hätte ich das nie geschafft", gab auch Tia zu, „Danke. Jetzt habe ich eigentlich nur noch Zauberkunst vor mir – ich hoffe, das schaffe ich auch noch."
„Wir haben ja trainiert – in Zauberkunst hast du die meisten Zauber meistens geschafft, also solltest du es schon schaffen."
„Meistens ist nicht immer", seufzte Tia, „Aber du hast Recht – die Stunden, die ich geübt habe, sollten doch für irgendetwas gut sein."
Und sie hatten etwas gebracht. Sie schaffte es zwar nicht beim ersten Anlauf, aber schließlich schaffte sie es, einen besonders großen und schweren Stein in der Luft schweben zu lassen und Flitwick versicherte ihr, dass jedem Fehler passieren können und sie durchkommen würde.
Während sogar Verteidigung gegen die dunklen Künste und Astronomie theoretische Fächer waren, war nur noch Kräuterkunde ein schwieriges Fach, aber die Prüfung selbst war einfach, da es ihre Hauptaufgabe war, einige Brennnessel zu ernten – Tias Aufgabe war es also, Pflanzen zu zerstören, was sie eindeutig besser konnte, als sie am Leben zu erhalten. Dazwischen prüfte Sprout immer wieder ihr Wissen, aber nachdem Katie ihr mehr oder weniger das gesamte Lehrbuch ins Hirn geprügelt hatte, konnte sie die Sätze schon beinahe auswendig. Nur einige Fragen konnte sie nicht beantworten – jene, die nicht im Buch gestanden hatten, sondern Wissen und Interesse an Pflanzen als Grundlage hatten – und Tia konnte es nicht mehr egal sein, wie es ihren Pflanzen ging, solange sie die Prüfung bestand.
Zaubertränke war ein Fach, in dem Tia als einziges keine Nachhilfe von Leanne, Katie, Fred oder George bekommen hatte, sondern sie ihren Freundinnen angeboten hatte.
Tia verstand zwar nicht wirklich, was daran so schwer war – immerhin musste man nur genau sein, aber beide hatten ihre Probleme damit.
Während der Prüfung ging es Tia wirklich gut – sie wusste auf Anhieb die Zutaten für einen einfachen ----Schwelltrank und rührte ihn ohne Schwierigkeiten oder Komplikationen zusammen. Anders bei Leanne und Katie, die beide ihre Kessel überkochen ließen, aber das veränderte nur ein wenig die Wirksamkeit vom Trank und zerstörte ihn nicht vollkommen, anders als bei Vicky, die sogar eine komplett falsche Zutat hinzufügte und ihr Kessel zerschmolz vor ihr.
Vicky war wirklich gut in der Schule – sie merkte sich schnell Sachen, lernte Bücher und Texte mühelos auswendig, zauberte und hexte fehlerfrei und schnell, hatte auch in Kräuterkunde keine Probleme und sie war immer bemüht, aber in Zaubertränke schien es ihr anders zu ergehen.
Snape sah mit einer missbilligenden Miene zu Vicky und Tia meinte, ihn sogar ein wenig lächeln zu sehen, aber er half ihr nicht. Vicky brach beinahe vor ihrem Kessel zusammen, so verzweifelt war sie und Tränen standen ihr schon in den Augen, als Tia den Entschluss fasste, über all die Gemeinheiten, die Vicky ihr schon an den Kopf geworfen hatte hinwegzusehen.
Sie griff sich einige Pufferfischaugen von ihrem Tisch und warf sie auf Vicky, als Snape nicht hinsah, sondern lieber mit einem Blick über ihre Schulter Leanne verunsicherte.
Vicky sah mit hochrotem Kopf auf, wohl bereit, denjenigen anzuschnauzen, der ihr die Augen an den Kopf geworfen hatte, als sie Tia erblickte, die ihr mit Blicken sagen wollte, dass sie diese verwenden musste.
Vicky sah auf die Fischaugen, bevor es ihr dämmerte und tatsächlich warf sie ihr ein dankbares Lächeln zu, bevor sie sie hinzufügte.
Letztendlich konnte Vicky doch noch einen Trank abgeben, der ungefähr den Ansprüchen entsprach, obwohl er nicht so gut geworden war, wie der von Tia und sie hatte auch wirklich zum Schluss hin Stress bekommen, aber immerhin konnte sie etwas abgeben.
„Warum hast du Vicky geholfen? Sie war das ganze Jahr über grauenvoll zu dir", fragte Katie sie nach der Prüfung.
„Ich weiß nicht", gab Tia zu, „Ich habe mir nur gedacht, dass es für niemanden gut wäre, wenn er die Prüfung nicht schaffen würde, oder? Das wünsche ich eigentlich nicht einmal Vicky."
„Du bist manchmal zu freundlich für die Welt", seufzte Leanne, „Und du hättest mir auch helfen können!"
„Ihr habt beide die richtigen Zutaten benutzt – ihr ward nur bei der Anwendung schlampig", erinnerte Tia sie, „Vicky hat eine Zutat vergessen."
Nachdem Zaubertränke die letzte Prüfung gewesen war, hatten sie eine Woche frei, bis sie die Zeugnisse bekommen würden.
Nachdem sie die letzten Wochen mehr in der Bibliothek verbracht hatten, als draußen, wollten die drei Freundinnen zum See, aber als sie durchs Tor traten, wurden sie schon von zwei rothaarigen Zwillingen erwartet.
„Und?", fragte George mit hochgezogener Augenbraue und einem leichten Lächeln, aber Tia antwortete nicht, sondern zog die beiden in eine unerwartete Umarmung.
„Ich weiß nicht, ob ich bestanden habe, aber ich habe es hinter mir! Nur dank euch!"
Sie trat zurück und umarmte auch Leanne und Katie. Katie tätschelte ihr leicht den Rücken.
„Nein, das warst alles du", winkte Katie ab und löste sich von ihr.
„Trotzdem danke", Tia lächelte sie alle an, „Ich will mir die Reaktion von meiner abuelita gar nicht vorstellen, wenn ich ihr sagen müsste, dass ich schon im ersten Jahr in Hogwarts durchgefallen bin."
„Dafür sind Freunde doch da", winkte George ab, „Aber, warum wir euch eigentlich abgefangen haben – Lee und einige andere sind unten beim See schwimmen! Kommt doch mir!"
„Da sage ich nicht nein", lachte Tia.
„Eine Abkühlung tut uns sicher gut", stimmte Leanne ihr zu.
„Ja", Katie nickte, bevor sie zu grinsten begann, „Wer als erstes beim See ist!"
Sie rannte los und ließ die anderen zurück.
„Hey, nicht fair!", sofort verfolgten Leanne und Fred ihr, aber George und Tia blieben zurück.
„Du rennst nicht?", fragte George sie und Tia schüttelte grinsend den Kopf.
„Nein, ich kenne eine Abkürzung", sagte sie, „Komm mit."
Mit diesen Worten nahm sie George an der Hand und zog ihn mit sich – Tia hätte nicht gedacht, dass sie das erste Jahr in Hogwarts überstehen würde, aber jetzt fiel der Lernstress der letzten Wochen von ihren Schultern und sie konnte sich mit ihren Freundinnen entspannen – mindestens, bis sie ihre Zeugnisse bekommen würden.
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