148. Kapitel
Tia hatte sich selbstsicher und siegessicher gefühlt – ein seltenes Gefühl für sie – als Liza, Sirius und sie zusammen wieder zurück in Ivys Haus appariert waren.
Sie waren die letzten gewesen – Agnes und Konstantin waren schon wieder zurück gewesen.
Schnell war dieses Gefühl der Siegessicherheit verschwunden, als sie Geschichten ausgetauscht hatten.
Konstantin war zu seinem Spion gegangen und auch sicher wieder zurückgekehrt. Er hatte einige interessante Neuigkeiten erfahren und er sah so aus, als würde er schon wieder planen, wie er das Ministerium am grauenvollsten zu Fall bringen konnte.
Agnes hingegen war nicht erfolgreich gewesen.
Es war ihre Aufgabe gewesen, in die Winkelgasse als Agnolia Tripe verkleidet zu gehen und einige Zutaten für einen Vielsafttrank zu besorgen, aber das hatte nicht so funktioniert.
Zwar waren alle auf ihre Verkleidung hereingefallen, aber es war offenbar verboten worden, bestimmte Zutaten zu kaufen – so auch Zutaten für einen Vielsafttrank.
„Es war also alles umsonst?", fragte Sirius seufzend.
„Ich kann nichts dafür!", verteidigte Agnes sich sofort und sah überhaupt nicht zufrieden mit sich oder Sirius aus. Sie sah schon beinahe so aus, als wäre sie bereit, Sirius anzufallen, aber dieser behielt sie nur wachsam im Auge.
„Natürlich ist es nicht deine Schuld, Agnes", versuchte Tia sie zu beruhigend und lächelte sie freundlich an, „Wer hat denn schon erwarten können, dass so etwas passiert?"
Agnes ließ ihre Abwehrhaltung nicht sofort fallen.
„Ich", meinte Konstantin und klang seltsam unsicher – das war Tia nicht von ihm gewohnt, „Ich hätte daran denken können. Eigentlich ist es nur logisch, dass sie nicht mehr jedem erlauben, Vielsafttrank zu brauen – das ist davor schon eher eine Grauzone gewesen und jetzt haben sie die Gesetze eben verschärft."
„Nein, Kon, du hättest es auch nicht wissen können", widersprach Liza ihm sofort, „Wir alle haben keine –"
Aber Konstantin ließ seine Schwester nicht ausreden: „Das Gute an der ganzen Sache ist, dass mir ein anderer Plan eingefallen ist!"
„Lass hören", befahl Agnes und Tia war zwar nicht so gut darin, Sarkasmus zu erkennen, aber sie war sich sicher, dass Agnes' Ton alles andere als freundlich war, obwohl sie angespannt lächelte, „Erleuchte uns mit deiner Weisheit!"
„Agnes!", rief Tia streng und sah ihre Schwester enttäuscht an – Tia wusste, dass Agnes im Moment vermutlich ziemlich wütend war – auf sich und auf die Welt – aber das bedeutete noch lange nicht, dass sie es an Konstantin rauslassen musste, „Konstantin versucht nur zu helfen."
Agnes' Blick legte sich auf Tia, aber die hielt ihm stand. Tia sah dabei zu, wie Agnes auf sie hörte und sich langsam entspannte. Jetzt sah sie zwar noch immer wütend aus und verschränkte die Arme vor der Brust, aber wenigstens sah sie nicht mehr so aus, als würde sie Konstantin oder Tia jeden Moment anspringen und in der Luft zerreißen – Tia wusste, dass Agnes theoretisch dazu in der Lage wäre, aber sie vertraute ihr, dass sie das niemals bei ihren Freunden und Verbündeten tun würde. Tia lächelte zufrieden mit Agnes – sie würde schon wieder heilen, da war sie sich sicher.
„Hört zu und lernt vom Meister", rief Konstantin grinsend, „Dieser Plan ist wirklich ein Meisterstück."
Jeder Plan von Konstantin war ein Meisterstück, wie Tia fand. Sie würde niemals auf solche Ideen kommen. Dafür war sie Konstantin sehr dankbar – sie konnte sich vorstellen, dass sie ohne Konstantin überhaupt keinen Plan hätten.
„Wie viele Komponenten überlassen wir dem Zufall?", fragte Liza, „Welche Unwahrscheinlichkeiten müssen geschehen, damit wir wieder sicher da raus kommen?"
„Oh, liebste Schwester", Konstantin grinste seine Schwester breit an, „So einige."
Tia war stolz auf sich.
Sie hatte eine Aufgabe und sie war bereit, diese auch durchzuziehen. Es war eine gefährliche Aufgabe, das wusste sie, aber sie war ein wichtiger Bestandteil von Konstantins Plan.
Konstantins Plan deckte drei zeitgleich ablaufende Ereignisse mit ein und sie war Phase eins von diesen drei.
Dabei war ihre Aufgabe ziemlich einfach – sie musste einfach nur ins Ministerium kommen.
„Du schaffst das schon", Agnes legte beruhigend eine Hand auf ihre Schulter und lächelte sie aufmunternd an, obwohl Tia sich keineswegs unsicher fühlte – nur ein bisschen aufgeregt.
Agnes selbst sah wieder wie Agnolia aus und sie versteckten sich in einer dunkleren Seitengasse nicht weit vom Besuchereingang des Ministeriums entfernt, damit kein Zauberer sie sah. Es wäre wohl seltsam, wenn Agnolia Tripe freundschaftlich mit Tia oder den anderen sprach. Agnes und Sirius würden zusammen nach Askaban reisen – das war jedenfalls der Plan. Dort würden sie – hoffentlich – die schon gefangenen Muggelgeborenen befreien. Der Plan war so sehr dazu verdammt, zu scheitern, dass Tia sich schon wieder sicher war, dass es funktionieren würde.
„Ist schon in Ordnung, Agnes", winkte Tia heiter ab, „Solange sie mich nicht bei Sichtkontakt umbringen, kann eigentlich nichts schiefgehen."
„Eigentlich ist das eine ernstzunehmende Möglichkeit", murmelte Sirius, aber Tia beschloss, diese Möglichkeit nicht ernst zu nehmen. Es war eher unwahrscheinlich, dass man sie sofort umbrachte.
Dass man sie folterte, in Ketten legte, auf direktem Wege nach Askaban schickte oder erst nach einigen Stunden der Qual wirklich umbrachte – das waren wahrscheinlichere Möglichkeiten.
Tia – und auch Konstantin – glaubte nicht, dass man sie sofort umbringen würde, ohne sie zuerst bloßzustellen. Deswegen übernahm sie diese Aufgabe.
Eigentlich wollte zuerst Konstantin derjenige sein, der einfach ins Ministerium ging und sich stellte, aber bei ihm war die Wahrscheinlichkeit höher, dass man ihn sofort umbrachte, wie Liza, Sirius und Agnes alle drei gefunden hatten.
Erst dann hatte Tia vorgeschlagen, dass sie diejenige sein könnte und zuerst war niemand so wirklich von der Idee begeistert gewesen – nicht einmal Konstantin.
Tia fand das seltsam, immerhin hätte Konstantin sich sofort der Gefahr ausgesetzt, aber offenbar war das bei ihr etwas anderes.
Letztendlich blieb ihnen allen nichts anderes übrig, obwohl auch Liza eine geeignete Kandidatin gewesen wäre, aber Liza wurde nicht so hartnäckig gesucht, wie Tia. Tia war schon ein bisschen stolz auf sich, dass auf ihren Kopf mehr Kopfgeld ausgesetzt war, als auf den der begabten Heilerin. Es war ein bisschen wie ein Preis, den man sich verdiente – ihr Kopf war dem Ministerium mehr wert, als der von Liza, obwohl Tia ganz anderer Meinung war.
Agnes und Sirius wurden nicht offiziell gesucht. Offenbar wollte auch die Todesser ihr Überleben geheim halten, was sich als Vorteil für die beiden herausstellte, obwohl deren Aussehen so auffällig war, dass es ihnen sowieso nicht viel bringen würde. Agnes sah auch ohne Verkleidung ihrer Mutter sehr ähnlich, während Sirius jahrelang steckbrieflich im ganzen Land gesucht worden war. Bestimmt würde man die beiden erkennen, ohne jeden Tag ihre Gesichter in der Zeitung zu sehen.
Konstantin und Liza würden sich stattdessen das Büro des Zaubereiministers vornehmen – Konstantin hatte erzählt, dass der ehemalige Minister, Rufus Scrimgeour dort irgendwelche Akten versteckt hatte, die Konstantin unbedingt haben wollte. Tia wusste zwar nicht, was an ein paar Akten so wichtig war, aber Konstantin war es wichtig, also ließ sie ihn gewähren – nicht, dass sie irgendwelche Einsprüche laut gesagt hätte.
Konstantin würde anschließend auch dafür verantwortlich sein, dass sie sicher wieder das Ministerium verließ – allein deswegen vertraute sie darauf, dass Konstantin wusste, was er tat.
„Ich glaube, ich gehe jetzt", bestimmte Tia gut gelaunt und wollte schon in Richtung Besuchereingang gehen, aber Konstantin riss sie noch sanft an ihrem Mantelkragen zurück.
„Nicht so schnell, Kleine", lachte er, „Wir wollen uns noch von dir verabschieden."
„Wir verabschieden uns nicht", tadelte Tia ihn streng, „Wir sehen und später wieder. Also... bis später!"
Konstantin lächelte – es war ein Lächeln, das Tia nicht genau platzieren konnte. Es war nicht das neutrale Lächeln, das Konstantin immer als Maske trug. Es war auch nicht ein Lächeln, das sie von George kannte. Es war eher ein Lächeln, das sie sah, wenn sie Agnes oder ihren Papaansah.
„Pass auf dich auf, Kleine", Konstantin zog sie in eine kurze Umarmung, ließ sie aber schnell wieder los, „Bis später."
„Du bist nicht allein da drin", versprach Liza ihr und lächelte sie ebenfalls mit Stolz in den Augen an, „Wir sind gleich hinter dir. Wir holen dich da raus, selbst wenn alles schief gehen sollte." Liza umarmte sie ebenfalls schnell und Tia war überrascht, dass offenbar jeder sich von ihr verabschieden wollte, als wäre es wirklich das letzte Mal, dass sie sich sehen würden. Dieser Gedanke beunruhigte Tia ein bisschen, aber nur für einen kurzen Moment lang – die anderen würden schon noch überleben, da war sie sich sicher. Sie alle würden sicher wieder aus dem Ministerium kommen, obwohl Konstantins Plan wirklich kompliziert war.
„Überhaupt nichts wir schiefgehen", versprach Tia, als Liza sie wieder losließ, „Immerhin sind da ganze vier intelligente Köpfe versammelt – was soll schon schiefgehen?"
„Vier intelligente Köpfe und Sirius", verbesserte Agnes sie grinsend und Sirius griff sich künstlich empört an die Brust, dort, wo sein Herz schlug.
„Agnes, ich bin wirklich verletzt von deinen Worten", sagte er jammernd und verzog das Gesicht, als hätte er wirklich Schmerzen.
„Ich habe gerade kein Pflaster da, um dich zu heilen", entschuldigte sich Tia, „aber ich denke auch, ein Pflaster wäre gegen eine solche Verbrennung wirkungslos."
„Aja... Tia", seufzte Sirius und schüttelte den Kopf, „Pass auf dich auf, Baby-Lupin, oder dein Vater wird mir das niemals verzeihen."
„Er wird es dir so oder so niemals verzeihen, dass ihr mich da rein schickt", erinnerte sie ihn.
„Komm her, Kleine", Sirius zog sie in eine Umarmung, klopfte ihr aufmunternd auf den Rücken und ließ sie wieder los, „Dein Dad muss nichts davon erfahren, okay? Wenn der alte Moony wüsste, dass du dich dem Ministerium stellst, dann wäre er sofort hier und würde dich retten wollen."
„Hoffentlich nicht", rief Tia aus, „Das gehört doch gar nicht zu Konstantins Plan!"
Sirius lächelte und schüttelte den Kopf, sagte aber nichts mehr dazu.
„Ich werde nach dir Ausschau halten, wenn ich drin bin", versprach auch Agnes, „aber mein Weg führt woanders hin. Aber ich bin auch hier, um dich zu retten, wenn es nötig ist."
„Ich denke nicht, dass ich Rettung brauchen werde", Tia lächelte heiter, „Ich kann auch auf mich selbst aufpassen – keine Sorge."
„Pass einfach auf dich auf und mach keinen Unsinn – wir warten auf dich", bat Agnes sie und umarmte sie ebenfalls, drückte Tia an sich und wollte sie anscheinend gar nicht mehr loslassen. „George wartet auch irgendwo auf dich", flüsterte sie noch leise, bevor sie sie losließ.
„Und Fred wartet auf dich", wisperte Tia lächelnd zurück, „Er hat dich noch nicht aufgegeben."
Agnes' Lächeln verschwand für einen kurzen Moment, aber Tia sah schon gar nicht mehr hin, sondern hatte sich umgedreht und ging nun endlich zum Ministerium.
Sie war schon so oft durch den Besuchereingang des Ministeriums gegangen, dass sie fand, langsam hätte sie eine Jahreskarte verdient. Natürlich durfte niemand wissen, wie oft sie schon dort gewesen war, immerhin war sie jedes Mal mehr oder weniger illegal dort gewesen, aber trotzdem wäre ein bisschen Anerkennung schön gewesen.
Wenigstens kannte Tia so schon die Zahlenkombination, die man am alten Ziffernblatt wählen musste, damit man ins Zaubereiministerium kam.
„Willkommen im Zaubereiministerium. Bitte nennen Sie Ihren Namen und Ihr Anliegen."
„Hallo!", flötete Tia gut gelaunt, „Mein Name ist Tara Isabel Apate Carla Peloma Fuego, aber Sie können mich auch Tia nennen und ich bin hier, um mich als gesuchte Verbrecherin zu stellen, wenn das möglich ist."
„Vielen Dank", sagte die Frauenstimme, die immer dieselbe zu sein schien, „Besucher, bitte nehmen Sie die Plaketten und befestigen Sie sie vorne an Ihrem Umhang."
Tia holte die Plakette aus dem Münzfach heraus und bemerkte freudig, dass Spitzname darauf stand. Tia Fuego, gesuchte Verbrecherin.
Tia hatte gute Laune, als sie die Plakette anbrachte und fühlte sich ein bisschen stolz, sie tragen zu dürfen.
„Besucher des Ministeriums, Sie werden aufgefordert, sich einer Durchsuchung zu unterziehen und Ihren Zauberstab zur Registrierung am Sicherheitsschalter vorzulegen, der sich am Ende des Atriums befindet", bat die Frauenstimme sie höflich.
„Natürlich!", versicherte Tia ihr schnell und nickte, obwohl sie nicht einmal wusste, ob hinter dieser Frauenstimme wirklich ein Mensch war oder ob es nur ein Zauber war. Sie wusste nicht einmal, ob sie in dieser Kabine beobachtet wurde, aber es fühlte sich richtig an, der Frauenstimme mit Respekt zu begegnen.
Die Kabine senkte sich langsam in die Erde hinab und Tia wartete geduldig darauf, dass sie zum Stehen kam. Sie wippte entspannt auf ihren Fußballen vor und zurück, bis mit einem leichten Ruck sie schließlich stehenblieben und die Türen sich öffneten.
„Das Zauberministerium wünscht Ihnen einen angenehmen Tag", wünschte die Frauenstimme.
„Ihnen auch", sagte Tia und trat aus dem Aufzug heraus.
Tia kannte den Weg zum Sicherheitsschalter und entspannt schwebte sie schon beinahe durch das Atrium.
Hin und wieder schienen Zauberer sie zu erkennen und warfen ihr unsichere Blicke zu, andere beachteten sie nicht einmal.
„Tia?"
Tia blieb stehen und drehte sich um. Ein Zauberer hatte sie erkannt und starrte sie ungläubig an.
„Guten Tag, Mr Weasley!", wünschte sie Arthur Weasley gut gelaunt, „Wie geht es Ihnen? Wir haben uns ja schon seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen."
Mr Weasley beantwortete ihre Frage nicht, sondern schritt mit großen Schritten auf sie zu und fragte sie leise: „Tia? Bei Merlins Barte... Was machst du hier? Es ist gefährlich für dich! Du wirst doch gesucht! Was ist mit Konstantin und Liza? Warum bist du hier?"
„Sehen Sie doch meine Plakette", Tia streckte ihm stolz ihre Plakette entgegen, „Gesuchter Verbrecher– ist das nicht komisch? Ich bin hier, um mich zu stellen."
„Warum?", fragte Arthur und sprach etwas lauter, bevor er tief durchatmete und wieder etwas leiser weitersprach, damit ihn niemand hörte, „Tia, bitte! Du musst gehen! Es ist gefährlich! Sie werden dich einsperren!"
„Es ist auch gefährlich für Sie, mit mir zu sprechen, Mr Weasley", erinnerte Tia ihn streng, „Wenn die falschen Personen Sie sehen, dann wirken Sie verdächtig."
„Bitte, Tia", versuchte Mr Weasley es noch einmal, „Bitte – ich kann dich verstecken!"
„Das wird nicht nötig sein, Mr Weasley", Tia lächelte fröhlich, „Es gehört alles zum Plan. Ich sollte jetzt wohl besser zum Sicherheitsschalter – die freundliche Frau beim Besuchereingang hat das gesagt. Noch einen schönen Tag, Mr Weasley, und richten Sie ihrer Familie einen schönen Gruß aus! Besonders George – ich hoffe, er erinnert sich daran, regelmäßig seine Socken zu wechseln, wenn er in seine Arbeit vertieft ist, dann schläft er manchmal nächtelang nicht und dann vergisst er das immer."
„Tia, nicht –", wollte Mr Weasley sie noch aufhalten, aber Tia war schon heiter weitergesprungen und ließ den Mann am Rande der Verzweiflung zurück.
Arthur wusste, was er tun musste – Tia wusste nicht, was sie tat. Jemand musste ihr helfen. Er musste Remus benachrichtigen.
Tia kam beim Sicherheitsschalter an und lächelte zum Mann hinterm Pult hoch.
„Hallo!", begrüßte sie ihn heiter, „Ich bin hier, weil ich ein Bild von mir in der Zeitung gesehen habe."
Der Mann, der gerade in eine Zeitung vertieft war, seufzte und sagte: „Das ist kein Grund, die Zeit von Ministeriumsmitarbeitern zu verschwenden, ich muss Sie –"
Er stockte, als er doch aufblickte und in das lächelnde Gesicht von Tia blickte. Er wurde bleich und warf seine Zeitung weg.
„Oh du meine Güte", keuchte er überrascht.
„Geht es Ihnen gut?", fragte Tia besorgt, „Sie sind etwas bleich geworden – ist alles in Ordnung?"
„Bleiben Sie, wo Sie sind, ich rufe die Einsatzkräfte!", warnte der Mann hinterm Schalter sie, aber Tia machte nichts.
Sie machte keine Anstalten, davon zu laufen oder ihren Zauberstab zu zücken – warum denn auch, immerhin gehörte das nicht zu Konstantins Plan.
Stattdessen wartete sie geduldig und wippte wieder auf ihren Fußballen vor und zurück mit hinter dem Rücken verschränkte Hände, aber sie wartete nicht lange.
Zauberer in dunklen Umhängen und gezückten Zauberstäben rannten eilig zu ihnen und die Mitarbeiter des Ministeriums wichen ihnen eilig aus, blickten kurz in die Richtung, in die sie rannten und sahen dann sofort wieder weg – sie wollten damit lieber nichts zu tun haben.
Selbst, als Tia von einem Dutzend Zauberer umzingelt wurde, blieb sie ruhig und lächelte heiter weiter. Sie hatte immerhin nichts zu befürchten – irgendwo da draußen waren Konstantin, Liza, Sirius und Agnes, die sie wieder rausholen würden und sie vertraute ihnen.
Wie auf ein stummes Zeichen hin schossen plötzlich aus allen zwölf Zauberstäben zugleich magische Seile, die sich um Tia herumschlangen und sie so fesselten, dass sie sich überhaupt nicht mehr bewegen konnte.
„Ich finde das ein bisschen unbequem – könnten die Seile nicht ein bisschen weniger fest sein?", fragte Tia höflich, aber anscheinend hörte niemand auf sie. Sie seufzte – was hatte sie auch anderes erwartet.
„Tara Fuego." Tia kannte diese Stimme. Es war Yaxley – ein Todesser, dem sie schon ein oder zweimal begegnet war. Damals, als Todesser in Hogwarts eingedrungen waren und Dumbledore ermordet hatten, war Yaxley der Todesser gewesen, dem sie einen Trank eingeflößt hatte, er ihn dazu gebracht hatte, sich zu erbrechen. Tia erinnerte sich lächelnd daran.
Yaxley war auch derjenige gewesen, der auf Konstantins Verkleidung hereingefallen war, als sie das letzte Mal im Ministerium gewesen waren.
Yaxley schien also kein sonderlich intelligenter Geselle zu sein, aber Tia fand das nicht schlimm, immerhin war sie auch nicht immer die Hellste.
„Das ist mein Name", bestätigte Tia lächelnd, „Ich bin hier, um mich zu stellen."
„Du scheinst dümmer zu sein, als gedacht", spottete Yaxley abfällig.
„Dasselbe könnte ich von dir sagen, aber das wäre unhöflich", bemerkte Tia.
Yaxley funkelte sie zornig an, bevor er sich an einen der Männer in schwarzen Umhängen wandte – wohl Auroren: „Bringt sie direkt nach unten – Madame Umbridge will sie sich sofort vornehmen wollen und dann geht es für dich direkt nach Askaban. Freust du dich schon darauf?"
„Ich wollte schon lange wieder das Meer sehen", sagte Tia munter, „Und ich habe gehört, dass zurzeit die besten Menschen in Askaban sind."
Zwei Auroren stießen Tia unsanft weiter und in ihrem verschnürten Zustand fiel sie ein paar Mal fast vorne über und beinahe die Treppen hinunter.
Es wurde kälter. Tia spürte es, nachdem sie schon immer etwas empfindlich Kälte gegenüber gewesen war. Sie hatte Kälte schon immer gehasst.
Sie bemerkte erst spät, dass diese Kälte eigentlich von den Dementoren kam, die die Gefangenen bewachten.
Die Auroren zerrten Tia in einen Gang und Tia sah die Dementoren. Es waren mehr, als nötig gewesen waren, aber vermutlich war das absichtlich vom Ministerium so arrangiert worden, um den Muggelgeborenen noch mehr ein Gefühl von Verzweiflung spüren zu lassen. Eine Verzweiflung, die sich nur sehr, sehr langsam in Tia breit machte.
Dementoren hatten ihr schon damals in der Schule, als plötzlich Dementoren auf dem Quidditchfeld aufgetaucht waren, nicht viel ausgemacht, obwohl sie selber spürte, dass auch diese bei ihr einen gewissen Effekt erzielten. Sie fragte sich, wie lange sie wohl durchhalten würde, bis sie selbst wie die Muggelgeborenen vollkommen verzweifelt auf den Holzbänken sitzen würde.
In einem Gang waren Holzbänke aufgestellt worden und darauf saßen die Gefangenen, die wohl verhört werden sollten. Manche hatten Familie bei sich, andere waren allein. Tia war auf jeden Fall alleine.
Die Auroren zwangen Tia auf eine der Holzbänke, versicherten sich, dass ihre Fesseln noch hielten und gingen dann wortlos wieder.
Tia seufzte – wenigstens die Fesseln hätten sie abnehmen können. Sie war vollkommen hilflos so ganz und außerdem wollte sie so oder so nicht abhauen, sonst wäre sie gar nicht erst ins Ministerium gekommen. Außerdem wäre das nicht Konstantins Plan.
„Tia?", wisperte jemand und Tia drehte ihren Kopf, da ihr restlicher Körper schlichtweg nicht „drehbar" war. Tia kannte die Person – eine Frau – nicht, die sie angesprochen hatte, aber sie kannte ihren Geruch.
„Angelina?", wisperte Tia leise zurück. Tia hatte lange genug mit Angelina Johnson verbracht, um zu wissen, wie sie roch. Offenbar hatte sie entweder sehr viele Schönheits-OPs hinter sich, oder sie hatte Vielsafttrank eingenommen, wie es Konstantins ursprünglicher Plan vorgesehen hätte.
„Was machst du hier?", flüsterte Angelina leise zurück und sah schon beinahe panisch aus, Tia zu sehen.
„Oh, ich habe mich gestellt und dann haben sie mich gleich hier hinunter gebracht", erzählte Tia heiter, „Was machst du hier? Wie geht es dir? Alles gut?"
„Wir haben einen Plan und– bei Merlin, Tia... warum hast du dich gestellt?", fragte Angelina und sah so ähnlich aus, wie Mr Weasley – ein bisschen verzweifelt und mit den Nerven am Ende. Tia fragte sich, warum das im Moment alle in ihrer Nähe waren.
„Wir haben auch einen Plan – ist das nicht spannend?", fragte Tia sie lächelnd, „Sag bloß, wie haben dieselben Gedanken gehabt! Versucht ihr auch gerade das Ministerium zu infiltrieren und von innen heraus zu zerstören?"
„So ähnlich, ja", bestätigte leise und wollte wohl noch etwas sagen, aber in diesem Moment kamen einige Personen die Treppe hinunter.
Tia konnte sie schon vor Angelina hören und deutete ihr mit einem Blick, leise zu sein.
Nur Momente später kam tatsächlich wohl diejenige hinunter, die wohl die Anhörungen der vielen Muggelgeborenen leiten würde – Dolores Umbridge.
Sie trug eine wirklich niedliche Robe, die aber nicht wirklich ihre Figur betonte und eine Schleife im Haar – Tia wünschte sich, sie hätte auch so eine niedliche Schleife, aber dann dachte sie daran, dass eine solche Schleife zu tragen überhaupt nicht zu ihrem Stil passen würde, also verdrängte sie diesen Gedanken schon bald.
Umbridge kam mit einigen anderen Personen, aber die meisten von ihnen kannte Tia nicht. Unter ihnen war nur noch Yaxley, der sie feixend ansah, als wäre sie nicht freiwillig ins Ministerium gekommen, sondern wäre gegen ihren Willen hier. Manchmal waren die Menschen in Tias Umgebung doch dümmer, als sie gedacht hatte. Sie behauptete nicht, dass sie selbst sonderlich intelligent wäre, aber selbst sie wäre stutzig geworden, wenn nach einem Monat eine der meist gesuchten Verbrecherinnen im Moment einfach so ins Ministerium gekommen wäre.
Vielleicht war es auch nur die Hoffnung, die die Mitarbeiter des Ministeriums glauben lässt, dass sie ausnahmsweise doch irgendwelche Erfolge vorzuweisen hatten, denn im Moment waren alle Personen, die auf der Liste der Meistgesuchten standen wie vom Erdball verschwunden, obwohl sie sich vermutlich alle irgendwo in England befanden.
Umbridge blieb direkt vor Tia stehen und sah sie ebenso überlegen an.
„Es ist also wahr", sie grinste ihr fieses Kröten-Grinsen, „Tara Fuego – sie ist wirklich gefangen!"
„Genau genommen habe ich mich fangen lassen", verbesserte Tia sie höflich, „Und mein voller Name ist Tara Isabel Apate Carla Peloma Fuego – ich würde es bevorzugen, wenn –"
„Immer noch so vorlaut?", unterbrach Umbridge sie aufgebracht, „Dieses Verhalten wird dir schnell vergehen, wenn du erst einmal in Askaban bist."
„Ich wollte schon immer nach Askaban", erzählte Tia begeistert, „Ich habe Geschichten von verschiedenen Leuten gehört – natürlich nur schlechtes – aber ich habe das Gefühl, als müsste ich das selbst einmal sehen. Wobei ich es bevorzugt hätte, wenn ich zu einer Zeit gekommen wäre, in der mehr Gefangene dort sind. Eigentlich schade."
„Du wärst überrascht, wie viele Schlammblüter dir Gesellschaft leisten werden. Ganz zu schweigen von den Dementoren", Umbridge schien nur darauf zu warten, dass Tia in Tränen ausbrach und sie anflehte, sie nicht dorthin zu schicken, aber das passierte nicht und das schien Umbridge noch mehr zu verärgern. „Diese hier wird die erste sein!", bestimmte Umbridge und zeigte mit ihrem Stummelfinger direkt auf Tia, die das ziemlich unhöflich fand und sich überlegte, ob sie Umbridge einfach in den Finger beißen sollte, aber dann entschied sie sich dagegen – sie wusste nicht, was diese Frau heute schon alles berührt hatte und bestimmt wäre es mehr als ekelerregend.
Ohne ein weiteres Wort stolzierte die kleine Gruppe an Tia vorbei, als Tia noch jemand auffiel.
Sie kannte die Frau nicht, aber sie kannte ihren Geruch. Die Frau hatte graue Haare und als sie Tia sah, schien sie sie zu erkennen und sah schon beinahe erschrocken aus. Sie war etwas bleich um die Nase und war wie erstarrt, während Umbridge und die anderen schon vorgegangen waren.
„Du solltest weiter, Hermine", erinnerte Tia die fremd aussehende Frau, aber ihr Geruch war eindeutig der von Hermine Granger – sie musste ebenfalls Vielsafttrank genommen haben.
Tia fragte sich, wie viele Personen im Ministerium im Moment wirklich die waren, für die sie sich ausgaben. Es schien so, als hätte jeder diesen einen Tag ausgesucht, um ins Ministerium einzubrechen – Tia fand, dass das ein seltsamer Zufall war.
Dabei war der zweite September kein sonderlich herausstechender Tag – es war ein Tag im Ministerium, wie jeder andere, aber so, wie es schien, waren so einige Personen hier, die nicht hier sein sollten.
„Mafalda!", rief Umbridge und Hermine in ihrer Verkleidung beeilte sich, hinter der ehemaligen Professorin herzurennen.
„War das Hermine Granger?", fragte Angelina leise, damit sie niemand hörte.
Tia nickte. „Ich habe sie am Geruch erkannt. Vielsafttrank verändert zwar das Aussehen, aber nicht den Geruch. Wie viele andere sind eigentlich hier? Ich habe langsam das Gefühl, als wäre das halbe Ministerium infiltriert."
„Ich vermute also, Hermine gehört nicht zu dir?", fragte Angelina.
Tia schüttelte den Kopf. „Du euch auch nicht?"
Angelina schüttelte ebenfalls den Kopf. „Scheint so, als wären schon drei verschiedene Gruppen hier. Das nächste Mal sollten wir uns alle absprechen, bevor wir die ein und dieselbe Mission separiert planen."
„Wir haben nicht gewusst, dass es da draußen noch jemanden gibt, der so etwas plant", gestand Tia, „Aber das nächste Mal fragen wir, bevor wir eigenständig ins Ministerium einbrechen. Ich bin mir sicher, Kon kann mit einigen anderen Personen noch besser planen, als nur mit fünf."
„Wer ist Kon?", fragte Angelina, aber bevor Tia antworten konnte, lösten sich plötzlich wie von Zauberhand ihre Fesseln und Tia schüttelte ihre Arme, um wieder ihre Blutzirkulation anzukurbeln, als schon Umbridges Stimme von dem Raum heraus ertönte, in den sie gegangen waren: „Tara Fuego!"
„Ich glaube, das ist mein Stichwort", Tia lächelte Angelina noch einmal an, als sie aufstand, „Hoffentlich können wir später noch miteinander sprechen. Wir sehen uns später."
„Ich weiß nicht, was euer Plan ist, aber er scheint genauso wahnsinnig, wie unserer", bemerkte Angelina, „Hoffentlich kommen wir uns nicht gegenseitig in die Quere."
„Vermutlich haben wir im Großen und Ganzen dieselben Ziele", vermutete Tia, „Unsere sind nur ein bisschen... extravaganter... so wie Kon."
„Scheint so, als hättet ihr übertrieben", lachte Angelina und Tia winkte ihr noch einmal, bevor Tia ging und es war für Angelina ein bisschen so, als würde die Verzweiflung, die mit der Nähe zu Dementoren kam, wieder ein bisschen mehr zurückkommen, als das Mädchen fort war.
Tia betrat den Raum und sah sich zunächst einmal gemütlich um. Der Raum war klein, aber ziemlich hoch und auch in diesem Raum waren Dementoren, aber Tia ließ sich kaum von ihnen beeinflussen. Sie wusste, dass sie nicht in Gefahr war, warum sollten die Dementoren sie von etwas anderem überzeugen?
Auf einem hohen Podium erkannte Tia Umbridge, Yaxley und Hermine in ihrer Verkleidung, die so aussah, als wäre sie im Moment gerne überall anders, außer hier.
Ein einziger Patronus schützte die drei Personen auf dem Podium vor den Dementoren – eine langhaarige Katze, die Tia mehr als nur hinreißend fand. Sie vermutete, dass dieser Patronus zu Umbridge gehörte, nachdem Umbridge eine bekannte Katzen-Fanatikerin war, was die vielen Bilder von Katzen in ihrem Büro bewiesen, als sie noch in Hogwarts unterrichtet hatte.
„Setz dich, Tara", bot Umbridge mit zuckersüßer Stimme an und Tia freute sich, dass ihre ehemalige Professorin anscheinend ihr gegenüber keinen Hass zu verspüren schien. Sie war freundlich und höflich zu Tia, obwohl sie nur Momente zuvor im Gang eher unfreundlich gewesen war.
Tia verwirrte das ein bisschen, aber eigentlich war sie im Moment einfach nur froh, dass Umbridge sie nicht sofort beleidigte. Das würde erst später kommen, wie sie vermutete.
Tia tanzte durch den kleinen Raum unter den wachsamen Augen der Kläger und der Dementoren und ließ sich auf den Stuhl in der Mitte nieder, aber unerwarteter Weise schlangen sich plötzlich Ketten um ihre Unterarme und fesselten Tia daran. Tia fand das etwas unbequem, aber sie hatte es eigentlich schon ein bisschen seltsam gefunden, dass man sie ungefesselt überhaupt irgendwo hingehen ließ.
Neugierig blickte Tia hoch zu Umbridge, die mehr als zufrieden mit sich aussah.
„Dein vollständiger Name ist Tara Isabel Apate Carla Peloma Fuego?", zählte Umbridge ihren Namen auf, aber aus ihrem Mund klang ihr Name nicht wie eine Melodie, wie es der Fall war, wenn der George oder sie selber ihn aussprach – er hörte sich falsch an.
„Das ist mein Name, ja", bestätigte Tia und lächelte, „Meine Freunde nennen mich Tia, das kommt von meinen ersten drei Namen, aber Sie können mich weiterhin Tara Isabel Apate –"
„Dein Vater ist der Werwolf Remus John Lupin?", fragte Umbridge weiter, ohne Tia ausreden zu lassen und Tia schnaubte empört.
„Es ist unhöflich, jemanden zu unterbrechen, das gehört sich –"
„Beantworte einfach die Frage!", befahl Umbridge harsch und Tia bemerkte schmunzelnd, dass die Umbridge, die sie gewohnt war langsam ans Tageslicht kam.
„Sie haben mich schon wieder unterbrochen", ermahnte Tia sie streng, aber ihre Augen glitzerten schelmisch.
„Remus Lupin ist dein Vater?", fragte Umbridge laut, die langsam die Geduld zu verlieren schien.
„Ja", Tia nickte, „Aber ich finde nicht, dass man ihn auf sein Werwolf-Dasein reduzieren sollte, ich persönlich finde, dass er –"
„Und es gibt eine Veela in deiner Familie?", fragte Umbridge weiter und unterbrach sie somit wieder, aber dieses Mal sprach Tia das nicht an.
„Meine bisabuelitaist eine Veela gewesen – Peloma. Meine Mutter hat mich nach ihr benannt, aber nur mit meinem fünften Namen, zum Glück – Peloma ist ein seltsamer Name, oder?"
„Was bedeutet das?", fragte Umbridge und runzelte die Stirn.
„Bisabuelita?", wiederholte Tia unschuldig, „Das ist Spanisch und bedeutet „Uroma". Sie sollten eine zweite Sprache lernen – am besten Spanisch. Es ist wichtig, dass man sich andauernd weiterbildet und –"
„Ich kenne niemand anderen, der so stolz auf eine fremde Nationalität ist", schnaubte Umbridge, „Es ist eine Schande, mit so dreckigem Blut geboren zu sein – selbst für Muggel ist dein Blut verunreinigt."
„Nun, ich kenne schon noch jemanden", erinnerte sich Tia, „Sie kennen doch bestimmt die Gregorovich-Geschwister. Ihre Mutter kommt aus Russland, der Vater aus Amerika, aufgewachsen sind sie teilweise in Irland und –"
„Kennst du den Aufenthaltsort der Geschwister?", fragte Yaxley das erste Mal und lehnte sich begierig vor.
Tia lächelte nur verschmitzt. „Natürlich nicht. Aber ich bin mir sicher, Sie wollen Ihnen nicht begegnen. Ich habe das Gefühl, als würden die beiden allein das gesamte Ministerium stürzen können, wenn sie das wollen würden."
„Lächerlich", schnaubte Yaxley ungläubig, „Niemand betritt ungesehen das Ministerium!"
Dieses Mal war es Tia, die laut auflachte. „Ha!", machte sie, beruhigte sich aber schnell wieder und begnügte sich damit, vielsagend zu schmunzeln.
Yaxley und Umbridge tauschten Blicke aus, während Hermine sehr beschäftigt mit ihren Händen schien.
Plötzlich hörte Tia, wie die Tür geöffnet wurde und jemand betrat den Raum, blieb aber unauffällig im Schatten. Umbridge und Yaxley bemerkten nichts, da sie sich wispernd unterhielten, aber Tia hörte sie nicht – sie waren wirklich gut im Flüstern und Tia konzentrierte sich im Moment auf etwas anderes.
Die Person, die den Raum betreten hatte, war Konstantin – sie roch es an ihm, obwohl er die Verkleidung eines Greifers angenommen hatte.
Aber er war nicht die einzige Person gewesen, die den Raum betreten hatte. Tia roch noch jemanden, obwohl sie denjenigen nicht sehen konnte. Es war Harry – eindeutig Harry Potter.
Tia lächelte fröhlich und nickte ungefähr in die Richtung, in der sie ihn vermutete, aber natürlich nickte er nicht zurück – vermutlich war er unterm Tarnumhang versteckt.
Konstantin nickte ihr zu – das war das Zeichen. Ab jetzt waren sie jederzeit bereit, zuzuschlagen.
„Du weißt mehr, als man dir zutraut, oder?", fragte Umbridge und lächelte wieder freundlich, „Hast du die Geschwister in letzter Zeit gesehen? Kennst du ihren Aufenthaltsort? Kennst du ihre Pläne?"
„Ja, ja und ja", bestätigte Tia locker und Hermine sog erschrocken Luft ein, überspielte es aber mit einem leichten Husten.
Gier war in Umbridges Augen zu sehen und auch Yaxley grinste triumphierend.
„Tara", flötete Umbridge zuckersüß, „Ich habe gehört, du hast schon einmal unter dem Cruciatus-Fluch gestanden?"
Tia verzog das Gesicht bei der Erinnerung. „Jaah... war nicht schön", nickte sie.
„Willst du, dass du dieses Gefühl wieder spürst?", fragte Umbridge unschuldig und Tia schüttelte schnell den Kopf.
„Natürlich nicht! Das hat ziemlich wehgetan."
„Wie wäre es dann, wenn du uns alles über die Gregorovich-Geschwister erzählst, das du weißt", schlug Umbridge vor.
„Warum fragen Sie sie nicht selber?", fragte Tia und legte den Kopf schief.
„Ich kenne Ihren Aufenthaltsort nicht, dummes Mädchen!", schnaubte Umbridge und Tia lächelte.
„Wissen Sie, Madame Umbridge", Tia lächelte unschuldig, „Kommt es Ihnen eigentlich nicht seltsam vor, dass ich mich ergeben habe? Ich meine... ich bin einen ganzen Monat in Sicherheit gewesen – warum sollte ich mich auf einmal stellen?"
„Vielleicht hast du bemerkt, dass man sich nicht gegen das Ministerium stellen kann!", zischte Umbridge, „Vielleicht hast du bemerkt, dass es einfacher ist, mit dem Strom zu schwimmen?"
„Vielleicht... ich meine... sind Sie nicht selbst auf diese Idee gekommen?", Tia blickte zu Konstantin und er nickte grinsend, „Vielleicht bin ich auch nur eine Ablenkung?"
Umbridge und Yaxley rissen erschrocken die Augen auf, als sie bemerkten, was Tia gesagt hatte, aber da war es schon zu spät.
Dabei war es gar nicht Konstantin, der zuerst angriff, sondern Harry – jedenfalls glaubte Tia, dass es Harry war, nachdem er Zauber, der Umbridge traf, aus dem Nichts kam.
„Stupor!", rief Harry mit einer fremden Stimme und Umbridge brach sofort bewusstlos zusammen.
Konstantin sprang aus seinem Versteck und zielte zuerst auf Yaxley, der noch zu verwirrt war, um wirklich zu reagieren.
„Stupor", ahmte Konstantin Harry nach und zielte schon auf Hermine, die erschrocken aufschrie, aber Tia hielt ihn schnell zurück.
„Warte! Das ist Hermine!"
„Hermine?", wiederholte Konstantin verwirrt.
Der Patronus war verschwunden und plötzlich bemerkte Tia, dass die Dementoren immer näher kamen, aber Harry hatte seinen Unsichtbarkeitsmantel abgeworfen – er sah überhaupt nicht wie Harry aus, aber vermutlich hatte er auch Vielsafttrank genommen, wie so viele im Ministerium.
„Expecto Patronum!", sprach er mit fester Stimme und aus seinem Zauberstab schoss ein silberner Hirsch, der Tia bekannt war – sie hatte ihn in den DA-Stunden mit Harry schon einmal gesehen.
Erst da bemerkte Tia, dass die Dementoren doch einen gewissen Effekt auf sie gehabt hatten, aber als das Licht des Patronus' sie verscheuchte, fühlte sie wieder Wärme und Sicherheit.
„Nimm den Horkrux!", befahl Harry and Hermine gerichtet, die sich sofort über Umbridge beugte – Tia hatte keine Ahnung, wovon er sprach, aber anscheinend hatten sie ganz eigene Gründe gehabt, warum sie im Ministerium waren.
Harry eilte sofort zu Tia, während Konstantin sich verwirrt umsah – es kam selten vor, dass Konstantin verwirrt war.
„Was geht hier gerade ab?", fragte er, „Wer seid ihr? Seid ihr auf unserer Seite?"
„Das sind Hermine und Harry!", klärte Tia ihn fröhlich auf, während Harry sich an den Ketten um ihre Arme ranmachte.
„Tia, warum bist du hier?", fragte er sie verwirrt, „Diffindo."
Die Ketten lösten sich nicht.
„Oh, du weißt schon – ich bin die Ablenkung, während die anderen das Ministerium auseinandernehmen", erklärte Tia heiter, „Ich habe Umbridge nur ablenken müssen – und Yaxley. Er hätte uns vielleicht erkannt."
„Das hast du ausgezeichnet gemacht", nickte Konstantin, „Wir treffen die anderen im Atrium."
„Hermine, wie krieg ich diese Ketten runter?", fragte Harry ein bisschen panisch. Tia blieb ruhig.
„Warte, ich bin gerade hier oben beschäftigt–", rief Hermine zurück, aber Harry schien keine Geduld zu haben.
„Hermine, wir sind von Dementoren umzingelt!"
„Ich weiß, Harry, aber wenn sie aufwacht und das Medaillon verschwunden ist – ich muss ein Duplikat herstellen..."
„Warte, lass mich es versuchen", bot Konstantin an und Harry sah nicht überzeugt aus. Für ihn war Konstantin im Moment ein Fremder.
„Wer sind Sie?", fragte er Konstantin unsicher.
„Du kannst mich gerne Konstantin nennen", bot Konstantin grinsend an und hielt seinen Zauberstab gegen Tias Ketten, „Relaschio!"
„Konstantin?", wiederholte Harry ungläubig.
„Denkst du, ihr seid die einzigen, die auf die Idee gekommen sind, Vielsafttrank zu verwenden?", fragte Konstantin ihn schmunzelnd, „Und jetzt sollten wir verschwinden – unser Vielsafttrank wirkt nur noch –", er sah auf seine Uhr, „–fünfzehn Minuten. Besser wir verschwinden, bevor uns jemand erkennt."
„Tia!", rief Hermine und rannte die Treppen des Podiums hinunter und umarmte Tia schnell, bevor sie sie wieder losließ und sie lächelnd ansah, „Ich habe solche Angst gehabt, als sich dich dort draußen sitzen gesehen habe."
„Wir haben später für so etwas Zeit", hetzte Konstantin sie weiter, „Noch zwölf Minuten – wir sollten pünktlich sein!"
„Dann beeilen wir uns lieber", schlug Tia heiter vor, „Wir wollen doch nicht zu spät kommen."
„Ich verstehe gerade nicht, was hier los ist", gab Harry zu und blickte verwirrt von Konstantin zu Tia und zu Hermine.
„Das tut im Moment keiner, aber in Momenten wie diesen nimmt man die Situation am besten einfach so, wie sie ist", Konstantin zuckte mit den Schultern.
„Draußen wartet auch noch Angelina Johnson – sie ist auch mit ein paar von ihrer eigenen Gruppe hier, um die Muggelgeborenen zu befreien", erzählte Tia fröhlich.
Konstantin hob eine Augenbraue. „Noch mehr? Da sucht man sich einen ruhigen Tag im Ministerium aus und auf einmal ist absolut jeder hier!"
„Dasselbe könnten wir auch sagen", schnaubte Harry, „Wir planen das schon seit Ewigkeiten!"
„Wirklich?", fragte Tia bewundernd, „Unser Plan hat Konstantin gestern irgendwie zusammengeschustert."
„Im Atrium wird jeder auf sich selbst gestellt sein", warnte Konstantin Harry, „Wir können euch nicht viel Rückendeckung geben, aber ihr müsst da lebend rauskommen – egal, was passiert. Wir kümmern uns um die Muggelgeborenen."
„Wenn wir uns nicht beeilen, kommt überhaupt niemand lebend raus!", warnte Hermine.
„Sie hat Recht", bestätigte Konstantin, „Also... wer ist bereit, sich in den Tod zu stürzen?"
Tia war die einzige, die begeistert die Hand hob und breit lächelte.
„Braves Mädchen", lobte Konstantin sie, „Dann... los!"
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