142. Kapitel
Liza und Tia betraten zusammen die kleine Telefonzelle und Tia fand das schon ziemlich eng, aber es war aushaltbar. Als sie in die Mysteriumsabteilung eingedrungen waren, war es um einiges enger gewesen.
„Willkommen im Zaubereiministerium", erklang wieder die kühle Frauenstimme, „Bitte nennen Sie Ihren Namen und Ihr Anliegen."
„Charlene Smethwyck", sagte Liza selbstsicher ihren falschen Namen, „Heilerin im St. Mungos Hospital für Magische Krankheiten und Verletzungen. Ich begleite Vincenta Dali, einen Werwolf zur Erstregistrierung."
Vinceta – wie die weibliche Form von Vincent, wie Vincent van Gogh. Es erinnerte Tia an George, der für sie nun auch ein van Gogh geworden war, seit er sein Ohr verloren hatte. Und der Nachname, Dali, nach dem Surrealisten und spanischen Künstler Salvador Dali, denn Tia fand diese ganze Situation ziemlich surreal.
Inspiriert von Tia hatte auch Liza einen Namen gewählt, der an Charlie erinnerte – Charlene; und ihr Nachname, Smethwyck, war der Nachname ihres Mentors im St. Mungos.
„Vielen Dank. Besucher, bitte nehmen Sie die Plaketten und befestigen Sie sie vorne an Ihrem Umhang."
Die Plaketten klackerten in den Münzschacht und Liza holte beide hervor und reichte eine an Tia weiter.
Vincenta Dali, Registrierung als Werwolf,stand dort auf Tias Plakette und sie steckte sie an ihr gerissenes und zu großes Hemd.
Liza, die ihre Uniform als Heilerin trug, steckte ihre Plakette ebenfalls an und wirkte routinierter und sicherer, als Tia.
„Besucher des Ministeriums, Sie werden aufgefordert, sich einer Durchsuchung zu unterziehen und Ihren Zauberstab zur Registrierung am Sicherheitsschalter vorzulegen, der sich am Ende des Atriums befindet", wies die Frauenstimme sie an.
Tia trug keinen Zauberstab bei sich. Nachdem sie Konstantin und Liza versichert hatte, dass sie sich nicht sonderlich auf ihre Magie verließ und auch ohne Zauberstab in die Höhle des Löwen gehen würde, hatten sie beschlossen, sie als Muggel auszugeben, die von einem Werwolf gebissen worden war.
So war es einfacher, dass sie keine Aufmerksamkeit auf sich zogen. Sie wollten auf keinen Fall, dass sie mehr auffielen, als sie es sowieso schon taten, denn als Werwolf ins Ministerium zu gehen war bestimmt schon Schande genug, obwohl Tia es noch nie als Schande gefunden hatte, ein Werwolf zu sein. Sie selbst war nur zur Hälfte ein Werwolf und es war noch einiges anderes Blut in ihrem vermischt, aber das machte sie eben zu dem, was sie war – Tia Fuego, die sich jetzt aber als Vincenta Dali ausgab.
Liza hatte Tias Zauberstab genommen, während Konstantin den von Liza bei sich trug. Sie waren sich nicht sicher gewesen, ob der Zauberstab von Konstantin nicht irgendwo wirklich als der seine registriert war, nachdem er ein Mitarbeiter vom Ministerium gewesen war, also wollte sie es lieber nicht riskieren und hatten Zauberstäbe herumgetauscht.
Tia konnte auch nicht versteckt einen Zauberstab von Konstantin bei sich tragen, wie Liza und Konstantin ihr erklärt hatten, weil sie magisch durchsucht wurde, aber sonderlich schlimm fand es Tia nicht, dass sie keinen Zauberstab tragen konnte. Sie fand es nur schlimm, dass sie dadurch auch keine Tränke bei sich behalten konnte, also ging sie eigentlich wehrlos ins Ministerium.
Es rumpelte, als der Aufzug begann, sich nach unten zu begeben.
„Keine Angst", murmelte Liza angespannt, „Egal, was passiert, einfach nicht die Nerven verlieren."
„Das werde ich nicht", versprach Tia.
„Und es ist auch nicht schlimm, wenn du kein so guter Schauspieler bist, wie Konstantin", beruhigte Liza sie sanft, „Wenn du nicht weißt, ob du lügen kannst, sag einfach nichts."
„Ich denke, das ist einer der Momente, in denen ich wie so häufig unterschätzt werde", überlegte Tia und bevor Liza ihre Worte entschlüsseln konnte, blieb der Aufzug stehen und Liza packte sie grob am Oberarm.
„Egal, was ich zu dir sage oder tu – ich meine es nicht so", wisperte Liza, „Es tut mir leid."
„Gleichfalls", flüsterte Tia zurück.
„Das Zauberministerium wünscht Ihnen einen angenehmen Tag."
Die Türen öffneten sich und sofort versuchte Tia knurrend von Liza wegzuspringen, aber die Heilerin hielt ihren Arm fest umschlugen und schien für einen kurzen Moment sogar überrascht von der Handlung, aber dann war sie wieder in ihrer Rolle.
„Halt endlich still oder ich lähme dich doch noch!", zischte Liza wütend und zerrte Tia mit sich mit.
„Nein", knurrte Tia und schlug wild um sich, wie ein wildes Tier, „Ich will nicht!"
„Niemand wird dir etwas tun!", zischte Liza und riss Tia mit sich, die sich nur widerwillig mitzerren ließ.
Ihr erster Halt war ein Pult, das mit dem Wort Sicherheit eigentlich aussagen sollte, dass sie hier für Sicherheit sorgten, aber als Tia den Mann hinter dem Pult sah, bezweifelte sie, dass dieser Mann wirklich für Sicherheit sorgen konnte. Er war schlecht rasiert, sah müde und genervt aus und las in einer Zeitung.
„Wir sollen uns registrieren lassen?", fragte Liza unhöflich mit einer genervten Stimme und der Mann hinter dem Pult sah wütend auf.
Sein Blick wanderte zu Lizas Uniform und dann zu den Plaketten und als er Tias Plakette las, wurde sein Blick angeekelt.
Liza zückte Tias Zauberstab und hielt ihn demonstrativ dem Zauberer hin, der ihn auf eine kleine Messingwaage legte und ein kleiner Streifen Pergament kam heraus.
Der Ministeriumsmitarbeiter riss ihn ab und las ihn gelangweilt.
„11¼ Zoll, Kern Einhornhaar, seit... kaum einem Jahr in Gebrauch. Ist das korrekt?"
„Eigentlich ist er 11 ½ Zoll lang", verbesserte Liza ihn harsch, „Können Sie nicht lesen?"
Es war offensichtlich ein Test gewesen. Sie wollten sichergehen, dass dieser Zauberstab auch wirklich zu der Person gehörte, die ihn hinlegte. Sogar Tia verstand das sofort.
Zum Glück hatten sie sich zuerst abgesprochen, welche Eigenschaften die fremden Zauberstäbe beinhalteten, ansonsten hätten sie wohl Probleme bekommen, aber der Zauberer hinter dem Pult schien sich nichts mehr weiter zu denken und er gab Liza den Zauberstab zurück und spießte den Pergamentstreifen auf einen Messingdorn.
Dann sah er Tia erwartungsvoll an und als Antwort bleckte sie nur die Zähne und knurrte ihn an.
„Sie ist ein Muggel", schnaubte Liza und versuchte wohl so angeekelt wie möglich zu klingen, „Sie hat keinen Zauberstab."
„Keinen Zauberstab?", wiederholte der Zauberer und holte eine goldene Rute hervor, „Durchsuchen werde ich sie trotzdem."
Er suchte Tia mit dem seltsamen Gerät von oben bis unten ab und er brauchte dabei länger, als bei Liza, die das alles mit gelangweiltem Blick über sich ergehen ließ.
„Wohin bringe ich sie jetzt?", fragte Liza genervt, als der Zauberer sich wieder hinter seiner Zeitung verstecken wollte.
„Sollten Sie das nicht selber wissen?", fragte der Zauberer zurück, „Normalerweise kennen die Heiler vom St. Mungos den Weg."
„Normalerweise bin ich nicht für diese Abteilung zuständig", schnaubte Liza angeekelt, „Ich habe mich nicht freiwillig dafür gemeldet, aber die von der Abteilung für Verletzungen durch Tierwesen sind ein bisschen unterbesetzt, also haben sie mich geschickt."
Der Zauberer musterte sie misstrauisch, bevor er in seinen Unterlagen blätterte.
„Vierter Stock – Werwolf-Register-Büro. Man kann es nicht übersehen, sonst können sie dort noch einmal nachfragen."
„Danke", schnaubte Liza zickig und zog Tia wieder mit sich zu den Aufzügen und sie stiegen in den ersten, der nach oben fuhr.
Zufälliger Weise waren sie nicht alleine dort. Ein ihnen nur allzu bekannter, rothaariger Mann stand müde aussehend gegen eine Wand gelehnt, aber als sie einstiegen, stellte er sich wieder gerade hin und nickte ihnen grüßend zu.
Tia erkannte Mr Weasley sofort, aber er schien sie noch nicht erkannt zu haben.
Die Türen schlossen sich und Tia spürte den Blick von Mr Weasley auf sich.
„Tia?", murmelte er verwirrt und blickte dann zu Liza, „Liza?"
„Pst", zischte Liza, aber sie lächelte Mr Weasley für einen kurzen Moment freundlich an.
„Was sucht ihr hier?", fragte Mr Weasley verwirrt, „Ihr seid hier in Gefahr."
„Das wissen wir selbst", flüsterte Liza, als hätte sie Angst belauscht zu werden, „Du solltest nicht mit uns sprechen – es könnte gefährlich für dich sein."
„Sollen wir dein Gedächtnis löschen, damit du uns vergisst und sie auch nichts in deinen Gedanken über uns finden?", fragte Tia höflich.
„Nein, danke, Tia", lehnte Mr Weasley sanft ab, „Sie werden sich zu Hause freuen, wenn sie erfahren, dass ich euch gesehen habe."
„Also geht es allen gut?", fragte Tia nach, „Wir haben erst gerade herausgefunden, dass wir den Namen von Du-weißt-schon-wem nicht mehr aussprechen können."
„Das haben wir auch schon herausgefunden", schnaubte Mr Weasley, „So haben sie beinahe Kingsley erwischt, aber er konnte entkommen. Er versteckt sich jetzt auch."
„Kingsley ist also auch weg von der Bildfläche", erriet Liza, „Langsam gehen uns die Informationsquellen aus."
„Deswegen brechen wir doch ins Ministerium ein, oder?", fragte Tia verwirrt.
Die Türen des Aufzugs öffneten sich – sie waren im vierten Stock angekommen.
„Wir sehen uns, Arthur", wisperte Liza noch, bevor sie Tia grob nach draußen stieß, „Komm jetzt – beeil dich, ich habe heute noch etwas anderes vor!"
„Ich habe auch etwas anderes vor, als mich eurem bürokratischen, kapitalistischen System zu unterwerfen und mir einen Sender in mein Gehirn pflanzen zu lassen!", kreischte Tia zurück.
Die Aufzugtüren schlossen sich wieder und Arthur runzelte verwirrt die Stirn. Es war seltsam gewesen, die beiden so zu sehen... vielleicht sollte er das doch lieber vergessen.
Liza schubste Tia immer weiter den Gang entlang und jeder, der an ihnen vorbeiging, schaute noch einmal zurück. Tia wehrte sich heftig, aber nur halbherzig gegen Lizas starken Griff und wenn sie wirklich gewollt hätte, hätte sie sich leicht befreien können, aber es sollte nur so aussehen, als wäre Tia im Moment lieber überall, als hier.
Sie kamen am Ende des Ganges an, aber sie betraten das Büro nicht, sondern warteten, bis sich niemand mehr dort befand und gingen mit schnellen Schritten den Weg zurück zum Aufzug.
„Dann wollen wir einmal...", murmelte Liza und drückte den Knopf zum zweiten Stock. Sie mussten noch mehr Informationen erhalten und dafür mussten sie in ein anderes Stockwerk – hier im Vierten Stock würden sie nichts erfahren, was sie interessierte.
„Wir wissen wenigstens schon etwas über Kingsley", wisperte Tia, „Wir wollen wie andere Sachen herausfinden?"
„Wir belauschen andere", flüsterte Liza zurück, „Dafür brauchen wir dich – du hast doch ein besseres Gehör, oder?"
„Klar", bestätigte Tia und die Türen öffneten sich wieder.
Dieses Mal gingen die beiden entspannter aus dem Aufzug. „Tu einfach so, als würdest du dazugehören und sie werden dir glauben", wisperte Liza leise.
Das war für Tia schwer, weil sie sich eigentlich ziemlich unsicher und unwohl fühlte, aber sie riss sich zusammen und nickte den vorbeigehenden Mitarbeitern freundlich zu.
Diese sahen sie zwar seltsam an, weil sie so seltsam zugerichtet war, aber bestimmt hatten diese Leute dort in letzter Zeit schon seltsamere Personen gesehen.
„– Umbridge dreht langsam wirklich durch, oder nicht? Ich habe gehört, heute sind es ganze zwanzig Personen, die sie nach Askaban schicken wollen."
„– Allgemeine Schulpflicht? Bisher habe ich meinen Sohn doch auch zu Hause unterrichtet, warum sollte sich das ändern?"
„– ich habe denen da oben mehr Hirn zugetraut. Es ist schon ziemlich riskant, Todesser einfach hier im Ministerium ein und aus marschieren zu lassen. Letztlich habe ich Bellatrix Lestrange gesehen und niemand hat etwas gesagt."
„–gehört, dass Du-weißt-schon-wer hinter –"
Plötzlich packte Liza Tia warnend am Handgelenk und Tia war so konzentriert gewesen, dass es so war, als hätte die Heilerin sie aus einer Trance gerissen.
Fragend sah Tia Liza an, aber die behielt ihren Blick auf jemand anderen gerichtet und als Tia ihrem Blick folgte, sah sie auch, was Liza so erschreckt hatte.
Dort war Konstantin in seiner weiblichen Form und er unterhielt sich mit jemanden. Tia erkannte ihn nicht nur am Aussehen, sondern auch am Geruch – es war der Todesser, dem sie erst vor wenigen Monaten den Finger gebrochen hatte und ihm einen Trank eingeflößt hatte, sodass er sich erbrach. Das war die Nacht gewesen, in der Dumbledore gestorben war.
Tia kannte den Namen des Todessers nicht, aber so, wie er sie ansah, schien er sie wohl auch zu erkennen, obwohl sie eine Verkleidung trug, und er griff schon nach seinem Zauberstab, aber Konstantin war schneller und hielt Lizas Zauberstab gegen den Hals des Todessers.
„Das würde ich lieber lassen", riet Konstantin ihm und Tia war für einen Moment tatsächlich überrascht, seine weibliche Stimme zu hören.
„Was zum –", fluchte der Todesser und schaute Konstantin schon beinahe enttäuscht an, als sich diese schöne Frau doch als der Feind herausstellte.
„Nimm seinen Zauberstab, Liza", Konstantin wirkte so entspannt, wie Tia es in seiner Situation bestimmt nicht gewesen wäre, „bringen wir dich erst einmal in ein leeres Büro, oder nicht?"
Tia horchte sich um und konzentrierte sich. Sie hörte aus den meisten Büros Leute reden, außer bei einem. Sie legte ihr Ohr gegen die Tür, aber da war noch immer nichts.
„Das hier ist leer", sagte Tia und deutete auf die Tür.
„Ich würde an deiner Stelle lieber leise sein, oder ich schicke schneller einen Zauber in seinen Schädel, als du bis drei zählen kannst", drohte Konstantin.
Der Todesser hielt also lieber den Mund und ließ sich in das leere Büro führen.
Konstantin nahm keinen Moment lang den Zauberstab von seinem Hals weg und Tia beobachtete, wie der Todesser schwer schluckte, als wäre er deswegen tatsächlich nervös.
„Du musst verwirrt sein, Corban", vermutete Konstantin.
„Corban?", wiederholte Liza, „Seit wann bist du mit einem Todesser beim Vornamen?"
„Oh, du hättest ihn hören sollen, Liza", lachte Konstantin hell auf, „Er hat mir alles erzählt, was ich wissen wollte. Und das nur, weil ich eine unschuldige, hilflose Frau bin, oder?"
„Scheinbar nicht so hilflos und unschuldig", knurrte der Todesser scheinbar wütend oder frustriert – Tia wäre auch frustriert, wenn sie von jemanden wie Konstantin verraten worden wäre.
„Genau genommen, bin ich nicht einmal eine Frau", gab Konstantin grinsend zu, „Wenn ich mich noch einmal vorstellen darf – Konstantin Gregorovich, der ehemalige Auror, den ihr jämmerlichen Todesser sucht, oder nicht?"
Es schien dem Todesser mit dieser Information nicht gut zu gehen. Er wurde bleich und dann rot und Tia fragte sich, ob er umkippen würde.
„Keine Sorge", beruhigte sie ihn heiter, „Ich bin mir sicher, jeder wäre auf Konstantins Verkleidung hereingefallen. Er ist eine hübsche Frau, oder nicht?"
„Danke, Tia, Darling", seufzte Konstantin lächelnd.
„Alles Schlammblüter", murmelte der Todesser, „Ein Schlammblüter..."
„Ich habe eine gute Nachricht für dich", Konstantin hielt seinen Zauberstab etwas höher, „Wir werden dich mit einem Vergessenszauber belegen, damit du niemanden verraten kannst, dass wir hier gewesen sind. Es wird so sein, als wären wir nie hier gewesen, du wirst nie mit mir geflirtet haben und du wirst dich nicht einmal daran erinnern können, dass du mir all die Informationen gegeben hast, die ich gebraucht habe."
„Verrotte in Askaban", spuckte der Todesser aus.
Das Lächeln verschwand aus Konstantins Gesicht und er hielt seinen Zauberstab gegen die Schläfe des Todessers.
„Oblivate", murmelte er leise und der Blick des Todessers wurde verträumte, bevor er tatsächlich umkippte und Konstantin sprang angeekelt einen Schritt weg von ihm.
„Das wäre dann auch erledigt", bemerkte er heiter, „Gehen wir."
„Gehen wir schnell – ich hasse das Ministerium", murmelte Liza.
„Ich mag es eigentlich ganz gern", gab Tia heiter zu, „Ich finde die Leute dort nett. Sie scheinen immer so freundlich zu sein, oder nicht?"
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