140. Kapitel

Jemand apparierte.

Tia kannte das Geräusch und sie wusste, dass das kein gutes Zeichen war. Eigentlich sollte niemand wirklich wissen, wo sie waren.

Konstantin und Liza schienen das genauso zu denken, denn sie zogen beinahe synchron ihre Zauberstäbe und schienen sofort beriet für einen Angriff zu sein, aber Tia war nicht wirklich vorbereitet. Sie wusste, dass Tränke für einen Kampf in ihrem Rucksack waren, aber diese waren bestimmt noch ganz unten – sie hätte sie lieber nach oben packen sollen und nicht unter dem Schlafsack verstecken. Jetzt war es dafür zu spät.

Aber Tia war ja noch immer eine Hexe und sie hatten einen Zauberstab – sie hätte nur ihre Zaubertränke bevorzugt, aber trotzdem zog sie ihren Zauberstab ebenfalls, um nicht ganz wehrlos dazustehen, sollten da draußen wirklich Feinde sein.

Es war still, was Tia half, sich zu konzentrieren und sie horchte nach draußen.

Leute kamen näher – sie schienen vorsichtig zu sein, aber Tia hörte ihre Schritte trotzdem. Außerdem roch sie die Ankömmlinge und es lief ihr kalt den Rücken hinunter, als sie bemerkte, dass sie diese Gerüche nicht kannte – sie waren ihr vollkommen fremd. Nur ein Geruch war ein bisschen vertraut, aber auf eine Weise, die Tia lieber nicht bemerkt hätte – einer von ihnen war ein Werwolf. Er oder sie hatte denselben Geruch, wie auch Agnes und Remus – es war nur ein Hintergrundgeruch, aber Tia bemerkte ihn trotzdem.

Tia hörte, wie sie näherkamen und nachdem sie beobachtet hatte, wie Konstantin die Zauber um das kleine Haus herum gelöst hatte, wusste sie, dass diese Männer diese Schutzzauber einfach überschritten hatten – das hätte nicht passieren dürfen, das wusste sie.

Bestimmt waren die nicht ohne Grund gezogen worden und Konstantin war ein ausgezeichneter Zauberer, also hatte er bestimmt auch keinen Fehler gemacht. Die Zauber mussten irgendwie verschwunden sein, nur wie?

„Nettes 'aus", hörte Tia jemanden sagen – ein Mann. Sie erkannte die Stimme nicht.

„Ich kenne sie nicht", wisperte Tia so leise sie konnte. Da draußen war ein Werwolf und sie wusste, dass dieser besser hören konnte. Bestimmt hatte er sie schon gerochen, also war verstecken zwecklos, aber er musste ja nicht hören, was sie sagten. „Ich kenne ihre Gerüche nicht – es ist ein Werwolf unter ihnen."

„Wir wissen, dass ihr da drin seid!", rief jemand und Tia zuckte zusammen – sie erkannte die Stimme ebenfalls nicht, was sie beunruhigte. Außerdem klang dieser jemand ziemlich unfreundlich. „Kommt mit erhobenen Händen da raus!"

„Wie haben sie uns gefunden?", zischte Liza leise, „Wir haben doch Schutzzauber aufgestellt, oder?"

„Ich bin mir sicher, ja", bestätigte Konstantin leise, „Haben sie irgendwelche Zauber auf uns gelegt, damit sie uns finden? Das wäre unfair."

„Todesser spielen eben nicht fair", wisperte Liza gereizt zurück, „Wie haben sie uns gefunden?"

„Wir könnten sie fragen", schlug Tia leise vor. Jetzt waren sie sowieso schon erwischt worden, dann konnten sie doch auch gleich nachfragen. Was hatten sie schon zu verlieren, außer ihrem Leben?

„Nein, das ist eine schreckliche –", begann Liza, aber Tia horchte nicht auf sie, sondern schritt nur zielstrebig zur Tür und öffnete diese.

Draußen warteten tatsächlich Leute – sechs Männer, wie Tia schnell zählte. Sie alle hatten ihre Zauberstäbe in der Hand und richtete sie auf Tia, als diese aus dem Haus trat.

Sie hielt ihren Zauberstab noch in der Hand, aber sie hob die Hände, wie einer der Männer befohlen hatte und lächelte, wie sie hoffte, freundlich und zuvorkommend. Immerhin wollte sie eine einfache Frage stellen und eine Antwort bekam man am ehesten, wenn man freundlich war... oder jemanden bedrohte, aber dazu war Tia im Moment nicht in der Lage.

„Entschuldigen Sie", begann Tia und versuchte nicht verunsichert zu klingen, „Wir wollten uns nur informieren, wie sie uns gefunden haben?"

Tia hörte, wie Liza und Konstantin hinter ihr aus dem Haus kamen und sofort änderte sich die Situation, als alle Männer auf einmal ihre Zauberstäbe auf Konstantin richteten, immerhin war er ein gesuchter und bekannter Auror und unter Todessern bestimmt nicht als freundlich und verzeihend bekannt. Tia fragte sich, ob sie wohl als freundlich unter den Todessern bekannt war. Das interessierte sie wirklich.

Einen kurzen Moment lang zeigten also alle Zauberstäbe auf Konstantin, bis die Angreifer wohl auf die Idee kamen, dass auch Tia und Liza Zauberstäbe in den Händen hielten und sofort versuchten sie sich so zu koordinieren, dass sie jeweils zwei Zauberstäbe auf jeden von ihnen richteten – es dauerte lang und Tia vermutete, dass Liza und Konstantin die sechs von ihnen in dieser Zeit schon dreimal besiegt hätten, wenn sie gewollt hätten – es war schon beinahe mitleidserregend.

Als die Fremden es dann endlich geschafft hatten und sie wieder etwas sicherer aussahen, nach diesem Chaos, fiel Tia wieder ein, warum Liza und Konstantin die sechs nicht ausgeschaltet hatten. Sie hatte ja eine Frage gestellt und eine Antwort hatte sie noch nicht bekommen, obwohl sie doch so höflich gewesen war.

Das verstand Tia nicht – sie hatte doch alle Tipps befolgt, die ihre abuelita ihr gegeben hatte.

Tia räusperte sich und zog damit wieder die Aufmerksamkeit auf sich – das war ihr etwas unangenehm, aber sie würde es schon überleben.

„Es ist unhöflich, jemanden zu ignorieren", bestimmte sie und hoffte, sie klang noch höflich und freundlich, „Wie haben Sie uns gefunden?"

„Die Kleine hat Mumm", bemerkte einer der Männer.

„Danke", freute sich Tia und lächelte. Es war immer nett, wenn man ein Kompliment bekam, besonders da Tia selbst fand, dass sie nicht sonderlich mutig war.

„Vielleicht haben wir ja einen Maulwurf im Orden", warf Konstantin seine eigene Vermutung ein, nachdem es nicht so aussah, als würden sie in nächster Zeit eine Antwort von den Fremden bekommen – Tia fand das schade.

„Vielleicht könntest du auch die Klappe halten", schlug Liza vor. Konstantin schien ihren Tipp nicht anzunehmen.

„Vielleicht haben sie es wirklich geschafft, uns irgendwie zu verhexen, dass sie uns immer finden, egal, wo wir sind", überlegte Konstantin weiter, als hätte sie nichts gesagt.

„Schnauze!", befahl einer der Männer unhöflich. Tia sah den Mann an. Er war ungepflegt und sah wirklich hässlich aus – und das dachte sich Tia nicht häufig. Seine Züge waren wie die eines Wolfes, wenn man genug Fantasie hatte und seine Zähne und Fingernägel waren spitz und gelb; seine Haare verfilzt und er stank. Trotzdem erkannte Tia, dass er der Werwolf war.

Sie hatte schon gehört, dass manche Werwölfe fern von Zivilisation oder Menschen lebten, aber das war noch lange kein Grund, so mit Konstantin und Liza zu sprechen.

„Es ist auch unhöflich, so mit jemanden zu sprechen, Sir", bemerkte Tia tadelnd, „Sie sollten wirklich an ihren Manieren arbeiten... vielleicht sollten Sie auch etwas gegen diesen Gestank tun, wenn ich das so anmerken darf."

„Darfst du nicht!", brüllte der Werwolf, „Dich bringe ich als erstes um."

Kurz war es wieder still.

„Das wäre auch unhöflich."

Plötzlich sprang der Werwolf vor und wollte offenbar Tia angreifen. Das fand sie auch unhöflich, immerhin waren sie gerade mitten in einem Gespräch und die inoffiziellen Regeln des Duellierens besagten, dass es eine Vorwarnung geben musste, bevor man jemanden angriff. Tia hatte ihn noch nicht einmal provoziert, sondern zivilisiert mit ihm gesprochen, aber vielleicht hatte genau das den Werwolf provoziert. Vielleicht war der Arme es gar nicht mehr gewohnt, dass man normal mit ihm sprach und fasste alles sofort als eine Kriegserklärung auf. Tia hatte Mitleid mit ihm, was sie aber nicht daran hinderte, ruhig darauf zu warten, bis der Werwolf nahe genug an ihr dran war, bevor sie einfach einen Schritt zur Seite ging.

Der Werwolf war groß – größer, als Tia, aber das bedeutete nicht, dass er auch wendiger war, als sie und so schoss er einfach an ihr vorbei wie ein Zug.

„Greyback!", warnte ein anderer Mann den Werwolf harsch und Greyback verzog das Gesicht, griff aber nicht noch einmal an.

Das war also Greyback. Tia hatte Geschichten von ihm gehört. Er war der Werwolf, der ein schlechtes Bild auf alle anderen Werwölfe warf. Er war der Werwolf, der Kinder biss und sie fern von ihnen Eltern zu Soldaten ausbildete. Er war der Werwolf, der nicht nur ihren eigenen Vater, Remus gebissen hatte, sondern auch ihre inoffizielle Schwester – Agnes. Er war der Werwolf, der so vielen das Leben ruiniert hatte.

Tia wusste nicht genau, was sie spürte, aber sie vermutete, dass das wirklich Abscheu war. Hatte sie schon jemals jemanden verabscheut? Sie konnte sich nicht daran erinnern, aber so sehr, wie sie Greyback verabscheute, hatte sie noch nie jemanden verabscheut.

„Ihr seid die Gregorovich-Geschwister", erkannte der Mann, der Greyback zurückgehalten hatte die beiden goldhaarigen Geschwister.

„Was hat uns verraten?", fragte Liza, „Unser gutes Aussehen oder trage ich schon wieder mein Namensschild?"

Tia vermutete, dass es das gute Aussehen der beiden sein musste, denn Liza trug kein Namensschild.

„Es ist eine ziemlich hohe Belohnung auf eure Köpfe ausgesetzt", erklärte derselbe Mann, „Explizit auf deinen." Er zeigte mit dem Zeigefinger direkt auf Konstantin.

„Ich fühle mich geehrt", lächelte Konstantin und verbeugte sich vor dem Mann – selbst in so einer Situation behielt er noch immer sein höfliches Auftreten. Das bewunderte Tia, aber den Mann bewunderte Tia nicht. Sie fand ihn eigentlich ziemlich unhöflich.

„Mit dem Finger auf Leute zu zeigen ist auch unhöfl–"

„Genug von Manieren!", unterbrach der Mann Tia und Tia runzelte die Stirn.

„Leute zu unterbrechen ist auch–"

„Genug!", brüllte der Mann und drohte Tia mit seinem Zauberstab. Einen Moment lang überlegte Tia, ob sie dem Mann wohl sagen sollte, dass es unhöflich war, den Zauberstab in das Gesicht von anderen zu halten, aber nachdem Konstantin und Liza das auch bei ihnen taten, sagte sie lieber nichts.

„Braves Mädchen", seufzte der Mann und wirkte zufrieden, „Also... wo waren wir?"

„Ihr wolltet uns verraten, wie ihr uns gefunden habt", half Liza ihm auf die Sprünge.

Das war eigentlich nicht das, was sie wirklich tun wollten und das wusste Tia, aber Liza wusste bestimmt, was sie tat und Tia würde sie bestimmt nicht daran erinnern, was sie eigentlich gerade tun wollten – hauptsächlich darum, weil sie selbst nicht so genau wusste, was diese Fremden eigentlich von ihnen wollten. Sie hatten nichts falsch gemacht, außer natürlich, dass Konstantin und sie selbst steckbrieflich gesucht wurden – aber ansonsten waren sie unschuldig.

„Natürlich", der Mann nickte – wahrscheinlich war das wirklich genau das gewesen, was er tun wollte und Tia freute sich, dass Liza das erraten hatte – sie selbst hätte es nicht gewusst, „Ihr wisst es bestimmt noch nicht – es liegt ein Tabu auf den Namen des Dunklen Lords."

„Den Namen des Dunklen Lords?", wiederholte Konstantin, „Welchen Dunklen Lord meint ihr gleich noch einmal? Mittlerweile gibt es doch so viele von denen. Ist es Gerald? Doch nicht etwa Kevin? Kevin ist ein toller Name für einen Dunklen Lord, oder nicht?"

Tia schaute Konstantin verwirrt an. Er wusste doch, dass er „Voldemort" hieß. Hatte ihn jemand mit einem Verwirrungszauber getroffen? Armer Konstantin.

„Schnauze!"

„ Oh! Ich weiß jetzt, wen ihr meint!", rief Konstantin begeistert, „Wie war sein Name gleich noch einmal? Voldy... Vold... Voldram? Voldeheinz? Nein, nein, irgendetwas noch lächerlicheres."

„Wie kannst du es wagen, den Namen den Dunklen Lord so zu beschmu–"

„Ach ja! Voldemorton? Oder nicht?", fiel es Konstantin wieder ein, obwohl auch dieser Name falsch war, aber Tia wollte ihn nicht verbessern – nach einem Verwirrungszauber hatte das wenig Sinn, „Ich habe doch gewusst, es ist irgendetwas mit „Vold–„ gewesen."

„Kannst du eigentlich einmal die Klappe halten?", fragte der Mann und er klang verzweifelt – vielleicht machte auch er sich Sorgen um Konstantin.

Kurz war es still.

„Ja, offenbar kann ich es", bemerkte Konstantin stolz und Tia erinnerte sich innerlich daran, ihn später dafür zu gratulieren, dass er es geschafft hatte, ganze drei Sekunden wirklich leise zu sein, „Dann haben wir das also geklärt, jetzt wissen wir, wie ihr uns gefunden habt, also haben wir alles erledigt, was wie erledigen wollten, oder nicht?"

„Eigentlich sind wir hier fertig", stimmte Liza ihm nickend zu, „Ich hole nur schnell unsere Rucksäcke, dann können wir auch schon gehen."

„War echt schön, euch kennenzulernen... also... das würde ich sagen, wenn ich gerne lügen würde, aber ihr seid doch so nett gewesen und habt uns euer Geheimnis verraten, also werde ich euch nicht anlügen", erklärte Konstantin lächelnd.

„Danke, dass ihr es uns verraten habt", freute sich auch Tia glücklich, „Ansonsten hätten wir vielleicht diesen Fehler noch einmal gemacht – wäre doch dumm gewesen, denselben Fehler zweimal zu machen, oder nicht?"

Liza nickte zustimmend und drehte sich einfach um und marschierte zurück zum Eingang. „Ich komme gleich wieder, ich hole nur schnell die Rucksäcke und –"

Plötzlich schoss ein roter Strahl an ihrem Kopf vorbei und sie blieb wie festgewurzelt stehen.

„Niemand geht hier weg!", keuchte der Mann, der gesprochen hatte gereizt.

Kurz war es wieder still.

Wie konnte dieser Mann es wagen, Liza anzugreifen, obwohl diese ihm den Rücken zugedreht hatte? Außerdem hatte sie ihn ja nicht provoziert, sie wollte doch nur ihre Sachen holen gehen.

„Es ist unhöflich, jemanden verhexen zu wollen", meinte Tia, aber offenbar war das auch falsch gewesen, denn zum zweiten Mal an diesem Tag stürmte jemand brüllend auf Tia zu.

Langsam fragte sie sich, ob alle ihre Manieren vergessen hatten und sich jetzt alle wie Barbaren die Köpfe einschlagen würden. Sie hoffte nicht, obwohl es bestimmt auch ein bisschen lustig wäre, ihnen dabei zuzusehen, aber mittendrin zu sein war dann nicht so... angenehm.

Aber Tia hatte keine Angst davor, sich gegen den Mann zu stellen.

Sie wartete geduldig, aber dieses Mal sprang sie nicht nur Seite, sondern trat dem Mann einfach gegen das Schienbein und sofort fiel er schreiend zu Boden.

Jetzt hatte sie den Mann wohl angegriffen, also konnte sie nichts mehr dagegen sagen, dass seine Kollegen nur Momente später ebenfalls ihre Zauberstäbe hoben und die drei angriffen.

Leider war das wohl auch für Greyback ein Zeichen dafür, dass er Tia jetzt doch zerfleischen konnte, aber Tia hatte eigentlich keine Lust darauf, zerfleischt zu werden – dann müsste sie erst einmal wieder heilen und sich auskurieren und dafür hatten sie im Moment einfach keine Zeit.

„Ich werde dich mit Freuden zerreißen", drohte Greyback ihr.

„Sie sind Greyback", bemerkte Tia tonlos.

„Oh, du hast also von mir gehört?", meinte Greyback und grinste fies.

„Ich habe so einiges von Ihnen gehört", bestätigte Tia höflich, „Aber ich finde die meisten Ihrer Werke nicht sonderlich gut. Sie sollten aufhören, Kinder zu beißen. Kinder sollten nicht mit diesem Fluch belegt werden, besonders dann nicht, wenn sie unschuldig sind."

„Aber Kinder sind meine Leibspeise", grinste Greyback und kam näher, „Kinder und Mädchen wie du."

Er stürmte vor und hob seine krallenbesetzte Hand, bereit Tias Gesicht zu zerkratzen, wie er es bei Bill gemacht hatte, aber Tia war vorbereitet. Sie hob schnell ihre Hände und schaffte es tatsächlich ihn zu stoppen, aber Greyback war stark – stärker als Tia, aber das hielt sie nicht davon ab, wenigstens zu versuchen, gegen ihn zu kämpfen.

„Wahrscheinlich erinnerst du dich nicht daran", spuckte Tia hasserfüllt aus und Greyback sah tatsächlich überrascht aus – entweder weil Tia es geschafft hatte, ihn zu stoppen oder weil sie auf einmal nicht mehr so freundlich und höflich klang, „aber du hast vor vielen Jahren ein Kind gebissen – Remus Lupin."

Greyback befreite seine Hand und wich einen Schritt zurück, aber nicht aus Angst, sondern eher um die Lage neu zu ordnen.

„Ich erinnere mich", gestand er und keine Reue lag in seiner Stimme, „Langsam wünsche ich mir, ich hätte ihn damals umgebracht."

„Was ist mit Agnes Tripe?", fragte Tia weiter – selbst in einem Mann wie Greyback musste doch noch ein Funken Menschlichkeit sein.

„Oh, ja", Greyback nickte, „Agnes Tripe", er spuckte ihren Namen förmlich aus, „Es ist mir ein besonders Anliegen, diese Schlampe leiden zu sehen."

„Nenn sie nicht so", bat Tia ihn ruhig.

„Ich nenne sie, wie ich will", bemerkte Greyback gleichgültig, „Würde es Freikarten dafür geben, sie zu foltern, dann wäre ich dabei, aber leider will das ja ihre liebe Mutter übernehmen."

„Sie lebt also noch", kombinierte Tia schnell und ein Hoffnungsschimmer glühte in ihr auf, „Wo ist sie?"

„Also ob ich dir das verraten würde", schnaubte Greyback und grinste wieder, sodass er Tia seine Reißzähne entblößte, „Wenn ich gütig zu dir bin, kannst du dich ja ihr anschließen."

Es war leise geworden. Liza und Konstantin hatten in der Zeit, in der sich Tia mit Greyback unterhalten hatte um die anderen gekümmert und es schien keine sonderliche Herausforderung für die beiden gewesen zu sein. Greyback war wohl der schwierigste Gegner von ihnen gewesen, aber diesen hatte Tia lange genug abgelenkt, dass er jetzt allein gegen die drei stand.

Tia lächelte. „Wenn wir gütig zu dir sind, dann überlebst du vielleicht sogar", meinte sie heiter, „Siehst du, was ich getan habe? Ich glaube beinahe, ich habe dich ausgetrickst – eigentlich ein Wunder, dass du es geschafft hast, Agnes anzugreifen. Sonderlich intelligent scheinst du ja nicht zu sein, wenn sogar ich dich überlisten kann, oder?"

„Was?", Greyback wich zurück, aber Konstantin hob seinen Zauberstab warnend etwas höher.

„Ich könnte dich hier und jetzt umbringen", bemerkte Konstantin entspannt, „Ich bin Auror – ich bin dazu ausgebildet, Leute wie dich einfach umzubringen. Vielleicht sollte ich das auch tun."

Greyback sagte nichts, sondern hob nur die Hände. Selbst er schien zu erkennen, dass er gegen Liza und Konstantin keine Chance hatte.

„Liza, hol die Rucksäcke", bat Konstantin seine Schwester, „Wir verschwinden hier, sobald ich mich um den hier gekümmert habe."

Liza nickte stumm und ging ins Haus, um die Rucksäcke zu holen.

Konstantin rührte sich nicht. Wie eine Marmorstatue hielt er ohne ein einziges Zittern seinen Zauberstab auf Greyback gerichtet.

Plötzlich hörte Tia, wie jemand apparierte – es war weiter im Wald, aber sie hatte das verräterische Ploppen gehört. Alarmiert blickte sie in die Richtung und Greyback tat es ihr gleich – er hatte es auch gehört und begann zu grinsen.

„Da sind Leute appariert", warnte Tia Konstantin leise, „Sie kommen zu uns."

„Scheint so, als wäre die Verstärkung endlich hier", bemerkte Greyback zufrieden, „Ihr habt doch nicht gedacht, dass wir es alleine gegen beide Gregorovich-Geschwister aufnehmen, oder? Wir haben natürlich ein paar Todesser-Freunde alarmiert. Die werden sich freuen, was uns ins Netz gelaufen ist."

Konstantin fluchte leise und Tia blickte hilfesuchend zu ihm.

„Sie kommen näher", bemerkte sie warnend.

„Liza! Wir müssen gehen!", rief Konstantin ins Haus.

Liza rannte heraus und an Konstantins Seite. Auf ihrem Rücken hatte sie alle drei Rucksäcke und sie hielt trotzdem noch ihren Zauberstab in der Hand.

„Wir sehen uns wieder", warnte Konstantin, „Das nächste Mal wird niemand da sein, der dich rettet."

„Das kann ich nur zurückgeben", drohte Greyback, aber er sah Tia an und nicht Konstantin. Tia fragte sich, warum, aber vielleicht schielte er.

Tia nahm Konstantins Hand und Liza hielt sich ebenfalls an ihrem Bruder fest.

Konstantin warf einen letzten warnenden Blick auf Greyback und zog Tia näher zu sich heran, um das Mädchen schützend neben sich zu behalten, bevor sie disapparierten und nur einen Moment später erschienen auf der kleinen Lichtung, auf der das Haus stand mindestens ein Dutzend Todesser, aber die drei Reisenden waren schon fort und als sie in den Sog gezogen wurde, dachte Tia nur daran, dass sie doch gerade erst Wasser für einen Tee gekocht hatten, den sie jetzt wohl nicht mehr trinken würden. Eigentlich schade.

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