135. Kapitel

Tia verstand nicht, warum sie nicht einfach bei Fred und George in ihrer Wohnung schlafen konnte. Sie war ja nicht Harry Potter – sie brauchte eigentlich keinen Schutz. Obwohl die Argumente, dass sie schon einige wichtige Todesser angegriffen hatte und nun auch Voldemort selbst bei ihr ein bisschen wirkten. Vielleicht war sie ja zu einem gewissen Ziel geworden – vielleicht war sie aber immer noch Tia Fuego, die nicht einmal einen Schwebe-Zauber wirklich ohne Probleme ausführen konnte.

Als Remus sie auch noch davor gewarnt hatte, dass vielleicht auch Fred und George in Gefahr waren, hatte Tia aufgegeben – sie wollte auf gar keinen Fall schuld sein, wenn die beiden wegen ihr verletzt wurden.

Also blieb sie im Fuchsbau und half dort mit, was aber dazu führte, dass auch Fred und George einfach dort blieben und dort schliefen. George hätte ihre Seite nicht so schnell verlassen, wenn er die Möglichkeit hatte, das nicht zu tun und Fred war vermutlich immer froh, wenn er nicht in die eigene Wohnung musste, die für ihn ein Zeichen für Agnes geworden war und ihre Abwesenheit.

Fred schlief vermutlich sowieso lieber im Fuchsbau.

Es war zwar eng und bei den Abendessen, wenn alle gleichzeitig da waren, herrschte Chaos und Enge auf dem Esstisch, aber dafür war Tia in Sicherheit.

Fred und George apparierten jeden Morgen in den Laden und am Abend wieder zurück, was sie, wie sie Tia mehrmals versicherten, nicht so schlimm fanden. Tia glaubte ihnen nicht, aber sie vermutete, dass es für George das alles wert war, für sie. Dieser Gedanke erwärmte sie von innen und machte sie glücklich.

Sie durfte die Umgebung um den Fuchsbau herum nicht verlassen. Das hatte man ihr gesagt und George bat sie jeden Morgen, wenn er das Haus verließ, sich auch daran zu halten.

Tia hätte sich nie als wirklich rebellisch eingestuft, also hielt sie sich auch daran, obwohl sie sich teilweise nach Freiheit sehnte.

Es gab für die Hochzeit viel zu tun und Tia half ohne sich zu beschweren überall mit. Immerhin war sie ein ungeplanter Gast, war aber freundlich und mit offenen Armen von Molly empfangen worden. Das musste sie irgendwie zurückzahlen und wenn sie dafür den Garten entgnomen musste, dann tat sie das auch.

Zwei Tage vor der Hochzeit würden Mr und Mrs Delacour, Fleurs Eltern mit ihrer kleinen Schwester ankommen und die Schlafzimmer wurden neu verteilt, aber für Tia änderte sich nichts. Sie teilte sich mit Hermine und Ginny ein Zimmer, aber jeder wusste, dass sie sich in der Nacht häufig aus dem Zimmer schlich, um bei George zu sein. Jeder wusste das, außer Mrs Weasley.

An dem Tag, an dem die beiden ankommen würden, bat Mrs Weasley auch Tia, sich draußen hinzustellen und die Familie zu begrüßen, obwohl Tia nicht ganz verstand, warum sie das musste, immerhin gehörte sie eigentlich nicht zur Familie, aber sie wollte auch nicht widersprechen – das wäre unhöflich gewesen.

„Warum können wir sie nicht drinnen begrüßen?", fragte Ginny missmutig, als sie im sauberen Garten standen und warteten, bis die Familie mit Mr Weasley ankam, „Das Sonnenlicht lässt uns sowieso alle im schlechten Licht dastehen."

„Ich finde dich hübsch", erwiderte Tia lächeld und Ginny lachte auf. Tia wusste nicht, warum Ginny lachte, immerhin hatte sie es ernst gemeint, aber vermutlich hatte sie wieder einmal etwas Witziges gesagt, ohne es wirklich zu wollen.

„Ich finde dich auch hübsch, Tia", versprach Ginny lächelnd.

„Danke, Ginny." Vielleicht hatte sie ja doch nichts Falsches gesagt, denn Ginny klang wirklich ernsthaft, vielleicht war sie aber auch nur sarkastisch und Tia hörte es wieder nicht.

Maman!", rief Fleur freudig, als die Eltern der Braut schon zu sehen war und rannte ihnen entgegen, „Papa!"

Tia fand, die beiden waren ein seltsames Paar, aber bestimmt hätten viele auch ihre eigene Mutter und Remus für ein seltsames Paar bezeichnet, aus deren kurzen Beziehung ein seltsames Kind gekommen war. Tia beschloss, nicht länger darüber nachzudenken.

Mr Delacour begrüßte Mrs Weasley zuerst mit jeweils zwei Küsschen auf jeder Wange, was diese wohl etwas verwirrte. „Sie 'aben sisch so viele Umstände gemacht", freute er sich, „Fleur meint, sie 'aben sehr 'art gearbeitet."

Tia hörte, dass der französische Akzent auch bei ihm sehr ausgeprägt war. Wie sollte es auch anders sein – er war immerhin Franzose.

„Oh, nicht der Rede wert, wirklich nicht!", winkte Mrs Weasley gut gelaunt ab, „Gar keine Umstände!"

Eigentlich waren es schon ziemliche Umstände gewesen, wirklich alles im Fuchsbau für die Ankunft der Eltern und für die Hochzeit vorzubereiten, aber Tia vermutete, dass Mrs Weasley log, damit Mr Delacour sich nicht so schlecht fühlte.

„Es ist nett von deiner Mutter, dass sie ihm nicht die Wahrheit sagt", wisperte Tia Ginny zu, die zu grinsen begann und tief Luft holte, als würde sie versuchen, nicht zu lachen, bevor sie nickte. Wahrscheinlich hatte Tia schon wieder etwas Falsches gesagt, aber Ginny war auch höflich genug, es ihr nicht zu sagen. Das fand Tia freundlich von ihr.

Die Erwachsenen unterhielten sich noch kurz, bevor die anderen endlich befreit waren und wieder etwas anderes tun konnten. Tia hasste es, bei solchen offiziellen Begrüßungen dabei zu sein. Das hatte sie schon damals in der fünften Klasse beim Trimagischen Turnier seltsam gefunden.

„Kann ich Ihnen beim Abendessen helfen, Mrs Weasley?", fragte Tia. Sie hatte nichts mehr zu tun und alle ihre Tränke, die sie heimlich oben im Zimmer braute, würden bestimmt noch ein oder zwei Stunden brauchen, bevor sie auch die beenden konnte. In der Zwischenzeit hatte sie also absolut nichts zu tun und das war ungewohnt für Tia.

„Oh, es ist schon alles vorbereitet, Tia", winkte Mrs Weasley ab, „Aber danke."

„Und wer bist du?", fragte Mrs Delacour sie neugierig und ließ ihren Blick von oben bis unten über Tia gleiten, als wusste sie sofort, dass sie auch zum Teil Veela war, was nicht so abwegig war, immerhin hatte Fleur es auch gewusst.

„Ich bin Tia", stellte Tia sich lächeln vor, „Eigentlich... nur–"

„Eine weitere Person in unserer Familie", unterbrach Mrs Weasley sie und Tia schaute diese einen Moment lang überrascht an, bevor sie zu lächeln begann.

„Freut misch, disch kennen su lernen, Tia", Mrs Delacour lächelte sie an und Tia lächelte zurück.

Nachdem Tia immer noch nichts zu tun hatte, ging sie doch hinauf ins Zimmer.

Sie schob das Feldbett, das für sie aufgestellt worden war zur Seite und eine Reihe von Kesseln und Phiolen kam zum Vorschein. Unter manchen brannte ein Feuer, andere Destillierten gerade und wieder andere mussten einfach nur reifen.

Es war Tias eigenes, kleines Reich und in dem Schrank von Ginny hatte sie – natürlich mit deren Erlaubnis – viele kleine Fläschchen und Phiolen gelagert. Mrs Weasley durfte davon nichts wissen, aber Hermine und Ginny waren eingeweiht und waren mehr als nur überrascht gewesen, als Tia begonnen hatte, in dem gemeinsamen Zimmer Tränke zu brauen.

Tia begann, einige Tränke in Flaschen zu füllen und verkorkte diese ordentlich. Sie war bald fertig mit ihren Vorbereitungen. Zutaten und andere Sachen zum Tränkebrauen hatte sie schon in ihrem Rucksack verstaut, aber die Tränke fehlten noch.

Tia wusste nicht, wann es soweit war. Sie wusste nicht, wann Konstantin und Liza ihr Bescheid geben würden, dass sie abhauen mussten, aber sie war vorbereitet.

Jemand betrat das Zimmer und Tia roch, dass es nicht Mrs Weasley war, sondern Hermine, also blieb sie entspannt.

„Hallo, Hermine", begrüßte sie das Mädchen, ohne von ihrer Arbeit aufzusehen.

„Hey, Tia", Hermine schien sie nicht erwartet zu haben, „Schon wieder bei der Arbeit?"

„Ich bin bald fertig", gestand Tia fröhlich und verkorkte den nächsten Trank, bevor sie ihn beschriftete, „Eigentlich bin ich in zwei Stunden fertig – dann sind auch die letzten Tränke fertig zum Verkorken."

„Fertig... wofür?", fragte Hermine und Tia stellte das Fläschchen ordentlich beiseite.

„Wofür bereist du dich vor, Hermine?", stellte Tia eine Gegenfrage und Hermine wirkte einen Moment vor den Kopf geschlagen.

„Für... für die Reise mit Harry und Ron", erklärte Hermine, „Das weißt du doch."

„Nun", Tia lächelte, „Vielleicht begegnen wir uns ja."

„Du wirst auch gehen?", fragte Hermine, „Wohin?"

„Das sehen wir erst", meinte Tia, „Aber... wir bereiten uns schon vor."

Kurz wusste Hermine keine Antwort. Dann sagte sie leise: „Du wirst sehr vorbereitet."

„War das Sarkasmus?", fragte Tia verwirrt, aber Hermine schüttelte schnell den Kopf.

„Nein, ich meine es so", versprach Hermine ernst, „Ich glaube, ein paar Tränke würden uns auch helfen. Vielleicht sollte ich diese noch besorgen."

„Oh, nicht nötig", Tia lachte auf, „Ich habe doch welche für dich."

„Das ist nicht nötig, Tia, ich –"

„Oh, ich dachte, das wäre offensichtlich", meinte Tia verlegen, „Ich... ich habe welche für dich vorbereitet. Nur die wichtigsten, aber... vielleicht helfen sie dir ja."

„Wirklich?", fragte Hermine verwirrt und Tia stand auf.

Sie öffnete Ginnys Kleiderschrank und holte einen Karton mit vielleicht einem Dutzend Tränken heraus.

„Es sind nur ein paar Grund-Tränke. Ich wollte dir keine mitgeben, die du nicht kennst. Diese hier hast du bestimmt in der Schule gelernt." Tia reichte den Karton an Hermine, die ihn beinahe schon ehrfürchtig annahm.

Sie untersuchte kurz die verschiedenen Tränke, bevor sie Tia lächelnd ansah, den Karton abstellte und Tia unerwarteter Weise umarmte. Zuerst war Tia zu überrascht, aber dann umarmte sie das Mädchen doch zurück.

„Danke, Tia", meinte Hermine ernst und ließ sie los, „Das bedeutet mir viel."

„Ich habe diese Tränke sowieso auch für mich gemacht", winkte Tia ab, „Dir ein oder zwei Phiolen davon mitzugeben, ist doch kein Problem."

„Da sind auch Zutaten für Vielsafttrank dabei", bemerkte Hermine und sah Tia verwirrt an.

„Man weiß nie, wann man wie eine andere Person aussehen will", erklärte Tia, „Ich könnte euch auch ein oder zwei Haare von mir mitgeben – vielleicht wirkt der Veela-Zauber auch nur mit Vielsafttrank, aber es braucht auch Übung, mit so wenig Veela-Blut, wie ich es in mir habe wirklich jemanden zu verzaubern, also bin ich mir nicht sicher, ob –"

„Ich glaube, das wird nicht nötig sein", unterbrach Hermine sie höflich, „Obwohl ich gerne sehen würde, wie Ron versucht, jemanden als Veela zu verzaubern."

„Das wäre bestimmt ein witziger Anblick", stimmte Tia ihr lächeln zu.

Kurz wurde es wieder still.

„Verrate es bitte nicht Remus", bat Tia das Mädchen, „George weiß es... irgendwie... wir haben einmal darüber gesprochen, aber Remus... er weiß noch nichts."

„Versprochen", Hermine nickte, „Von mir erfährt er nichts."

„Danke, Hermine", Tia lächelte, „Du weißt, dass ich euch drei alles Gute für die Reise wünsche. Ich hoffe, ihr findet euer Ziel."

„Das hoffen wir auch", seufzte Hermine, „Und... dasselbe an dich."

„Mein Ziel ist Sicherheit", erklärte Tia, „Ich wäre auch froh, wenn mir das bleiben würde."

Keiner der beiden wusste so genau, was sie noch sagen sollten. Alles, was sie sagen wollten, war gesagt worden und wortlos wandte Tia sich wieder ihrer Arbeit zu, während Hermine noch einmal die Tränke durchsah.

Tia hatte zwar gesagt, es wären nur Grund-Tränke, aber manche von denen waren schon ziemlich fortgeschritten oder die Zutaten waren teuer. Dieses Geschenk könnte Leben retten und Tia hatte es ihr einfach so gegeben, als wäre es alltäglich.

Hermine würde Tia, wie so viele andere hinter sich lassen, das hatte sie gewusst, aber sie hatte nicht daran gedacht, dass auch noch andere ihre Reise planten. Alle machten sich bereit – bereiteten sich für das Schlimmste vor, aber Tia braute weiter ihre Tränke, als wäre das alles nicht so ernst, wie es eigentlich war.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top