134. Kapitel
Sie apparierten zu viert in die Nähe des Fuchsbaus und zuerst sahen sie sich einfach nur gegenseitig an. Sie hatten wohl überlebt.
„Tia Fuego", wandte Konstantin sich an sie, „Das war einer der schrägsten Aufträge in meinem ganzen Leben und ich bin geehrt, dass du an meiner Seite gekämpft hast."
„Immer wieder gerne", Tia lächelte stolz – so ein Lob von Konstantin bedeutete ihr viel.
„Was ist eigentlich genau passiert?", fragte Liza die beiden neugierig, „Ihr erzählt immer nur Ausschnitte."
„Das ist eine Geschichte, die man bei einem Feuerwhiskey erzählt", bestimmte Konstantin, „Es werden noch Heldenlieder davon gesungen werden. Ich sage euch, dieses Mädchen hier hat es in sich."
„Übertreib nicht, Konstantin", Tia fühlte sich ein bisschen peinlich berührt, nachdem Konstantin sie so sehr lobte, obwohl sie eigentlich nicht viel gemacht hatte. Die meiste Zeit war es Konstantin gewesen, der den Zaubern mit dem Besen ausgewichen war, sodass die meisten sie nicht einmal erwischt hätten.
„Ich übertreibe nicht, Fuego", widersprach Konstantin ihr, „Es gibt nicht viele Leute, die von sich behaupten können, dass sie Voldemort ins Gesicht gesehen haben und überlebt haben."
Tia wollte darauf noch etwas antworten, aber einige Leute kamen aus dem Haus.
Remus war zusammen mit Tonks draußen stehen geblieben und hatte auf die Ankunft der vier gewartet und als er sie kommen sah, war eine große Last ihm von den Schultern gefallen. Er hatte nur noch daran denken können, dass Konstantin als Auror bestimmt auch als Beschützer für Harry in Frage kam und dazu waren sie auch noch auf einem Besen unterwegs gewesen. Er hatte die ganze Zeit, die sie gebraucht hatten gedacht, dass sie nicht kommen würden. Sie hatten den kürzesten Weg gehabt, aber als Remus Konstantin und Tia das letzte Mal gesehen hatte, hatte Konstantin den Weg zu einem Umweg eingeschlagen.
Dann hatte er sich nur noch darauf konzentrieren können, dass er selbst und George nicht starben – ihm war das nur zum Teil gelungen, denn George lag jetzt im Inneren, verletzt und für sein Leben nur noch mit einem Ohr. Er war gezeichnet und das alles, weil er nicht auf ihn aufgepasst hatte.
Er hoffte, Tia würde ihm das verzeihen.
Aus dem Haus kamen noch weitere Leute, als sie hörten, dass jemand appariert war und alle schienen erleichtert, auch noch Tia und Konstantin zu sehen. Sie würden auch die letzten bleiben, nachdem Moody tot war und Mundungus wie ein Feigling geflohen.
„Tia", keuchte Remus und rannte auf sie zu. Tonks folgte ihm, aber mit etwas Abstand – sie wollte Vater und Tochter etwas Zeit geben.
Tia sah ihren Vater schon von Weitem kommen und rannte ihm entgegen. Die anderen drei blickten ihr lächelnd hinterher, als Tia über den Hügel zu ihrem Vater rannte, der sie in die Arme schloss. Jedes Zeichen von Harry war von ihr abgefallen und die Brille hatte Tia schon lange irgendwo verloren, sodass sie nur noch die zu große Kleidung trug.
„Remus", keuchte sie und drückte ihn an sich.
„Tia", Remus seufzte erleichtert aus, „Ich bin so froh, dich zu sehen. Ihr seid spät."
„Wir haben einen kleinen Umweg nehmen müssen", erklärte Konstantin, der hinter ihnen gekommen war, „Aber das sollten wir drinnen klären. Ich glaube, langsam habe ich überhaupt kein Adrenalin mehr im Blut und ich glaube, ich kippe einfach um, wenn ich jetzt nicht bald einen Drink bekomme, um meine Nerven zu beruhigen."
„Danke, Konstantin, dass du sie beschützt hast", meinte Remus ernst an Konstantin gerichtet.
Konstantin lachte laut auf. „Ha!", rief er, „Ich sollte mich wohl eher bei Tia bedanken. Ohne sie, stünde ich wohl jetzt nicht hier."
„Es ist nicht so schlimm gewesen, wie Konstantin sagt", winkte Tia ab, „Er übertreibt nur."
„Ich sage dir, Remus – du solltest dich hinsetzen, wenn wir erzählen, was passiert ist", warnte Konstantin ihn und gemeinsam gingen sie zurück zum Fuchsbau.
„George ist auch schon zurück, oder?", fragte Tia an Remus gerichtet. Dieser war ja mit George geflogen, also musste George auch schon da sein.
Remus' Lächeln verschwand und sofort verstand Tia, dass etwas passiert war.
Einen Moment lang blieb sie geschockt stehen, bevor sie wortlos allein zum Fuchsbau rannte und direkt ins Haus hinein. Mr Weasley, der dort stand, um sie zu kontrollieren wollte sie aufhalten, aber sie huschte einfach unter seinem Arm hindurch.
George lag auf einem Sofa und Tia erkannte sofort, dass etwas passiert war.
Er war wach und Fred war bei ihm, aber dort, wo sein Ohr gewesen war, klaffte nun ein schwarzes Loch.
„George", keuchte Tia und sie war noch nie so besorgt gewesen, „George. Was ist passiert?"
„Bei Merlin, Tia!", George begann zu lächeln, als er sie sah, „Sie haben mir gesagt, du wärst noch nicht zurück! Du lebst! Du bist okay!"
„Hier geht es nicht um mich, sondern um dich, travieso", tadelte Tia ihn mit zittriger Stimme, „Ich glaube, du hast irgendwo dein Ohr liegenlassen."
„Siehst du!", rief Fred, „Sogar Tia macht bessere Witze, als du!"
„Das ist aber kein Grund, mir nicht zu zuhören", warnte Tia ihn lächelnd und George lachte auf.
„Keiner macht bessere Ohren-Witze, als Tia", meinte er und schaute Tia lächelnd an.
Hinter ihnen kamen auch noch Konstantin, Charlie und Liza. Charlie eilte gleich zur Seite seines Bruders, aber er ließ Tia Freiraum.
„Was ist passiert?", fragte Liza besorgt und untersuchte das Ohr oder... das Nicht-Ohr.
„Snape", erklärte Remus knapp, „Er und sein verdammter Sectumsempra-Fluch. Es kann nicht nachwachsen."
„Du musst dir kein Ohr abschneiden lassen, um mich zu beeindrucken, van Gogh", versprach Tia sanft und dieses Mal war es nur George der laut lachte, während Fred verwirrt aussah.
„Was ist ein van Gogh?", fragte er perplex.
„Van Gogh", wiederholte George, als wäre es etwas, das Fred kennen sollte, „Du weißt schon... der Künstler, der sich ein Ohr abgeschnitten hat."
„Natürlich könnt ihr beide euch über Künstler unterhalten", schnaubte Fred, „Macht ruhig weiter Ohren-Witze ohne mich."
„Quatsch mir nicht auch noch das andere Ohr ab, Fred", grinste George und Fred sah ihn für einen Moment unbeeindruckt an, bevor er zu lachen begann.
„Was ist euch beiden passiert?", fragte Mr Weasley an Tia und Konstantin gerichtet, „Ihr hättet die ersten sein sollen, aber jetzt seid ihr die letzten."
„Es hat nur ein paar Komplikationen gegeben", erklärte Konstantin entspannt – er hatte seinen Drink in der Hand und wirkte etwas beruhigter.
„Jeder von uns hat ein paar Komplikationen gehabt", erinnerte Remus ihn.
„Oh, aber das hier... das ist ein Höllenritt gewesen", versprach Konstantin, „Eigentlich ein Wunder, dass wir es lebend herausgeschafft haben."
„So schlimm ist es nicht gewesen", winkte Tia ab, „Nur fünf Todesser."
„Seht ihr!", rief Konstantin und deutete ungläubig auf Tia, „Dieses Mädchen ist wahnsinnig."
„Ich habe gedacht, das hätten wir schon geklärt", meinte Tia verwirrt, „Wir sind uns beide einig geworden, dass ich eindeutig wahnsinnig bin."
„Das weiß jeder", stimmte George ihr zu.
„Ich würde es bevorzugen, wenn ihr meine Tochter nicht wahnsinnig nennen würdet. Ich habe einmal gehört, das kommt dann vom Vater", bat Remus die Runde und nahm einen Schluck Feuerwhiskey aus seinem Glas, den wohl irgendjemand davor ausgeteilt hatte, denn einige hielten Gläser in den Händen. Nach diesem Abenteuer war Alkohol vielleicht genau das richtige, wie Tia vermutete, aber sie probierte lieber keinen Schluck.
„Für mich ist klar gewesen, dass Tia wahnsinnig ist, als sie mich aufgefordert hat, langsamer zu fliegen, damit sie einen Trank auf Voldemort persönlich werfen kann", gestand Konstantin und Remus spuckte seinen Feuerwhiskey wieder auf und hustete. Tonks klopfte ihm auf den Rücken, damit er nicht erstickte, aber sie selbst blickte zwischen Tia und Konstantin hin und her, als würde sie darauf warten, dass ihr jemand sagte, dass das alles ein Witz war.
George starrte Tia an und wusste nicht, wie er darauf reagieren sollte.
„So ist es nicht gewesen", winkte Tia entspannt ab, „Ich wollte ihn eigentlich nur umbringen."
Das schien die Situation aber nicht besser zu machen und Konstantin erzählte zusammen mit Tia, wie sie sich von den anderen getrennt hatten, wie Tia auf dem Besen gesurft war und nur mit Schutzzauber und riskanten Ausweichmanövern zuerst überlebt hatte, bis Voldemort gekommen war und sie den ätzenden Trank auf ihn geworfen hatte.
„Ich glaub, ich muss mich setzen", murmelte Remus und setzte sich einfach auf den Boden, da keiner der Stühle frei war.
„Voldemort selbst", wiederholte George ungläubig, „Wahnsinn."
„Davor hat er uns verfolgt", vermutete Hermine, „Aber dann ist er weg gewesen – wahrscheinlich hat er gedacht, du wärst der echte Harry, Tia."
„Dabei habe ich nicht wirklich gezaubert", bemerkte Tia verwundert, „Ich bin eigentlich nur auf dem Besen gestanden."
„Ich kann mir gut vorstellen, dass Harry das auch machen würde", bemerkte Fred.
„Aber dann habe ich ja einen Trank benutzt – er hat danach bestimmt gewusst, dass ich nicht der echte war", bemerkte Tia.
„Er hat auch Hagrid und Harry ein Stück verfolgt", erzählte Bill, „Wahrscheinlich war das nach euch."
„Was ist euch allen passiert?", fragte Tia in die Runde und kurz wurde es still.
„Mad-Eye ist tot", erzählte Bill düster, „Fleur und ich haben es gesehen. Mundungus ist disappariert, als er bemerkt hat, dass Voldemort sie verfolgt. Der Fluch hat Moody voll erwischt."
„Wir haben gerade darüber gesprochen, als ihr angekommen seid", erzählte Mr Weasley, „Jemand muss irgendetwas verraten haben, sonst wären nicht so viele Todesser da gewesen und hätte auf uns gewartet."
„Das habe ich mir schon gedacht, als wir gerade erst angegriffen worden sind", schnaubte Konstantin und er wirkte betroffen – er hatte Mad-Eye gut gekannt.
„Du-weißt-schon-wer hat genau so gehandelt, wie Mad-Eye es vorausgesehen hat", bemerkte Tonks und sie weinte – Mad-Eye war ihr Freund und Ausbildner gewesen, „Mad-Eye meinte, er würde glauben, dass der echte Harry bei den tapfersten und fähigsten Auroren wäre. Er hat zuerst Mad-Eye gejagt, und als Mundungus es vergeigt hat, nahm er sich zuerst Kingsley vor und dann Konstantin..."
„Ja, das ist alles gut und schön", unterbrach Fleur sie barsch, „aber das erklärt immer noch nischt, wo'er sie wussten, dass wie 'Arry 'eute Abend wegbringen würden, nischt wahr? Jemand muss unvorsischtisch gewesen sein. Jemand 'at einem Außenste'enden verse'entlisch das Datum genannt. Das ist die einsige Erklärung, wes'alb sie das Datum, aber nischt den ganzen Plan kannten."
Tia dachte scharf nach. War sie vielleicht derjenige gewesen? Aber sie hatte mit niemanden über den Plan gesprochen. Nicht einmal mit jemanden vom Orden oder jenen, die beteiligt gewesen waren, nachdem der Plan festgelegt gewesen war. Sie hatte keinen Grund dazu gehabt, da war sie sich ganz sicher.
Fleur schaute in die Runde und schaute sie alle finster an, als würde sie sie herausfordern wollen, ihr zu widersprechen oder sogar etwas zu gestehen, aber niemand tat das. Es war leise, bis auf leise Geräusche von Hagrid, der in ein Taschentuch weinte.
„Nein", rief Harry laut und alle Blicken waren überrascht auf ihm, „Ich meine... wenn jemand einen Fehler begangen hat und ihm etwas herausgerutscht ist, dann weiß ich, dass es nicht mit Absicht war. Das ist nicht seine Schuld", Harry schien sich sehr sicher zu sein, denn er sprach lauter, als es nötig gewesen wäre, „Wie müssen einander vertrauen. Ich vertraue euch allen, ich glaube nicht, dass irgendjemand in diesem Raum mich jemals an Voldemort verraten würde."
Tia lächelte. Ob Harry wohl auch genau in diesem Moment an James Potter dachte, der vielleicht genau diese Worte ebenfalls so laut gesagt hatte, nur um dann von seinem Freund verraten zu werden? Vermutlich nicht, sonst würde Harry nicht so unsicher klingen. Vermutlich hatte er diese Tatsache verdrängt und Tia wollte nicht diejenige sein, die es ihm sagte. Sie brauchten Vertrauen im Orden, sonst wären sie verloren.
Es wurde wieder still und Harry schien zu bemerken, dass ihn noch immer alle anstarrten, also trank er einen Schluck Feuerwhiskey aus seinem Glas.
„Gut gesprochen, Harry!", rief Fred in die Stille hinein.
„Jaah, wer Ohren hat, der höre...", bemerkte George und blickte schmunzelnd zu Tia und Fred, um zu sehen, ob sie seinen Ohren-Witz bemerkt hatten. Tia sah ihn seufzend an und schüttelte lächelnd den Kopf.
„Du hältst mich für naiv?", fragte Harry herausfordernd an Remus gerichtet.
„Nein, ich glaube, du bist wie James", erklärte Remus, „er hätte es als Gipfel der Schande betrachtet, seinen Freunden zu misstrauen."
Harry sah so aus, als hätte er am liebsten noch etwas gesagt, aber Remus war schon von ihm weggegangen und stellte sein Glas ab und wandte sich an Bill: „Es gibt Arbeit. Ich kann auch Kingsley fragen, ob –"
„Nein", Bill stand ebenfalls auf, „ich mach es, ich komm mit."
„Wo wollt ihr hin?", fragte Tonks und Fleur gleichzeitig.
„Mad-Eyes Leichnam", antwortete Remus ihnen, „Wir müssen ihn bergen."
„Kann das nicht –?", wollte Mrs Weasley ihren Sohn daran hindern, sich jetzt schon wieder in Gefahr zu bringen.
„Warten?", beendete Bill ihren Satz, „Du willst doch nicht, dass ihn stattdessen die Todesser mitnehmen?"
„Ich komme mit euch", beschloss Konstantin, „Drei sind besser, als zwei."
Konstantin flüsterte Fleur und Tonks etwas zu, bevor er sich mit den anderen beiden verabschiedete und ging.
Tia kniete sich vor George auf den Boden hin und hielt seine Hand. Sie machte nicht mehr – hielt nur seine Hand, aber er drückte sie und schaute sie an und Tia wusste, dass er eigentlich Angst hatte.
Etwas anderes war auch nicht zu erwarten, immerhin hatte er gerade erst ein Ohr verloren und sich bisher noch nicht im Spiegel gesehen, aber Tia machte das alles nichts aus. Warum sollte sie das auch stören – es war nur ein Ohr. Die waren sowieso immer die schwierigsten auf gezeichneten Portraits gewesen – eines weniger war da sogar praktischer.
Sie hoffte nur, dass es George nicht so sehr schmerzte. Sie hoffte, er konnte einsehen, dass ein Ohr ein kleiner Preis gegen sein Leben war.
Georges Hand zuckte zu seinem Kopf, dort, wo vor wenigen Stunden noch sein Ohr gewesen war, aber da war nichts mehr. Nur ein schwarzes Loch. Wenigstens blutete er nicht mehr – die Blutung hatte Mrs Weasley gestillt, aber er hatte sowieso schon genug Blut verloren, das sah Tia an seinem bleichen Gesicht und auch, wenn George es nie zugegeben hätte, so zitterten seine Hände dennoch – vielleicht vor Schmerz oder auch vor Müdigkeit und Erschöpfung.
„Ich finde immer noch, dass du der bessere aussehende Zwilling bist", wisperte Tia ihm lächelnd zu und George lächelte zurück.
„Lügen", wisperte Fred künstlich beleidigt, „Das weißt du selbst, Tia – ich habe George schon immer in den Schatten gestellt."
„Mein Ohr ist nur noch ein Schatten seiner selbst", erwiderte George und deutete auf sein Nicht-Ohr, „aber alles andere glänzt noch in seiner alten Pracht."
„Der war wirklich schlecht", kommentierte Fred leise, aber er grinste.
„Wir können uns aber darauf einigen, dass ich die Schönste unter uns bin", fixierte Tia künstlich überheblich.
„Verdammt", fluchte George leise, „Dagegen kann ich nichts sagen – eine klare Matt-Situation."
„Wir könnten Tia einfach aus dem Wettbewerb ausschließen", schlug Fred vor, „Immerhin spielt sie mit ihren Veela-Genen unfair."
Tia wollte gerade etwas darauf erwidern, aber da sagte Harry laut: „Ich muss auch gehen."
Jeder schien verwirrt zu sein. Warum sollte Harry jetzt schon wieder gehen? Sie hatten ihn gerade erst hergebracht.
„Sei nicht albern Harry", tadelte Mrs Weasley ihn, „Was soll das?"
„Ich kann nicht hierbleiben", widerholte Harry.
Harry schien Kopfschmerzen zu haben und rieb sich seine Stirn – der Stress und die Angst machen das mit einem. „Ihr seid alle in Gefahr, solange ich hier bin", erklärte Harry und Tia verstand, worauf er hinauswollte, „Ich will nicht –"
„Aber sei doch nicht albern!", redete Mrs Weasley ihm das sofort wieder aus, „Heute Nacht ging es einzig und allein darum, dich wohlbehalten hierherzuholen und zum Glück hat es geklappt. Außerdem ist Fleur damit einverstanden, hier zu heiraten und nicht in Frankreich, wie haben alles vorbereitet, so dass wir alle zusammenbleiben und uns um dich kümmern können."
„Tia hat einen Urlaub in Spanien dafür ausfallen lassen!", rief George.
„Ich wäre sowieso hier geblieben", gestand Tia verwirrt.
„Ich weiß", wisperte George, „Aber das muss er ja nicht wissen."
„Wenn Voldemort rausfindet, dass ich hier bin –", begann Harry wieder.
„Aber warum sollte er das?", fragte Mrs Weasley irritiert.
„Es gibt ein Dutzend Orte, wo du jetzt sein könntest, Harry", erklärte Mr Weasley, „Er hat keine Chance, herauszukriegen, in welchem geschützten Haus du bist."
„Ich bin nicht meinetwegen in Sorge!", widersprach Harry ihm.
„Das wissen wir", entgegnete Mr Weasley und blieb ruhig, „Aber unsere ganze Aktion heute Nacht wäre doch ziemlich sinnlos gewesen, wenn du fortgehen würdest."
„Du gehst nirgendwohin", bestimmte Hagrid, „Mensch, Harry, nach allem, was wir durchgemacht ham, um dich hierherzukrieg'n?"
„Jaah, was ist mit meinem blutenden Ohr?", erinnerte George ihn und stemmte sich sogar etwas hoch, aber Tia schlug ihm sanft auf die Brust und drückte ihn sanft wieder zurück in eine Liegeposition.
„Mach ihm nicht noch mehr Schuldgefühlte", flüsterte sie streng.
„Klar doch, Tia-Schatz", George lächelte sie charmant an und Tia verdrehte die Augen.
„Ich weiß ja –", stammelte Harry.
„Mad-Eye würde das nicht wollen –", erinnerte Mr Weasley ihn.
„ICH WEISS!", brüllte Harry, der wohl genug hatte und seine Nerven waren wohl ziemlich angespannt.
Es wurde wieder still. Eine unangenehme Stille legte sich über sie und Tia ließ Georges Hand los und stand auf.
Vorsichtig näherte sie sich Harry, als wäre er ein wildes Tier, aber in Momenten wie diesen konnten auch Menschen wie Tiere sein und man musste vorsichtig vorgehen.
Sie ging zu ihm und schaute ihn einen Moment lang an, bevor sie sanft eine Hand auf seine Schulter legte. Harry spannte sich für einen Moment lang an, schien dann aber zusammen zu sacken, als wäre all seine Energie wie weggeblasen.
„Nimm die Hilfe an, Harry", sagte Tia ruhig, „Dieses Haus hier ist sicher. Niemanden kann etwas passieren. Es wäre gefährlicher für uns alle, wenn du allein da draußen herumspazieren würdest."
„Wie kannst du so etwas sagen?", fragte Harry und er klang müde, „Du bist heute auch beinahe von Voldemort erwischt worden."
„Ich bin eben schneller, als Voldemort", bemerkte Tia, „Du hast übrigens einen tollen Wurf-Arm, warum bist du kein Jäger geworden?"
Harry schnaubte amüsiert.
„Ich habe ihm heute in die Augen gesehen", erzählte Tia leise, damit nur Harry es hören konnte, „Ich habe ihm in die Augen gesehen und ich habe nur Hass gesehen. Jetzt schau dich um, Harry. Schau dich um und frag dich selbst, ob du wirklich einfach so die Leute zurücklassen willst, die nur Liebe und Sorge in ihren Augen für dich tragen, für einen Mann, der nur Hass verspürt? Bleib hier. Bleib in Sicherheit. Was glaubst du, wie fühlen wir uns, wenn du da draußen jetzt doch erwischt wirst?"
„Was glaubst du, wie hätte ich mich gefühlt, wenn Voldemort dichheute erwischt hätte?", konterte Harry.
„Vermutlich ziemlich mies und unglücklich", vermutete Tia, „Aber ich weiß nicht genau – ich habe dieses Erraten von Gefühlen noch nicht ganz im Griff."
Tia breitete ihre Arme aus und überließ Harry die Wahl, ob er die Umarmung annehmen würde oder nicht. Er nahm sie an und umarmte sie fest, bevor er sie wieder losließ und er schien etwas beruhigter zu sein.
„Wo ist Hedwig, Harry?", fragte Mrs Weasley und wahrscheinlich wollte sie aufmunternd klingen, aber Tia bemerkte, dass Harry sich wieder anspannte und er nahm lieber noch einen Schluck von seinem Getränk, als zu antworten.
„Wart nur, bis sich rumspricht, dass du's schon wieder geschafft hast, Harry", bemerkte Hagrid, „Dass du ihm entkommen bist, ihn abgeschmettert hat, als er direkt über dir war."
„Das war nicht ich", winkte Harry tonlos ab, „Es war mein Zauberstab. Mein Zauberstab hat aus eigenem Antrieb gehandelt."
Kurz wurde es still, bis Hermine sanft sagte: „Aber das ist unmöglich, Harry. Du meinst, dass du gezaubert hast, ohne es zu wollen; du hast instinktiv reagiert."
„Nein", versicherte Harry ihnen, „Das Motorrad stürzte nach unten, ich hätte dir nicht sagen können, wo Voldemort war, aber mein Zauberstab drehte sich in meiner Hand und fand ihn und schoss einen Zauber auf ihn ab, einen, den ich nicht mal kannte. Goldene Flammen hab ich noch nie erscheinen lassen."
„Wenn man unter Druck steht", vermutete Mr Weasley, „kann man oftmals Zauber bewirken, die man sich nie hätte träumen lassen. Kleine Kinder merken, bevor sie ausgebildet sind oft –"
„So war es nicht", unterbrach Harry ihn angespannt.
Es wurde wieder still und Harry murmelte etwas davon, dass er frische Luft brauche und er verschwand nach draußen.
„Freddy und ich haben als Kinder andauernd gezaubert", erzählte George in Gedanken versunken, aber er lächelte glücklich, „Einmal haben wir Rons Teddybären in eine riesige Spinne verwandelt."
„Gute, alte Zeiten", seufzte Fred ebenso zufrieden.
„Ich hab es nicht so lustig gefunden", bemerkte Ron beleidigt, „Ich habe immer noch Angst vor Spinnen."
„Ich habe als Kind immer nur Sachen durch die Gegend fliegen lassen", erinnerte Tia sich an die Erzählungen von ihrer abuelita, „Deswegen hat meine Mutter gedacht, ich wäre ein Dämonenkind und hat mich weggegeben..."
Es wurde wieder still. Keiner wusste, was er darauf sagen sollte.
„Ich glaube, ich muss mich jetzt ein bisschen hinlegen", bemerkte Tia müde.
„Warte, ich komme mit", beschloss George und stand schneller auf, als Fred und Tia ihn daran hindern konnten, aber er schien wohl noch die Nachwirkungen zu spüren und taumelte nach vorne. Tia fing ihn auf und setzte ihn sanft wieder zurück auf das Sofa.
„Du stehst jetzt erst einmal nicht auf", beschloss Tia streng, „Wir sehen morgen weiter, wie es dir geht."
„Nein, nein, das geht schon", winkte George ab und stemmte sich wieder auf, aber alles schien sich für ihn zu drehen, denn er vermied es, die Augen zu öffnen und schwankte hin und her, wie ein Pendel, „Ich lass dich nicht allein, Darling."
„Sei nicht so stur, van Gogh", schimpfte Tia ihn, „Bleib einfach liegen."
„Dann bleibst du auch hier", bat George sie, „Bitte?"
Tia seufzte. „Da ist nicht genug Platz für mich", bemerkte sie.
„Wir schieben einfach das zweite Sofa her", schlug Fred vor und deutete auf das Sofa, auf dem es sich Mr und Mrs Weasley und auch Ginny bequem gemacht hatten.
Mrs Weasley sah für einen Moment so aus, als würde sie protestieren wollen, aber dann sah sie Georges Blick, der sie beinahe schon bettelnd ansah – ein seltener Anblick.
Mrs Weasley nickte und zusammen mit Mr Weasley und Ginny stand sie auf.
„Wir sollten alle ins Bett gehen", schlug sie vor, „Charlie, Liza – bleibt ihr beide heute Nacht hier?"
„Wenn du noch ein Zimmer frei hast?", meinte Liza schulternzuckend, „Es wäre sicher angenehm.
„Unser Zimmer ist gerade wieder frei geworden", zeigte Fred auf, während er ganz ohne Zauberei versuchte, das Sofa zu verschieben, aber darin versagte, bis Tia beschloss ihm zu helfen und das Mädchen allein es schon schaffte, das zweite Sofa an das erste heranzuschieben, sodass sie eine große Liegefläche bildeten.
Tia sprang über die Lehne und ließ sich auf die Polster fallen. Sie legte sich hin und war anscheinend sofort eingeschlafen, denn sie atmete schon tief ein und wieder aus.
„Danke, Mom", George lächelte seine Mutter an und sprach leise, „Ich glaube nicht, dass Tia heute Nacht gut schlafen kann."
„Solltest nicht du derjenige sein, der sich Sorgen um seine Träume über sein Ohr macht?", fragte Fred seinen Zwilling amüsiert.
„Es kommt mir vor, als hätte ich mein Ohr gerade noch gestern gehabt", seufzte George verträumt und starrte in die Luft, bevor er den Kopf schüttelte, „Vertraut mir – heute Nacht wird Tia Albträume haben. Ich weiß so etwas."
„Tja, Bruderherz", Fred schwang sich ebenfalls aufs zusammengestellte Sofa und legte sich auf Georges andere Seite, „Ich lass dich heute auch nicht allein."
„Wie bitte?", fragte George und runzelte die Stirn, obwohl Fred direkt neben ihm gesprochen hatte – dort, wo einst sein Ohr gewesen, „Hast du etwas gesagt."
Mrs Weasley unterdrückte ein Schluchzen und verabschiedete sich schnell selbst, um schlafen zu gehen, damit George sie nicht weinen sah. Auch Mr Weasley schien betroffen und die anderen Anwesenden ebenso, aber George schien davon nichts mitbekommen zu haben und lächelte noch immer verwirrt.
Fred Lächeln war verschwunden, aber er bemühte sich schnell, es wieder zurück auf sein Gesicht zu bekommen. Statt noch etwas zu sagen, nahm er Georges Hand und George war verwirrt, zuckte mit den Schultern, hinterfragte es aber nicht länger, sondern schlief selbst ein.
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