132. Kapitel

„Was glaubst du, wie lange braucht es noch, bis diese Frau hier wahnsinnig wird?"

Agnes schien nicht sonderlich viel Vertrauen in die Frau zu haben, aber, wenn Tia ehrlich sein musste, sie wirkte tatsächlich etwas gestresst. Das war vermutlich auch kein Wunder, immerhin waren beide, Fred und George gerade mit ihrem Sohn im Laden unterwegs und zeigten ihm alles, was möglich sein könnte. All ihre Erfindungen und all die Möglichkeiten, die eine neue Generation von Scherzen und Streichen mit sich bringen würde. Dabei nahmen sie sich kein Blatt vor den Mund und brachten als zusätzliche Leistung auch noch ihre eigenen Ideen mit ein, was er damit alles anstellen könnte.

Die Mutter des Jungen, der mit glänzenden Augen jedes Wort, das Fred und George zu ihm sagten speicherte, wirkte mehr als nur verstört und schien langsam aber sicher die Nerven zu verlieren, je heimtückischer und extremer die Ideen wurden.

„Wenn du mich fragst, hat sie die Schwelle zum Wahnsinn schon überschritten", vermutete Tia nachdenklich und man hörte aus ihrem Ton nicht heraus, ob sie es ernst meinte oder nicht, „Vermutlich sollten wir sie retten."

„Oder wir sehen weiter zu und werden belustigt", zeigte Agnes die zweite Möglichkeit auf. Agnes sah müde aus. Sie war bleicher, als sie es sonst sowieso schon war und dunklere Augenringe, als sonst verzierten ihre müden Augen. Sie streckte sich häufig und konnte trotz ihrer Müdigkeit nicht stillsitzen. Tia wunderte das nicht, immerhin würde diese Nacht Vollmond sein.

Beide sahen weiter zu den Zwillingen und der Mutter mit ihrem Sohn, taten aber nichts.

Plötzlich ging die Tür auf und zwei bekannte Gesichter erschienen im Laden.

Tia erkannte sie sofort – nicht an ihren goldenen Haaren, sondern am Geruch. Es waren Liza und Konstantin Gregorovich, die suchend durch den Laden blickten, bis sie Agnes und Tia hinter der Theke an der Kassa entdeckten und ihnen winkten.

„Zu wem wollen sie wohl?", fragte sich Agnes amüsiert, „Zu dir oder zu mir?"

„Was sollten sie schon von mir wollen?", erwiderte Tia verwirrt, „Wahrscheinlich zu dir – oder zu den Zwillingen."

„Vielleicht will Liza etwas mit dir wegen der Hochzeit besprechen", schlug Agnes vor.

Die Hochzeit, die schon in drei Tagen stattfinden sollte. Es war vollkommen übereilt und überraschend gekommen – für alle, selbst für Tia, aber sie hatte ihre Überraschung ziemlich gut wegpacken können.

Nur der Gedanke, dass ihr Vater schon in drei Tagen heiratete, war ein bisschen seltsam, aber auf der anderen Seite hatte Tia eigentlich nichts dagegen. Sie mochte Tonks und sie passte wirklich gut zu Remus. Selbst der Altersunterschied machte Tia nichts aus. Tonks war nur ein bisschen älter, als sie selbst, aber das interessierte sie nicht. Tia war sich nur nicht sicher, ob sie jemals in der Lage sein würde, Tonks als ihre Stiefmutter zu betrachten, oder ob sie für immer einfach die coole, große Schwester bleiben würde, aber eigentlich machte das keinen Unterschied. Tias Familie war schon so verwirrend und schräg, da passte Tonks eigentlich ziemlich gut hinein.

Auffällig war, dass Tonks Haare, die das ganze Jahr über farblos und bleich gewesen waren, jetzt wieder in ihrer alten Pracht erstrahlten und Tonks nur zu gerne wieder ihr Kaugummirosa präsentierte – besonders, wenn sie in Remus' Nähe war.

Die Hochzeit selbst sollte nur ganz klein werden. Nur die engsten Freunde und Familie war eingeladen.

Es wunderte Tia, dass Remus so übereilt heiraten wollte, aber auf der anderen Seite konnte jeder Tag auch ihr letzter sein, also war eine übereilte Hochzeit eigentlich nur logisch. Sie wollten wohl jede Minute nutzen, die sie bisher verpasst hatten und die Zeit zusammen verbringen, die ihnen noch blieb.

Das einzige, das Tia bei dieser Hochzeit zum Aussetzen war die Frage, wie sie Tonks danach nennen sollte. Noch immer Tonks oder Lupin oder wieder Nymphadora oder Dora oder sonst irgendetwas. Das verwirrte Tia vollkommen, aber bisher hatte sie diese Frage noch nicht laut ausgesprochen.

Konstantin und Liza suchten sich ihren Weg durch die chaotisch angeordneten Regale zu Agnes und Tia vor, die seelenruhig bei der Kassa warteten und keine Anstalten machten, den beiden entgegen zu kommen.

Dabei wäre Tia gerne zu ihnen gekommen, allein deswegen, weil es eine freundliche Geste gewesen wäre, aber nachdem Agnes mit vor der Brust verschränkten Armen und einem belustigten Lächeln im Gesicht dastand und Tia sie in diesem Moment wirklich cool fand, wollte sie es ihrer großen Schwester gleichtun und wartete einfach. Aber Tia vermutete, dass sie im Gegensatz zu Agnes alles andere als cool aussah, sondern einfach nur lächerlich.

„Tia!", rief Liza ihr zu, als sie nahe genug gekommen waren und Agnes schaute vielsagend zu Tia, als würde sie ihr sagen wollen „Hab ich es dir doch gesagt."

„Hey!", begrüßte Tia die beiden und lächelte freundlich, „Was ist los?"

„Tonks kneift doch nicht, jetzt so kurz vor der Hochzeit, oder?", fragte Agnes belustigt und hob eine Augenbraue.

„Ha!", rief Liza amüsiert, „Wohl kaum. Sie kennt kein anderes Thema mehr. Sollte Tonks jetzt noch aussteigen, wäre ich mir sicher, dass das nicht mehr Tonks ist."

„Wirklich niedlich", bemerkte Konstantin und lächelte ebenfalls, „Tia, hast du einen Moment?"

„Klar doch, oder?", Tia sah fragend zu Agnes, die mit den Schultern zuckte.

„Klar", meinte Agnes, „Ich komme schon zurecht."

„Was braucht ihr denn?", fragte Tia neugierig. Vielleicht waren es geheime Pläne für die Hochzeit, die Agnes nicht erfahren sollte.

„Zuerst brauchen wir einen Ort, an dem wir reden können", bemerkte Konstantin.

„Gehen wir in die Wohnung", schlug Tia vor, „Da ist es auch ruhiger."

Tia führte die Geschwister in die Wohnung, in der sie derzeit mit Fred, George und Agnes lebte. Sie war nicht sonderlich groß, aber irgendwie wurde es den vier nie wirklich zu eng und es war, wie Tia fand eher beruhigend so viele um sich zu haben. Sie hätte sich derzeit nicht vorstellen können, wirklich eine eigene Wohnung zu haben, in der sie allein essen, leben und schlafen musste.

In der Küche, in der auch der Esstisch stand fanden die drei Platz und erwartungsvoll schaute Tia zwischen Konstantin und Liza hin und her, aber sie bemerkte, dass sich etwas geändert hatte.

Sie lächelten nicht mehr, sondern sahen ernst aus.

Sofort zückte Tia ihren Zauberstab und richtete ihn mit zitternden Händen auf die Geschwister. „Ich... ich habe die Sicherheitsfrage vergessen", meinte sie verunsichert, aber sie bemühte sich, selbstbewusst auszusehen, „Wie... wie heiße ich mit vollem Namen?"

Konstantin und Liza sahen sich hilflos an. „Äh...", stammelte Konstantin, „Tara... Isabella?"

„Ich glaube, es war Isabel", vermutete Liza unsicher, „Oder?"

Sie blickte zu Tia, die aber den Zauberstab gesenkt hatte.

„Ein Todesser hätte so eine Frage auswendig gelernt", erklärte sie, „Nachdem ihr meinen Namen nicht wisst, gehe ich davon aus, dass ihr wirklich Konstantin und Liza seid."

„Davon gehe ich grundsätzlich aus, aber so sicher kann man sich nie sein", bemerkte Konstantin.

„Vertrau mir, Konnie, du bist du", versprach Liza schnaubend, „Du hast heute zwei Stunden im Bad gebraucht – so lange braucht nicht einmal Charlie!"

„Ich habe meine Schlafmaske herunterwaschen müssen. Im Gegensatz zu dir schätze ich reine Haut", verteidigte sich Konstantin, „Und nenn mich nicht Konnie, Lizzy."

„Nenn mich nicht Lizzy!"

„Okay...", Tia nickte, „Ihr seid es wirklich. Warum seid ihr hier? Ich befürchte, es ist nicht wegen der Hochzeit?"

Konstantin und Liza schüttelten die Köpfe.

„Nein", gestand Liza, „Wir sind hier, weil wir unsere Pläne mit dir besprechen wollten und wir haben ein Angebot für dich."

„Ein Angebot? Warum?", fragte Tia verwirrt.

„Wir denken, es ist nur eine Frage der Zeit, bis das Ministerium fällt", begann Konstantin sachlich, „Wir denken, Voldemort wird den Minister stürzen und seine eigenen Leute auf höhere Posten stellen. So übernimmt er nicht nur das Zaubereiministerium, sondern besitzt dann auch noch illegal erlangte legale Macht über das gesamte Vereinigte Königreich."

„Oh", machte Tia, „Das klingt nicht sonderlich gemütlich."

„Wahre Worte", Konstantin lächelte sogar leicht, aber seine Augen blieben ernst, „Wir denken auch, dass es dann nicht mehr so gemütlich für Muggelgeborene sein wird."

„Wir denken, dass es sogar gefährlich werden könnte", erklärte Liza weiter, „Wir gehen nicht gerne Risiken ein, deswegen wäre unser Plan, dass wir, sollte das Ministerium fallen, vorerst untertauchen und alles aus der Ferne beobachten."

„Sollte es sich als sicher herausstellen, dann wären wir wieder mittendrin", versprach Konstantin, „Aber bis wir uns sicher sind, riskieren wir nichts und werden lieber nicht gefasst, damit wir Voldemort und seiner Bad-Boy-Band so lange wie möglich auf die Nerven gehen können."

„Okay?", Tia war noch verwirrter, „Alles verständlich, aber... warum erzählt ihr mir das? Sollten solche Pläne nicht geheim bleiben?"

„Wir erzählen dir das, weil wir dich mitnehmen würden", erklärte Liza und Tia stockte.

Die beiden Geschwister waren irgendwie schon immer eine unerreichbare Eigenart für Tia gewesen. Konstantin war Auror – und zwar kein schlechter. Und Liza war Heilerin – und zwar keine schlechte. Und alle beide schienen immer und überall die Oberhand zu haben und schienen immer alles vollkommen cool und entspannt zu nehmen, so wie es gerade kam. Tia hatte sich nie auch nur vorgestellt, dass so ein Angebot von den beiden könnte – und dann auch noch direkt an sie gerichtet.

„Wer weiß noch von diesen Plänen?", fragte Tia misstrauisch. Irgendwo gab es doch sicherlich einen Haken.

„Niemand", sagte Liza.

„Du bist die erste und einzige, die davon hören wird", fügte Konstantin hinzu.

„Und... warum ich? Ich verstehe das nicht." Tia war wieder einmal sehr verwirrt.

„Du hast in so einigen Situationen bewiesen, dass du so einiges drauf hast", sagte Konstantin beeindruckt, „Außerdem bist du einer der wenigen Menschen, mit denen ich vermutlich wirklich Wochen verbringen kann, ohne dass du mir auf die Nerven gehst. Ganz zu schweigen davon, dass wir befürchten, dass du genauso betroffen sein könntest, wie wir."

„Weiß Remus davon?", fragte Tia nach.

„Nein." Liza schüttelte den Kopf. „Niemand weiß davon und niemand darf davon erfahren."

„Okay, das ist gut", Tia seufzte erleichtert aus, „ich glaube, wen Remus davon erfahren würde, dass ich untertauchen will, dann würde er durchdrehen."

„Du kommst also mit?", fragte Konstantin vielleicht leicht überrascht.

„Ich habe sowieso schon geplant, unter zu tauchen", erzählte Tia, „Nach allem, was ich so angestellt habe, bin ich irgendwie aus Versehen ein Ziel geworden. Ich wollte nach der Hochzeit von Bill und Fleur einfach verschwinden. Natürlich hätte ich mich verabschiedet, aber... ich plane das schon einige Zeit."

„Perfekt", Konstantin grinste, „Dann fang schon einmal an zu packen."

Erschrocken riss Tia die Augen auf.

„Was?", fragte sie ungläubig, „So schnell schon? Warum?"

„Wir gehen natürlich nicht so bald", beruhigte Liza sie schnell, „Aber du solltest vorbereitet sein. Sobald die Nachricht kommt, dass das Ministerium gefallen ist, sollten wir weg sein. Am besten, du packst jetzt schon alles – leichtes Gepäck, wir werden hauptsächlich apparieren und wandern."

„Ich liebe wandern!", freute sich Tia und lächelte.

Konstantin lachte amüsiert und Tia glaubte sogar, es war ein echtes Lachen. „Du bist super, Tia", grinste er, „Ich wünschte, ich könnte so positiv sein."

„Das ist nicht schwer", bemerkte Tia verwirrt, „Ich glaube, es ist alles nur eine Frage der Übung."

„Dann sollte ich wohl üben anfangen", murmelte Konstantin, aber Tia hörte es trotzdem.

„Dann haben wir wohl einen Plan", meinte Liza, „Also... es ist nicht wirklich ein Plan... eher... eine erste Idee und den Rest improvisieren wir dann auf dem Weg."

„Klingt trotzdem nach einem Plan", beruhigte Tia sie, „Ich packe einen Rucksack und verstecke ihn. Und bitte – sagt Remus nichts davon. Ich will das selbst machen, wenn wir dann wirklich gehen müssen."

„Natürlich", Konstantin nickte zustimmend, „Wir werden es auch allen erst sagen, wenn es soweit ist."

„Nicht einmal Charlie weiß davon", seufzte Liza und lächelte traurig.

„Du solltest es ihm sagen", schlug Tia vorsichtig vor, „Ich glaube, so wie ich Charlie eingeschätzt hätte, würde er dich trotzdem gehen lassen. Aber ein bisschen Vorwarnung könnte nicht schaden."

Liza lächelte. „In dir steckt mehr, als man dir ansieht, Tia Fuego."

„Das höre ich irgendwie immer wieder", fiel es Tia nachdenklich auf, „Seltsam."



„Fred ist noch immer nicht mit Agnes zurück, oder?", fragte Tia an George.

Es war ruhig im Laden. Ein oder zwei Kunden schlenderte durch die Regale, aber ansonsten war noch niemand hier. Es war auch noch recht früh und die meisten Kunden kamen erst am Nachmittag, was auch gut so war, denn weder Fred noch Agnes waren im Moment hier.

Agnes hatte eine Vollmondnacht hinter sich und auch Tia spürte die Müdigkeit, aber sie wollte auch nicht schlafen gehen, obwohl George es ihn vorgeschlagen hatte.

Sie würde vielleicht am Nachmittag dann kurz ein Nickerchen machen, aber am Morgen wollte sie George nicht allein im Laden lassen.

Eigentlich wollte Fred Agnes nur abholen. Das tat er immer, wenn sie sich in einen Werwolf verwandelt hatte. Sie verbrachte die Nächte immer in abgelegenen Hütten, damit sie keine Gefahr für jemanden darstellte und nach einer langen Nacht als Werwolf war es Fred immer lieber, wenn er sie persönlich abholte, obwohl er, wie Tia wusste, die Nacht selbst nicht geschlafen hatte. Tatsächlich hatte in der Nacht keiner von ihnen wirklich geschlafen, nachdem Tia mehr oder weniger gezwungen war, wach zu bleiben und Fred und George aus Loyalität zu Tia und Agnes ebenfalls kein Auge zugebracht hatten.

Stattdessen waren sie bis die Sonne wieder am Horizont erschienen war zusammen Tee getrunken und waren die meiste Zeit still gewesen.

„Wahrscheinlich sind sie abgelenkt worden", grinste George, „Mach dir keine Sorge. Diese ewige Spannung hat sich zwischen den beiden irgendwann lösen müssen."

„Fred hätte uns informiert, wenn er später kommen würde", äußerte Tia ihre Sorgen, „Er weiß, dass die Zeiten alle nervös machen. Vielleicht sollten wir nach ihnen sehen."

Aber das war nicht mehr nötig, denn Fred stürmte allein in den Laden.

„Da ist er ja endlich!", rief George laut und winkte ihm zu, „Hast du einen guten Morgen gehabt, Freddy? Ich sage dir, das nächste Mal nehmen Tia und ich uns frei."

„Da stimmt etwas nicht", murmelte Tia, als sie Fred sah. Nicht nur war er allein gekommen, sondern in seinem Gesicht war die Panik geschrieben. Fred war nie panisch, außer Agnes war etwas passiert.

„Ich kann sie nicht finden", keuchte er verzweifelt, als er bei ihnen angekommen war, „Agnes ist nicht da gewesen. Ihr Zauberstab ist auch weg gewesen und die Tür war schon offen, aber ich habe keine Anzeichen für einen Kampf gesehen."

George und Tia tauschten besorgte Blicke aus.

„Vielleicht ist sie nur spazieren gegangen", schlug George hoffnungsvoll vor, „Immerhin hat sie bestimmt eine harte Nacht hinter sich und braucht vielleicht etwas Abstand vor Menschen."

„Das habe ich auch zuerst gedacht und ich habe sie auch gesucht – deswegen bin ich so spät", Fred vergrub sein Gesicht in seinen Händen – so aufgelöst hatte Tia ihn noch nie gesehen, „Ich habe nach ihr gerufen und überall Spuren von ihr gesucht, aber sie ist nicht da! Was ist, wenn ihr etwas passiert ist?"

„Sie ist nicht zurückgekommen", gab Tia zu, „Ich habe sie nicht gerochen. Ich hätte sie schon gerochen, wenn sie auch nur in die Nähe des Ladens gekommen wäre. Sie hat immer einen ganz speziellen Geruch an sich, nachdem sie sich verwandelt hat."

„Was mache ich jetzt?", fragte Fred, „Soll ich mir Sorgen machen oder nicht?"

„Wir sollten sie auf jeden Fall suchen", auf Tia wurde beim Gedanken nervös, dass Agnes etwas passiert sein könnte, „Teilen wir uns auf?"

Sie teilten sich auf. Tia apparierte nach Hogsmeade, um bei Hagrid in Hogwarts nachzufragen, ob er sie gesehen hatte. George apparierte zu allen, die Agnes kannte, um dort zu fragen, während Fred noch einmal im Wald suchte.

Keiner hatte sie gesehen. Niemand wusste etwas von ihr und jeder machte sich Sorgen.

Tia konnte sehen, wie Freds Hoffnungen langsam verschwanden und er wirkte so leise und klein und schien immer ruhiger und verzweifelter zu werden, mit jeder Person, die die drei von ihrer Liste streichen konnten.

Es war schon Nacht, als Tia und George wieder zusammen in die Winkelgasse apparierten. Sie hatten den Laden für diesen Tag geschlossen, da Agnes eindeutig Priorität war.

„Was glaubst du, ist mit ihr passiert?", fragte George seine Freundin nachdenklich, aber Tia hörte nicht zu, sondern starrte nur auf etwas am Himmel.

„Das Dunkle Mal", keuchte sie entsetzt und George folgte ihrem Blick.

Tia wusste, dass die Stelle, über die das Dunkle Mal zu sehen war, ungefähr die Stelle war, wo der Scherzartikelladen war. Ohne ein weiteres Wort zu sagen rannte Tia los und ließ George hinter sich zurück, der ihr aber nur kurz darauf folgte.

Es stand dort am Himmel und Tia hatte das Gefühl, als könnte sie nicht mehr atmen, aber sie musste in die Wohnung und nachsehen, ob es allen gutging.

Was war, wenn Agnes das Opfer war? Oder war Fred schon vor ihnen zurückgekommen? Wer war der Grund, warum das Dunkle Mal über ihrem zu Hause schwebte? Das Mal, das kennzeichnete, dass Todesser jemanden umgebracht hatten.

Tia stürmte in das Haus und roch sofort, dass Fred anwesend war, aber die Gerüche, die sie sonst noch vernahm, verwirrten Tia für einen Moment.

Fremde waren da gewesen. Vielleicht ein Werwolf, aber auch der ferne Geruch von Agnes und zwei anderen Personen, von denen Tia ebenfalls die Gerüche erkannte, waren noch in der Luft. Agnolia und Bellatrix, die aber das Haus schon lange verlassen hatten.

Und dann war da noch der beißende Gestank von Tod.

Tia hatte es noch nie wirklich gerochen, aber es lag in der Luft, wie eine dichte Rauchwolke, die alles andere erstickte. Jemand war gestorben. War es Agnes?

„Fred?", Tias Stimme brach. Sie bekam keine wirkliche Antwort, aber sie hörte Schluchzen und folgte dem Geräusch.

Fred kniete auf dem Boden und weinte. Tia hatte ihn noch nie weinen gesehen, aber doch saß er dort vor ihr und schien alle Hoffnung verloren zu haben. Es fühlte sich falsch an, den Besitzer des Scherzartikelladens weinend zu sehen, also wollte Tia ihn so schnell wie möglich wieder lachen sehen. Aber irgendwie hatte sie das Gefühl, als würde sie das nicht so schnell schaffen.

Fred kniete vor einer Leiche, aber es war nicht Agnes. Stattdessen lag dort Roger Davies. Tia hatte noch nie mit ihm gesprochen, aber sie wusste, dass er Agnes' bester Freund gewesen war. Er schien der Tote zu sein, den Tia gerochen hatte, also gab es für Agnes noch Hoffnung, aber für Roger Davies kam jede Hilfe zu spät.

„Sie ist weg", schluchzte Fred leise und Tia fixierte sich wieder auf ihn, damit sie nicht länger die Leiche anstarrte, „Sie ist weg. Sie haben sie mir genommen."

Tia wusste nicht, was sie sagen sollte. Es tat weh. Ihre Brust schmerzte. War das Trauer? Wirkliche Trauer?

Unfähig etwas zu sagen kniete Tia sich neben Fred und legte vorsichtig einen Arm um seine Schulter.

George stürmte in den Raum und brauchte einen Moment, um die Lage zu verstehen, bevor er selbst realisierte, was wohl passiert war. Auch er kniete sich auf den Boden neben seinen Zwilling und drückte ihn an sich, aber im Gegensatz zu Tia wandte er seinen Blick nicht von Roger ab.

Roger Davies war tot. Für George war Davies immer einer dieser Menschen gewesen, die wohl unsterblich waren. George rechnete irgendwie, dass vielleicht Tia oder Agnes in diesem Krieg sterben könnten, Himmel, vielleicht sogar Fred, was George sich lieber nicht einmal vorstellte, immerhin hatten sie alle Kontakte zum Orden und zu Verwandten, aber Rogers einziger Fehler war wohl gewesen, dass er mit Agnes befreundet gewesen war.

Der Anblick von Rogers Leiche war surreal und so unwirklich.

Und doch wussten alle, obwohl sie selbst nicht dabei gewesen waren, dass Roger Davies tot war und Agnes Tripe war fort – verschleppt und vielleicht sogar ermordet von jenen, vor denen sie schon ihr Leben lang wegrannte.

Agnes war langsam geworden. Hatte sich selbst erlaubt, sesshaft zu werden, Beziehungen aufzubauen und obwohl genau das das gewesen war, das sie selbst gerettet hatte, würde es sich letztendlich doch wieder als ein Fehler herausstellen, denn das Leben gab nicht nur, sondern nahm sich immer alles wieder zurück.

Und alle fragten sich, ob sie Agnes Tripe jemals wieder lebend sehen würden, oder ob die nächste Leiche die der jungen Frau sein würde, die doch so vielen Leuten alles bedeutete.

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