125. Kapitel

An dem Tag, an dem die Schüler von Hogwarts wieder zurückkehren würde, versammelten sich alle im Fuchsbau in der Küche, um mit dem Flohnetzwerk in die Schule zurück zu kehren.

Von den meisten hatte Tia sich schon verabschiedet. Fred und George waren in ihrem Laden und beide von ihnen hätten sich am liebsten frei genommen, um sie ebenfalls erst im letzten Moment zu verabschieden, aber nach Weihnachten war der Ansturm der Kunden noch größer geworden und sie beide hatten sich am Tag zuvor verabschiedet.

Tia war die erste, die zurück nach Hogwarts reisen sollte und sie war schon bereit, in das Feuer zu steigen, aber bevor sie das tun konnte, zog Agnes sie noch einmal zurück.

„Wolltest du etwa gehen, ohne dich zu verabschieden?", fragte Agnes sie und lächelte.

„Wir haben uns schon verabschiedet", bemerkte Tia verwirrt, „Schon drei Mal."

„Ich wollte dir noch etwas geben", gestand Agnes und drückte Tia das Geschenk in die Hände. Es war ein Rucksack – waldgrün und niedlich klein.

„Danke", Tia lächelte, „Der ist wirklich hübsch... aber... wofür?"

„Ein spätes Weihnachtsgeschenk", gab Agnes zu, „Ursprünglich wollte ich dir etwas anderes schenken, aber dann habe ich gedacht, dass dir der hier auch gefallen könnte. Ich habe ich verzaubert, sodass er größer ist, als er scheint. Damit kannst du alles transportieren, was du willst. Ich benutze selbst so einen."

Tia wusste, dass Verzauberungen dieser Art schwierig und ziemlich fortgeschritten waren, selbst für eine Hexe, die Hogwarts abgeschlossen hatte. Sie selbst hätte so eine Verzauberung wahrscheinlich nie geschafft.

„Wow", staunte Tia, „Danke."

„Ich habe ihn für dich gemacht", erklärte Agnes, „Damit du deine Talente ausnutzen kannst."

„Das verstehe ich nicht."

„Wenn du Zaubertränke im Kampf benutzen willst, dann musst sie auch immer bei dir haben", meinte Agnes leise, damit Mrs Weasley sie nicht hörte, wie sich gerade weinend von ihren Kindern und Harry verabschiedete, „Und du kannst nicht immer Flaschen in deinen Händen tragen."

Erst da fiel Tia auf, wie viele Gedanken Agnes in ihr Geschenk gesteckt hatte und fühlte sich noch überwältigter.

Ohne noch etwas zu sagen, fiel sie Agnes um den Hals und zuerst war die kleinere Frau überrascht, aber dann umarmte sie Tia zurück.

„Danke, Agnes", wisperte Tia leise und ließ sie los, „Pass auf dich auf."

„Immer doch", Agnes lächelte, aber Tia wusste, dass Agnes log. Solange ihre Dämonen nicht besiegt waren, würde Agnes alles tun, um ihre Mutter zu finden und zu besiegen, damit sie selbst Frieden finden würde. Egal, was es kosten würde.

„Viel Spaß in der Schule", Agnes grinste, „Wir sehen uns im Mai."

„Oh, ja...", meinte Tia weniger enthusiastisch, „Die UTZs... die gibt es ja auch noch."

„Hey, keine Sorge", Agnes klopfte ihr auf die Schulter, „Alles wird schon funktionieren. Du wirst schon sehen."

„Mehr als hoffen kann ich ja nicht, oder?"

„Tia, machst du mir noch einen Gefallen?", fragte Agnes sie, als würde es ihr gerade erst wieder einfallen und sie drückte Tia noch eine kleine Kiste in die Hand, von der Tia wusste, dass es eine der Schachteln war, in denen Agnes früher ihre Gebäcke aufbewahrt hatte, „Kannst du diese hier Professor McGonagall mitbringen?"

„Das ist doch nichts Schwarzmagisches, oder?", fragte Tia unsicher und betrachtete die Schachtel.

„Eigentlich nicht, außer du denkst, Ingwerkekse wären schwarzmagisch", erklärte Agnes amüsiert, „Ich würde dich nicht benutzen, um illegale Gegenstände nach Hogwarts zu bringen."

„Das wäre auch kein Problem gewesen", meinte Tia locker und lächelte freundlich, „Fred und George machen das doch auch."

Agnes atmete tief durch. „Ja...", sie klang nicht sonderlich begeistert davon, „Ich weiß... aber... Das hier sind nur Ingwerkekse – nichts gefährliches."

„Eine nette Abwechslung", grinste Tia und drückte die Schachtel an sich, „Ich werde sie übergeben."

„Ich werde dich vermissen", gestand Agnes liebevoll, „Pass auf dich auf."

„Ich werde es versuchen, aber ich verspreche nicht gerne Sachen, von denen ich nicht weiß, dass ich sie nicht halten kann."

Als die Verabschiedungen endgültig beendet waren, stieg Tia als erste ins Feuer und die grünen Flammen umgaben sie, bevor sie im Kamin von Professor McGonagalls Büro zu stehen kam.

„Guten Abend, Professor", begrüßte Tia sie, als sie die Asche abklopfte, bevor sie aus dem Kamin hinausstieg, „Haben Sie angenehme Weihnachten gehabt?"

„Sehr erholsam, danke, Miss Fuego", entgegnete McGonagall.

„Ich soll Ihnen diese hier von Agnes mitbringen", meinte Tia und hielt der Professorin die Schachtel hin.

Professor McGonagall nahm die Schachtel misstrauisch entgegen – immerhin kannte sie Tia und Agnes und ihre Beziehungen zu den Weasley-Zwillingen, also konnte man nicht vorsichtig genug sein, aber als sie die Schachtel öffnete, lächelte sie sogar leicht.

„Danke, Miss Fuego", meinte Professor McGonagall, „Ich werde mich bei Miss Tripe bedanken, wenn ich sie das nächste Mal sehe."

Nach Tia kamen auch noch Harry, Ron und Ginny aus dem Feuer und als sie alle versammelt hatten, verließen sie zusammen das Büro und konnten ihre eigenen Wege gehen.

Tia beschloss, als erstes Leanne zu suchen und tatsächlich fand sie ihre Freundin in der Großen Halle.

„Leanne!", rief Tia aufgeregt und ihre Freundin blickte auf, als sie Tia erkannte und von ihrem Platz aufsprang, um ihr entgegen zu rennen und sie in eine Umarmung zu reißen, die die beiden Mädchen beinahe umriss.

„Ich hab dich auch vermisst, Leanne", grinste Tia und drückte ihre Freundin an sich.

„Wie waren deine Ferien?", fragte Leanne Tia und ließ sie los.

„Erholsam", gestand Tia, „Hast du Zeit gehabt, um nach Katie zu sehen? Ich habe die Umgebung nicht wirklich verlassen können."

„Wie meinst du das?", fragte Leanne sie vielsagend grinsend, „War das eine Abspielung darauf, dass ihr Georges Schlafzimmer nicht verlassen habt?"

„Nein", antwortete Tia ihr unbeeindruckt, „Das war eine Anspielung darauf, dass alle in meiner Umgebung wohl denken, dass ich beschützt werden muss und sie deswegen alles dafür gemacht haben, dass ich immer in der Nähe von möglichst vielen Leuten bleibe. Ich hab Fred und Georges Wohnung nicht einmal betreten – die Winkelgasse war wohl schon zu gefährlich für mich."

„Du meinst das ernst?", fragte Leanne verwundert.

Tia schnaubte ein bisschen verärgert. „Ich weiß auch nicht... Die meiste Zeit sind wir beim Fuchsbau oder im Dorf in der Nähe gewesen. Sie haben mir nie wirklich ins Gesicht gesagt, dass ich nicht gehen darf, aber wenn ich etwas in dieser Richtung vorgeschlagen haben, ist gleich jemand da gewesen, der mich abgelenkt hat."

„Wow", murmelte Leanne, „Klingt wirklich anstrengend."

„Sie wollen mich nur beschützen", seufzte Tia, „Aber... Ich bin erwachsen. Langsam hoffe ich einfach, dass sie einsehen, dass ich auf mich selbst achten kann."

„Tja...", Leanne grinste sie an, „Die kennen dich eben nicht so gut, wie ich. Und ich weiß, dass du es faustdick hinter den Ohren hast."

„Hast du Katie jetzt gesehen?", wiederholte Tia ihre Frage, nachdem sie das Thema über ihre Sicherheit lieber auf einen anderen Zeitpunkt verschieben wollte.

„Ich bin einmal bei ihr gewesen", erzählte Leanne, „Ich hab mich selbst aus dem Haus schleichen müssen. Mom und Dad wollten nicht, dass ich nach London gehe, aber ich bin nur schnell appariert. Sie schläft noch immer – keine sonderlich großen Veränderungen."

„Deine Eltern haben dich auch nicht aus den Augen gelassen?", fragte Tia verwundert, „Warum?"

Leanne zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Sie erzählen mir absolut gar nichts. Sie behandeln mich noch immer wie ein Kind und ich weiß nicht, was vor sich geht. Einmal habe ich sie mit einer der Erfindungen von den Zwillingen belauscht – anscheinend geht es um Moms Arbeit."

„Ich glaube, dass alle Eltern ihre Kinder beschützen wollen", überlegte Tia, „Manche von ihnen wollen ihre Kindern sogar nicht mehr nach Hogwarts schicken, weil sie denken, es wäre nicht sicher genug."

„Hogwarts ist ja auch in den letzten paar Jahren nicht für seine Sicherheit bekannt geworden", bemerkte Leanne unbeeindruckt, „Ich darf dich nur daran erinnern, dass du selbst beinahe ein ganzes Schuljahr über versteinert gewesen bist."

„Kleinigkeiten", winkte Tia heiter ab – Leanne sah nicht überzeugt aus – „Es geht doch darum, von wem die Kinder umgeben sind und Dumbledore ist auf jeden Fall eine Komponente, warum ich meine Kinder in der Schule behalten würde."

„Weiß George schon von deinen Kinder-Plänen?", fragte Leanne amüsiert und Tia schlug ihr leicht auf die Schulter.

„Leanne!", tadelte sie ihre Freundin streng, „Wir versuchen hier gerade ernst zu bleiben!"

„Tun wir das?", fragte Leanne künstlich überrascht, „Entschuldige, Tia, das habe ich nicht gewusst."

„Ich habe das Gefühl, du bist gerade sarkastisch."

„Wie kommst du auf diese Idee?"

Tia seufzte und sah Leanne streng an, aber es dauerte nicht lange, bis die beiden gleichzeitig zu lachen begannen.

„Du bist doof", maulte Tia künstlich beleidigt.

„Und du bist kindisch", grinste Leanne, „Gefällt mir."

„Aber ich hab doch Recht, oder nicht?", fragte Tia nach, „Wir sind nur noch für ein paar Monate hier – im Mai schreiben wir unsere UTZs. Danach weiß ich nicht, wie ich in der Welt zurechtkommen soll."

„Das schaffst du schon", Leanne klopfte ihr aufmunternd auf die Schulter, „Ich habe Vertrauen in dich. Du wirst das schaffen."

„Du hast mehr Vertrauen in mich, als ich in mich", bemerkte Tia, „Oder sonst irgendjemand. Ich habe nicht das Gefühl, als würde irgendjemand denken, ich würde es allein da draußen schaffen."

„Das denke ich auch nicht", bemerkte Leanne und Tia wich überrascht einen Schritt zurück und sah Leanne ungläubig an. Eine so unhöfliche Bemerkung hatte sie nicht erwartet.

„Aber das musst du auch nicht", fügte Leanne hinzu, „Keiner von uns muss allein da draußen zurechtkommen. Ich denke, das ist nicht der Sinn von Erwachsensein. Das einzige, das du machen musst, ist für dich selbst Sorgen – essen, trinken, schlafen. Alles andere gehört nicht zum Erwachsensein. Du musst nur überleben und das Leben übernehmen andere mit dir."

„Leanne, manchmal bin ich wirklich überrascht, wie philosophisch du sein kannst."

„Halt die Klappe, Tia, ich versuche hier gerade, dich und mich gleichzeitig zu ermutigen. Glaubst du wirklich, du bist die einzige, die nervös ist, die Schule zu verlassen?"

„Ich bin für dich da", versprach Tia, „Wie versprochen. Ich werde immer für dich da sein, solange ich kann."

„Und ich für dich, Chili-Mädchen", versprach Leanne und Tia kicherte, als sie ihren alten Spitznamen hörte, „Weißt du, Tia, manchmal sieht alles viel komplizierter und furchterregender aus, als es wirklich ist. Und manchmal muss man einfach das hinnehmen, was kommt – gegen das Schicksal können wir nichts machen."

„Gegen das Schicksal können wir nichts machen", stimmte Tia ihr zu, „Aber wir können entscheiden, mit wem wir dem Schicksal entgegenkommen können."

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top