123. Kapitel

Tia stieg zusammen mit Leanne aus dem Zug und die beiden Mädchen sahen sich nach ihren Familien um, obwohl Tia wusste, dass Remus und die anderen auf der Muggel-Seite des Bahnhofes warten würden.

„Meine Mom ist hier drüben!", rief Leanne erfreut und ohne daran zu denken, dass Tia vielleicht ihre eigene Familie suchen sollte, zog das Mädchen ihre beste Freundin mit sich mit.

Mrs Travis war noch relative jung und hatte sich auch gut gehalten. Sie sah wie eine ältere Version von Leanne aus – mit denselben blonden Haaren, blauen Augen und freundlichem Lächeln, aber sie war größer, als ihre eher klein geratene Tochter und erste kleine Falten zeigten sich um ihre freundlichen Augen.

Mrs Travis, das wusste Tia von Leanne, arbeitete im Ministerium, in der Vergissmich-Zentrale. Soweit Tia wusste, hatte sie dort eine ziemlich hohe Stelle, aber so genau wusste Tia es auch nicht.

„Leanne!", rief Mrs Travis erfreut und kam den beiden Mädchen entgegen, „Oh, und du hast Tia mitgebracht! Lasst euch ansehen! Es ist schon so lange her!"

"Hallo, Mrs Travis", begrüßte Tia ein bisschen schüchtern.

„Ich habe ganz vergessen, wie erwachsen ihr jetzt schon seid!", seufzte Mrs Travis lächelnd, „Das letzte Jahr, oder?"

„Leider", murmelte Leanne und Tia hatte sie gehört und stupste ihr aufmunternd in die Seite.

„Ich sollte jetzt gehen", bemerkte Tia und hoffte, sie klang nicht unhöflich, „Ich sollte wohl Remus suchen – er wollte mich abholen."

„Wir sehen uns nach den Ferien", Leanne umarmte Tia fest und drückte sie an sich, als wäre es das letzte Mal, dass sie die beiden sahen. „Pass auf dich auf", wisperte Leanne ihr noch ins Ohr, bevor sie sie losließ und Tia konnte in ihrem Gesicht sehen, dass sie sich wirklich Sorgen um Tia machte.

„Du auch", bat Tia sie, „Wir sehen uns."

Tia hob ihren Koffer auf und entfernte sich von der Familie Travis. Sie fand Remus nicht weit entfernt von der Magischen Mauer, die zum Bahnsteig 9¾ führte, aber er war nicht allein. Bei ihm war eine junge Frau mit weißblonden Haaren, die Tia sofort erkannte.

Es war schon einige Zeit her, seit Tia Agnes Tripe gesehen hatte und im ersten Moment musste sie zugeben, dass sie sich erschreckte, nachdem sie erst im letzten Sommer schlimme Erfahrungen mit Agnolia Tripe gemacht hatte, die Agnes so ähnlich sah, aber es war Agnes' Geruch, der ihr ein Gefühl von etwas Vertrautem gab.

„Remus! Agnes!", rief Tia und winkte ihnen, damit sie sie auch sahen, bevor sie die letzten Meter zu ihnen hinter sich brachte.

Remus war der erste, der Tia umarmte und Tia drückte ihren Vater an sich und wusste, dass für diesen einen Moment alles in Ordnung war.

„Schön, dich zu sehen", meinte Remus lächelnd und legte eine Hand auf ihre Schulter und sah sie an, als könnte er noch nicht ganz glauben, dass sie in diesem Moment vor ihm stand, „Bist du größer geworden?"

„Ich wachse nicht mehr, Remus", erinnerte Tia ihn und das fand sie eigentlich auch ganz gut so. Sie hatte schon vor ein paar Jahren eine Größe erreicht, die weder zu klein noch zu groß für sie war.

Als Remus sie endlich losließ, war auch Agnes an der Reihe und zuerst schien weder Agnes noch Tia zu wissen, wie sie die jeweils andere begrüßen sollten, aber dann machte Tia den ersten Schritt und umarmte Agnes wie eine Schwester und Agnes umarmte sie zurück.

„Endlich sehen wir uns wieder, hu?", grinste Agnes und Tia beobachtete, wie sich die Narben in ihrem Gesicht so mit dem Grinsen verformten, als würden sie mitlächeln.

„Ich hoffe, die Zwillinge sind dir nicht allzu sehr auf die Nerven gegangen", meinte Tia ernst, „George hat mir geschrieben, dass du bei ihnen untergekommen bist."

„Sieht wohl so aus, ja", bestätigte Agnes schulternzuckend, „Ich glaube, es wird eine nette Abwechslung sein, noch jemanden zu haben, auf den die beiden hören."

Die drei apparierten zum Fuchsbau, während Arthur die anderen Hogwartsschüler, Harry, Ron und Ginny mit dem Auto fuhr und später erst nachkommen würden.

Es war etwas ungewohnt für Tia, die Weihnachtsferien beim Fuchsbau unter so vielen Leuten zu verbringen, aber sie freute sich, dass alle, die sie während dem Schuljahr nicht gesehen hatte, dabei sein würden – Remus, Agnes, George und Fred.

„Und es ist für Mrs Weasley wirklich okay, dass ich auch hier bin?", fragte Tia weiterhin unsicher der Frau gegenüber, während sie schon vor dem Fuchsbau standen, aber noch nicht wirklich Anstalten gemacht hatten, ins Haus zu gehen, obwohl Tia schon jetzt zu kalt war. Natürlich hatte sie Mrs Weasley verziehen, aber das bedeutete nicht, dass sie sich nicht daran erinnerte, wie ungern Mrs Weasley sie erst noch letztes Jahr bei sich gehabt hatte.

„Sie hat sogar extra nach dir gefragt", versicherte Remus ihr, „Molly ist eine Frau, die ihre Familie gern versammelt hat."

„Aber ich gehöre nicht zur Familie", fiel Tia verwirrt auf, „Ich bin kein Weasley."

„Aber so gut wie", Agnes legte einen Arm um ihre Schulter, obwohl sie etwas kleiner war, als Tia, „Du bist mit Georgie zusammen – das heißt, du bist mehr oder weniger ein Teil der Familie, genauso, wie ich ein Teil geworden bin. Vertrau mir – so schnell kommen wir beide da nicht mehr raus."

„Ist das nicht seltsam für dich?", fragte Tia Agnes und legte den Kopf schief, „Du hast doch auch jahrelang so gut wie keine Familie gehabt und auf einmal bist du zu Weihnachten bei den Weasleys und siehst dich selbst als Teil der Familie an; plötzlich bist du Teil von unserer Familie."

Agnes sah Tia überrascht an, bevor sie lächelte. „Glaub mir, Tia, ich kann damit leben – eine Familie ist eine positive Seltsamkeit, findest du nicht?"

Tia blickte zu Remus, der sie ermutigend anlächelte. „Ich weiß noch nicht ganz", gestand Tia ehrlich wie immer, „ich glaube, ich muss das erst noch weiter beobachten, bevor ich das beurteilen kann."

Agnes lachte auf – Tia war noch nie aufgefallen, dass Agnes ein schönes Lachen besaß. Hell, aber keineswegs nervig oder unangenehm. „Dann beobachte und beurteile später", motivierte Agnes sie lächelnd, „Aber ich glaube, du wirst letztendlich zu demselben Schluss kommen, wie ich."

In diesem Moment schien wohl jemanden aufgefallen zu sein, dass sie angekommen waren, denn die Tür wurde aufgerissen und Tia sah, wie ein rothaariger Mann auf sie zu rannte, wie ein aufgeregter Hund, der nach Stunden der Trennung sein Herrchen wiedersah.

Es war natürlich niemand anderer als George Weasley, der schon mit ausgebreiteten Armen auf die kleine Gruppe zu rannte. „Tia!", rief er aufgeregt, „Tia!"

„Das ist dann wohl George", bemerkte Remus amüsiert und hob eine Augenbraue.

Tia wusste nicht genau, wie sie reagieren sollte, also blieb sie einfach stehen, bis es zu spät war und George direkt in sie hineinrannte und sie beide beinahe umwarf, aber dann schlossen sich seine Arme doch um sie und hoben sie auf, bevor er sie im Kreis herumwirbelte.

Tia hielt sich lachend an ihm fest und sah die Welt vorbeifliegen, als er sie im Kreis herumwirbelte, bevor er sie wieder absetzte.

„Da hat dich wohl jemand vermisst", Agnes stand daneben und hatte belustigt zugesehen, wie eine Mutter ihren Kindern beim Spielen zusah und hatte die Arme vor der Brust verschränkt.

„Oh, ja", bestätigte George grinsend, ohne seinen Blick von Tia abzuwenden, die von dem Herumwirbeln noch etwas benommen war, aber selbst ein breites Grinsen im Gesicht hatte, „Ich habe dich vermisst." Um das zu zeigen, riss er Tia noch einmal vom Boden und hielt sie in seinen Armen, als er sie küsste, wie in einem schlechten Romantik-Film, aber Tia konnte nicht sagen, dass sie es nicht genoss, im Gegensatz zu jemand anderen.

Remus neben ihnen räusperte sich und erschrocken sprang George zurück und ließ Tia beinahe auf den Boden fallen, aber zum Glück war da Agnes, die sie lachend auffing, während George einige Schritte von Remus entfernt die Hände abwehrend hob.

„Remus!", George lachte nervös, „Um ehrlich zu sein, ich habe vergessen, dass du da bist."

„Aha", machte Remus unbeeindruckt und hob eine Augenbraue, „Gehen wir ins Haus?"

Remus wartete nicht auf eine Antwort, sondern schritt alleine vor, während die anderen drei ihm fragend hinterherblickten. George sah etwas verzweifelt aus und nachdem Remus außer Hörweite war, drehte er sich unsicher zu Agnes und Tia um und fragte: „Glaubt ihr, er holt im Haus ein Messer, um mich zu erstechen?"

„Keine Ahnung", gab Tia schulternzuckend zurück, als Agnes sie wieder auf ihre eigenen Beine stellte, „Vielleicht solltest du ihn zur Sicherheit noch einmal fragen. Vielleicht gibt Remus dir dann auch noch ein paar Sekunden Vorsprung, damit du wegrennen kannst."

George sah seine Freundin verstört an. „Tia, Schatz, auf welcher Seite bist du?", fragte er sie unsicher.

Tia zuckte mit den Schultern, klopfte ihren Umhang ab, bevor sie lächelnd ihrem Vater folgte.

George blieb mit Agnes zurück und beide sahen sich unsicher an.

„Was denkst du?", fragte George an Agnes gewandt.

„Ich denke, du hast dich mit der falschen Familie angelegt", bemerkte Agnes nachdenklich, „Bist du sicher, dass du das hier noch Jahre lang durchstehen willst?"

George sah für einen kurzen Moment lang unsicher aus, bevor er nicht mehr ernst bleiben konnte und zu lachen begann und Agnes stimmte einen Moment später mit ein.

„Ah... ja...", George wischte sich eine Lachträne aus dem Augenwinkel, „Das weiß ich noch nicht, Agnes. Vielleicht, wenn Tia lange genug unter gestörten Menschen ist, vergisst sie, dass Remus ihr Vater ist."

„Ich kann dir jetzt schon sagen, dass dieser Plan nicht funktionieren wird", meinte Agnes ernst, „Immerhin ist sie schon lange genug in deiner Nähe."

Bevor George die Chance hatte, ihre Worte zu verstehen, folgte sie Remus und Tia zum Haus und George blieb verwirrt allein zurück, bis ihm aufging, was Agnes gemeint hatte.

„Hey!", rief er empört, „Ich bin doch nicht gestört! Ich bin ein absolut normaler Arbeiter dieser absolut normalen Gesellschaft!"

„Red' dir das ruhig ein, Weasley!", rief Agnes amüsiert zurück.

Tia wurde nicht nur von einem Schwall Wärme im Haus begrüßt, sondern auch von Mrs Weasley, die ihren Kopf aus der Küche streckte, als sie hörte, dass jemand das Haus betrat.

„Ah! Tia!", rief sie erfreut, „Komm doch rein! Hast du Hunger?"

Tia hatte etwas Hunger, aber es ließe sich aushalten bis zum Abendessen und sie wollte Mrs Weasley nicht noch mehr Arbeit machen, also schüttelte sie den Kopf.

„Unsinn!", plötzlich war da Fred, der einen Arm um sie legte, „Nicht so schüchtern, Tia! Wir haben genug für alle da! Und damit meine ich, dass Agnes Kekse für eine ganze Armee gebacken hat."

„Kekse und Tee also, Liebes?", fragte Mrs Weasley, aber sie wartete auf keine Antwort, sondern verschwand schon wieder in der Küche, um alles vorzubereiten.

„Dir auch einen guten Tag, Fred", meinte Tia und man konnte allein aus ihrem Tonfall nicht heraushören, ob sie sarkastisch war oder nicht.

„Tia, die Liebe meines Zwillings, ich habe so viel Zeit mit Agnes verbracht, ich kann Sarkasmus aus dreißig Metern Entfernung riechen."

„Und ich habe gedacht, Agnes würde euch beiden guttun", schnaubte Tia.

„Unsinn", lachte Fred auf und führte sie in die Küche, seinen Arm noch immer über ihrer Schulter, „Du bist gut für uns – also... manchmal... nicht immer. Agnes ist mindestens so schlimm, wie wir beide."

„Freut mich, zu hören, dass ihr mit einem so guten Einfluss zusammenlebt", bemerkte Tia und setzte sich auf einen der Stühle am Küchentisch. Mrs Weasley hatte schon mit ihrem Zauberstab den Tee vorbereitet und ließ diesen gerade in eine Tasse für Tia fließen, bevor sie diese zusammen mit einem Teller mit Keksen auf den Tisch schweben ließ.

„Wenn du noch irgendetwas willst, Tia, sag es einfach", bat Mrs Weasley lächelnd.

„Danke, Mrs Weasley", brachte Tia heraus und schob die Tasse mit dem Tee näher zu sich.

Sie hörte, wie die Haustür wieder geöffnet wurde und dieses Mal waren es George und Agnes, die eintraten.

„Gleich viel besser", seufzte George, „Es ist eindeutig zu kalt."

„Ich schicke schnell eine Eule zum Wetterdienst, Georgie – für dich erwärmen sie bestimmt die Erde", bemerkte Agnes sarkastisch.

Danke, Agnes, das ist zu freundlich von dir", kam die sarkastische Antwort von George zurück und die beiden betraten zusammen die Küche.

„Habt ihr schön im Schnee gespielt?", fragte Fred amüsiert, obwohl draußen kaum genug Schnee lag, um überhaupt einen Schneeball zu formen und nur eine sehr dünne Schneeschicht bedeckte den harten Boden.

„Oh, ja", Agnes lächelte und sie klang außerordentlich sarkastisch, aber Tia war sich da nicht so sicher, immerhin war Agnes aus eine ziemlich freundliche Person und konnte es auch ernst meinen, „Das nächste Mal, Fred, wenn wir nach draußen gehen, nehmen wir dich mit und reiben dein Gesicht in den Schnee, damit du merkst, wie viel Spaß wir dabei haben!"

Fred sah hilfesuchend zu Tia, die aber nicht mitbekommen hatte, was Fred so verstört hatte – das Angebot war doch recht freundlich gewesen und sie lächelte unschuldig. „Das klingt doch, oder nicht, Fred?"

Fred sah sie ungläubig an, bevor er nach einem Keks auf dem Teller griff und sich daran festhielt, als wäre es ein Rettungsring, der ihn über Wasser hielt. „Ich bin von Wahnsinnigen umzingelt", murmelte er leise zu sich selbst.

Plötzlich schnappte sich Agnes den Keks aus seiner Hand und biss selbst herzhaft hinein und unterbrach in dieser Zeit nicht den Augenkontakt mit Fred, der wie ein kleines Mädchen aufkreischte. „Mein Keks!", rief er mit ungewöhnlich hoher Stimme, „Das ist meiner!"

„Jetzt wohl nicht mehr", bemerkte Agnes, ohne das Gesicht zu verziehen und aß den Keks direkt vor Fred auf.

Fred sah sie empört an. „Und ich habe gedacht, wenigstens du wärst auf meiner Seite!", er blickte hilfesuchend zu George, „Sag etwas, George!"

„Etwas."

„Das finde ich nicht lustig, George – hilf mir!", maulte Fred wie ein kleines Kind und verschränkte beleidigt die Arme vor der Brust.

In diesem Moment kam Bill in die Küche und egal, was er vor sich sah, was Tia nicht sehen konnte, es schien ihn zu verstören. Er sah die vier mit hochgezogener Augenbraue an, bevor er langsam und rückwärts gehend die Küche wieder verließ.

„Kluger Mann", bemerkte Agnes zufrieden und grinste.

Fred sah zu George. „Es ist zu spät, um wegzurennen, oder?"

„Es ist schon lange zu spät für uns", seufzte George und klopfte Fred auf die Schulter, „Tut mir wirklich leid für uns. Wir werden uns für immer in Erinnerung behalten."

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