114. Kapitel

Tia sah ihrer Großmutter hinterher, die ihren Koffer hinter sich herzog und ihre bunten Kleider stachen aus der schwarzen und grauen Masse heraus, aber schon bald war sie selbst für Tia nicht mehr zu sehen.

„Wollen wir gehen?", fragte Remus sie sanft und legte eine Hand auf die Schulter seiner Tochter.

Er hatte die beiden Fuegos zum Flughafen begleitet, aber er würde nur mit einer zurückkommen.

„Was ist, wenn ich sie nie wiedersehe?", fragte Tia leise, aber Remus hörte es trotz des Lärms der anderen Fluggäste.

Remus wusste darauf keine Antwort. Sein Mund öffnete und schloss sich immer wieder, aber keine Worte kamen heraus. Er wollte ihr unbedingt sagen, dass alles gut werden würde, dass sie ihre Großmutter wiedersehen würde, dass alles wieder in Ordnung sein würde, aber er wollte nichts versprechen, das er nicht halten konnte. Er konnte seine Tochter nicht anlügen, also sagte er nichts.

„Gehen wir", beschloss Tia leise und nahm zu seiner Überraschung Remus' Hand in die ihre und drückte diese fest. Und Remus drückte Tias kleinere Hand beruhigend und hätte ihr in diesem Moment gerne gesagt, dass er alles tun würde, damit sie Carla wiedersehen würde.

Remus apparierte sie zusammen zurück zum Haus der Fuegos und es kam Tia so unendlich leerer vor, obwohl nur Carla fehlte.

Aber tatsächlich waren sie nicht ganz allein im Haus, sondern in der Küche warteten schon drei Eulen, die sich selbst durch das Fenster eingeladen hatten.

Remus eilte zu den Eulen und nahm ihnen allen drei schnell die Briefe ab, sodass sie gleich wieder wegfliegen konnten, aber Remus öffnete zuerst keinen von ihnen, sondern sah zuerst, von wem sie waren und Tia beobachtete, wie er schon beinahe enttäuscht aussah.

„Du wartest auf einen Brief von Agnes?", fragte Tia und legte den Kopf schief.

Remus, der offensichtlich in Gedanken versunken war, schreckt auf und sah zu Tia. Nachdenklich antwortete er zuerst nicht, bevor er nickte. „Ich habe schon lange nichts mehr von ihr gehört. Ich hoffe, es geht ihr gut."

„Ich bin mir sicher, ihr geht es den Umständen entsprechend fabelhaft", wollte Tia ihn aufmuntern, „Ich glaube, wir wüssten es, wenn irgendetwas schief gegangen wäre, oder nicht?"

Es waren nicht direkt aufmunternde Worte, das musste Remus zugeben, aber obwohl er Tia noch nicht so lange kannte, wusste er, dass das ihre Art war, andere zu beruhigen. Und sie war dabei immer ehrlich und sie hatte Recht. Auch, wenn sie es vermutlich von Todessern erfahren würden, die triumphierend einen weiteren Tod von einem Mitglied des Phönixordens preisgeben würden, so würden sie es trotzdem erfahren und das war bisher noch nicht passiert.

„Ich mache mir trotzdem Sorgen um sie", gestand Remus.

„Natürlich tust du das", Tia lächelte, „Sie ist ja Familie, oder?"

Remus schaute seine Tochter ungläubig an, aber diese schien gar nicht bemerkt zu haben, dass sie etwas Überraschendes gesagt hatte und hatte sich ein Glas Wasser eingeschenkt.

Nun wandte sich Remus auch den anderen Briefen zu, die nicht von Agnes kamen, aber einer von ihnen war von Dumbledore und mit einem unguten Gefühl öffnete Remus ihn. Seine Befürchtungen bewahrheiteten sich, als er die wenigen Zeilen las, die der Anführer des Phönixordens an ihn verfasst hatte.

„Was ist?", fragte Tia neugierig und legte den Kopf schief, als sie sah, wie ihr Vater besorgt aussah.

„Er ist von Dumbledore", erklärte er kurz, „Er will mich auf eine Mission schicken."

„Ist sie gefährlich?", fragte Tia und setzte sich lächelnd auf einen Küchenstuhl.

„Nein, nicht wirklich", Remus schüttelte den Kopf und sah Tia an, „Aber ich müsste dich allein hierlassen."

„Ich bin siebzehn", erinnerte Tia ihn streng, „Ich kann allein auf mich aufpassen."

„Das musst du aber nicht", widersprach Remus, „Und das solltest du auch nicht. Wir sind alle Ziele und niemand vom Orden sollte allein sein."

„Oh", machte Tia, als sie sich daran erinnerte, „Dann könnte ich ja einige Tage woanders hinkommen."

„Das habe ich mir auch schon überlegt", gestand Remus, „Vielleicht zu Molly zum Fuchsbau oder –"

„George hat angeboten, dass ich bei ihnen bleiben könnte", erzählte Tia und Remus stockte.

Als ihr Vater nicht antwortete, führte Tia fort: „Er hat eigentlich gesagt, ich könnte einige Tage bei ihnen bleiben, wenn meine abuelita in Spanien wieder ist, aber ich habe gesagt, dass ich lieber bei dir bleiben würde, aber wenn du jetzt weg bist, dann..."

Remus sah nicht sonderlich begeistert aus, aber je länger er darüber nachdachte, desto sicherer wurde er, dass das wohl die beste und sicherste Möglichkeit für Tia war.

Molly und Arthur waren zwar ausgezeichnete Zauberer, aber Tia würde nicht die einzige sein, die bei ihnen übernachtete – Harry, Hermine und Fleur waren auch noch dort und sie hatten auch selbst Kinder. Tia ging da vielleicht in bisschen unter.

Aber Fred und besonders George würden ein Auge auf sie haben und die Zwillinge waren auch talentierte Zauberer.

„Okay", gab Remus schließlich nach und Tia lächelte breit, „Aber ich werde erst morgen gehen. Ich will auch noch etwas Zeit mit meiner Tochter verbringen."

Überraschender Weise umarmte Tia ihn fest und Remus zögerte einen Moment, bevor er sie zurück umarmte. „Ich hab dich lieb, das weißt du, oder?", fragte Tia ihn leise.

„Ich hab dich auch lieb", antwortete Remus zurück, „Und ich werde immer für dich da sein." ...selbst, wenn ich es nicht mehr kann,dachte sich Remus noch dazu, aber er wollte es nicht laut aussprechen. Er wollte seine Tochter nicht noch mehr beunruhigen. Er wollte sie beschützen, am besten vor allem Unheil fernhalten, aber er wusste, dass das nicht möglich war. Sie alle waren mittendrin in diesem Krieg, der Opfer bringen würde, aber Remus würde alles dafür tun, um Tia zu beschützen – das schwor er sich, ohne zu wissen, dass Tia genau dasselbe dachte.



Tia verbrachte im Sommer mehr Zeit mit den Zwillingen, als mit Remus, aber immer, wenn er Zeit hatte, kam er und sie unternahmen zusammen etwas. Und jedes Mal sah Remus müder aus, als beim Besuch zuvor.

Es wurde erst auffällig, dass Tia viel Zeit bei den Zwillingen und im Laden verbrachte, als die beiden ihr ihre eigene magentafarbene Jacke mitbrachten, damit sie als offizielle Mitarbeiterin erkannt wurde und Tia nahm es einfach hin – sie war eigentlich ganz gern im Laden, sobald sie sich an die vielen Leute und den Lärm gewöhnt hatte.

Zusammen mit einer Hexe namens Verity übernahm sie hin und wieder die Kassa und konnte teilweise sogar bei Produkten helfen, nachdem sie eine große Zahl davon entwickelt hatte.

Tia quetschte sich gerade durch die Menge an Leuten, die im Laden waren, in ihren Armen eine kleine Kiste mit einigen Phiolen für das Lager, zu dem sie eigentlich wollte.

„Tia?"

Tia drehte sich um und sah zu ihrer Überraschung, dass es Hermine gewesen war, die sie angesprochen hatte. Sie hatte das Mädchen ein paar Mal gesehen, nachdem Remus und sie häufig bei den Weasleys im Fuchsbau waren, aber eigentlich hatten sie sich nicht wirklich unterhalten und Tia war einfach davon ausgegangen, dass Hermine sie noch immer nicht wirklich leiden konnte.

„Oh, halle Hermine", Tia lächelte sie freundlich an, „Ich habe nicht erwartet, dich hier zu sehen."

„Das wollte ich auch gerade sagen", bemerkte Hermine verwirrt und schaute auf die magentafarbene Jacke, „Was machst du hier?"

„Ich helfe hier ein bisschen aus", Tia lächelte stolz, „Immer, wenn ich bei George und Fred in der Wohnung schlafe, arbeite ich auch hier."

„Oh", gab Hermine zu, „Das habe ich nicht gewusst."

„Aber jetzt weißt du es, oder?", Tia legte den Kopf schief, „Es ist doch schön, neue Sachen zu lernen, oder nicht? Sind die anderen auch hier?"

„J-ja, eigentlich alle", erzählte Hermine, „Harry, Ron, Ginny, Mr und Mrs Weasley, ... wir sind heute unsere Schulsachen einkaufen gegangen."

„Oh, habt ihr auch so ein seltsames Zaubertrankbuch bekommen?", fragte Tia neugierig, „Professor Snape benutzt eigentlich nie Bücher – ich frage mich, warum sich dieses Jahr das ändert, aber ich vermute, es ist, weil ich im siebten Jahr jetzt bin."

„Nein, wir haben auch Bücher", erinnerte sich Hermine, die noch gar nicht daran gedacht hatte, „Also...ich habe auch ein Buch – Ron und Harry haben kein „Ohnegleichen" in ihren ZAGs."

„Das ist schade", bemerkte Tia, „Die Zaubertränke im UTZ-Level sind um einiges interessanter."

„Hermine, hast du die– oh, hallo Tia", Ginny war zu ihnen gekommen und hatte erst jetzt erkannt, obwohl sie kaum zu übersehen war, „Ich habe mich schon gefragt, wo du dich versteckst."

„Offenbar hinter einer Kiste mit Liebestränken", bemerkte Tia und man konnte nicht wirklich sagen, ob sie es sarkastisch meinte, oder nicht.

„Apropos Liebestränke", plötzlich war da Fred mit Harry im Schlepptau und er legte einen Arm um Tia, „Habt ihr Mädchen etwa unsere speziellen Wunder-Hexe-Produkte noch nicht gesehen? Folgen Sie mir, Ladys..."

„Ich sollte die hier ins Lager –", begann Tia, aber Fred hatte wohl andere Pläne.

„Nicht nötig, Tia, ich glaube, die Liebestränke sind sowieso schon knapp – die gehen weg wie nichts."

Und tatsächlich waren schon einige der Phiolen, die Tia erst an diesem Morgen eingeräumt hatte, verkauft und Tia stapelte die frischen Tränke zu den anderen.

„Hier, bitte sehr", Fred wirkte ziemlich stolz, die Wunder-Hexe-Ketten den beiden zu zeigen, „Die beste Auswahl an Liebestränken, die ihr weit und breit finden werdet – frisch von unserer persönlichen Trankbrauerin."

„Bin ich jetzt schon eine persönliche Trankbrauerin?", fragte Tia schmunzeld, „Das klingt nach einer Beförderung – bekomme ich jetzt auch eine Gehaltserhöhung?"

„Klar", Fred grinste, „Du kannst das doppelte bekommen."

Ginny sah Fred überrascht an, bis Tia leise erklärte: „Ich bekomme gar nichts bezahl – das doppelte von nichts bleibt nichts."

„Oh", machte Ginny, „Wirken diese Liebestränke?"

„Natürlich wirken die", schnaubte Tia, die es nicht gern hatte, wenn man ihre Arbeit so in Frage stellte.

„Vierundzwanzig Stunden am Stück", erklärte Fred, „je nach Gewicht des betreffenden Jungen –"

„– und je nach Attraktivität des Mädchens", plötzlich war George neben Tia und er legte einen Arm um ihre Taille, „Aber an unsere Schwester verkaufen wir die nicht – nicht, wenn sie schon zirka fünf Jungs am Laufen hat, nach dem, was wir –"

„Was auch immer ihr von Ron gehört habt, ist eine dicke, fette Lüge", verteidigte sich Ginny gelassen und sah sich eine Tube Zehn-Sekunden-Pustel-Entferner an, „Was ist das?"

„Zehn-Sekunden-Pustel-Entferner mit Garantie", erklärte Fred, „Wirkt hervorragend bei allem Möglichen, Furunkel bis Mitesser."

„Ein weiteres Produkt aus dem Hause Fuego", erzählte George schon beinahe stolz auf seine Freundin.

„Ist hier auch irgendetwas nicht von Tia?", fragte Hermine und Tia meinte, dass sie schon beinahe beeindruckt klang, aber sie sprachen hier eigentlich von Hermine – warum sollte eine so brillante Hexe wie sie beeindruckt von Tia sein?

„Lass mich überlegen", George sah sich um, „Ja – das hier!"

„Was ist das?", fragte Ginny, als sie den kleinen, rosafarbenen Ring in Georges Hand begutachtete.

„Ein Zuckerring", erklärte Fred, „Eigentlich ist es nur eine Süßigkeit, aber er passt farblich zu unseren Wunder-Hexe-Produkten."

„Oh", machte Ginny.

„Ihr erkennt Tias Produkte an dieser kleinen Marke hier", George zeigte Hermine und Ginny die kleine Unterschrift, die auf allen Produkten war, die Tia erfunden hatte oder an denen sie mitgeholfen hatte.

„Die beiden übertreiben", schnaubte Tia, „Ich habe eigentlich nur bei Tränken mitgeholfen – das meiste stammt nur von ihnen."

„Ist aber trotzdem erstaunlich", murmelte Hermine leise, aber Tia hatte sie trotzdem gehört und fühlte sich stolz, dass sie Hermine beeindrucken konnte.

„Aber lenkt nicht vom Thema ab!", verlangte Fred, „Gehst du zurzeit mit einem Jungen namens Dean Thomas oder nicht, Ginny?"

„Ja, allerding", gestand Ginny weiterhin entspannt, „Und als ich das letzte Mal nachgeschaut hab, war er definitiv nur ein Junge, nicht fünf. Was ist das?"

„Minimuffs", erklärte George, als Ginny auf die kleinen, flaumigen Bällchen zeigte, die verschiedene Rosa- und Violetttöne aufwiesen und fröhlich in ihrem Käfig herumtollten und quietschende Geräusche von sich gaben – Tia fand sie niedlich, „Kleine Knuddelmuffs, wir können sie gar nicht schnell genug nachzüchten. Und was ist mit Michael Corner?"

„Ich hab mit ihm Schluss gemacht, er war ein schlechter Verlierer", sagte Ginny und betrachtete weiter die Minimuffs, „Die sind echt süß!"

„Die sind ziemlich knuddelig, ja", räumte Fred ein, „Aber wechselst du deine Freunde nicht ein bisschen arg schnell?"

Ginny sah überhaupt nicht zufrieden aus, wie Tia bemerkte. Sie sah ihrer Mutter sogar etwas ähnlich, aber das war nicht verwunderlich, immerhin war sie ja ihre Tochter. „Das geht dich nichts an", fauchte sie Fred an, als Ron auch noch zu ihnen stieß – wohl genau im falschen Moment, „Und dirwäre ich dankbar, wenn du diesen beiden hier keine Geschichten mehr über mich erzählen würdest!"

Ron sah genauso aus, wie Tia erwartet hatte – verwundert und überrascht.

„Das macht drei Galleonen, neun Sickel und einen Knut", Fred hatte das alles zusammengezählt, als er sah, wie vollbepackt Ron zu ihnen gekommen war, „Her damit."

„Ich bin dein Bruder!", rief Ron empört.

„Und das sind unsere Sachen, die du da klaust. Drei Galleonen, neun Sickel. Den Knut schenk ich dir", bemerkte Fred unbarmherzig.

„Aber ich hab keine drei Galleonen und neun Sickel!", meinte Ron perplex.

„Dann stellst du am besten alles wieder zurück, und, bitte, in die richtigen Regale."

Da ließ Ron auch noch einige Schachteln fallen und Tia bückte sich schnell, um diese aufzuheben, sah aber noch, wie Ron in Fred Richtung eine unhöfliche Geste machte – ihre Großmutter hätte ihn entweder gelobt, oder seine Finger zusammengebunden.

„Wenn ich das noch mal bei dir sehe, hex ich dir die Finger zusammen!", genau in dem Moment kam Mrs Weasley und hatte wohl auch bemerkt, dass Ron wusste, wie man stumm jemanden beleidigte.

„Ich kann das hier zurückbringen", bot Tia an und Ron wurde knallrot, als hätte er erst jetzt bemerkt, dass sie ebenfalls da war.

„T-Tia", stammelte er mit hochrotem Kopf, „Das musst du –"

„Das ist doch kein Problem, ich habe im Moment sowieso nichts zu tun", winkte sie freundlich ab und nahm dem jüngeren Jungen auch noch die restlichen Schachteln ab und begutachtete sie, bevor sie zu den Regalen ging, um die Sachen wegzuräumen. Ron sah ihr ein bisschen verträumt hinterher.

„Sie ist wunderschön, nicht wahr?", plötzlich war George ganz nah an seinem Gesicht und Ron schrie vor Schreck hoch auf, beruhigte sich aber schnell wieder.

„Quatsch", murmelte er leise.

„Sehe ich da Neid in deinen Augen, Bruderherz?", grinste George schadenfroh.

„Unsinn", schnaubte Ron, „Ich bin nur überrascht, dass jemand so nettes wie sie jemanden wie dich aushält."

„Red dir das ruhig ein", George klopfte seinem jüngeren Bruder auf die Schulter, „Aber du wirst dir wohl jemand anderen suchen müssen – Tia ist schon vergeben."

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