110. Kapitel

Remus stürmte die Treppen zum Haus der Fuegos hinauf und sein Blick war zum Himmel gerichtet, aber dort war kein Dunkles Mal, was natürlich nichts zu bedeuten hatte.

Todesser mordeten auch ohne das Dunkle Mal und vielleicht waren sie nur schnell wieder gegangen, nachdem sie die Fuegos überfallen hatten.

Ein winziger Teil in Remus hoffte aber, dass seine Tochter und deren Großmutter nicht von den Überfällen in dieser Nacht betroffen worden waren.

Viele Mitglieder vom Orden des Phönix waren alle in dieser Nacht von Todessern überrascht worden und überall im ganzen Land hatte es Kämpfe gegeben. Der Orden hatte Verluste zu beklagen – Emmeline Vance war allein gewesen, als diese in ihrer Wohnung von Todesser umgebracht worden war und auch eine Frau außerhalb des Ordens war umgekommen – Amelia Bones. Bones war die Leiterin der Abteilung für magische Strafverfolgung gewesen und Auroren hatten den Tatort untersucht, sobald das Dunkle Mal über ihrem Haus gesichtet worden war und Remus hatte gehört, es war ein grausamer Anblick gewesen.

Remus rannte gegen die Tür und fand sie verschlossen vor.

Vielleicht war das ein gutes Zeichen – vielleicht waren die beiden einfach wie jeden Abend ins Bett gegangen, ohne auch nur annähernd zu wissen, was in dieser Nacht geschehen war und vielleicht war Remus nun derjenige, der sie aus ihrem Schlaf riss, aber Remus musste sich einfach vergewissern, dass sie lebten.

Er hatte schon einmal gedacht, er hätte Tia verloren – dieses Gefühl wollte er nie wieder spüren und er hatte versprochen, sie zu beschützen, aber stattdessen war er nicht da, als Leute angegriffen wurden.

Gerade erst diesen Vormittag hatte er mit Tia ihren neuen Zauberstab gekauft und er war so stolz gewesen, als einer sie ausgesucht hatte. Er hatte das Gefühl gehabt, als würde er ein Stück Kindheit von Tia zurückbekommen und er konnte doch noch dabei zusehen, wie Tia einen Zauberstab bekam, obwohl das nicht ihr erster gewesen war.

Alohomora", wisperte er panisch und das Schloss sprang sofort auf. Remus wartete nicht einmal darauf, dass ihm jemand die Tür öffnete. Er wollte gar nicht wissen, was er getan hätte, wenn er vor der Tür gewartet hätte und niemand ihm geöffnet hätte. Er wollte sich aber auch nicht vorstellen, jetzt in das dunkle Haus zu gehen und zwei Leichen vorzufinden.

Er schlug die Tür auf, den Zauberstab gezückt, falls die Angriffe auf die Fuegos erst noch kommen sollten, aber er war überrascht zu sehen, dass das Haus hell erleuchtet war. Im Gang brannte Licht und er hörte Leute in der Küche.

Kurz darauf schaute etwas unsicher auch Tia um die Ecke, sie hatte ihren eigenen Zauberstab in der Hand und schien auf einen Angriff vorbereitet, aber in dem Moment, in dem Remus sie lebendig sah, fiel ihm ein Stein vom Herzen.

„Tia", keuchte er unendlich erleichtert und er rannte zu ihr, um sie zu umarmen und seine Tochter erwiderte die Umarmung.

„Wer ist es?", fragte Carla laut aus der Küche heraus, aber Tia hatte nicht einmal die Chance, zu antworten, denn Carla selbst kam aus der Küche heraus und sah Vater und Tochter. Einen Moment verschwand die strenge Miene aus ihrem Gesicht und sie lächelte leicht, aber als Remus sich von seiner Tochter wieder löste, sah sie ihn streng wie immer an.

„Remus", tadelte sie ihn sofort, „Es ist unhöflich, ohne zu Klopfen in ein Haus zu kommen – selbst für dich."

„Entschuldige", meinte Remus lächelnd – er war einfach nur froh, sie zu sehen, „Ich habe in diesem Moment andere Sorgen gehabt."

„Wird auch Zeit, dass du endlich kommst", schnaubte Carla.

„Was meinst du damit?", fragte Remus verwirrt und er verstärkte seinen Griff um seinen Zauberstab wieder – waren sie doch angegriffen worden?

„Nun, ich hoffe, du bist hier, um unsere beiden Gäste hier abzuholen", schnaubte Carla unbeeindruckt und trat zurück in die Küche.

Remus sah verwirrt zu Tia, die ihn aber nur an der Hand nahm und in die Küche führte.

Dort an zwei Stühle fest verschnürt waren zwei Todesser, die leblos in den Seilen hingen. Remus blieb verwirrt stehen und sah zwischen Carla und Tia hin und her.

„Die beiden hier haben auch beschlossen, unser Haus zu betreten, ohne anzuklopfen", erzählte Carla unzufrieden, „Tia und ich haben ihnen gezeigt, was wir mit solchen Leuten machen, nicht wahr, querida?"

„Sie haben auf uns gewartet", erzählte Tia weniger kryptisch, „Sie haben versucht, uns anzugreifen."

„Aber sie haben wohl nicht mit uns gerechnet", bemerkte Carla stolz, „Tee, Remus?"

„Wa-was?", stammelte Remus verwirrt und begutachtete die Todesser genauer. Carla und Tia hatten ihnen die Masken abgenommen und es zeigte sich das wahre Ausmaß von dem, was die beiden Fuegos angerichtet hatten.

Einer von ihnen blutete aus der Nase und sie sah gebrochen aus. Seine Augen waren geschlossen, aber Remus sah, dass er noch atmete.

Der andere war noch schlimmer zugerichtet. Nicht nur seine Nase blutete, sondern sein gesamtes Gesicht war so zusammengeschlagen, dass man vor lauter blauer Flecken kaum noch ein Stückchen normal gefärbter Haut fand und außerdem waren an seinem Hals leuchtend rote Male – Verbrennungen.

Ihr beide habt das gemacht?", fragte Remus verwirrt.

Carla schlug ihm sanft auf den Hinterkopf und machte ein unzufriedenes Geräusch. „Wir sind nicht vollkommen schutzlos, travieso. Das haben uns die beiden hier aber auch nicht geglaubt."

„Natürlich nicht", murmelte Remus, „Was... was genau ist passiert?"

Tia und Carla erzählten ihm alles, was passiert war, seit sie das Haus betreten hatten und Carla kochte nebenbei Tee und schenkte ihnen allen drei eine Tasse ein.

„Ich sollte wohl Dumbledore kontaktieren", meinte Remus, als die beiden zu Ende erzählt hatten, „Er möchte das sicher selbst begutachten."

„Und schicke jemanden, der die beiden hier aus meinem Haus bringt, bevor sie zu stinken anfangen!", befahl Carla streng, „Ist ja ekelerregend."

Dumbledore apparierte nur wenige Minuten später vor dem Haus und klopfte im Gegensatz zu Remus höflich an der Tür – an seiner Seite waren zwei Auroren vom Ministerium.

Remus stand auf, um die Tür zu öffnen und Tia folgte ihm etwas schüchtern hinaus in den Gang. Remus öffnete die Tür und Tia versteckte sich ein bisschen hinter ihm, als die drei Männer das Haus betraten.

„Schick sie gleich in die Küche!", befahl Carla, „Ich kann nicht arbeiten, wenn hier immer jemand vor Schmerz herumstöhnt!"

Remus sah die beiden Auroren entschuldigend an, als diese verstörte Blicke wechselten, aber die Auroren gehorchten und brachten die beiden Todesser hinaus, um sie wegzusperren, aber Tia war sich sicher, dass sie nicht lange eingesperrt bleiben würden.

Als sie gegangen waren, wandte Dumbledore sich erstaunlicher Weise an Tia. Sie hatte erwartet, er würde eher mit Carla oder Remus sprechen, aber stattdessen sah er sie mit seinen klugen Augen an und fragte: „Tia, könnten wir beide einen Moment alleine sprechen?"

„Warum?", fragte Tia verwirrt und legte den Kopf schief. Was würde Dumbledore von ihr hören wollen?

„Ich habe nur ein paar Fragen an dich", versicherte Dumbledore ihr ruhig und Tia warf einen fragenden Blick zu Carla.

„Komm, Remus", Carla zog Remus einfach mit sich, „Wir gehen inzwischen woanders hin, wo du sie nicht belauschen kannst."

„Das klingt nicht sonderlich einladend", scherzte Remus, aber in Wirklichkeit ließ er seine Tochter tatsächlich sehr ungern aus den Augen, aber sie würde bei Dumbledore sein, also war das in Ordnung und er ließ sich von Carla mitzerren.

Als Tia und Dumbledore allein in der Küche zurückblieben, herrschte einen Moment lang eine seltsame Stille.

„Wir könnten uns setzen", bot Tia an und Dumbledore lächelte.

„Natürlich", bestätigte er ruhig und sie setzten sich an den Küchentisch, wobei Tia einen Platz aussuchte, von dem aus sie die Tür im Blick hatte.

„Worüber wollten Sie mit mir sprechen, Professor?", fragte Tia ahnungslos, aber neugierig.

„Ich habe dir bisher dieses Gespräch erspart – schreckliche Erinnerungen sollten möglichst verbannt werden, aber ich muss dich doch bitten, mir zu verzeihen, wenn ich jetzt erst alte Wunden wieder aufreiße."

„Ich verstehe nicht ganz", gab Tia zu. Sie hatte doch schon Remus erzählt, was diese Nacht mit den beiden Todessern passiert war. Warum sollte diese Erinnerung schmerzvoll sein – immerhin hatten sie gesiegt.

„Offenbar hat ein Todesser dich als eine Gefahr gebrandmarkt", erklärte Dumbledore, „Du musst wissen, dass nicht jedes Mitglied des Ordens diese Nacht angegriffen worden ist. Es sind ausgesuchte Personen gewesen, die offenbar für Voldemorts Pläne nicht mehr leben sollten. Glücklicher Weise haben die meisten die Angriffe erfolgreich abwehren können, sodass dieser Plan nicht aufgegangen ist."

„Also... Voldemort wollte mich loswerden?", fragte Tia verwirrt, „Aber... warum?"

„Das frage ich mich auch", gab Dumbledore zu, „Du bist noch für wenige Wochen Minderjährig und somit eigentlich noch kein Teil des Ordens. Ich habe die Theorie, dass nicht du das Ziel gewesen bist, sondern indirekt Remus."

„Sie wollten also Remus treffen, indem sie mich umbringen", fasste Tia zusammen und sie nahm diese Information erstaunlich entspannt auf.

„Das ist eine Möglichkeit", bestätigte Dumbledore, „Aber... vielleicht auch nicht."

„Welche anderen Gründe sollten Todesser haben, mich umzubringen?", fragte Tia, „Ich bin doch nur... Tia..."

„An irgendeinem Punkt hat ein Todesser wohl beschlossen, dass du eine Gefahr darstellst. Und deswegen muss ich dich bitten, mir alles zu erzählen, an das du dich von der Nacht, in der ihr ins Ministerium eingebrochen seid, erinnern kannst."

Sofort verschwand das Lächeln aus Tias Gesicht und wurde ersetzt durch eine nachdenkliche Miene.

„Oh", machte sie überrascht, „Aber... das kann auch kein Grund sein. Ich habe kaum gezaubert und das, was die Todesser doch gesehen haben, war nicht wirklich bemerkenswert. Ich befürchte wohl, meine Stärken liegen woanders..."

„Jeder hat Stärken und Schwächen – wir werden erst mächtig, wenn wir beide erkennen", erklärte Dumbledore.

„Ich weiß nicht... ich würde ja schon ganz gerne gut zaubern können, wie Ginny oder Harry, aber... als ich versucht habe, Bellatrix Lestrange und Agnolia Tripe aufzuhalten, haben sie mich ganz schnell ausgeschaltet. Ich habe nichts mehr dagegen tun können."

„Was ist da passiert?", fragte Dumbledore nach und wie er gesagt hatte, war es, als würde er alte Wunden aufreißen und Tia verzog das Gesicht, antwortete ihm aber trotzdem: „Nun... Agnolia ist allein mit mir zurückgeblieben... sie hat mich... gefoltert und meinen Zauberstab zerbrochen. Dann hat sie mich weitergefoltert und ich habe schon gedacht, ich würde sterben, aber zum Glück ist da Remus schon gekommen."

„Remus?", fragte Dumbledore nach.

„Ja", Tia nickte, „Er hat Agnolia mit einem Zauber nach hinten geschleudert – dabei sind auch die ganzen Glaskugeln auf den Schränken zerbrochen. Aber so richtig kann ich mich daran nicht mehr erinnern, ich weiß nur noch, dass ich irgendwann im Krankenflügel aufgewacht bin."

„Remus hat mir das alles etwas anders erzählt", gestand Dumbledore, „Er hat dich gefunden, als Agnolia schon weg gewesen ist."

„Aber...", stammelte Tia, „Das ist nicht möglich. Warum hat Agnolia mich dann nicht umgebracht oder... warum ist sie nach hinten geschleudert worden? Ist da noch jemand gewesen, der mir geholfen hat?"

„Nein", Dumbledore schüttelte den Kopf, „Das bist du gewesen."

Tia sagte einen Moment lang verwirrt nichts. „Ich?", fragte sie überrascht, „Professor, Sie müssen sich irren. Ich habe da doch gar keinen Zauberstab mehr gehabt, wie sollte ich einen Zauber ausüben? Außerdem habe ich noch nie stumm einen Zauber aufsagen können – und ich weiß, dass ich keinen Zauber gesagt habe."

„Das ist teilweise auch nicht nötig", erinnerte Dumbledore sie, „Kinder von Hexen und Zauberern können auch zauberstabslose Magie einsetzen. Du solltest das wissen, immerhin hat sich das in deiner Kindheit häufig gezeigt. Vermutlich sogar häufiger, als bei den meisten anderen Kindern."

„Ich habe eben Sachen zum Schweben gebracht... und meine Zeichnungen haben sich bewegt, aber... das bedeutet doch noch lange nicht, dass ich das auch noch kann, wenn ich sechzehn bin und beinahe sterbe."

„Das ist genau der Moment, an dem das wieder möglich ist", widersprach Dumbledore ihr, „Es kommt selten vor, aber du bist es gewesen, die Agnolia mit einem Zauber abgewehrt hast."

„Das kann nicht sein", Tia schüttelte wieder den Kopf, „Daran könnte ich mich erinnern."

„Remus hat mir auch noch erzählt, wie er dich gefunden hat", erzählte Dumbledore weiter, „Als er zu dir kommen wollte, bist du von einer Art Schild umgeben gewesen. Du selbst hast ihn erschaffen, um dich vor Angriffen zu schützen, während du kampfunfähig gewesen bist. Keiner konnte sich dir nähern, bis du selbst ihn verschwinden hast lassen."

„Aber was bedeutet das alles?", fragte Tia verwirrt und legte den Kopf schief, „Warum ändert das alles?"

„Du hast Agnolia abgewehrt, als diese gerade dabei war, dich umzubringen", erklärte Dumbledore, „Offenbar hat sie dich in diesem Moment als Gefahr gebrandmarkt. Sie hat beschlossen, dass du ihr ebenbürtig warst."

Tia verstand das alles nicht mehr. Sie hatte von Agnolia Tripe gehört. Eine kalte, talentierte Hexe, die Angst und Schrecken verbreitet hatte. Tia konnte nicht anders, als sie ein bisschen zu beneiden, dass sie so mächtige, magische Fähigkeiten besaß. Agnolia war wohl eine der talentiertesten Todesser in den Reihen von Voldemort und genau diese Frau sollte sie als eine Gefahr gesehen haben?

„Das ist alles ein bisschen viel für den Moment", gab Tia leise zu, „Und deswegen haben sie meine abuelita und mich angegriffen?"

„So ist es, wenn meine Vermutung stimmt", bestätigte Dumbledore.

„Und was machen wir jetzt?", fragte Tia, „Meine Oma muss jetzt doch nicht schon wieder zurück nach Spanien, oder? Sie sollte doch noch zwei Wochen hierbleiben."

„Im Moment reichen Schutzzauber, die wir an allen Häusern von Ordensmitgliedern errichten", erklärte Dumbledore, „Ich werde auch noch einmal mit Remus und Carla darüber sprechen, aber die zwei Wochen mit deiner Großmutter sollten nicht gestört werden."

„Das ist gut", seufzte Tia zufrieden, „Ich würde sie gerne noch etwas länger sehen."

Als Dumbledore wieder gegangen war, versammelte Carla Remus und Tia in der Küche wieder. Es war eine lange Nacht gewesen und alle drei waren müde, sodass sie vermutlich den gesamten nächsten Tag verschlafen würden, aber noch ließ Carla sie nicht gehen.

„Schutzzauber?", fragte sie an Remus gewandt.

„Einfache Zauber, damit Todesser es etwas schwerer haben, in ein Haus einzudringen", erklärte er.

Carla nickte. „Ich habe eine Aufgabe für euch beide", sie wandte sich nun an Remus und Tia, die sich verwundert ansahen.

„Was ist es?", fragte Tia neugierig.

„Meine Tochter, Eva", begann Carla, „Sie lebt mit ihrer Familie in London. Ich... hätte gerne, dass ihr solche Schutzzauber auch an ihrem Haus anbringt. Nur zur Sicherheit."

„Sie sollte gewarnt werden, ja", bestätigte Remus, „Am besten, ihr beide sprecht mit ihr –"

„Oh, nein, Remus, diesen Zaubererkram übernimmst schön du!", befahl Carla ihm streng und Remus sackte etwas zusammen.

„Okay", murmelte er geschlagen und sah überhaupt nicht glücklich darüber aus.

„Wir sollen ihr also erklären, was zurzeit vor sich geht? Alles?", fragte Tia verwundert, „Sie weiß doch nicht einmal, dass ich eine Hexe bin."

„Dann wird es Zeit", schnaubte Carla, „Es herrschen gefährliche Zeiten und ich will trotz allem, dass sie vorbereitet ist. Ich kann ihr das nicht beweisen und Tia ist noch nicht volljährig, also wirst du das übernehmen müssen, Remus."

„Das habe ich befürchtet", meinte Remus müde, „Am besten, wir schauen morgen vorbei. Wir sollten sie nicht mitten in der Nacht überraschen..."

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