109. Kapitel

Tia betrat mit Carla das Haus, in dem sie aufgewachsen war.

In den Armen der beiden Frauen waren Einkaufstaschen und es war ein relativ kühler Abend, für das, dass es eigentlich Sommer war. Die Sommerferien hatten den Umständen entsprechend ruhig begonnen und die erste Woche zusammen mit ihrer Großmutter war wie im Flug vergangen.

In Tias Tasche war ihr neuer Zauberstab, den sie erst am Vormittag mit Remus in der Winkelgasse gekauft hatte und noch fühlte er sich fremd für Tia an, aber sie war einfach nur glücklich, dass überhaupt ein Zauberstab sie ausgesucht hatte. Sie hatte schon die Befürchtung gehabt, dass Agnolia Tripe Recht gehabt hatte, dass sie eigentlich doch keine richtige Hexe war. Sie hatte zwar noch nie von jemanden gehört, der zuerst zwar als magisch begabt gegolten hat, aber mit der Zeit diese Fähigkeit verloren hatte, aber Tia wusste eine Menge nicht und vielleicht wäre sie ja die erste gewesen, aber als sie dann doch noch einen Zauberstab bekommen hatte und sie Ollivander stolz die Galleonen in die Hand gedrückt hatte, war sie schon beinahe erleichtert gewesen.

„Bringst du die Taschen in die Küche, querida?", fragte Carla sie freundlich und Tia nickte, bevor sie mit den beiden Einkaufstaschen beladen in Richtung Küche ging, aber dann fiel ihr etwas auf – ein fremder Geruch und als sie genauer aufpasste, meinte sie auch Atmen zu hören – aus der Küche.

Abuelita", wisperte sie leise, damit die Fremden sie nicht hörten.

„Ja, Tia?", Carla hatte sorglos die Tür hinter ihnen zugesperrt und wandte sich an ihre Enkelin, stockte aber, als sie den besorgten Blick von ihr sah, „Was ist?"

„Da ist jemand", wisperte Tia angespannt und Carla blickte zwischen ihrer Enkelin und der Küche hin und her, bevor sie schnaubte und streng sagte: „Tia, wir haben Gäste – begrüßen wir sie doch."

Tia und Carla wussten beide, dass, wer auch immer in der Küche war, die ganz bestimmt keine freundlichen Absichten hatten. Leute vom Orden klopften immer an den Türen und waren bedacht darauf, niemanden zu erschrecken. Selbst Fred und George kamen nicht uneingeladen in ein Haus und jeder wusste, dass äußerste Vorsicht gefragt war.

Tia war unsicher, aber als sie die Sicherheit im Blick ihrer Großmutter sah, atmete sie tief durch, stellte die Einkaufstaschen auf dem Boden ab und nahm zur Sicherheit ihren Zauberstab aus ihrer Tasche. Sie war zwar keine sonderlich begabte Hexe, aber im Notfall konnte sie noch immer damit herumfuchteln und eventuell jemanden ein Auge ausstechen.

Carla wollte sich an ihrer Enkelin vorbei nach vorne drängen, aber Tia ging dazwischen und schritt etwas sicherer vor. Ihre Großmutter konnte sich überhaupt nicht magisch wehren, also musste sie dafür sorgen, dass sie sicher war.

Ihre Hand legte sich zitternd auf den Türgriff, bevor sie ihn schwungvoll hinunterdrückte und in die Küche stürmte – Carla dicht hinter ihr.

Tatsächlich waren im Inneren zwei Fremde – Todesser. Tia erkannte ihre Masken, die sie schon bei einigen Todessern in der Mysteriumsabteilung gesehen hatte.

„Tia, sei nicht so unhöflich!", schimpfte Carla sie streng, „Nimm sofort den Zauberstab hinunter, außer du willst für diese beiden caballerosTee herbeizaubern."

Vermutlich war Carlas verwirrender Kommentar das einzige, dass Tia und Carla an diesem Abend letztendlich das Leben rettete.

Tia schaute ihre Großmutter verständnislos an, ließ den Zauberstab etwas sinken, packte ihn aber nicht wieder ganz weg.

„Wollen Sie Tee?", fragte Carla die beiden Herren – man erkannte es an ihrer Statur, aber bevor sie antworten konnte, hatte Carla schon eine Kanne mit Wasser gefüllt und stellte sie auf den Herd.

Abuelita –" begann Tia unsicher, aber Carla unterbrach sie streng: „Tia, sei nicht so unhöflich... Erinnerst du dich noch daran, was ich dir als Kind beigebracht habe?"

„Bei Rot bleib stehen – bei Grün gehen?", fragte Tia vollkommen verwirrt.

„Natürlich nicht, travieso! Das andere!", rief Carla aus.

Tia brauchte einen Moment, bevor sie verstand, worauf ihre Großmutter hinauswollte. „Oh", sagte sie und lächelte leicht, „Natürlich, abuelita."

„Warum zeigst du den beiden Herren es nicht?", bot Carla an – das Wasser in der Kanne kochte.

Tia lächelte und die beiden Todesser sahen sich verwirrt an. Egal, was sie erwartet hatten – sie hatten nicht mit Carla Fuego gerechnet.

Tia erinnerte sich an ihre Kindheit zurück. Damals, als ihre Großmutter am Abend ihr Kakao gemacht hatte, bevor sie ihr gezeigt hatte, auf wie viele Weisen man einen Mann ausschalten konnte, damit dieser sich nie wieder auch nur an eine Frau denken konnte, ohne an diese schmerzvollen Momente zu denken.

Als Tia älter wurde, vermutete Tia, dass Carla oft genug dank ihrer Schönheit mit anhänglichen Herren zu tun gehabt hatte und deswegen war einer der ersten Dinge, die sie ihrer Enkelin beigebracht hatte, an welchen Stellen ein Mann besonders empfindlich war und Tias Stärke hatte eindeutig dabei geholfen, sie zu einer Kämpferin auszubilden.

Tia hatte es in ihrer Karriere als Hexe noch nie angewandt, aber jetzt war wohl der Moment dafür.

Carla und Tia tauschten Blicke aus und selten hatte Tia ihre Großmutter so erwartungsvoll gesehen. Sie nickten sich zu – ein stummes Zeichen. In diesem Moment begann Carla leise zu summen und die Todesser blickten verwirrt in ihre Richtung.

Tia nutzte diese Ablenkung und stürzte sich auf den ersten der beiden und trat ihm gegen das Schienbein, schlug ihm im nächsten Moment gegen den Arm, sodass er den Zauberstab fallenließ, aber er war nicht lange genug abgelenkt. Er versuchte, Tia zu greifen, aber sie duckte sich unter seinem Griff, packte seinen Arm und warf ihn über ihre Schulter auf den Boden. Er kam mit einem ekelerregenden Krachen auf, aber Tia ließ ihm keinen Moment Zeit, sondern trat ihm mitten ins Gesicht und brach ihm damit nicht nur die Nase, sondern schaffte es irgendwie auch, ihn bewusstlos zu schlagen – er blieb liegen.

Zur selben Zeit, als der Todesser bemerkte, dass es nur eine Ablenkung gewesen war, hob er seinen Zauberstab gegen Tia, aber Carla nahm die Kanne mit dem kochenden Wasser vom Herd und schüttete dem Todesser alles über.

Dieser brüllte vor Schmerz, aber Carla war vollkommen unbeeindruckt davon und bückte sich, öffnete entspannt einen Kasten und begann, darin herumzukramen.

Der Todesser erholte sich wimmernd von seinen Verbrennungen und hob nun den Zauberstab gegen Carla, aber diese stellte sich nun wieder aufrecht hin – ihren Wok in den Händen fest gepackt und mit all ihrer Kraft schlug sie die schwere Pfanne auf den Kopf des Todessers. Das schaltete ihn zwar noch nicht aus, aber vor Schreck kippte er um schlug sich noch einmal den Kopf auf dem Boden an.

Wenn das ihn nicht bewusstlos schlug, so taten es die unzähligen Schläge, nachdem Carla den Wok noch einige Male auf seinen Kopf schlug, als dieser schon am Boden lag und sich nicht mehr wehren konnte, bevor er sich wirklich nicht mehr wehren konnte.

„So", meinte Carla zufrieden, als sie sah, dass beide erledigt waren und sah ihre Enkelin stolz an, die einen Schritt von ihrem Gegner zurücktrat und leise: „Entschuldigung", murmelte, es aber kaum ernst meinte, „Tia, ich habe jetzt Lust auf eine Tasse Kakao – wie sieht es mit dir aus?"

Abuelita, wir sollten Remus –"

„Tia, ich kümmere mich um den Kakao und du holst ein Seil vom Dachboden", wies Carla sie an, „Ich glaube, ich sollte noch eines oben liegen haben."

Tia lächelte leicht und nickte. „Okay", meinte sie, „Aber... pass auf sie auf."

„Ich mag vielleicht schon über achtzig sein, Tia, aber ich bin noch nicht tot", warnte Carla sie streng, aber in ihr Blick war amüsiert, „Und jetzt hol das Seil, bevor ich selbst die Leiter hochsteigen muss. Ich glaube, das halten meine Knie nicht mehr aus."

„Natürlich, abuelita", bestätigte Tia und ging, um das Seil zu holen und ließ Carla mit den beiden bewusstlosen Todessern allein in der Küche zurück.

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