104. Kapitel

Es war seltsam auf einem unsichtbaren Wesen zu fliegen, aber Tia beschloss einfach nicht nach unten zu sehen, dann war ihr auch bald nicht mehr übel.

London kam schnell näher und als sie zum Landeanflug ansetzten, klammerte Tia sich an das Tier fest, das sie trug und fühlte sich dadurch nur ein bisschen sicherer, immerhin konnte sie den Thestral nicht sehen.

Sie landeten einer nach dem anderen auf festem Boden und Tia zögerte nicht, sich endlich auf die Straße sinken zu lassen, aber sie nahm sich noch einen Moment Zeit, um das Tier zu streicheln.

Sie waren in einer eher abgelegenen Straße gelandet, aber Tia wusste, dass die Wohnung, die sie und ihre Großmutter bewohnt hatte nicht weit entfernt war. Wahrscheinlich könnte sie sogar zu Fuß dorthin gehen, aber ihre abuelita würde sie dort nicht erwarten. Sie war in Spanien und Tia konnte froh sein, wenn sie über den Sommer wieder zurückkam.

„Und wo gehen wir jetzt hin?", fragte Luna an Harry gerichtet, der der einzige zu sein schien, der sich auskannte, wohin sie eigentlich mussten.

„Dort rüber", Harry führte sie zu einer Telefonzelle und zu siebt quetschten sie sich hinein.

Sie hatten kaum Platz, sich zu bewegen und Tias Arme waren eng an ihren Körper gepresst.

„Wer dem Hörer am nächsten ist, wählt sechs, zwei, vier, vier, drei!", befahl Harry und Ron war derjenige, der es tat.

„Ich hätte mir so viele Zahlen vermutlich nicht merken können", bemerkte Tia heiter, „Gut gemacht, Harry."

Harry lächelte sie dankbar an, aber in diesem Moment ertönte eine kühle Frauenstimme: „Willkommen im Zaubereiministerium. Bitte nennen Sie Ihren Namen und Ihr Anliegen."

„Harry Potter, Ron Weasley, Hermine Granger, Ginny Weasley, Neville Longbottom, Luna Lovegood und Tia Fuego...", zählte Harry schnell auf, "wir sind hier, um jemanden zu retten, es sei denn, Ihrem Ministerium gelingt das noch vor uns!"

„Vielen Dank", die Frauenstimme schien überhaupt nicht davon beeindruckt, „Besucher, bitte nehmen Sie die Plaketten und befestigen Sie sie vorne an Ihren Umhängen."

Aus dem Schacht, aus dem normaler Weise die Münzen rollten, kamen die Plaketten und Tia freute sich, dass tatsächlich dort ihr Spitzname stand: Tia Fuego, Rettungsmission.Stolz steckte sie sie an ihre Schuluniform.

„Besucher des Ministeriums, Sie werden aufgefordert, sich einer Durchsuchung zu unterziehen und Ihren Zauberstab zur Registrierung am Sicherheitsschalter vorzulegen, der sich am Ende des Atriums befindet."

„Schön!", sagte Harry laut und Tia glaubte, er war gestresst, „Können wir jetzt bitte reinkommen?"

Die Frauenstimme antwortete ihm nicht, aber der Boden der Telefonzelle begann sich plötzlich zu bewegen – nach unten und es wurde dunkel, aber Tia sah trotzdem noch genug, um zu sehen, dass an der Telefonzelle vorbei der Boden vorbeizog.

Als es wieder heller wurde, wurde auch der Blick auf das Zaubereiministerium frei. Harry ging so gut es ging in die Hocke, um sofort sehen zu können, ob jemand auf sie wartete, aber nachdem nicht sofort die Zauber durch die Gegend flogen, vermutete Tia, dass sie allein waren oder noch nicht bemerkt worden waren.

„Das Zaubereiministerium wünscht Ihnen einen angenehmen Abend", wünschte ihnen die Frauenstimme kühl, sobald sie stehengeblieben waren und die Telefonzelle schlug auf. Die sieben stürzten schon beinahe nach draußen – froh, dass sie endlich nicht mehr in dieser engen Zelle eingesperrt waren.

„Kommt mir", befahl Harry ihnen, aber Tia stockte verwirrt.

„Müssen wir nicht irgendwo unsere Zauberstäbe registrieren?", fragte sie unschuldig und legte den Kopf schief.

Hermine stöhnte genervt auf, aber Harry stockte tatsächlich für einen Moment und drehte sich lächelnd zu ihr um – er wirkte für einen kurzen Moment nicht mehr so gestresst.

„Tia", sagte er sanft zu ihr, „Hier ist doch niemand. Wenn sie ihre Posten nicht besetzen, dann können wir nichts dafür. Wir registrieren sie, sobald wieder jemand da ist."

„Oh", machte Tia und ging nur brav hinter ihm her, „Okay. Das klingt gut."

Harry führte sie zu weiteren Aufzügen und es ging noch weiter nach unten in die Mysteriumsabteilung. Allein der Name war schon interessant, wie Tia fand.

Als sie aus dem Aufzug stiegen, erwartete sie ein finsterer Gang und nur die Fackeln, die ihnen am nächsten waren erhellten sich. Aber Tia weiter hinunter, als die anderen und sie konnte niemanden sehen.

„Hier ist niemand", meinte sie leise, „Ich kann niemanden sehen."

„Du brauchst doch eine Brille", erinnerte sich Ron, der sie schon ein paar Mal damit gesehen hatte.

„Ja", bestätigte Tia, „Aber nur zum Lesen – ich glaube, meine Sehfähigkeit habe ich doch eher von einem Werwolf – bewegliche Dinge, also sozusagen meine Beute sehe ich schon von Weitem."

„Unterhalten wir uns später darüber", beschloss Ginny und schlang einen Arm um den von Tia, um sie mit sich zu zerren.

„Gehen wir", flüsterte Harry, „Wenn Tia sagt, hier ist niemand, dann glaube ich ihr", er wandte sich an sie, „Ich vertraue auf deine Sinne im Dunkeln."

„Ich werde mich bemühen", versprach Tia und horchte sofort genauer hin und witterte in der Luft, ob sie einen fremden Geruch vernahm, aber nachdem Harry und Hermine voller Blut waren, war es etwas schwer, etwas anderes außer ihnen zu riechen.

Harry führte sie ein Stück den Korridor entlang und sein Blick huschte tatsächlich immer wieder zu Tia, als würde er nur auf eine Warnung von ihr warten, aber sie vernahm nichts.

„Okay, hört zu", sie waren direkt vor einer Tür stehengeblieben, „Vielleicht... vielleicht sollten ein paar von uns hier bleiben als – als Wachposten, und –"

„Und wie sollen wir euch wissen lassen, dass etwas passiert?", fragte Ginny mit hochgezogenen Augenbrauen, „Ihr könntet ja meilenweit entfernt sein."

„Wir gehen mir dir, Harry", bestimmte Neville.

„Lasst uns weitergehen", schlug Ron entschieden vor.

Harry öffnete die Tür und sie schritten hinein, nur um in einen komplett schwarzen Raum zu kommen, der rundum weitere klinkenlose, schwarze Türe aufwies. Keine von ihnen war beschrieben. Leuchter mit blauen Flammen erleuchteten als einziges den schwarzen Raum.

„Macht mal jemand die Tür zu", murmelte Harry, aber es war so still, dass sie es doch hörten und Neville ging zurück, um die Tür zu schließen, sodass es noch dunkler wurde.

Plötzlich ertönte ein lautes Poltern und im nächsten Moment begannen sich die Türen im Kreis zu bewegen. Sie schwirrten um sie herum und rotierten, sodass sie schon bald nicht mehr wussten, durch welche sie gekommen waren. Aber dann stand wieder alles, als wäre nichts passiert.

„Was sollte das denn?", flüsterte Ron deutlich angespannt.

„Ich glaub, das war, damit wir nicht mehr wissen, durch welche Tür wir reingekommen sind", erklärte Ginny stumpf.

„Wie kommen wir hier wieder raus?", fragte Neville nervös.

„Ich könnte versuchen, unsere Spuren zu wittern", schlug Tia vor, „Vielleicht gelingt es mir..."

„Das wird jetzt nicht nötig sein", lehnte Harry ab, „Wir müssen hier nicht raus, bevor wir Sirius gefunden haben –"

„Ruf jetzt bloß nicht nach ihm!", warnte Hermine Harry scharf, aber dieser schien das sowieso nicht vorgehabt zu haben. Jeder von ihnen spürte die angespannte Stimmung, als könnten sie jederzeit angegriffen werden.

„Wo gehen wir jetzt hin, Harry?", fragte Ron leise.

„Keine –", begann Harry, aber er stockte für einen Moment, schluckte und begann erneut, „In den Träumen bin ich durch die Tür am Ende des Korridors, der von den Fahrstühlen wegführt, in einen dunklen Raum gegangen – das ist dieser hier – und dann durch eine weitere Tür in einen Raum, der irgendwie... glitzert. Wir sollten ein paar Türen ausprobieren. ich weiß, wo's langgeht, wenn ich es sehe. Kommt mit."

Harry zögerte nicht, sondern schritt nur mit erhobenem Zauberstab auf die erste Tür zu und drückte sie scheinbar mühelos auf.

Der Raum dahinter war heller, aber er sah nicht so aus, wie Harry ihn beschrieben hatte. Stattdessen standen nur Schreibtische herum und ein seltsames Glasbecken mit sattgrüner Flüssigkeit darin, in dem seltsame Gegenstände herumschwammen.

„Was sind das für Dinger?2, fragte Ron flüsternd.

„Keine Ahnung", gab Harry zu.

„Sind das Fische?", hauchte Ginny.

„Aquaviriusmaden!", schlug Luna vor, „Dad meinte, das Ministerium würde sie zückten –"

„Nein", widersprach Hermine ihr und trat einen Schritt vor, „Das sind Gehirne."

Gehirne?"

„Ui", hauchte Tia erstaunt – das hatte sie nicht erwartet.

„Ja... ich frag mich, was sie mit denen anstellen", fragte sich Hermine.

Harry trat neben Hermine näher an das Glasbecken ran, aber Tia blieb lieber auf Abstand.

„Lasst uns von hier abhauen", schlug Harry glücklicherweise vor, „Hier sind wir falsch, wir müssen es mit einer anderen Tür versuchen."

„hier gibt es auch Türen", bemerkte Ron und sie sahen sich um und tatsächlich waren einige weitere Türen im Raum, die wohl wieder in andere Räume führten. Tia fragte sich, wie groß diese Abteilung eigentlich war und hätte am liebsten alles erkundet, nur um weitere so seltsame Dinge zu sehen, wie Gehirne in einem Aquarium, aber sie waren wegen Sirius hier. Vielleicht konnte sie ein anderes Mal wieder hier einbrechen und sich alles in Ruhe ansehen.

„In meinem Traum bin ich durch diesen dunklen Raum in den zweiten gegangen", erinnerte sich Harry, „Ich glaube, wir sollten zurück und es von dort aus versuchen."

Sie gingen zurück in den ersten Raum, bereit, die nächste Tür zu öffnen.

„Warte!", hielt Hermine sie auf, bevor sie die Tür wieder verschließen konnten und hob ihren Zauberstab gegen die Tür, „Flagrate!"

Sie zeichnete etwas auf die Tür – ein Kreuz und dort erschien tatsächlich ein flammendes X – sie hatte die Tür gekennzeichnet.

Und das war auch ganz gut so, denn sobald die Tür wieder verschlossen war, rotierte der Raum wieder und die Türen vermischten sich wieder, aber das flammende Kreuz blieb auf der Tür und zeigte ihnen, welche sie schon probiert hatten. Tia wäre niemals auf so eine Idee gekommen.

„Gut mitgedacht", lobte Harry seine Freundin, „Okay, versuchen wir die hier –"

Der nächste Raum war groß und wieder nur schwach beleuchtet. Eine Senke führte einige Meter hinab und in der Mitte stand ein steinernes Podium mit einem Steinbogen, der sich darüber spannte.

„Wer da?", fragte Harry in die Stille hinein und Tia fragte sich, was er gehört hatte, das nicht einmal sie vernommen hatte und einen Moment horchte sie genauer hin, falls sie etwas übersehen hatte, aber außen den Atemgeräuschen ihrer Begleiter hörte sie nichts.

„Vorsicht!", warnte Hermine, als Harry begann, die Stufen in die Senke hinunter zu klettern.

„Hier ist nichts", meinte Tia leicht frustriert, „Ich höre nichts, Harry. Was hörst du?"

Aber er antwortete ihr nicht. „Sirius?", fragte er stattdessen in die Dunkelheit und untersuchte den Bogen, umrundete ihn, ob vielleicht jemand dahinter stand, aber da war niemand.

„Lass uns gehen", rief Hermine, „Hier sind wir falsch, Harry, komm, gehen wir." Hermine schien nervös zu sein und Tia konnte mit ihr mitfühlen – es war nie gut, wenn jemand etwas hörte, das nicht einmal Tia hören konnte. Es war kein gutes Zeichen.

Aber Harry schien sich noch nicht vom Bogen losreißen zu können.

„Harry, gehen wir, okay?", fragte Hermine noch einmal.

„Okay", endlich schien Harry wieder zurückkommen zu wollen, aber dann stockte er doch.

„Was sagt ihr da?", rief er laut in die Stille und Tia zuckte zusammen, aber da war nichts.

„Niemand redet hier, Harry!", versuchte Hermine ihn zu überzeugen.

„Bist du das, Ron?", fragte Harry, offenbar war er sich sicher, jemanden zu hören.

„Ich bin hier, Mann", antwortete Ron ihm – er war nicht derjenige gewesen, der gesprochen hatte.

„Kann es sonst keiner hören?", fragte Harry leicht frustriert.

„Ich kann sie auch hören", hauchte Luna erfürchtig und näherte sich ebenfalls dem Bogen. Was hörten die beiden, was Tia nicht hören konnte. Sie verließ sich häufig auf ihre Sinne, aber in diesem Moment schienen sie nutzlos zu sein. „Dadrin sind Leute."

„Was meinst du mit dadrin?", fragte Hermine ebenfalls unsicher, „Es gibt kein dadrin, das ist nur ein Bogen, da ist kein Platz für irgendjemanden. Harry, hör jetzt auf, komm weg von hier –"

Hermine packte Harry, aber er wehrte sich sogar gegen sie.

„Harry, wir sind doch eigentlich wegen Sirius hier!", erinnerte Hermine ihn angespannt.

„Sirius", das riss Harry wohl endlich aus seiner Trance, „Ja..."

Endlich riss er seinen Blick von dem Bogen weg und kam zurück. „Gehen wir."

„Das hab ich schon die ganze Zeit – also, kommt jetzt endlich!", bat Hermine sie ungeduldig.

Zusammen gingen sie wieder.

„Was, glaubst du, was das für ein Bogen?", fragte Harry Hermine.

„Ich weiß nicht, aber was es auch war, es war auf jeden Fall gefährlich", bestimmte Hermine, bevor sie die Tür wieder markierte.

Die Türen vermischte sich wieder, aber sie wusste noch immer, welche Türen sie schon versucht hatten und Harry probierte die nächste aus, aber im Gegensatz zu den anderen ließ sich diese nicht so einfach öffnen.

„Sie ist... verschlossen", bemerkte Harry verwirrt.

„Dann ist es bestimmt die richtige", freute sich Ron und half Harry dabei, sie zu öffnen, aber auch zusammen gelang es ihnen nicht.

„Wartet, ich helfe euch", bot Tia an und Ron sah sie ein wenig ungläubig an, als könnte er nicht glauben, dass Tia einen großen Unterschied machen würde und Tia sah ihn vorwurfsvoll an, „Ron, ich bin stärker, als ich aussehe. Erwähne einfach nur Armdrücken bei einem von deinen Brüdern und sie werden in Tränen ausbrechen – vertrau mir."

Aber selbst, als auch Tia es versuchte, bewegte sie sich kein Stück und verwirrt trat sie zurück. „Sie muss verschlossen sein."

„Geht aus dem Weg!", scheuchte Hermine sie davon und richtete ihren Zauberstab auf sie Tür, „Alohomora."

Aber nichts passierte.

„Sirius' Messer!", fiel es Harry ein und Tia wusste nichts von einem Messer, aber offenbar schien Harry sich sicher zu sein, dass er damit die Tür öffnen könnte, aber als er es versuchte, zog er nur noch den Griff seines kaputten Messers heraus.

„Gut, den Raum lassen wir aus", meinte Hermine entschieden, nachdem nichts funktionierte, um sie zu öffnen.

„Aber was, wenn er es ist?", fragte Ron unsicher.

„Das kann nicht sein. Harry konnte in seinem Traum durch alle Türen gehen", erinnerte Hermine sie und markierte die Tür, wie auch die davor.

„Wisst ihr, was dadrin sein könnte?", fragte Luna eifrig.

„Bestimmt etwas Schlibbriges", bestimmte Hermine leise, aber hörbar und Neville lachte nervös auf.

Sie gingen zur nächsten Tür und langsam verloren sie schon die Höffnung, aber als Harry dieses Mal die Tür öffnete, war dahinter tatsächlich ein Raum, wie er ihn beschrieben hatte.

Das ist es!", freute er sich und Tia staunte über das glitzernde Diamantenfunkeln. Uhren in allen Größen und Arten standen herum und Tia sah sich verwundert um.

„Hier lang!", scheuchte Harry sie schnell weiter und er beeilte sich, wohl hoffnungsvoll, endlich seinem Ziel näher zu kommen.

„Oh, seht mal!", rief Ginny und blieben stehen, als sie zu einer Kristallkuppel kamen und zeigte hinein. Im Inneren schwamm ein juwelenhelles Ei, aber vor ihren Augen zerbrach es, wurde zu einem Kolibri, bevor er wieder zu einem Ei wurde.

„Weitergehen!", hetzte Harry sie ungeduldig.

„Du hast bei diesem alten Bogen lang genug getrödelt", beschwerte sich Ginny, aber sie riss ihren Blick von der Kuppel weg und folgte weiter.

„Das ist es", freute sich Harry aufgeregt, „dahinter ist es –"

Tias Hand war schweißnass um ihren Zauberstab. Sie war eine furchtbare Hexe und selbst in Notsituationen würde sie kaum einen Zauber hinbekommen, der wirklichen Schaden anrichten würde, aber im Zweifelsfall könnte sie ihn noch immer in ein Auge von einem Todesser stecken und hoffen.

Sie betraten den nächsten Raum und Tia staunte über die riesigen Regale, die vollgefüllt waren mit Glaskugeln. Kerzen mit blauen Flammen beleuchteten schwach die mysteriösen Kugeln und vorsichtig bewegten sie sich fort.

Tia horchte genau hin, aber da war nichts. Sie roch zwar Menschen, aber der Geruch war schon alt und konnte genauso gut zu einem Mitarbeiter des Ministeriums gehören, der hier gewesen war. Ihre Nase war doch nicht so gut, wie die von Remus.

„Du hast gesagt, es war Reihe siebenundneunzig", fiel es Hermine ein.

„Ja", bestätigte Harry leise und sah sich nach einer Zahl um. Tia hätte gerne geholfen, aber sie kam wieder einmal an ihre Grenzen, als sie eine einfache Zahl erkennen musste – die Schrift war einfach zu verschwommen für sie, um irgendetwas ohne ihre Brille zu erkennen. Aber dafür konnte sie weit sehen, selbst im dämmrigen Licht, aber niemand war da.

„Wir müssen nach rechts weiter, glaub ich", meinte Hermine leise.

„Ja... das ist vierundfünfzig", bestätigte Harry, „Haltet eure Zauberstäbe bereit."

Das musste Harry ihnen nicht sagen und Tia umklammerte ihren nervös.

Sie bewegten sich leise fort und Tia konzentrierte sich, um wirklich alles zu hören und zu riechen, aber der Staub biss in ihrer Nase und sie vernahm nichts, außer dem Atmen ihrer Begleiter. Wenn sie allein gewesen wäre, hätte sie vielleicht Leute atmen gehört, aber so gingen solch leise Geräusche unter.

Sie gingen zusammen nach rechts weiter und Harry schien immer aufgeregter zu werden, aber je näher sie an ihr Ziel kamen, desto sicherer war sich Tia, dass dort niemand war. Spätestens da hätte sie etwas sehen müssen oder auch hören oder riechen, aber nichts – da war nichts.

„Siebenundneunzig", wisperte Hermine und Tia sah sich um, aber nichts. Sie fühlte sich noch nutzloser als sonst – nicht einmal ihre Sinne waren von Nutzen.

„Er ist ganz am Ende", versicherte Harry ihnen, „Man kann ihn von hier aus nicht richtig sehen."

„Ich sehe so weit, Harry, aber da ist nichts", flüsterte Tia angespannt. Langsam bekam sie ein ungutes Gefühl.

„Unsinn", zischte Harry und horchte nicht auf sie, sondern ging weiter. Tia blieb noch einen Moment länger stehen, atmete dann aber tief durch und folgte ihnen.

„Er ist in der Nähe", versicherte Harry ihnen flüsternd, „Irgendwo hier... ganz nah..."

„Nein, Harry", wollte Tia ihn überzeugen – sie sollten lieber schnell von hier verschwinden und lieber woanders Hilfe suchen – bei Remus oder sonst jemanden vom Orden.

„Harry?", fragte Hermine behutsam, aber Harry antwortete ihr nicht.

„Irgendwo gleich... hier...", sagte er bestimmt, aber da war nichts. Das Ende der Reihe war genauso leer, wie Tia vorhergesagt hatte.

„Er könnte...", flüsterte Harry verzweifelt und sah sich um, „Oder vielleicht..."

„Harry, ich kann niemanden hören, sehen oder riechen", versicherte Tia ihm, „Vertrau mir – er ist nicht hier."

„Harry?", fragte Hermine erneut.

„Was?", knurrte Harry, offenbar gereizt.

„Ich... ich glaub nicht, dass Sirius hier ist."

Keiner sagte etwas und Tia sah in der Dunkelheit, wie Harry ein bisschen zusammensackte, als er das ebenfalls realisierte, aber er suchte trotzdem weiter und Tia blieb dicht hinter ihm, um ihn vor jeglicher Gefahr zu warnen.

„Harry?", rief Ron plötzlich laut genug, dass Tia zusammenzuckte.

„Was?", fragte Harry gereizt.

„Hast du das gesehen?", fragte Ron und Harry stockte, bevor er zurückkam.

„Was?", fragte Harry ihn aufgeregt, aber als sie zurück zu Ron gingen, starrte dieser auf kein Indiz, das auf Sirius Anwesenheit schließen ließ, sondern eine dieser Kristallkugeln.

„Was?", fragte Harry wieder gereizt.

„Da – da steht dein Name drauf", bemerkte Ron und Harry trat näher.

„Mein Name?", fragte er verwirrt und sah sich die Kugel an. Tia konnte nicht lesen, was darauf stand, aber vermutlich war es Harrys Name. Sie fragte sich, warum dort sein Name stand, aber bestimmt war das kein gutes Zeichen. Das konnte kein Zufall sein.

„Was ist das?", fragte Ron, „Was macht dein Name hier drauf?", „er schaute die anderen Schilder in der Nähe an, „Mein Name ist hier nicht. Keiner von uns anderen ist hier."

„Harry, ich glaub nicht, dass du das anfassen solltest", bemerkte Hermine scharf und Tia musste ihr Recht geben, aber Harry hatte schon erwartungsvoll die Hand ausgestreckt.

„Warum nicht?", erwiderte er stur, „Das hat was mit mir zu tun, oder?"

„Nicht, Harry", sagte auch Neville.

„Da steht mein Name drauf", wiederholte Harry.

Und seine Hand schloss sich um die Kugel. Tia bereitete sich schon darauf vor, dass die Falle zuschnappe und erwartete, dass der gesamte Raum zusammenbrach, wie in einer dieser Abenteurerfilme, in denen die Helden dann aus einem alten Tempel fliehen mussten, das das passierte nicht und einen Moment entspannte sie sich, als sie Schritte näherkommen hörte.

Sie fluchte auf Spanisch und stellte Harry schützend hinter sich, aber es war schon zu spät.

„Sehr gut, Potter. Jetzt dreh dich um, hübsch langsam, und gib sie mir."

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