103. Kapitel
Es wurde still, als sie im Büro warteten. Keiner wusste so wirklich, was sagen – nicht, dass Tia irgendetwas hätte sagen können, immerhin war sie noch immer unter dem Zauber – das wusste sie, immerhin hatte sie es mehrmals versucht, etwas zu sagen.
Stumm konnte sie nicht einmal einen Zauber ausüben, wenn sie das gewollt hätte, aber alle anderen waren nur geknebelt und wurden nur festgehalten – sie waren nicht zusammengeschnürt, wie Tia.
Tia sah zu Ginny und fing ihren Blick auf. Sie mussten irgendwie wieder da rauskommen – die Frage war nur, wie.
Tia wurde von niemanden festgehalten, nur Vicky stand hinter ihr und war mittlerweile so gelangweilt, dass sie überhaupt nicht aufpasste, immerhin fühlte sie sich sicher, nachdem Tia ganz sicher verpackt war.
Wenn Tia sich fallen lassen würde, könnte sie den Slytherin-Schüler, der Ron festhielt lange genug ablenken, dass dieser eventuell Malfoy anspringt, der ihre Zauberstäbe hat.
Die Schülerin, die Tia als Beate Wright aus Slytherin in ihrem Jahrgang erkannte, hielt Ginny neben Ron fest, aber vielleicht würde sie das Mädchen loslassen, wenn ihr Kollege angegriffen wurde – aus Reflex. Das würde natürlich nur funktionieren, wenn Wright so etwas wie einen Reflex, um anderen zu helfen hatte. Aber Tia musste es wohl riskieren.
Sie sah zu Ron und versuchte ihm anhand von Augenbewegungen ihren Plan zu erklären. Er sah zu ihr und da einen Moment verwirrt aus, warum ihre Augen so seltsam zuckten, bevor er ihrem Blick folgte – zu Malfoy. Erschrocken blickte er wieder zu Tia und schüttelte kaum merklich den Kopf, aber Tia grinste verschmitzt und ließ sich fallen.
Mehr konnte sie in ihrem Zustand auch nicht wirklich tun, aber es funktionierte.
Sie fiel direkt auf den Slytherin-Schüler, der erschrocken zurücksprang, um nicht auch mitgerissen zu werden und direkt in die Arme von Wright, die Ginny losließ.
Tia spürte, wie sie schmerzvoll Brust voraus auf dem Boden aufkam, nachdem sie keine Arme freihatte, um sich aufzufangen – sie hatte gar nicht gewusst, dass das so wehtun konnte. Von der Wucht wurde auch noch ihr Kopf nach unten geschleudert und ihr Kinn schlug hart auf dem Boden auf – aber hey, sie hatte es geschafft...
Ron war es tatsächlich gelungen, mit Ginnys Hilfe Malfoy zu überrumpeln, aber Wright wehrte sich nicht mit einem Zauber, sondern mit ihren Fingernägeln und sie kratzte Ginny im Gesicht, die aber kaum davon beeindruck war und Ron verhexte Wright mit einem Lähmzauber, nachdem er seine Binde im Mund entfernt hatte.
Tia lag Gesicht voraus auf dem Boden und hörte nur, wie ihre Freunde die Schüler vom Inquisitionskommando verhexten und diese schrien panisch und hatten kaum Zeit, sich zu wehren.
Besonders glücklich wurde Tia, als sie hörte, wie Vicky hinter ihr mit einem Schrei zu Boden ging und sich nicht mehr bewegte.
„Tia", Ginny half ihr hoch und setzte sie, soweit es mit ihren Fesseln funktionierte, wieder auf, „ist alles okay? Oh Merlin, du blutest."
Tatsächlich spürte Tia, wie etwas Flüssiges ihr Kinn hinablief über ihren Hals direkt in ihren Ausschnitt – wieder einmal typisch.
„Warte, ich helfe dir", bot Ginny an und mit einem Zauber löste sie nicht nur die Fesseln, sondern auch den Verstummungsfluch von Tia und das nutzte sie, indem sie erst einmal eine Anzahl von Spanischen Wörtern benutzte, bei denen selbst ihre abuelita empört ausgesehen und ihr den Mund mit Seife ausgewaschen hätte.
„Hui", meinte Ginny grinsend, „Du musst mir irgendwann auch solche Wörter beibringen."
„Sobald wir Harry und Hermine wiedergefunden haben", versprach Tia und wischte sich mit ihrem Ärmel über ihr Kinn – tatsächlich klebte dort Blut.
„Ich glaube, sie sind in den Verbotenen Wald", gestand Neville nervös, dem die Idee wohl nicht gefiel, dass sie in den Wald gehen würden.
„Dann sollten wir ihnen folgen", bestimmte Ginny und war die erste auf den Beinen, „Jetzt."
Zusammen rannten sie direkt in den Wald und sogar Neville, der zuerst ein bisschen zögerte, folgte ihnen.
„Sie sind in diese Richtung", erkannte Tia und Ron sah sie etwas misstrauisch an.
„Woher willst du das wissen?", fragte er sie und schaute auf den Boden, als hätten sie irgendwelche Fußspuren hinterlassen.
„Ich kann sie riechen", erwiderte Tia ihm und das reichte Ron – er wusste schon, dass Tia besser riechen und hören konnte, als andere.
Es dauerte nicht lange da kamen ihnen Harry und Hermine entgegen – ohne Umbridge.
„Außerdem, Harry, wie hattest du eigentlich vor, bis nach London zu kommen?", fragte Hermine ihn gerade ein bisschen aufgebracht.
„Ja, das haben wir uns eben auch gefragt", erwiderte Ron und Harry und Hermine drehten sich erschrocken um, aber es waren nur sie.
„Also", sagte Ron, als sie zu den beiden kamen, „Irgendwelche Ideen?"
„Wie seid ihr da rausgekommen?", fragte Harry offenbar überrascht, dass sie es geschafft hatten, sich zu befreien.
„Tia hat sich fallen lassen", erklärte Ron, als wäre es keine große Sache gewesen, „und der Rest waren eine Menge Schockzauber, ein Entwaffnungszauber, Neville hat 'nen echt süßen kleinen Lähmzauber hingelegt. Aber Ginny war am besten, sie hat sich Malfoy vorgenommen – Flederwichtfluch – war Extraklasse, sein ganzes Gesicht war voll mit diesen großen Flatterdingern. Jedenfalls haben wir vom Fenster aus gesehen, dass ihr in den Wald gegangen seid, und sind euch gefolgt. Was habt ihr mit Umbridge angestellt?"
„Die ist hin und weg", erzählte Harry, „Eine Herde Zentauren hat sie mitgenommen."
„und euch haben sie zurückgelassen?", fragte Ginny erstaunt.
„Nein, Grawp hat sie verjagt", meinte Harry. Tia hatte keine Ahnung, wer dieser Grawp war, aber sie war ihm dankbar.
„Wer ist Grawp?", fragte Luna interessiert.
„Hagrids kleiner Bruder", erklärte Ron, der ihn wohl ebenfalls zu kennen schien, „Und überhaupt ist das jetzt nicht so wichtig. Harry, was hast du im Feuer erfahren? Hat Du-weißt-schon-wer Sirius oder –?"
„Ja", antwortete Harry ihm knapp und Tia zuckte zusammen – das war nicht gut, „und ich bin sicher, dass Sirius noch am Leben ist, aber ich habe keine Ahnung, wie wir dort hinkommen sollen, um ihm zu helfen."
Keiner wusste eine Antwort darauf.
Keiner, außer Luna: „Na ja, wir müssen eben fliegen, oder?"
„Okay", erwiderte Harry verärgert, „Ersten tun wir überhaupt nichts, falls du dich selbst dazu zählst, und zweitens ist Ron der Einzige mit einem Besen, der nicht von einem Sicherheitstroll bewacht wird, also –"
„Ich hab einen Besen!", erinnerte Ginny ihn hilfsbereit.
„Und die restlichen könnten wir aus dem Besenschuppen stehlen – George hat mir gezeigt, wie man Schlösser knackt", bot Tia an.
„Schon, aber ihr kommt nicht mit", meinte Ron zornig.
„Entschuldige mal, aber mir ist es genauso wichtig wie dir, was mit Sirius passiert!", widersprach Ginny ihm.
„Du bist zu –", begann Harry, aber Ginny ließ ihn nicht zu Ende sprechen: „Ich bin drei Jahre älter, als du warst, damals, als du wegen dem Stein der Weisen mit Du-weißt-schon-wem gekämpft hast, und ich hab dafür gesorgt, dass Malfoy in Umbridges Büro festsitzt und riesige Flederwichte ihn angreifen –"
„Schon, aber –"
„Und ich bin nicht nur älter, als ihr alle, sondern kann sehr gut auf mich selbst aufpassen", meinte Tia und lächelte Harry an.
„Wir waren doch alle zusammen in der DA", erinnerte Neville ihn leise, „Dabei ging es doch im Grunde darum, gegen Du-weißt-schon-wen zu kämpfen, oder? Und dies ist jetzt unsere erste Chance, mal was Handfestes zu tun – oder war das alles nur ein Spiel oder so?"
„Nein – natürlich nicht", erwiderte Harry ungeduldig.
„Dann sollten wir auch mitkommen", bestimmte Neville, „Wir wollen helfen."
„Du kannst jede Hilfe gebrauchen, die du bekommst", erinnerte Tia ihn.
„Stimmt", Luna lächelte ebenfalls glücklich.
Harry sah hilfesuchend zu Ron, bevor er aufgab: „Ach, das spielt sowieso keine Rolle, weil wir immer noch nicht wissen, wie wir dort hinkommen sollen –"
„Ich dachte, das hätten wir schon geklärt", widerholte Luna, „Wir fliegen."
„Sieh mal", begann Ron, „du kannst vielleicht ohne Besen fliegen, aber wir andern können uns nicht einfach Flügel wachsen lassen, wann immer wir –"
„Es gibt noch andere Möglichkeiten zu fliegen außer mit Besen", sagte Luna munter.
„Ich vermut mal, wir sollen auf dem Rücken des Schrumpfschnachlers fliegen oder wie der heißt?", fragte Ron und Tia fand ihn wirklich unhöflich.
„Der Schrumpfhörnige Schnarchkackler kann nicht fliegen", widersprach Luna ihm würdevoll, „Aber die können es, und Hagrid meint, sie können sehr gut Orte finden, nach denen ihre Reiter suchen."
Tia sah in die Richtung, in die Luna zeigte, aber sie sah nichts, aber sie hörte etwas – Fußgetrappel von unsichtbaren Wesen und plötzlich fiel ihr ein, was diesen Wald noch bewohnte – Thestrale.
„Ja!", wisperte Harry trimphierend und er schien neue Hoffnung zu spüren. Er ging auf die Wesen zu, die Tia nicht sehen konnte und streichelte sie.
„Sind das diese verrückten Pferdedinger?", fragte Ron unsicher, „Die man nicht sehen kann, außer man war dabei, als jemand abgekratzt ist?"
„Genau", bestätigte Harry.
„Wie viele?"
„Nur zwei."
„Nun, wir brauchen drei", meinte Hermine.
„Vier, Hermine", erinnerte Ginny sie mit finsterem Blick.
„Ich glaub, eigentlich sind wir sieben", überlegte Luna ruhig.
„Stell dich nicht so dumm an, wir können nicht alle gehen!", widersprach Harry wieder zornig, „Hort mal, ihr vier, ihr habt damit nichts zu tun, ihr kommt nicht –"
„Du scheinst vergessen zu haben, dass ich Sirius genauso kenne, wir du", schimpfte Tia ihn streng, „Wenn er in Schwierigkeiten ist, komme ich mit!"
„Und ich auch", meinte Ginny, „Wir lassen ihn nicht im Stich!"
„Wir wollen auch helfen!", bestimmte Neville.
Aber Harry schien ihnen nicht wirklich zuzuhören, sondern er kniff seine Augen zusammen und griff sich auf seine Stirn, als hätte er starke Kopfschmerzen.
„Okay, schön, ihr habt's nicht anders gewollt", meinte er, „aber wenn wir nicht mehr Thestrale auftreiben, könnt ihr nicht –"
„Oh, da werden schon noch welche kommen", beruhigte Ginny ihn zuversichtlich.
„Wie kommst du denn darauf?", fragte Harry.
„Du hast es vielleicht noch nicht bemerkt, aber du uns Hermine, ihr seid voller Blut", erinnerte Ginny ihn kühl, „und wir wissen, dass Hagrid Thestrale mit rohem Fleisch anlockt. Deshalb sind diese zwei wahrscheinlich überhaupt aufgetaucht."
Harry drehte sich um – vermutlich hatte ihn eines der Tiere angestupst.
„Also gut", gab er endgültig nach, „Ron und ich nehmen diese beiden und fliegen voraus, und Hermine kann hier bei euch dreien bleiben und noch mehr Thestrale anlocken –"
„Ich bleib nicht zurück!", beschwerte sich Hermine.
„Ist gar nicht nötig", bemerkte Luna lächelnd, „Sehr mal, hier kommen noch mehr... ihr zwei müsst ja ganz schön riechen..."
Tia konnte die Tiere nur hören und sie nicht sehen, aber sie hörte, dass es mehr geworden waren, aber wie viele genau konnte sie nicht sagen.
„Von mir aus", sagte Harry zornig, „nehmt euch eins, und dann los."
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