Sünder und Heilige
Sünder und Heilige
Kate saß auf einem flachen Stein und beobachtete die Crew von Backbeard, die sich stärkten. Blackbeard selbst, stand ziemlich weit abseits und Kate fragte sich, was er wohl im Schilde führte. Seit mehreren Stunden waren sie nun hier...nur wenige Meter von dem Tümpel entfernt, wo Syrena an einen Pfahl gefesselt zurückgeblieben war. Und Philip war nun schon seit dieser geraumen Zeit tot, weshalb Kate noch immer unter Schock stand.
Sie bedauerte zutiefst, dass sie ihm nicht hatte helfen können und verachtete Blackbeard für das, was er getan hatte. Sie warf finstere Blicke Richtung Captain, als sich Angelica ihr auf einmal mit einer Flasche näherte.
,,Ihr solltet etwas trinken.", sagte sie und hielt Kate die Flasche hin, doch die Piratin weigerte sich, diese anzunehmen. ,,Wollt Ihr verdursten?"
,,Lieber verdurste ich, als auch nur noch eine weitere Sekunde zusehen zu müssen, wie Blackbeard für seine Ziele über Leichen geht. Und Ihr unterstützt das auch noch, weil Ihr auf liebe Tochter macht und Euren Vater retten wollt. Dabei hat er keine Rettung verdient. Ihr werft Jack vor, er habe Euch verdorben? Ich glaube eher, Ihr seid von Natur aus ein schlechter Mensch. Denn was Jack auch immer getan hat...es sind immer unsere eigenen Entscheidungen, die uns zu dem machen, was wir sind."
Ernst sah Kate Angelica an und konnte spüren, wie sie wütend wurde. Sie hasste Angelica! Nicht nur, weil sie sich Jack bei jeder Gelegenheit an den Hals warf und sie beide auf die Queen Annes Revenge verschleppt hattesondern auch für ihre Taten und ihren Charakter. Angelica tarnte sich immer damit, Gerechtigkeit zu wollen und mimte die Unschuldige, dabei war sie kein Stück besser als Blackbeard selbst. Aber der Apfel fiel ja bekanntlich nicht weit vom Stamm.
,,Und wisst Ihr was? Spätestens jetzt ist es offensichtlich, dass Ihr wahrhaftig die Tochter von Captain Blackbeard seid. Denn auch Ihr habt keine Skrupel, um das zu bekommen, was Ihr wollt. Ob andere dafür leiden müssen...das ist Euch vollkommen egal.", brachte Kate hervor und Angelica sah sie einen Moment ausdruckslos an, ehe sie kaum merklich seufzte.
,,Tja, wenn das Eure Meinung ist, dann werde ich Euch kaum vom Gegenteil überzeugen können, Kate. Aber Ihr irrt Euch, wenn Ihr glaubt, dass mir die anderen egal wären. Ich wollte nicht, dass es so weit kommt, dass Vater den Priester für seine Zwecke tötet. Das habe ich nie gewollt."
,,Aber verhindert habt Ihr es auch nicht. Und er hatte einen Namen...er hieß Philip!", zischte Kate nun förmlich und Angelica hob kaum merklich eine Augenbraue.
,,Er war Euch wichtig!"
,,Philip war ein Freund...ein Verbündeter! Und Euer Vater hat ihn getötet...wegen einer Träne!", entgegnete Kate und Angelica funkelte sie nun herausfordernd an.
,,Mein Vater wird sterben, wenn er die Quelle nicht rechtzeitig erreicht. Er braucht diese Träne! Wenn es Euer Vater wäre...was würdet Ihr tun?"
Prüfend musterte Angelica Kate und diese war nicht im Stande, eine Antwort darauf zu geben. Ja, was würde sie tun? Würde sie Barbossa unterstützen oder würde sie versuchen, ihn vom Gegenteil zu überzeugen? Sie wusste zwar, dass sie niemals das Leben eines anderen Menschen aufs Spiel setzen würde...aber könnte sie ihren Vater einfach so sterben lassen, wenn es eine Chance auf Rettung gab?
Zum ersten Mal empfand Kate so etwas wie Mitgefühl für Angelica. Aus dem Blickwinkel betrachtet, wirkte sie gar nicht mehr wie eine kaltherzige Piratin, sondern einfach nur wie eine verzweifelte Tochter, die um jeden Preis ihren Vater retten wollte.
,,Ich kann verstehen, dass Ihr Euren Vater retten wollt...aber andere Menschen dafür sterben zu lassen, das ist der falsche Weg. Denn selbst, wenn Euer Vater Philip nicht für die Träne ermordet hätte...spätestens an der Quelle muss jemand sein Leben für ihn lassen. Und wenn Ihr es entscheiden müsstet, Angelica...wen würdet Ihr wählen?", erwiderte Kate schließlich und nun war es Angelica, die keine Antwort auf die Frage kannte.
Kate beobachtete die Piratin und erkannte, dass diese sichtlich mit sich haderte. Unterdessen wanderten die Gedanken von Kate zu Jack und David. Wo sie wohl gerade waren? Hatten sie das Schiff von Ponce de Leon mittlerweile schon erreicht und hatten sie die Kelche gefunden?
Kate wusste nicht, ob sie sich dies erhoffen sollte. Sicher, sie wollte nicht sterben und das würde passieren, wenn David und Jack Blackbeard nicht zur rechten Zeit die Kelche brachten. Aber noch weniger wollte die Piratin riskieren, dass Blackbeard alles für das Ritual zusammen bekam und die Unsterblichkeit erlangte. Denn ein Schurke wie Blackbeard durfte kein ewiges Leben führen...er wäre eine Bedrohung für jeden einzelnen Piraten!
,,Ich wüsste nicht, wen ich opfern soll.", sagte Angelica plötzlich und riss Kate somit aus ihren Gedanken. ,,Vielleicht einen bösen Menschen, der nichts als Unheil gebracht hat. Welche Wahl würdet Ihr treffen?"
,,Ich würde niemanden opfern, um meinem bösen Vater das ewige Leben zu schenken. Denn kein Mensch verdient es, auf so eine Weise zu sterben. Und egal, was Ihr jetzt sagt, um das Gegenteil zu behaupten...Unsterblichkeit hat immer ihren Preis. Glaubt mir, ich weiß, wovon ich spreche, denn ich habe es bereits mit eigenen Augen gesehen.", erwiderte Kate und Angelica hatte nun auf einmal einen neugierigen Gesichtsausdruck.
,,Ihr habt das Ritual schon einmal gesehen?"
,,Neinich war noch nie bei der Quelle und bin nicht einmal sicher, ob ich sie überhaupt sehen will. Aber es gibt mehrere Wege, um unsterblich zu werden."
,,Zum Beispiel?", wollte Angelica wissen und Kate war irritiert darüber, dass die Piratin nun so anders zu ihr war...geradezu normal.
,,Bisher kenne ich nur einen Weg und allein dieser hat harte Konsequenzen mit sich gebracht. Er ist gewissermaßen ein Fluch...im wahrsten Sinne des Wortes.", sagte Kate und nun ließ sich Angelica auf einmal neben ihr auf dem Baumstamm nieder.
,,Wer steht unter ihm? Unter dem Fluch, meine ich."
,,Der Mann meiner besten Freundin. Es war der einzige Weg gewesen, um ihm das Leben retten zu können. Aber wie gesagt...es hat seinen Preis. Er kann nur alle 10 Jahre an Land gehen...für einen einzigen Tag."
Kate schaute Angelica vielsagend an und diese wirkte nun sichtlich erschüttert. Offenbar war sie sich der Konsequenzen solches Fluchs vorher nicht bewusst gewesen. Kate verschwieg ihr zwar, dass es sich bei Will um den Captain der Dutchman handelte, denn sie musste ihn ja auch schützen. Sonst käme Angelica noch auf den Gedanken, ihrem Vater diesen Weg vorzuschlagen und Kate riskierte keineswegs das Leben von Will.
,,Das...ist ein schreckliches Schicksal.", schlussfolgerte Angelica schließlich, woraufhin Kate nickte.
,,Ja, das ist es. Deshalb rate ich Euch, Angelica...denkt darüber nach, wie weit Ihr gehen wollt, um Euren Vater zu retten. Jeder Fluch ist auf seine Weise einzigartig, aber jeder davon fordert nun einmal einen Preis und es ist und bleibt ein Fluch. Ihr werdet Euch entscheiden müssen, ob es das alles wert ist."
,,Captain!", ertönte auf einmal die Stimme eines Zombies und die beiden Frauen wurden aus ihrer Unterhaltung gerissen.
Angelica erhob sich augenblicklich und auch Kate stand auf, als die gesamte Crew nun plötzlich Richtung Tümpel stürmte. Blackbeard war an der Spitze und als Angelica ihrem Vater nachsetzte, wurde Kate misstrauisch.
Was war passiert? Hatte sich Syrena durch ein Wunder jetzt doch dazu entschlossen, Blackbeard eine Träne für das Ritual zu erübrigen? Selbst wenn, Kate befürchtete, dass der blutrünstige Pirat die Meerjungfrau dennoch austrocknen lassen würde, denn er war keineswegs ein Mann, der Gnade walten ließ. Dazu kam noch, dass Syrena sich geweigert und die Ehre von Blackbeard infrage gestellt hatte. Allein dafür würde er ihr sie den Tod erleiden lassen.
Als Kate die Tümpel erreichte, kämpfte sie sich durch die Menge der Piraten und warf schließlich einen Blick auf den Tümpel, wo Syrena zurückgelassen worden war. Und was sie dort sah, ließ die junge Piratin erstarren.
Die Piraten hielten Syrena fest, die gerade dabei war, eine einzelne Träne zu verlieren und diese floss geradewegs in das dafür vorgesehene Fläschchen, welches Scrum nun an Angelica weitergab. Und der Grund dafür, dass Syrena nun doch eine Träne vergossen hatte, stand nur wenige Meter neben der Meerjungfrau.
Denn Philip, keineswegs tot und stattdessen quicklebendig, wurde von einem Zombie festgehalten und wehrte sich gegen dessen Griff. Und da die Fesseln von Syrenas Handgelenken gelöst waren, schlussfolgerte Kate darauf, dass Philip versucht hatte, die Meerjungfrau zu befreien.
,,Tränen der Trauer niemals...dafür sind Meerjungfrauen zu zäh. Aber Freudentränen...", setzte Blackbeard an und ein Lächeln des Triumphes glitt über sein Gesicht. ,,Es heißt, ihre Wirkung sei ohnehin viel stärker."
,,Syrena, ich schwöre, ich hatte damit nichts zu tun.", beteuerte Philip, aber der Blick von Syrena sagte mehr als genug...sie glaubte ihm kein Wort.
Kate konnte immer noch nicht glauben, dass Philip wahrhaftig am Leben war. Sie hatte doch mit eigenen Augen gesehen, wie der Quartiermeister ihn getötet hatte. Oder hatte es nur so aussehen sollen? Plötzlich erkannte Kate das durchtriebene Spiel von Blackbeard und sie sah den Piraten wutentbrannt an.
,,Ihr hattet das geplant! Ihr wusstet, dass Syrena Tränen der Freude vergießen würde, wenn sie erfährt, dass Philip lebt. Ihr habt ihn benutzt!"
,,Der Zweck heiligt die Mittel!", entgegnete Blackbeard und zuckte kaum merklich die Schultern. ,,Und unser Bursche hier, hat seinen Zweck erfüllt. So, wie Ihr Euren Zweck erfüllen werdet."
Kate sah Blackbeard fassungslos an. Wie konnte ein Mensch nur so grausam sein? Es war der Piratin ein Rätsel, dass Angelica ihren Vater unter diesen Umständen retten wollte. Zwar hatte auch Kates Vater Barbossa schon schreckliche Dinge getan, aber er besaß immerhin noch so etwas wie Ehre und Menschlichkeit. Und Kate machte sich gar nicht erst die Mühe, ihre Wut zurückzuhalten.
,,Der Tod wird Euch holen, Blackbeard! Das Schicksal hat nicht ohne Grund eine Prophezeiung über Euch ausgesprochen, die Euren Tod beinhaltet. Jeder kriegt, was er verdient.", zischte sie und Blackbeard sah sie warnend an.
,,Hütet Eure Zunge, Miss Summers! Sonst werdet Ihr die Quelle nicht mehr lebend erreichen."
,,Lasst Syrena frei! Was wollt Ihr noch von ihr?", unterbrach Philip die Konversation und Blackbeard sah missbilligend auf die Meerjungfrau.
,,Freilassen? Nein! Bindet sie fest und überlässt sie ihrem Schicksal."
Sofort kamen die Piraten dem Befehl ihres Captains nach und leisteten ihm Folge. Machtlos mussten Kate und Philip mit ansehen, wie Syrena wieder an den Baum gefesselt wurde. Und wenn erst die Sonne aufgegangen war...war das Schicksal von Syrena besiegelt.
Blackbeard ging schließlich wieder zum Lager und ordnete den Piraten an, dass sie augenblicklich weiterziehen würden. Kate hatte mitgehen müssen, da ein Zombie sie mit gezerrt hatte und nun stand sie da, während sie wütende Blicke Richtung Blackbeard warf. Doch sie blieb nicht lange allein, den Philip kam zu ihr und sah sie besorgt an.
,,Kate, geht es dir gut?"
,,Mir? Ja...bis, auf dass ich gegen den Impuls ankämpfen muss, Blackbeard hier und jetzt hinzurichten. Wie kann jemand nur so grausam sein?", erwiderte sie kühl, ehe sie Philip ansah und ihr Blick weicher wurde. ,,Philip, wie kannst du am Leben sein? Der Quartiermeister hat dich doch getötetvor unseren Augen."
Philip antwortete nicht, sondern zog mit einem Mal etwas aus seiner Westentasche hervor. Kate erkannte einen kleinen schwarzen Pfeil und sie schüttelte fassungslos den Kopf.
,,Ein Betäubungspfeil! Warum bin ich nicht früher drauf gekommen?"
,,Kate, wir müssen einen Weg finden, um Syrena zu retten. Wir können sie nicht den Tod erleiden lassen.", sagte Philip nun und Kate nickte.
,,Ich weiß! Und sei versichert, Philip...du hast meine Unterstützung. Aber im Moment können wir nicht viel ausrichten. Wir müssen warten, bis wir die Quelle erreicht haben."
,,Wieso? Was hilft es uns, wenn Blackbeard sein Ziel erreicht?", brachte Philip irritiert hervor.
,,Das wird er nicht!"
,,Woher willst du das wissen, Kate?", erwiderte er zweifelnd und sie sah ihn vielsagend an.
,,Sagen wir einfach, dass Blackbeard mich besser nicht unterschätzen sollte. Ich mag vielleicht vieles sein, aber ganz bestimmt nicht naiv. Und ich habe immer ein Ass im Ärmel."
,,Was hast du vor, Kate?"
Philip klang mehr als verunsichert und Kate konnte ihm nicht einmal übel nehmen. Aber sie konnte auch nicht riskieren, ihm die Wahrheit zu sagen. Denn in der Nähe der Crew und Blackbeard konnte sie keineswegs sicher sein, dass man ihr Gespräch nicht belauschte.
,,Je weniger du weißt, desto besser. Nur so viel: Blackbeard wird sein Ziel nicht erreichen! Denn, wenn ich eine Sache nicht zulassen werde...dann, dass dieser teuflische Pirat das ewige Leben erhält!"
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