Herzlichen Glückwunsch, du bist adelig!

Herzlichen Glückwunsch, du bist adelig!

Mila fiel die Gabel aus der Hand und sie starrte den Gouverneur entgeistert an. Kate war zu ihrer eigenen Überraschung sprachlos und David sah aus, als würde er jeden Moment in Ohnmacht fallen. Dabei war er doch gar nicht derjenige, der eine Hiobsbotschaft aus heiterem Himmel bekommen hatte, die einem den Boden unter den Füßen wegzog. Der Gouverneur und Elizabeth sahen Mila erwartungsvoll an und schienen nicht zu wissen, was sie sagen sollten.

,,Wow!", brachte David mit einem Fall hervor und alle Blicke wanderten zu ihm. ,,Das nenne ich mal Ironie des Schicksals.", sagte nun Kate und Elizabeth sah sie fragend an.

,,Wie bitte?"

,,Naja, vorhin hab ich nur so gedacht, dass Mila in ihrem neuen Kleid aussieht, als wäre sie geboren dafür, um solche Kleidung zu tragen. Und nun sagt der Gouverneur, sie wäre seine Tochter!", sagte Kate und Elizabeth nickte.

,,Es ist die Wahrheit! Ich bin dein Vater, Mila!", entgegnete nun der Gouverneur selbst, der endlich seine Sprache wiedergefunden hatte.

,,Aber das ist völlig unmöglich! Wie soll das bitteschön gehen? Ich stamme doch aus einer vollkommen anderen Zeit als Ihr.", platzte es aus Mila heraus, die mit den Nerven am Ende war.

,,Vor 10 Jahren ist meine andere Tochter verschwunden. Ihr Name war Milena Swann und die Ähnlichkeit mit dir ist nicht zu übersehen. Wir dachten alle, sie wäre tot, doch ihre Leiche wurde nie gefunden. Wir haben die Hoffnung nie aufgegeben und nun bist du wieder hier.", erklärte er ruhig.

,,Aber ihr Name ist doch Mila!", warf David nun in den Raum.

,,Mila war immer ihr Spitzname, weil sie ihren vollen Namen gehasst hat.", kam es nun von Elizabeth. ,,Wir wissen auch nicht, wie das möglich ist, aber es ist wahr, du bist meine Schwester und das Schicksal hat dich wieder zu uns gebracht."

Mila war überfordert und stellte ihr gesamtes Leben in Frage. Konnte das möglich sein? Aber wie, wenn sie aus einem anderen Jahrhundert stammte? Und wenn es wirklich die Wahrheit war, dann wurde sie ihr gesamtes Leben lang von ihrer Familie, die Menschen die sie zumindest dafür gehalten hatte, belogen worden.

,,Du müsstest ein herzförmiges Muttermal am linken Schulterblatt haben. Das hast du von unserer Mutter geerbt.", fuhr Elizabeth fort, denn ihr Vater war wieder nicht fähig, etwas zu sagen.

Nun erstarrte Mila! Das konnte Elizabeth nicht wissen und selbst die Zofe, die Mila vorhin beim Ankleiden behilflich gewesen war, hatte keine Gelegenheit gehabt, ihr das zu sagen.

,,Donnerwetter, das stimmt! Mila hat das Muttermal.", brachte Kate hervor.

,,Das ist unglaublich.aber extrem cool!", sagte David und Elizabeth zog eine Augenbraue hoch.

,,Cool?"

,,Ein anderes Wort für umwerfend!", erklärte Kate.

Mila erhob sich und sah ihre Freunde entgeistert an.

,,Cool? Was, soll daran bitte cool sein?"

,,Freu dich doch mal! Herzlichen Glückwunsch, du bist adelig!", sagte David und sah Mila an.

,,Auf deine blöden Sprüche kann ich verzichten, David. Mein ganzes Leben ist eine Lüge und ich erfahre gerade, dass ich von einer völlig anderen Familie abstamme. Wie würdest du dich fühlen, wenn du dein ganzes Leben lang belogen worden wärst?", fuhr sie ihn an.

Dann stürmte sie aus dem Raum und Elizabeth wollte aufstehen, um ihr zu folgen. Kate jedoch hielt Elizabeth zurück und schüttelte den Kopf.

,,Sie wird sich wieder beruhigen, Elizabeth! Lass ihr ein bisschen Zeit. Mila muss erstmal wieder selbst mit ihren Gefühlen klarkommen. Im Moment ist sie eine tickende Zeitbombe und sie würde dir Dinge an den Kopf werfen, die sie gar nicht so meint."

Elizabeth nickte niedergeschlagen und sank zurück auf den Stuhl. Auch der Gouverneur war verzweifelt und David beschloss die Stimmung aufzulockern, bis Mila wieder zurückkommen würde.

,,Also....Mr. Swann! Warum erzählen Sie nicht ein bisschen von Mila's Kindheit. Ich kann es kaum erwarten, die Geschichten zu hören.", sagte er und lehnte sich zurück.

                            ***

Mila schlug die Tür hinter sich zu und fegte wutentbrannt durch das Zimmer. Ihre Gefühle waren eindeutig außer Kontrolle und sie hatte keine Ahnung, wie sie sich verhalten sollte. Es konnte doch alles bloß ein schlechter Scherz sein, doch die Tatsache, dass Elizabeth von dem herzförmigen Muttermal wusste, bewies eindeutig das Gegenteil.

Stammte sie etwa wirklich von hier? War sie hier geboren worden und hatte in diesem Haus gelebt? Doch wenn das stimmte, warum erinnerte sie sich nicht daran? Es war, als wäre ihr gesamter Kopf plötzlich leer und sämtliche Erinnerungen waren ausgelöscht. Ihr Herz raste und die Tränen brachen aus ihr heraus. Mila hatte sich nie etwas sehnlicher als eine heile Familie gewünscht. Wo sie sich geborgen fühlte und wo sie das Gefühl hatte, zu Hause zu sein. War diese Familie etwa diese hier?

,,Mila, bitte mach die Tür auf!", ertönte plötzlich die Stimme von Kate und riss Mila aus ihrer Starre.

Widerwillig öffnete sie und ließ ihre beste Freundin ins Zimmer.

,,Was willst du? Hat Elizabeth dich geschickt oder mein Möchtegern-Vater?", entgegnete sie schnippisch, doch Kate hob abwehrend die Hände.

,,Nein, die sind unschuldig! Allerdings fragt David den Gouverneur gerade über sämtliche Geschichten deiner Kindheit aus und das wurde mir zu viel. Deswegen wollte ich nach dir sehen. Alles okay bei dir?"

,,Na, sicher! Wir hatten einen Unfall, der uns wohl offensichtlich getötet und an diesen Ort hier katapultiert hat, dann werden wir von Captain Norbert und seiner Leibgarde in Ketten gelegt und zum Gouverneur persönlich gebracht und nun stellt sich raus, dass er mein Vater ist und ich auch noch eine Schwester habe, weswegen ich mein ganzes Leben lang offensichtlich belogen und betrogen wurde. Aber klar...Kate, es könnte mir nicht besser gehen!", brachte Mila hervor und neue Tränen liefen ihr über die Wangen, obwohl sie sich nicht wirklich sicher war, ob sie von Trauer oder Wut kamen.

Kate ging auf Mila zu und umarmte sie. Und obwohl Mila sonst gar nicht der Typ war, der Umarmungen oder anderes dergleichen zuließ, so wies sie Kate nicht von sich, sondern ließ es geschehen und versuchte nun gar nicht mehr, die Tränen zurückzuhalten. Sie weinte unendlich und Kate stand da, sagte nichts, sondern hielt nur ihre beste Freundin im Arm und konnte selbst noch gar nicht glauben, welche Wendung der Tag genommen hatte.
Mila löste sich schließlich aus der Umarmung und wischte sich die Tränen weg. Kate musterte sie besorgt und schenkte ihr ein mattes Lächeln.

,,Besser?"

,,Ja, danke, Kate!", erwiderte Mila und dann tauchte plötzlich Elizabeth im Zimmer auf.

,,Mila...bitte, kann ich mit dir sprechen?", fragte sie zögernd und nach kurzem Überlegen, nickte Mila schließlich.

Elizabeth würde sicher nicht locker lassen und immerhin würde Mila dem Gespräch nicht ewig ausweichen können.

,,Kate, lässt du uns bitte allein?", fragte Mila an ihre beste Freundin gewandt und die nickte.

,,Ich bin unten, wenn du mich brauchst!"

Kate verschwand und schloss die Tür hinter sich. Mila stand Elizabeth nun allein gegenüber und bemühte sich, ihre Fassung wieder aufrecht zu erhalten.

,,Du bist also meine Schwester.", brachte Mila hervor und Elizabeth lächelte leicht.

,,Ja! Heißt das, du glaubst uns?"

,,Nun...von diesem Muttermal konntest du nicht wissen, also...aber ich verstehe immer noch nicht, wie das möglich sein kann. Was ist damals passiert, Elizabeth?"

Elizabeth ließ den Kopf sinken und schien nun selbst mit den Tränen zu kämpfen, ehe sie schließlich begann zu erzählen.

,,Wir waren damals die perfekte Familie und wir beide waren Zwillingsschwestern, weil wir am gleichen Tag geboren worden waren. Unsere Mutter hat uns geliebt und du warst schon immer so wie sie. Lebensfroh, willensstark und abenteuerlustig. Unser Vater hat dich immer Wildfang genannt, weil du immer ausgebüchst bist, um die Welt zu entdecken. Er musste dann immer die Diener durch Port Royal jagen, um dich zu finden."

Beide Frauen lachten kurz auf und Mila merkte, wie sich Tränen der Freude aus ihren Augen stahlen.

,,Eines Tages, da bist du wieder ausgebrochen und wolltest dir etwas ansehen. Ich habe zu spät gemerkt, dass du verschwunden bist. Und dann habe ich unseren Vater geholt."

                           ***

Einige Zeit zuvor...

,,Vater...du musst schnell kommen. Mila ist weg!", rief Elizabeth und Gouverneur Swann wachte aus dem Schlaf auf.

,,Elizabeth, was ist los. Was sagst du da? Rose, wach auf.", sagte er und weckte seine Frau.

Sie setzte sich auf und die langen dunklen Haare waren zerzaust. Ihre Augen waren geweitet und sie sah nun ebenfalls zu ihrer 10-jähigren Tochter.

,,Was ist passiert Lizzy?", fragte Rose und Elizabeth machte einen verzweifelten Gesichtsausdruck.

,,Mila ist weg!", brachte sie hervor.

,,WACHEN!", brüllte der Gouverneur und sprang förmlich aus dem Bett.

Nur im Nachthemd gekleidet und ohne Perücke platzte er aus dem Zimmer, als auch schon die gerufenen Diener angerannt kamen. Sie ignorierten den Aufzug ihres Herrn und waren zur Stelle.

,,Ihr habt gerufen, Sir!"

,,Meine Tochter Mila ist verschwunden. Findet sie!", befahl er und sofort rannten die Wachen los.

Rose und Elizabeth kamen nun auch auf den Flur und das junge Mädchen sah ihren Vater an.

,,Sie werden sie finden oder, Vater?"

,,Ja, das werden sie, Elizabeth...das werden sie!"

                           ***

,,Aber sie haben mich nicht gefunden, oder?", fragte Mila und Elizabeth schüttelte den Kopf.

,,Nein! Sie haben nur die Halskette gefunden, die du immer getragen hast. Unsere Mutter hat sie dir geschenkt. Noch viele Tage sind die Soldaten der Navy ausgerückt um nach dir zu suchen, doch sie hatten keinen Erfolg. Und als wir mit der Tatsache leben mussten, dass du wohl nie wieder zu uns zurückkommen würdest, ist unsere Mutter daran zerbrochen. Sie wurde unheilbar krank und ist gestorben. Unser Vater hat den Verlust von dir und Mutter nie verwunden und er hat die Hoffnung nicht aufgegeben, dass du zu uns zurückkommen würdest. Mich hat er alleine großgezogen und ich durfte nirgends allein hin. Er hatte zu viel Angst, mich auch noch zu verlieren,weil er schon Mutter und dich verloren hat!", sagte Elizabeth und sie wirkte unendlich traurig.

Mila war tief getroffen und ihr Herz wog auf einmal mehrere Tonnen. Sie glaubte Elizabeth! Nicht nur, weil diese Geschichte sie rührte und zugleich schmerzte, sondern auch weil in den dunkelsten Stellen ihres Gedächtnisses etwas klingelte und damit bewies, dass der Gouverneur und Elizabeth wirklich die Wahrheit gesagt hatten.

,,Dann ist mein richtiger Name wohl Mila Swann!", sagte Mila schließlich und lächelte.

Elizabeth strahlte und zog Mila in eine enge Umarmung. Mila ließ es geschehen und auch sie war überglücklich. Sie fühlte sich plötzlich so unbeschwert wie nie zuvor und hoffte, dass ihre Erinnerungen eines Tages zurückkehren würden, damit dieser Ort nicht mehr so fremd aus sie wirkte.
Ein Klopfen an der Tür, ließ die beiden auseinander fahren und der Gouverneur trat ein. Er sah immer noch niedergeschlagen aus, doch als er Mila und Elizabeth sah, sie dicht nebeneinander standen und zaghaft lächelten, hellte sich seine Miene auf.

,,Was ist denn hier los?"

,,Liz hat mir die Geschichte von dem Tag erzählt, an dem ich verschwunden bin. Und es tut mir leid, dass ich vorhin so ausgerastet bin.", entschuldigte sich Mila, doch der Gouverneur sah sie plötzlich mit glasigen Augen an. ,,Was ist?", fragte Mila.

,,Du hast Liz gesagt. So hast du Elizabeth früher immer genannt, wenn sie dich mit deinem vollen Namen aufgezogen hat.", erklärte er und war den Tränen nahe.

Mila sah Elizabeth an und die nickte. Dann wandte Mila sich wieder ihm zu und zum ersten Mal ließ sie den Gedanken auf sich wirken, dass der Mann vor ihr wirklich ihr Vater war.

,,Ich hab das Gefühl..." begann Mila und Elizabeth sah sie erwartungsvoll an.

,,Ja, was für eins?"

,...dass ich zu Hause bin!", vollendete Mila den Satz.

Damit brachte sie die Fassung des Gouverneurs völlig zum Einsturz und er zog Mila an sich. Und wieder wehrte sie sich nicht dagegen, sondern schlang die Arme um ihn und merkte, dass er vor Glück weinte.

,,Ich hab mein kleines Mädchen wieder!", brachte er hervor und Mila lächelte.

,,Ja, Vater!"

Und als sie das aussprach, zog der Gouverneur auch Elizabeth zu sich und die wiedervereinte Familie lag sich in den Armen. Über der Schulter ihres Vaters hinweg sah Mila ihre beiden Freunde, die in der Tür standen und zufrieden den Anblick betrachteten.
Ja, jetzt war alles genauso, wie es sein sollte und Mila hatte die Familie, nach der sie immer gesucht hatte. Doch ein Gefühl überschattete den glücklichen Moment, das Gefühl, dass noch etwas viel Größeres auf die Freunde wartete!

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