Galgen au revoir!

Galgen au revoir!

Der Tag des Prozesses war gekommen! Die Sonne schien besonders stark und Trommeln erklangen. Jack stand auf dem Podest des Galgens, hatte die Hände gefesselt und starrte gedankenverloren vor sich hin. Offenbar hatte er sich nun damit abgefunden, dass dieses Abenteuer sein Letztes gewesen ist und ihm der Tod unmittelbar bevorstand.

Und es waren viele Menschen anwesend. Hochangesehene Herrschaften, einige Schaulustige und natürlich die Royal Navy. Mila und Elizabeth standen mit David und Kate bei ihrem Vater und Commodore Norrington. Sie hatten sich für den Anlass zurecht gemacht, doch jeder von ihnen hielt es für die falsche Entscheidung, Jack hinrichten zu lassen. Mittlerweile hatte auch der Botschafter des Richters die Stufen erklommen und rollte nun eine Schriftrolle auseinander, während er sich neben Jack positionierte und begann, das Urteil laut und deutlich zu verkünden.

,,Jack Sparrow..."

Die Freunde sahen zu Jack und erkannten, wie er die Lippen formte und den Botschafter verbesserte.

,,CAPTAIN! Captain Jack Sparrow!"

,,Hiermit tun wir kund, dass Ihr angeklagt vor Gericht gestellt und verurteilt wurdet, wegen Eurer vorsätzlich begangenen Straftaten gegen die Krone.", begann der Botschafter.

Kate sah in die Menge und tippte Mila leicht an.

,,Mila, da ist Will!"

Mila folgte ihrem Blick und erkannte tatsächlich den Waffenschmied in den Massen. Und heute war er auch kaum zu übersehen, denn über seiner sonst alltäglichen Kleidung trug er einen knallroten Umhang und einen übergroßen Hut mit einer gigantischen Feder. Will sah fast so aus, wie ein Musketier.

,,Von den besagten Verbrechen, die sehr zahlreich und von böser Natur waren, werden die ungeheuerlichsten hier aufgeführt: Piraterie, Schmuggel, Fälschung von..."

Mila schüttelte den Kopf und sah zu ihren Freunden und ihrer Familie.

,,Das ist nicht richtig!", äußerte sie und ihr Vater seufzte.

,,Commodore Norrington ist an das Gesetz gebunden. So, wie wir alle."

Kate warf einen niedergeschlagenen Blick zu Jack und auch David und Elizabeth waren mehr als bestürzt über das Schicksal des Piraten. Sicher, er hatte sich nicht immer ehrenhaft verhalten und war ein verrückter Kerl, der egoistisch und selbstgerecht war, doch tief im Inneren saß sein Herz am rechten Fleck. Das hatten sie alle durch ihr gemeinsames Abenteuer erkannt.

,,Amtsanmaßung bei einem Offizier der spanischen Royal Navy, Amtsanmaßung bei einem Geistlichen, der Kirche von England,..."

Jack schien leicht zu grinsen und in Erinnerungen an seine Taten zu schwelgen. Mila hingegen hörte fassungslos zu und wandte sich an ihre beste Freundin.

,,Wie kann jemand so viele Verbrechen begangen haben?"

,,Tja, Jack macht keine halben Sachen.", erwiderte Kate und es klang fast stolz.

David sah zu Will und entzog sich langsam Elizabeth, die sich bei ihm eingehakt hatte. Verwirrt sah die blonde Gouverneurstochter ihren Verlobten an, doch der lächelte leicht.

,,Keine Sorge, ich bin gleich zurück."

David ging weg und Elizabeth sah ihm irritiert nach. Was hatte David denn nur vor? Sie konnte noch erkennen, wie er kurz mit Will sprach und dann in der Menge verschwand. Irgendwas war doch faul hier

,,Segeln unter falscher Flagge, Brandstiftung, Menschenraub, Plünderung, Wilderei, Brigantentum, Diebstahl..."

Während der Botschafter weiter munter die Anzahl der Verbrechen auflistete, warf Jack einen zerknirschten und schuldbewussten Blick zum Henker, der wirklich angsteinflößend aussah. Da hatten ja die verfluchten Piratenskelette freundlicher gewirkt.

Kate verdrehte die Augen und schüttelte den Kopf. Ein einziger Mann und so viele Verbrechen...Jack hatte wirklich nichts anbrennen lassen. Dann erregte etwas anderes ihre Aufmerksamkeit, denn sie sah, wie der Papagei von Cotton auf dem Mast einer Flagge landete, die die beiden Volldeppen von Soldaten festhielten. Der Dickere von den beiden bekam noch eine ganz besondere Geste der Begrüßung, denn der Papagei erledigte sein Geschäft eben mal kurzer Hand auf dessen knallroter Uniform, was Kate kichern ließ. Oh ja, das Weiß kam auf dem Rot ganz besonders gut zur Geltung. Sie stupste Mila leicht in die Seite und die Braunhaarige sah sie fragend an, während Kate auf den Vogel deutete.

,,Sieh mal, wer noch zur Hinrichtung gekommen ist. Und er scheint die beiden Deppen nicht besonders zu mögen."

Mila sah nun ebenfalls den weißen Fleck und musste grinsen. Noch breiter wurde ihr Grinsen, als sie sah, wie der Soldat versuchte, den Vogel zu verscheuchen, was jedoch erfolglos blieb.

,,Sittenlosigkeit, Raub und allgemeine Gesetzeslosigkeit. Und für diese Verbrechen wurdet Ihr verurteilt zur Hinrichtung am heutigen Tage, durch den Strang am Hals, bis zum Tode. Möge Gott Eurer Seele gnädig sein!", beendete der Botschafter nach einer gefühlten Ewigkeit seine Vorlesung.

Kate seufzte und sah von der Erhebung herunter, wo sie Will sah, der den Papagei nun auch entdeckt hatte und auf sie alle zukam. Vor der Erhebung blieb er stehen und schaute höflich in die Runde.

,,Gouverneur Swann, Kate, Elizabeth, Commodore...Mila!", begann er und während die anderen ihm höflich zunickten, stellte er sich nun direkt vor Mila, die ihn verwundert ansah.

Will hatte den Mund leicht geöffnet, als wollte er noch etwas sagen, schien aber nicht zu wissen, ob er es wirklich tun sollte. Kate sah ihn an und als er kurz zu ihr schaute, gab sie ihm ein unauffälliges Zeichen, endlich mit der Sprache rauszurücken. Der Waffenschmied holte noch einmal tief Luft und dann sprang er endlich über seinen Schatten.

,,Seit dem Tag unserer ersten Begegnung möcht' ich Euch sagen...ich liebe Euch!", sagte er schließlich und schüttelte leicht den Kopf, als ob er nicht fassen konnte, dass er das wirklich gesagt hatte.

Mila sah Will ungläubig an und war unfähig etwas zu sagen, denn dieses Geständnis hatte sie völlig überrumpelt. Und doch konnte sie ein unendliches Gefühl der Freude spüren, dass sich in ihr ausbreitete. Will liebte sie! Er liebte sie genauso, wie sie ihn liebte und er hatte es ihr in aller Öffentlichkeit gestanden.
Alle anderen wandten ihre Köpfe nun verwundert und ungläubig in die Richtung der Braunhaarigen. Kate grinste und konnte sie sich ein Kommentar nicht verkneifen.

,,Wurde aber auch Zeit!"

Doch bevor Mila etwas zu Will erwidern konnte, drehte sich dieser um und eilte zurück in Richtung Galgen. Kate sah in die Menge und erkannte David, der ebenfalls gut getarnt dort stand und zu Will sah, während er offenbar sein Schwert zog.

,,Was zum...", setzte sie an und sah dann zum Papagei von Cotton, der davonflog, als das Trommelwirbeln schneller erklang und Jack der Galgenstrick umgelegt wurde.

Nun verstand Kate, was hier vor sich ging, denn Will und David bahnten sich nun einen Weg durch die Mengedirekt in Richtung Galgen. Auch Commodore Norrington schien ein Licht aufzugehen, denn er setzte sich langsam in Bewegung.

,,Wachen", setzte er an.

Mila brauchte ebenfalls keine Zeit mehr, um den Plan von Will und David zu durchschauen. Sie sah, wie James schon kurz davor war, in Richtung Galgen zu stürmen. Kate sah sie an und ihre Augen zeigten Verzweiflung und Panik.

,,Wir müssen ihnen helfen.", sagte sie leise und Mila überlegte fieberhaft, was sie tun konnte.

Da kam ihr eine Idee und sie zögerte keine Sekunde, sondern setzte ihren Plan in die Tat um und berührte ihren Vater leicht am Arm.

,,Ich krieg keine Luft mehr.", brachte sie hervor und kippte in einen vorgetäuschten Ohnmachtsanfall um.

Sowohl James, als auch Elizabeth drehten sich verdutzt zu Mila um und eilten ihr sofort zu Hilfe.

,,Mila!", sagte der Gouverneur erschrocken.

Er war sofort zur Stelle und fächerte seiner Tochter mit seinem gigantischen Hut Luft zu. Kate musste an sich halten, um nicht loszulachen, denn ihre Freundin war eine unglaublich gute Schauspielerin.

,,Wach auf!", hauchte der Gouverneur seiner Tochter zu und das Trommeln erstarb, woraufhin Mila ihre Augen aufriss und sich blitzschnell aufsetzte.

Da wurde die Luke des Galgen geöffnet und Kate riss die Augen erschrocken auf, als Jack fiel und genau in der Sekunde warf Will sein Schwert. Es landete im unteren Teil der Holzvorrichtung, sodass Jack geradeso einen Halt fand und die Vollstreckung des Todes somit aufgehalten wurde. Kate fiel ein Stein vom Herzen und der Gouverneur und James sahen Mila verwirrt an, als ihnen bewusst wurde, dass Mila bloß simuliert hatte. Commodore Norrington eilte sofort in Richtung Galgen, denn David und Will inzwischen erreicht hatten. Während Will die Treppen hochrannte und sich mit dem Henker duellierte, nahm David die Soldaten vor der Vorrichtung in Empfang. Jack versuchte, die Balance auf dem wackeligen Schwert zu halten, während David und Will sich einen gigantischen Kampf lieferten.
Elizabeth half Mila auf und sah sie schmunzelnd an.

,,Du bist unglaublich, Mila!", sagte sie und die Braunhaarige zuckte mit den Schultern.

,,Du hast mich inspiriert!"

,,Kommt! Wir müssen da runter und ihnen helfen.", sagte Kate und stürzte bereits in Richtung Galgen.

Mila und Elizabeth wollten ihr folgen, doch ihr Vater hielt sie zurück.

,,Oh, nein! Ihr bleibt hier."

Kate stürmte auf die Soldaten zu, rannte den Erstbesten über den Haufen und entriss ihm sein Schwert. Dann warf sie sich ebenfalls ins Gefecht und sah zum Galgen, wo nun auch David auf dem Podest stand und Commodore Norrington entdeckte. Er überlegte kurz und warf dann den Henker hinunter, der taumelnd auf Norrington und seinem Gefolge landete. Will hatte derweil den Galgenstrich durchtrennt und Jack somit befreit. Dieser benutzte das Schwert, welches nach wie vor im Holz steckte und durchtrennte seine Fesseln.
David und Will packten den Strick und sprangen in eleganten Vorwärtssaltos herunter. Jack stieß zu ihnen und gemeinsam zogen sie das Seil stramm und brachten die Soldaten, die auf sie zu rannten zu Fall. Kate trat um sich und wehrte Schwerthiebe ab, während sie sich den drei Männern anschloss.
Sämtliche Zuschauer hatten das Weite gesucht und der Kampf fuhr unerbittlich fort. Als die drei Männer weitere Soldaten zu Boden geworfen hatten, benutzten sie nun ihre Fäuste als Waffe und verteilten sämtliche Schläge in alle Richtungen.

,,Ihr hättet mich ruhig einweihen können.", warf Kate Will und David vor.

Der Waffenschmied konzentrierte sich auf seinen Gegner, doch David grinste Kate breit an.

,,Dann wäre es ja kaum noch Top Secret gewesen, oder?"

Lachend wandten sie sich wieder den Soldaten zu und erteilten ihnen eine Lektion in Sachen Faustschlägen und Schwerthiebe. Mila sah zu ihrem Verlobten, der sich nun wieder aufrappelte und mit seinen Männern die Verfolgung aufnahm. Da ihr Vater gerade so gebannt auf das Geschehen achtete, zog sie Elizabeth mit sich und eilte nun ebenfalls in Richtung Flüchtige.
Diese wurden nahe der Steinmauer in die Enge getrieben und noch ehe sie sich einen Plan B überlegen konnten, positionierten sich die Soldaten in einem Kreis um die Freunde und richteten ihre Gewehre auf sie. Kate stand mit ihrem Rücken an David und Jack pustete sich die Feder von Will s Hut aus dem Gesicht.
Sie sahen auf die Soldaten und ihre Gewehre, die sie förmlich anlächelten und Kate sah ihre Verbündeten an.

,,Hat jemand noch einen Notfallplan?", fragte sie in die Runde.

,,Nein! Ich schätze, wir sind umzingelt würde ich sagen."

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