Eine kraftprotzende Crew und Wetterfrösche
Eine kraftprotzende Crew und Wetterfrösche
Kate gähnte und konnte nur mit Mühe die Augen offen halten. Sie und David hatten die ganze Nacht darüber gesprochen, wie sie Jack einen Schritt voraus sein konnten und der Morgen war viel zu schnell gekommen. Und Will hatte sie dann auch noch früh aus dem Bett geschmissen, denn Mr. Gibbs hatte ihm und Jack mitgeteilt, dass er einen Haufen Seemänner aufgetrieben hatte, die doch tatsächlich bereit waren, ihrer Crew beizutreten...nun gut, Jacks Crew.
Und nun standen sie hier! Vor einer Gruppe Piraten, die darauf warteten, entweder angeheuert oder fortgeschickt zu werden. Stramm in Reih und Glied standen sie in einer Reihefast wie beim Militär.
,,Weide deine Augen daran, Captain! Alles brave Männer im Dienste auf See. Jeder ist sein Salz wert. Und verrückt obendrein.", verkündete Mr. Gibbs stolz und blickte Jack zufrieden an.
Dieser musterte die Männer, während Will neben ihm stand und ganz offenbar skeptisch war. Und Kate konnte es dem Waffenschmied nicht verübeln, denn auch sie war von der Auswahl nicht besonders angetan. Die Männer wirkten alt und manche sahen aus, als hätten sie bereits eine Midlife Crisis hinter sich. Einige waren hager und groß, aber auch ein Kleinwüchsiger war unter ihnen, der mit ernstem Blick dreinschaute. Will und Jack schienen beide noch sehr unentschlossen zu sein, doch dann brach der Braunhaarige sein Schweigen.
,,Also das ist....deine kraftprotzende Crew!", ließ er verlauten.
,,Wenn schmächtig für dich kraftprotzend ist.", gab David zurück und warf einen ungläubigen Blick auf die Möchtegern-Crew.
Jack, der einen nach dem anderen genau unter die Lupe nahm, ging zum nächsten Piraten und machte nun vor diesem Halt. Er musste zwischen 40 und 50 Jahren alt sein, trug ein blaues Kopftuch und auf seiner linken Schulter saß stolz ein Papagei.
,,Hey, Seemann!", setzte Jack an, ehe er von Mr. Gibbs verbessert wurde.
,,Cotton, Sir!"
,,Mr. Cotton, habt Ihr den Mut und die Kraft, Befehlen zu folgen und treu zu sein im Angesicht des beinahe sicheren Todes?", fragte Jack und Kate starrte den Piraten ungläubig an.
,,Ernsthaft?"
Der Pirat jedoch blieb stumm und starrte Jack nur an.
,,Mr. Cotton...antwortet mir!", wiederholte Jack, doch da mischte sich Mr. Gibbs wieder ein.
,,Äh, er ist stumm, Sir! Dem armen Teufel haben sie die Zunge rausgeschnitten."
Mr. Cotton öffnete nach der Aussage seinen Mund weit und entblößte seine fehlende Zunge, woraufhin Jack leicht angewidert zurückwich und sich mit seiner eigenen Zunge über die Lippen fuhr. Offenbar wollte er sich vergewissern, dass sie noch da war.
,,Deshalb hat er den Papageien trainiert, damit er für ihn spricht. Nur keiner weiß bis jetzt wie.", erklärte Mr. Gibbs.
,,Ein sprechender Papagei?", murmelte David leise und lehnte sich zu Kate.
,,Dann haben wir immerhin ein kluges Köpfchen, abgesehen von uns, an Bord."
David grinste und Kate zuckte mit den Schultern. Diese Bande erschien ihr wie eine Truppe Wahnsinniger und wenn Jack Sparrow dann auch noch ihr Captain sein würde
Kate wollte gar nicht daran denken! Sie hoffte nur, dass sie und David noch in einem Stück waren, wenn sie Mila und Elizabeth finden würden.
Jack hatte sich inzwischen von dem Schrecken erholt und wandte sich nun an den Gelbbrustara.
,,Mr. Cottons...Papagei! Selbe Frage!"
,,Krahh! Wind in deinen Segeln! Wind in deinen Segeln!", krächzte der Vogel und neigte leicht den Kopf.
,,Meistens glauben wir, das bedeutet: Ja!" , meinte Gibbs und Jack überspielte seine Irritierung.
,,Natürlich heißt es das!", sagte er und wandte sich an Will. ,,Zufrieden?"
Der Waffenschmied zuckte mit den Schultern.
,,Naja, du hast bewiesen, dass sie verrückt sind."
,,Ein bisschen sehr verrückt!", fügte David hinzu.
,,Und was springt für uns dabei raus?", ertönte plötzlich eine Stimme, die allerdings ganz und gar nicht männlich klang.
Kate und David runzelten die Stirn und folgten Jack, der langsam und mit leicht geduckter Haltung an der Reihe vorbeiging, um dann schließlich vor einer zierlich gebauten schlanken Person, stehen zu bleiben und ihr den Hut abzunehmen. Da kam eine schwarzhaarige junge Frau zum Vorschein und Jack lächelte unschuldig.
,,Anna Maria!", begrüßte er sie, doch kurz darauf bekam er eine heftige Ohrfeige verpasst.
,,Wenn ich eine Münze pro Frau bekommen würde, die Jack eine reinhaut, dann wäre ich jetzt stinkreich.", brachte Kate amüsiert hervor und David grinste.
,,Ich nehme an, die hast du auch nicht verdient?", sagte Will zu Jack und schmunzelte, während der Pirat ihn zerknirscht ansah.
,,Nein, die hab ich verdient!", gab er kleinlaut zu.
,,Jack, du hast mein Boot gestohlen!", klagte die Frau ihn an.
,,Eigentlich..."
Da wurde sein Kopf durch eine weitere saftige Ohrfeige zur Seite geschleudert und Kate wunderte sich, dass noch kein Handabdruck seine Wange zierte.
,,Ooh...geborgt! Geborgt, ohne Erlaubnis. Aber mit der aufrichtigen Absicht, es dir wieder zurückzubringen.", erklärte Jack.
,,Aber das hast du nicht!"
Jack überlegte kurz und suchte nach einer Lösung, um nicht noch eine Ohrfeige zu bekommen.
,,Du kriegst ein anderes!"
Anna Maria hob drohend ihren Finger, woraufhin Jack schon zurückwich und auf den Finger starrte.
,,Das werde ich!"
,,Ein Besseres!", mischte sich nun Will ein.
,,Ein Besseres!", wiederholte Jack.
Kate stellte sich nun neben Jack, schenkte Anna Maria ein strahlendes Lächeln und deutete plötzlich auf die Interceptor.
,,Das da!"
,,Was da?", fragte Jack irritiert an Kate gewandt und die deutete mit ihren Augen auf das Schiff. Jack folgte ihrem Blick und starrte sie entgeistert an. ,,Das da?"
Kate sah ihn entschlossen an und nickte ihm zu. Jack zögerte, doch als er den tödlichen Blick von Anna Maria zu spüren bekam, gab er nach. ,,Aye! Das da! Was sagst du?"
,,Aye!", rief sie und der Rest der Crew folgte, ehe sich die Piraten in Richtung Schiff begaben.
,,Glaubt Ihr wirklich dass...", setzte Jack an und wandte sich Kate zu, als diese ihm nun ebenfalls eine schallende Ohrfeige verpasste. ,,Wofür war die denn bitte? Euch habe ich kein Schiff gestohlen."
Kate grinste und zuckte mit den Schultern.
,,Seht es als ein Zeichen der Warnung. Wenn Ihr uns hintergeht...mach ich Euch kalt.", entgegnete sie und stolzierte davon.
Jack und Will sahen zu David, der Jack ernst ansah.
,,Haltet Euch zurück, Sparrow. Sie meint das ernst."
Dann ließ er Jack und Will stehen und folgte Kate, die bei den anderen Piraten stand und in den blauen Himmel starrte.
,,Kate Summer....ich wusste gar nicht, dass du so gut austeilen kannst.", bemerkte er und Kate schenkte ihm ein unschuldiges Lächeln.
,,Was denn? Ich wollte auch mal die Glückliche sein, die ihm Eine verpasst."
,,Du kennst schon das Sprichwort: was sich liebt, das neckt sich! Oder?"
,,Pah, nie im Leben! Da würde ich ja eher Commodore Norrington heiraten."
,,Das will ich sehen! Du als Anstandsdame an der Seite eines hochangesehenen Edelmannes.", prustete David los und Kate haute ihm leicht auf den Hinterkopf.
,,Sei still, du Idiot!", meinte sie lachend und sah dann erneut zum Himmel. ,,Ich hoffe nur, dass es nicht regnen wird."
,,Ach, Quatsch! Sieh dir doch den strahlend blauen Himmel an. Kein einziges Anzeichen von einem Unwetter."
***
,,Wenn du mein Wetterfrosch wärst, dann hätte ich dich heute fristlos entlassen!", brüllte Kate David zu und strich sich die pitschnassen Haare ins Gesicht.
Vor gut einigen Stunden waren sie in See gestochen und nun segelten sie durch einen tobenden Sturm. Denn von dem strahlend blauen Himmel, war schon lange nichts mehr zu sehen. Blitze zuckten grell durch den dunklen Himmel, der Wind tobte und es goss wie aus Kübeln. Als hätte jemand die Himmelsdecke bei Seite gezogen und einen Wasserfall errichtet.
Jeder an Bord war vollkommen durchnässt! Und trotzdem gingen die Piraten unerschüttert ihren Arbeiten nach. Sie zogen die Segel, vertäuten die Seile und Jack hielt das Schiff unerbittlich auf Kurs, während er auf seinen Kompass starrte, den er in der linken Hand hielt.
,,Verflucht! Ich sehe nicht mal meine Hand vor Augen.", meckerte David und zog ein Seil fest.
Da kam plötzlich eine riesige Welle über die Reling geschossen und riss sowohl Kate und David, als auch Will und Mr. Gibbs von den Füßen. Sie fielen hin und kämpften sich wieder auf die Beine. Kate entdeckte den kleinwüchsigen Pirat, der an einem Seil hing und hilflos in der Luft baumelte.
,,Wie sollen wir zu einer Insel segeln, die keiner finden kann? Mit einem Kompass, der nicht funktioniert.", wandte Will gehetzt an Mr. Gibbs.
,,Der Kompass zeigt nicht nach Norden! Aber wir versuchen ja auch nicht, den Norden zu finden, oder?", gab dieser bloß als Antwort zurück.
,,Es würde mich überraschen, wenn wir mit diesem Ding überhaupt IRGENDETWAS finden.", schrie Kate förmlich.
David wusste, dass Kate Recht hatte. Wie sollten sie diese merkwürdige Insel finden? Wahrscheinlich würden sie vorher kentern oder Jack würde sie durch seine wahnsinnige Art noch umbringen. Aber sie mussten es schaffen. Sie mussten Mila und Elizabeth aus den Händen dieser grausamen Piraten befreien. Als Mr. Gibbs sich in Richtung Steuerrad kämpfte, folgte David ihm. Jack stand immer noch am Steuerrad und eins musste man ihm lassen: er war unerbittlich!
,,Wir müssen wohl die Segel einholen, Sir!", brüllte Gibbs über den Sturm hinweg.
,,Das Schiff hält noch mehr aus.", entgegnete der triefnasse Jack.
,,Bist du verrückt? Okay, blöde Frage. Klar bist du verrückt!", rief David und ihm fiel auf, dass er gerade begonnen hatte, Jack zu duzen.
Das tat er normalerweise nur, wenn man es ihm anbot, oder natürlich bei seinen Freunden. Aber Jack war nicht sein Freund und würde es auch niemals sein. Es musste am Stress und an der Aufregung liegen. Zum Glück achtete der Pirat gar nicht darauf, denn er lenkte verbissen das Schiff und lächelte, als er einen weiteren Blick auf seinen Kompass warf.
,,Was geht dir durch den Kopf, dass es dir so eine gute Laune verschafft, Captain?"
,,Wir holen auf!", erwiderte Jack und David war erleichtert.
Das waren endlich mal gute Nachrichten. Er kämpfte sich zurück an die Seite von Kate und Will, die gerade mit anderen Crewmitgliedern an einem Tau der Segel zerrten.
,,Gute Neuigkeiten! Jack sagt, wir holen auf."
,,Hervorragend! Das nächste Mal kann er ja ein paar Regenschirme mit an Bord nehmen.", erwiderte Kate und ließ vom Tau ab.
Dieser Pirat hatte etwas an sich, was sie zur Weißglut trieb und sie hoffte, dass die Rettungsaktion schnell vollbracht war. Denn Kate wollte so schnell wie möglich, weit weg von Jack Sparrow. Es musste ja immerhin blanker Hass sein, den sie für diesen Mann empfand. Was sonst, sollte sie so durchdrehen lassen?
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