01.12.2015

Nagasaki im neunzehnten Jahrhundert. Ein junger Mann stapfte durch von Schneematsch bedeckten Straßen, den Blick gesenkt. Dem ehemals langen, blonden Haar Haar fehlten einige Strähnen und es war mit Blut verklebt.
Ein dünnes Rinnsal floss seine Wange hinab. Tropf.
Eine Fuß vor den anderen. Der Schneematsch flatschte. Tropf.
Das Blut landete auf dem nun nicht mehr ganz so sauberen weißem Hemd. Vom Kampf war es dreckig geworden. Die Wunde auf seiner Brust färbte es dunkelrot und das Hemd klebte an seiner Brust. Flatsch.
Er war in eine Pfütze getreten. Die dünnen Stoffschuhe waren sofort durchweicht. Tropf
Ein Blutstropfen, zu Abwechslung einmal nicht sein eigener tropfte vom Schwertstumpf, den er in seiner rechten Hand hielt. Im Kampf war das Schwert, die Seele eines jeden Samurai zerbrochen. Tropf.
Ein dunkelrotes, dünnflüssiges Rinnsal floss auch von seiner linken Hand, die die Schwertspitze hielt. Vielleicht konnte man das Schwert reparieren. Das Schwert war blutverschmiert. Das Blut seines Gegners.
Die Erinnerungen brachen über ihn herein wie Gäste, die sich selbst einluden. Er hatte ihn töten müssen, es war eine Sache der Ehre. Weshalb hatte er sich auch nicht ergeben?

Die schwarze Stoffhose war mit Sicherheit ebenso dreckig wie der Rest seiner Ausrüstung, nur sah man es aufgrund der Farbe nicht so deutlich.

Man hatte ihm gesagt, einen gleichstarken Gegner zu töten wäre ehrenhaft. Doch er fühlte sich nicht, als hätte er etwas erreicht. Sondern vielmehr, als hätte er jemanden geschlachtet. Es war ein nichts und wieder nichts gewesen. Es nützte nichts. Die Ehre...

Niemand achtete das Leben. Stattdessen wurde jene geachtet, die sich schlachten ließen. Erbärmlich.

Er fühlte sich leer. Stapf. Tropf. Tropf. Stapf. Tropf. In dem Moment, in dem sein Schwert sein Herz durchbohrt hatte, war etwas in ihm zerbrochen. Das Adrenalin war mit einem Mal weg gewesen und hatte eine Leere in ihm hinterlassen. Ob wohl alle so fühlten? Es war ein Töten ohne Wert. Ob sie wohl alle dieses Gefühl genossen? Dieses Gefühl der Macht, bevor die Leere über einen herein brach? Ob sie dieses Gefühl wohl immer wieder wollten und deshalb immer weiter mordeten?

Mordeten. Das Wort hinterließ einen schalen Geschmack in seinem Mund, obwohl er es gar nicht ausgesprochen hatte. Er war ein Mörder geworden.

Stapf.


Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top