23. Dezember ♡︎❄︎
Es dauerte etwa eine Woche, bis zumindest ein wenig Gras über die Sache gewachsen war, und selbst dann wurden mir noch komische Blicke zugeworfen oder so langsam unkreativ werdende Sprüche hinterhergerufen.
Aber um ehrlich zu sein war es mir ziemlich egal- ich meine, was sollte ich mir mehr wünschen, als diesen Moment? Morgen war Weihnachten, und meine Freundinnen waren, wie sie gesagt hatten, kurzfristig, mit dem Zug gekommen, um mich zu besuchen.
Ich meine, sie waren ernsthaft von daheim zu mir gekommen- als sie durch die Zimmertür getreten waren, war ich, um ehrlich zu sein, den Tränen nahe gewesen. Gemeinsam mit Mila, Jenny und Nahla wollten wir raus in den Schnee gehen.
Mit einem unbestimmten, verschmitzten Grinsen schlug Mila vor: "Wir könnten ja auch noch Avery einladen, falls ihr nichts dagegen habt... Andriana fände es bestimmt auch nicht allzu schlimm."
Empört stieß ich sie in die Seite. "Was soll das jetzt heißen?" Doch Mila beschwichtigte mich nur kichernd. "Ach, nichts, nichts..."
Letztendlich war Avery also auch noch mitgekommen, nebenbei bemerkt hatten es meine Freundinnen von daheim auf dem Weg zu ihr nicht lassen können, mich mit ihr aufzuziehen, und der Tag wäre eigentlich auch schon so perfekt gewesen.
Wir rutschten neben unseren Mitschülern auf Jacken den Hügel hinunter, bauten wie kleine Kinder schiefe Schneefiguren und lieferten uns einen, wie Mila es zu nennen pflegte, "Snowballfight". In der Cafeteria wurden außerdem Plätzchen und Punsch ausgegeben und wir setzten uns zusammen an einen Tisch, der absolut überlastet an Stühlen, die darum herum standen, war.
Erst abends, kurz vor der Nachtruhe, wurden sie abgeholt. Mila, Jenny, Nahla und Avery hatten sich derart gut mit ihnen verstanden, dass alle untereinander ihre Handynummern ausgetauscht hatten- turns out, auch ich hatte jetzt Avery in meinem Smartphone als Kontakt eingespeichert.
Als Lola's Vater alle vier mit dem alten Opel der Familie abholte, winkten wir anderen fünf ihnen strahlend hinterher. Langsam verschwanden die Rücklichter des Autos in der Nacht und Mila ließ sich übermütig in den Schnee fallen, von wo aus sie uns alle zuverlässig mit Schneebällen bewarf, bis Jenny ihr von oben eine ganze Ladung Schnee ins Gesicht fallen ließ- tja, Pech.
Allesamt mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht trabten wir schließlich hoch ins Internat. Morgen früh würden Mila, Nahla und Jenny abreisen, während Avery und ich, genau wie ein paar andere, über Weihnachten im Castle bleiben würden.
Im Flur vor Zimmer 104 verabschiedeten meine Zimmergenossinen sich mit den betont fröhlich geflöteten Worten "Na dann lassen wir euch mal alleine..." (Mila), "Viel Spaß euch noch!" (Jenny) und "Bis später dann..." (Nahla) und ließen Avery, die sich mit den Händen in den Taschen ihrer schwarzen Bomberjacke vergraben an die Wand gelehnt hatte und mich allein zurück.
Und da war sie wieder- die Stille, bei der ich keine Ahnung hatte, wie ich ein Gespräch anfangen könnte. Zu meinem Glück nahm Avery mir diese Aufgabe ab, indem sie fragte: "Falls du noch kurz Zeit hast, kannst du gerne mitkommen, ich wollte mal schauen, ob in der anderen Welt alles wieder beim Alten ist..."
Bevor ich etwas erwiedern konnte, war sie bereits losgejoggt und ich hatte im ersten Moment durch ihren Vorsprung Mühe, mitzuhalten. Kurz darauf rannten wir gleich auf prustend durch die Gänge und waren diesmal nicht wirklich darauf bedacht, möglichst leise zu sein. Und gerade da bemerkte uns niemand- ich war mir nicht ganz sicher, ob ich das jetzt gut oder unfair finden sollte.
Kurz darauf stürzte ich durch das Portal- diesmal jedoch nicht auf harten Boden, sondern... Schnee. Eindeutig- und vom pastellfarbenen Himmel wirbelten immer mehr kunstvolle, große Schneeflocken.
Staunend stand ich auf, drehte mich lachend im Kreis und fing den herab rieselnden Schnee mit der Zunge auf. Avery grinste mich an und deutete um uns herum. "Den Schnee kann man essen!", verkündete sie so begeistert, dass ich das Lachen in meinem Hals nicht unterdrücken konnte.
"Schnee kann man immer essen, oder nicht?" Schnelk fügte Avery hinzu: "Das ist Puderzucker- rein theoretisch besteht übrigens diese ganze Welt, abgehen von den Bewohnern, aus Süßigkeiten, du kannst also sogar das Gras essen (ist aus Esspapier) oder den vereisten See da vorne (Zuckerglas) und die Kieselsteine, die zum Königsschloss führen, bestehen zum Beispiel aus Bonbons."
"Ist klar.", entgegnete ich und verdrehte die Augen. "Es stimmt wirklich!", verteidigte sich Avery und rannte als Beweis zu dem bereits erwähnten zugefrorenen See, der sich direkt vor einem Märchenschloss erstreckte, brach etwas von dem Eis ab und warf es sich in den Mund. "Der See ist übrigens Limonade.", grinste sie und winkte mich heran.
Misstrauisch biss ich ein kleines Stück von dem Eis ab, doch anscheinend hatte sie nicht gelogen- wäre ich hier als Kind gewesen, hätte ich wahrscheinlich so ziemlich alles aufgegessen. Diese Welt war zu perfekt, um wahr zu sein.
In diesem Moment, ich musste einfach in einem Märchen stecken, kam ein Gartenzwerg herbei gehüpft und lief mit einem Korb voller Pilze durch die Gegend. Erst als er näher kam, erkannte ich ihn- das war der mürrische Fee!
Mit dem kleinen Unterschied, dass seine Klamotten nun bunt, offensichtlich genau wie seine Laune, waren, und er uns dankbar anstrahlte. "Ich habe keine Sekunde daran gezweifelt, das Sie das schaffen würden! Ich danke Ihnen, danke, danke, danke!", verkündete er und hüpfte dann fröhlich pfeifend weiter.
"Das ist... Unfassbar.", stammelte ich mit offenem Mund, doch Avery ließ sich nur grinsend zu Boden fallen, was ich nach kurzem Zögern ebenfalls machte. Und dann blieben wir einfach nur so liegen und sahen hoch in den Himmel, von dem der Schnee herunter tanzte. Ich konnte mich an kaum einen Tag erinnern, der so wunderschön gewesen war wie dieser.
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