04 | »Die Melodie der Spieluhr« von LucianiusJr

»Die Melodie der Spieluhr«

Eine Kurzgeschichte aus dem Genre Übernatürliches von LucianiusJr

Triggerwarnungen: Keine

❄️ ❄️ ❄️ ❄️ ❄️

Es war einmal in einem fernen Land, da stand ein mächtiges Königreich. In diesem lebte eine Prinzessin mit ihrem Vater, dieser regierte mit Weisheit und milder Strenge über das ihm anvertraute Volk. Die Prinzessin aber, war schön wie die Nacht und hell wie der Tag. Das Volk liebte sie, die Reichen wie die Armen. Stets hatte sie ein liebevolles Wort und eine helfende Hand, ganz so, wie ihre Mutter vor ihr.

Es trug sich aber zu, dass sie eines Tages durch einen nahegelegenen Wald strich. Es war Winter, der Schnee lag schwer auf den immergrünen Ästen des Nadelwaldes und die Luft klirrte vor Kälte. Die Königstochter hatte kein Ziel, sie folgte dem Wind und der Sonne, bis sie schließlich einen klaren See erreichte. Spiegelglatt lag er vor ihr, die Oberfläche war zu dickem Eis gefroren. Neugierig machte sie sich auf, das Eis zu betreten, den schon immer wollte sie wissen, was sich hinter den mächtigen Felsen verbarg, die nur über den See erreichbar waren.

Als sie den zugefrorenen See überquert hatte, offenbarte sich eine Bucht vor ihr, mit einem kleinen Häuschen. Aus dem Häuschen aber trat eine junge Frau, gekleidet in lange grüne Gewändern und mit dunklen Haaren. Die Königstochter erkannte die Frau; es war Morgana, eine Hexe, die ihr Vater vor langer Zeit verbannt hatte, aufgrund ihrer Kräfte.

Die Königstochter machte sich aber ohne Angst zu ihr auf. Erschrocken wich die Hexe zurück, den sie sah in dem Mädchen deren Mutter, die einmal ihre beste Freundin gewesen war. Diese starb aber bei der Geburt des Kindes, die Trauer des Königs verwandelte sich in Wut auf Morgana, woraufhin er den Bannspruch aussprach. Seit damals, hatte die Hexe keine Menschenseele mehr gesehen, der Fluch verbat es ihr. Die Prinzessin aber brach den Fluch, da sie vom gleichen Blut wie ihr Vater war.

Und als die Prinzessin die Hexe sah, die, wie sie glaubte, verantwortlich für den Tod ihrer Mutter war, so entfesselte sich etwas in ihr. Den so schön und rein ihr Äußeres auch war, so verbittert ihr Herz blieb. Also griff sie in blinder Rachelust die grüne Hexe an. Blau auf Grün. Rache auf Unschuld.

Doch wie ihr Herz es ihr gebot, konnte die Hexe dem Kind ihrer Freundin nichts antun. So wurde sie besiegt und von der Prinzessin gefangen genommen. Denn Morgana war unsterblich, und als solches eine unerschöpfliche Machtquelle für die Prinzessin.

Elimida, den so hieß die Königstochter, machte sich auf, zu der Stadt zurückzukehren. Die Straßen waren gefüllt von dem Volk, die Luft war schwer von der unbeschränkten Fröhlichkeit des Kinder und dem Geruch der Zuckerwatte. Als die Prinzessin aber die Mauern passierte, so schlug die Stimmung schnell um. Denn eine dunkle Aura hatte von ihr Besitz ergriffen und die Menschen wurden von Furcht erfüllt. Als aber die Nachricht den König erreichte, stürzte auch er in tiefe Besorgnis.

Es war nämlich so, dass nachdem er Morgana zu Unrecht verflucht hatte, ein Seher zu ihm trat und eine Prophezeiung sprach. In dieser hieß es, dass sein eigenes Blut sich gegen ihn wenden wird und er seine Strafe für seine Tat bekommen wird.

So erhob er sich von seinem Thron und machte sich auf sein Volk zu retten, auch wenn es ihnen seine eigene Tochter kosten würde. Dann seit jeher, hatte er auch ihr die Schuld am Tod seiner Frau gegeben, da ihre Geburt das Unglück erst passieren ließ.

Vater und Tochter kämpften stundenlang gegeneinander, aber schließlich trug das Mädchen den Sieg davon.

Jahrelang herrschte sie über ihr Volk. Grausam und unerbittlich ging sie gegen jeden vor, der ihrer Herrschaft kritisierte. Denn das Böse, dass sich kurz nach ihrer Geburt in ihr Herz eingenistet hatte, war groß geworden und wuchs und erfüllte ihr ganzes Wesen, sodass nichts mehr von dem unschuldigen und reinen Kind von früher übrig geblieben war. Morgana aber hatte sie in eines der Zimmer gesperrt. Diese wagte es nicht, gegen sie auf zu begehren, da die Hexe in all der Zeit der Einsamkeit begonnen hatte, sich selbst die Schuld am Tod ihrer Freundin zu geben.

Es trug sich aber zu, dass ein schreckliches Unwetter über das Königreich hinweg fegte und viele Teile des Landes zerstörte. Die Königin ließ Handwerker aus aller Länder kommen, um ihren Palast zu reparieren, denn viele Teile wurden einfach weggeweht.

Ein junger Handwerker aus einem der großen Gilden bekam die Ehre, Elimidas Gemächer zu restaurieren. Und wenn er so am Arbeiten war, bekam er immer wieder eine junge Frau zu Gesicht. Diese war von erstaunlicher Schönheit, mit langen dunkeln Haaren und einer Haut, so hell und rein wie Mondlicht. Und er verliebte sich in sie und versuchte sie anzusprechen, wann immer sich eine Gelegenheit dazu erbot. Sie aber floh immer, denn Morgana, denn diese war es, war es nicht gewöhnt mit jemand anderes als mit der Königin zu sprechen.

Weil aber Jaro, das war sein Name, ihr immer mit Freundlichkeit begegnete und er auch ein Mann von schöner Gestalt war, ließ sie es schließlich zu, dass sie sich kennenlernten. Und auch sie verliebte sich in ihn.

Als Jaro seine Arbeit am Palast beendet hatte und die Königin ihn entließ, bat Morgana die Königin um einen kleinen Gefallen. Weil Elimida aber die grüne Hexe lieb gewonnen hatte und ein winziger Teil ihres Herzen noch nicht befleckt war, gewährte sie den Gefallen. Dieser sah so aus, dass Morgana und Jaro ein kleines Haus bekamen, wo sie zusammen wohnten und eine Familie sein konnten.

Aus Vorsicht sprach Elimida auch einen Fluch über sie aus, damit sie sich niemals gegen sie wenden konnte. So lebten das Paar einige Jahre glücklich zusammen, bis sie eine frohe Nachricht ereilte. Morgana war schwanger geworden und erwartete ein Kind. Bald darauf begannen die Vorbereitungen, aber eine Sorge beschattete das Glück des Paares. Wenn die Kunde an das Ohr der Königin dringen würde, würde diese das Kind töten lassen. Denn dieses stellte eine Gefahr da. Es war nämlich so, dass wenn eine Frau in ihren Wegen liegt, alle Siegel und Flüche an Macht verlieren und das würde Morgana die Möglichkeit geben, den Fluch zu brechen, den Elimida ihr auferlegt hatte. So hielten sie die Kunde geheim, denn sie liebten das Kind sehr, obschon es noch nicht geboren war.

Es kam so, wie gedacht. Als Morgana spürte, wie die Kraft des Fluches nachließ, so brach sie es. Sie gebar noch am selben Tag einen Jungen, mit der dunklen Haut seines Vaters und den dunklen Haaren seiner Mutter. Und die Eltern waren glücklich über das Kind, aber im selben Moment auch ängstlich über die Zukunft desselben. Denn in all den Jahren war die Königin immer grausamer geworden und die Zukunft aller Kinder erschien dunkel und ungewiss.

Morgana aber besann sich auf ihre frühere Freundin, die Mutter der Königin, und wie sehr sie sich über ihre ungeborene Tochter gefreut hatte. Sicherlich hätte sie sich das nicht für ihre Tochter und ihr Königreich gewünscht. So fasste Morgana den Entschluss, die Königin und das Reich zu befreien. Monatelang schmiedete sie Pläne, wie sie vorgehen sollte, bis es eines Tages so weit war.

Es war gerade wieder Heiligabend geworden. Viele Jahre war es jetzt her, dass die Königin die Macht ergriffen hatte und sie plante ein großes Fest. Zu diesem waren viele Fürsten des Landes eingeladen, die Morgana sich zu eigen gemacht hatte und die versprachen, ihr den Rücken zu stärken.

Als Elimida also auf dem Balkon ihres Palastes stand und ihr Glas zu ihrer Ehren erhob, durchstoß Morgana ihren Verteidigungskreis und griff sie an. Elimida aber konnte dem tödlichen Stich entgehen, da sie die Hexe in der Spiegelung ihres Glases sah. Und so entbrannte sich ein langer Kampf zwischen den Frauen. Drei Tage und drei Nächte tobte das Duell, bis die grüne Hexe es endlich schaffte, die Königin zu besiegen. Wie sie aber so geschlagen auf dem Boden lag, regte sich Mitleid in dem Herzen der Hexe und sie kniete sich nieder, um der Tochter ihrer besten Freundin ihr Beileid auszusprechen.

Elimida aber sammelte ihre letzte Kraft und stimmte ein leises Lied an. In diesem bettete sie all ihren Hass auf Morgana und unterwarf sie einem Fluch. Unfähig etwas dagegen zu tun, den ihre Kräfte waren aufgebraucht, wurde die grüne Hexe in einem gleitenden blauen Licht gehüllt und ein Portal öffnete sich hinter ihr. Gefangen in dem Sog, der davon ausging, wurden beide, Königen und Hexe, in das Loch gezogen und verschluckt.

Als sich dann der Wirbel aus Licht und Schnee gelegt hatte, waren die Frauen verschwunden und nichts war mehr von ihnen übrig. Das Volk jubelte und freute sich, dass es von der Tyrannei befreit war und richtete sofort ein großes Fest aus. Jaro aber verfiel in eine tiefe Traurigkeit und er verließ, wenige Tage später, das Königreich.

Dieses erholte sich schnell von den vergangenen Jahren und wuchs wieder zu einer neuen und gefestigten Monarchie heran. Der zerstörte Palast aber blieb als Wahnmal stehen, dass niemals wieder eine solche Regierung an die Macht kommen sollte.

Jaro und sein Sohn, Katlis, kehrten jedes Jahr an Heiligabend wieder zurück. Das ganze Jahr arbeitete er immer an einem Geschenk, einer Spieluhr, die immer wieder die gleiche Melodie spielte, die die Elimida damals sang, um das Portal zu öffnen.

Und jedes Jahr, wenn Jaro und Katlis zurückkamen und den zerstörten Palast besuchten, legten sie die Spieluhr ab und ließen die Melodie spielen. Und wenn sie endete, hüllte sie sich in ein blaues Licht und verschwand; zu dem Ort, an dem die grüne Hexe und die blaue Königin damals verschwand.

Und jedes Jahr an Heiligabend, lächelte fern in einer fremden Welt eine unsterbliche Hexe über eine Nachricht, versteckt in einer alten Spieluhr.

ENDE

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top