07 | »Der Traum vor Weihnachten« vom Adventskalender Team
»Der Traum vor Weihnachten«
Eine Kurzgeschichte aus dem Genre Romantik vom Adventskalender Team
Triggerwarnungen: Keine
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Es war der Abend des 23. Dezember, und in der verschneiten Kleinstadt Winterdorf herrschte die Ruhe, die nur in den Stunden vor Weihnachten spürbar war. Die Straßen waren von einer dicken Schicht Schnee bedeckt, und die kleinen Häuser waren festlich geschmückt, jedes Fenster erleuchtet und der Duft von Tannenzweigen und frisch gebackenen Plätzchen lag in der kalten Luft. Winterdorf war der Inbegriff eines Winterwunders, und trotzdem war an diesem Abend etwas anders – etwas, das die Bewohner noch nicht wussten, aber bald spüren würden.
Lena, die vor wenigen Monaten aus der Großstadt hierher gezogen war, hatte sich zwar schon an das gemütliche Leben in Winterdorf gewöhnt, doch die Gedanken an ihre vergangene Beziehung und den damit verbundenen Schmerz ließen sie nicht los. Weihnachten war für sie immer ein schwieriges Fest gewesen, vor allem in diesem Jahr. Es war das erste Mal, dass sie es ohne jemanden an ihrer Seite verbrachte. Und so saß sie an diesem Abend, allein in ihrer kleinen Wohnung, und versuchte, sich durch einen alten Weihnachtsfilm abzulenken. Doch an diesem Abend war es nicht der Film, der ihre Gedanken fesselte.
In der Nacht, als die Stadt in eine tiefe, fast magische Stille eingehüllt war, fiel Lena in einen tiefen Schlaf. Doch an diesem Abend war der Schlaf anders als die anderen Nächte. In ihrem Traum fand sie sich an einem vertrauten Ort wieder: Ein verschneiter Park, dessen Bäume von einer dicken Schicht Schnee bedeckt waren. Der Mond war so hell, dass er den Schnee in silbernes Licht tauchte und die Szenerie beinahe unwirklich wirken ließ. Lena kannte diesen Ort. Sie hatte ihn in ihren Träumen immer wieder gesehen. Doch es war nicht nur der Park, der sie fesselte – es war der Brunnen, der in der Mitte des Weges stand. Lena war wie von unsichtbaren Fäden angezogen, als sie in seine Richtung ging.
Plötzlich hörte sie hinter sich Schritte. Sie drehte sich um. Da stand er. Der Mann, den sie in jedem ihrer Träume gesehen hatte. Seine Augen waren so tief wie der nächtliche Himmel, und sein Lächeln strahlte eine Mischung aus Traurigkeit und Hoffnung aus, die sie nicht ganz einordnen konnte. Er war ihr irgendwie vertraut, und doch konnte sie sich nicht erinnern, jemals mit ihm gesprochen zu haben.
„Wer bist du?", fragte sie, ihre Stimme zitterte, und ein unsäglicher Schmerz durchzog ihre Brust, als sie in seine Augen sah.
Der Mann ging einen Schritt näher heran und sprach mit einer Stimme, die wie Musik in ihren Ohren klang. „Jemand, den du längst vergessen hast. Aber ich bin immer bei dir."
Lena spürte ein seltsames Ziehen in ihrem Herzen, als ob seine Worte etwas in ihr auslösen, was sie längst verdrängt hatte. „Warum bist du nicht bei mir geblieben?", fragte er leise, und der Schmerz in seinen Augen traf sie mitten ins Herz.
„Was meinst du? Ich habe dich doch nie gekannt ..." Ihre Stimme versagte fast, als sie die Worte aussprach. Es war ein Gefühl, das sie kannte, aber das sie nicht begreifen konnte. Eine tiefe Sehnsucht, die über den Traum hinausging.
Bevor sie noch antworten konnte, verschwamm die Szene vor ihren Augen. Der Park, der Mond, der Brunnen – alles begann zu verblassen, als ob der Traum von ihr selbst entflohen wäre. Der Mann verschwand langsam in den Nebeln, die sich um den Weg legten, und in seinem Lächeln lag ein unausgesprochener Abschied. „Es tut mir leid, Lena. Es war nie die richtige Zeit", flüsterte er noch, bevor der Traum endgültig zerbrach.
Mit einem erschreckten Zucken wachte Lena auf. Der Raum war dunkel, nur das schwache Licht des Mondes schimmerte durch das Fenster. Ihr Herz schlug noch immer wild in ihrer Brust, und sie konnte die Worte des Mannes immer noch hören. Warum bist du nicht bei mir geblieben? Diese Frage verfolgte sie, und sie wusste, dass sie in den nächsten Stunden keine Ruhe finden würde.
Es war der Morgen des 24. Dezember, als Lena sich aus dem Bett quälte. Der Traum hatte sie den ganzen Tag begleitet, und sie konnte das Gefühl der Sehnsucht und des Verlassens nicht abschütteln. Irgendetwas in diesem Traum war anders – er war mehr als nur ein Produkt ihrer Ängste und Wünsche. Lena spürte tief in sich, dass er eine Bedeutung hatte, die sie noch nicht ganz verstand.
Sie zog sich an, ging in die kleine Bäckerei am Ortsrand und versuchte, ihren Kopf zu befreien. Die kalte Luft des Morgens weckte sie ein wenig, als sie durch den Schnee stapfte, der inzwischen tiefer gefallen war. Die Bäckerei war warm und einladend, der Duft von frisch gebackenen Brötchen und Zimt war allgegenwärtig. Doch als Lena die Tür öffnete und eintrat, blieb ihr Blick an einem Mann hängen, der an der Theke stand.
Er war es.
Jakob. Der neue Besitzer des Cafés, den sie bisher nur flüchtig getroffen hatte. Er war immer freundlich, aber irgendwie auch zurückhaltend. Doch an diesem Morgen, an diesem Tag, sah sie ihn zum ersten Mal wirklich. Er blickte sie an, seine Augen weiteten sich, als ob er sie zum ersten Mal richtig wahrnahm. „Lena?", fragte er, seine Stimme klang beinahe unsicher, als würde er eine Frage stellen, die er schon lange kannte.
„Du ... hast du auch diesen Traum gehabt?", fragte er dann, als ob er wüsste, was sie gerade empfand.
Lena erstarrte. Ihre Knie zitterten, und sie fühlte sich plötzlich wie in einem Albtraum, den sie nicht verstehen konnte. Sie nickte langsam. „Ja, ich ... ich hatte denselben Traum. Du warst da. Im Park. Am Brunnen."
Jakob trat einen Schritt näher. „Ich weiß, es klingt verrückt. Aber ich habe den selben Traum immer wieder gehabt. Und ich weiß, dass er etwas bedeutet. Etwas, das mit uns zu tun hat. Es war nicht nur ein Traum, oder?"
Lena fühlte sich, als würde ihr Herz in ihrer Brust pochen, als ob sie mit jedem Schlag die Antwort auf diese Frage suchte. „Es fühlt sich an, als ob wir uns schon lange kennen. Als ob ... es etwas gibt, das wir zusammen teilen. Etwas, das über diese Träume hinausgeht."
Jakob schüttelte den Kopf, als wollte er sich selbst davon überzeugen, dass er nicht verrückt war. „Vielleicht sollten wir es herausfinden", sagte er dann leise. „Vielleicht sollten wir zu diesem Park gehen. Zu dem Brunnen. Irgendetwas sagt mir, dass wir dort eine Antwort finden."
Lena zögerte, doch dann spürte sie den Drang, diesen Schritt zu wagen. Vielleicht war dies der Moment, auf den sie ihr ganzes Leben lang gewartet hatte. Vielleicht war dieser Mann in ihren Träumen nicht nur ein Fremder – vielleicht war er der Schlüssel zu einer Geschichte, die noch nicht erzählt worden war.
„Lass uns gehen", sagte sie schließlich.
Gemeinsam verließen sie die Bäckerei und gingen den verschneiten Weg zum Park. Die Luft war bitterkalt, aber Lena spürte eine seltsame Wärme, die sie durchströmte, als sie an Jakobs Seite ging. Es war, als würde der Schnee, der leise um sie fiel, sie schützen und begleiten.
Als sie den Park erreichten, fühlte es sich wirklich an, als wären sie dort schon einmal gewesen. Der Brunnen stand vor ihnen, ebenso wie im Traum, und der Mond war, als ob er auf sie wartete, in das silberne Licht getaucht, das alles um sie herum verzauberte.
„Es ist der gleiche Ort", sagte Lena, ihre Stimme fast ein Flüstern. „Es fühlt sich an, als ob wir schon immer hier waren."
Jakob trat näher, und ohne ein weiteres Wort legte er seine Hand auf ihre Schulter. Lena drehte sich zu ihm, und in seinen Augen lag eine Tiefe, die sie nicht ganz fassen konnte. „Lena", sagte er leise, „ich weiß nicht, was es ist, aber ich glaube, dass wir uns schon lange kennen. Vielleicht sind wir nie wirklich voneinander getrennt gewesen."
Lena spürte, wie ihr Herz schneller schlug. Sie hatte den Mut, die Worte zu sagen, die sie bisher nicht ausgesprochen hatte. „Ich glaube dir", flüsterte sie. „Vielleicht waren wir nie wirklich getrennt. Vielleicht sind wir hier, um zusammen zu sein."
Jakob zog sie in seine Arme, und in diesem Moment wusste Lena, dass es kein Zurück mehr gab. Der Traum, der sie verbunden hatte, hatte sie nicht nur zu diesem Ort geführt – er hatte sie zu ihm geführt. Zu dem Mann, den sie in ihrem Herzen immer gekannt hatte, auch wenn sie ihn nie getroffen hatte.
Der erste Schnee des Abends fiel leise herab, als sie sich küssten – und mit diesem Kuss war die Vergangenheit, die Zweifel und die Ängste verflogen. Der Traum hatte sie zusammengeführt, und nun war es an der Zeit, ihre Geschichte neu zu schreiben.
ENDE
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