𝟶𝟷.𝟷𝟸.𝟸𝟶𝟸𝟸 𝐼𝐼 𝐵𝑟𝑎𝑣𝑒𝑠 𝐾𝑖𝑛𝑑
AkisuraXD Freier OS
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Warm und lecker lag der Duft von Zimtplätzchen und Milch in der Luft. Viele Bunte Lichter, gelb, rot, grün und blau, erhellten den kleinen Raum weihnachtlich.
Dicht an der Wand, in der Ecke des kleinen Zimmers, stand ein Weihnachtsbaum, der sich durch seine Größe unter der Zimmerdecke krümmte. Sein tiefer Schatten erhob sich hinter ihm hervor. Unter ihm lagen viele Geschenke in verschiedenen Größen und Farben. Und vor ihm stand ein alter roter Sessel, abgeranzt und mit Flecken übersehen. Neben ihm ein brennender Kamin, über dem kuschelige Wollsocken hingen.
Das Knacksen von entweichender Luft aus einem brennenden Holzscheit drang an Jens Ohr und war bloß die Kirsche auf der Torte der Müdigkeit. Laut gähnte der fünfjährige und rieb sich seine kleinen blauen Augen. Doch er war entschlossen sich an Heiligabend, den Abend vor Weihnachten, noch eine Geschichte anzuhören. Er liebte Weihnachten, es wirkte alles so magisch.
»Bitte! Bitte! Nur noch eine! Bitte!«, quengelte er und wippte unruhig auf dem Schoß seiner Großmutter hin und her. »Bitte!«
Lachend beugte seine Großmutter sich leicht vor und kniff ihm in die Wange. »Na gut. Eine letzte, weil du dieses Jahr so brav warst.«
Freudig erhellte sich Jens Blick und er warf jubelnd seine Arme nach oben.
»Welche möchtest du denn höheren?«
»Weihnachtsmann! Weihnachtsmann!«
Jens Großmutter lächelte sanftmütig. Viele Male hatte sie ihm vom Weihnachtsmann erzählt, und doch hungerte es ihn nach mehr.
Kurz überlegte sie, was sie ihm erzählen könnte, fand aber schnell die richtigen Worte.
»Der Weihnachtsmann hat einen langen weißen Bart. Kuschelig weich ist der Bart. Der Weihnachtsmann ist in Rot gekleidet. Und eine Zipfelmütze trägt er! Eine rote Zipfelmütze mit einem Weißen Bommel.«
»Und dick! Er ist Dick!«
»Richtig. Er ist dick und kugelrund! Und weist du auch warum?«
Jens schüttelte heftig den Kopf und hörte aufmerksam zu.
»Weil artige Kinder, Kinder wie du, ihm immer Plätzchen und Milch auf dem Tisch stehen lassen. Und der Weihnachtsmann keinem selbst gebackenen Plätzchen eines Kindes widerstehen kann. Also isst er alles auf und trinkt danach die Milch, um keinen Schluckauf zu bekommen. Und je mehr er isst, desto runder wird er!«
»Runder! Runder!«
»Aber!«
»Aber?«
»Aber das ist auch gut so. Denn je Runder er wird, desto mehr Magie kann er speichern. Hast du dich nie gewundert, wie er es schafft in nur einer einzigen Nacht alle Kinder auf der Welt zu besuchen? Sich in deren engen Kaminen zwängen kann, ohne auch nur einen Pfund zu verlieren?«
»Wie denn? Wie denn?«
»Das ist die Magie der Plätzchen! Brave Kinder helfen dem Weihnachtsmann, deshalb kann er ja nie widerstehen.«
»Oooh! Ich will auch! Ich will auch Magie!«
»Nur der Weihnachtsmann hat die Magie, schließlich ist er selbst ein magisches Wesen. So, und jetzt ab mit dir ins Bettchen, wie ein braves Kind. Schließlich hast du es versprochen!«
Nach diesen Worten war Jens etwas geknickt aber wehrte sich nicht, schließlich war er doch ein braves Kind. Doch eine Frage hatte er dennoch.
»Oma? Warum hat noch niemand den Weihnachtsmann gesehen?«
»Weil brave Kinder nicht gucken, weil sie sonst keine Geschenke bekommen. Wenn sie gucken, so sagt man sich, hinterlässt Knecht Ruprecht, der treue Gefährte des Weihnachtsmannes, nur ein Stück Kohle in deiner Socke und gibt Prügel dem armen unartigen Kind.«
Jens schluckte ängstlich und quieckte auf.
»Aber du bist ja ein braves Kind. Und nun husch husch, ab ist Bettchen!«
Liebevoll nahm sie Jens auf den Arm und brachte ihn in sein Zimmer. Sie gingen durch den kleinen Flur, der Wohnzimmer, Omas und Jens Zimmer miteinander verband. Im hellen Licht sah er weniger gruselig aus. Und an der Wand hingen Familienporträts. Eines zeigte ihn, seine Oma und seine Eltern, die bei einem Autounfall starben. Jens mochte den Flur nicht. Hier wurde er an seine Eltern erinnert.
Sein kleines Bettchen, in das er sich schnell gemütlich kuschelte, war voller Dinokuscheltiere. Und keines sah wie das andere aus. Ebenso besaßen sie alle Namen. Doch sein liebster Dino war ein Triceratops. Es hieß Karl.
Karl fest umklammert, sah Jens seine lächelnden Oma mit kleinen Augen an. Zugegeben, jetzt wurde er doch ein kleines Wenig müde.
Seine Oma lachte. »Nun, kleiner Entdecker, wird es aber Zeit. Wenn du morgen früh aufwachst, war der Weihnachtsmann bestimmt schon da. Gute Nacht«, damit küsste seine Oma seine Stirn, schaltete das Licht aus und verließ das Kinderzimmer.
Lange dauerte es nicht und Jens viel seelenruhig in einem schönen kleinen Traum.
Krrrrrtzzzz
Er hörte etwas knacken. Jens rieb sich seine Augen.
Krrrrrtzzzz
Und schon wieder! Er hörte es wirklich! Ein Geräusch aus dem Wohnzimmer! Ob das der Weihnachtsmann war?
Neugierig setzte Jens sich auf, drückte Karl ganz fest an sich und lauschte in die Schwärze.
Krrrrrtzzzz
Rschhhh
Shhaaaaaaaaa
Krrrrrtzzzz
Sein Herz donnerte in seinen Ohren. Er war so neugierig, doch hatte er versprochen brav zu sein. Und brave Kinder würden im Bett liegen bleiben, sich umdrehen und weiter schlafen. Sie würden nicht nachgucken gehen, schließlich würde das den Weihnachtszauber gefährden - und das wollte er wirklich nicht! Er wollte doch so unbedingt seine Geschenke!
Schwermütig klemmte Jens sich Karl wieder unter sein Kinn und drehte sich von der verlockenden Tür weg. Dann schloss er seine Augen.
Krrrrrtzzzz
Shhhh
Andererseits würde er nur ganz kurz gucken. Nur einen kleinen Augenblick. Niemand würde ihn bemerken. Da war er sich sicher, schließlich sagte ihm seine Oma andauernd, dass Jens ein Weltmeister in Verstecken und Erschrecken sei. Außerdem war seine Neugier viel zu groß um die Geräusche einfach zu ignorieren. Er war fünf.
Leise setzte Jens sich also entschlossen auf. Mit Karl in seinen Armen krabbelte er aus seinem Bett und versprach seinen anderen Dinos sofort wieder zurück zu kommen. Leise schlich er auf Zehenspitzen zu seiner braunen Kinderzimmertür und öffnete diese so vorsichtig wie nur möglich. Dennoch konnte die alte Tür sich ein Knarrzen und Quitschen nicht verkneifen. Sofort stoppte Jens, hielt seine Luft an und hörte in die Dunkelheit des Flures hinein. Und er hörte nichts. Sein Herz hämmerte so laut, dass ihm seine Ohren schon fast davon schmerzten.
Eine ganze Weile hörte er nichts und auch er bewegte sich keinen Zentimeter. Langsam wurde er unruhig. Hatte er den Weihnachtsmann auf sich aufmerksam gemacht? Ihn verschreckt? Bekäme er nun Kohle zu Weihnachten? Oder noch schlimmer! Hatte der Weihnachtsmann Knecht Ruprecht mittlerweile gerufen?
Doch dann..
Krrrrrtzzzz
Shaaaah
Shaaaah
Krrrrrtzzzz
..hörte Jens die altbekannten Geräusche und er atmete erleichtert, aber auch vorsichtig, aus. Er fasste neuen Mut und zwängte sich durch den Türspalt, wohl darauf bedacht der Tür keine weiteren Geräusche zu entlocken, in den dunklen Flur hinaus. Und in der Dunkelheit wirkte der Flur viel größer, viel unheimlicher, als am Tag. Er hatte das Gefühl, dass alle Augenpaare der Familienporträts an der Wand auf ihn gerichtet waren. Als würden sie ihn dafür Tadeln bei später Stunde noch wach zu sein und im Haus umher zu wandern. Wie auch zuvor bei seinen Dinostofftieren, versicherte und versprach Jens auch den Bildern, dass er nur ganz kurz gucken würde. Niemand würde ihn sehen und er würde auch sofort danach wieder in sein Bett zurück laufen und tief und fest schlafen. Dennoch beäugten die Bilder ihn weiter und Jens versuchte sie zu ignorieren, denn mehr als versprechen konnte er nicht.
Je näher er den Wohnzimmer kam, desto bunter leuchtete es in den dunklen Flur hinein. Die Lichter des Baumes wurden über Nacht angelassen, Jens wusste nicht wieso, schließlich war seine Oma auf Stromsparen bedacht, aber er ging davon aus, dass es für den Weihnachtsmann an blieb. Und mit jeden Schritt näher zum Wohnzimmer wurden auch die Geräusche lauter.
Vorsichtig lugte er von der Türkante in den Raum hinein. Alles war so wie er es kannte. Der Kamin, der Sessel, der Weihnachtsbaum. Aber keine Spur vom Weihnachtsmann.
Langsam gab er seine Deckung auf und trat einige Schritte ins Wohnzimmer. Er sah sich nochmal um. Kamin. Sessel. Baum. Kamin. Sessel. Baum. Kein Weihnachtsmann. Geknickt ließ er den Kopf hängen.
Shaaaah
Das Geräusch ertönte unmittelbar hinter Jens. Über seinen Rücken lief ein kalter Schauer. Erschrocken drehte er sich um - doch da war nichts. Nur der Türrahmen, der zum düsteren Flur führte.
Langsam machte er einige Schritte zurück und lief gegen etwas, kaltes, knochiges. Mit einem erschrockenen Schrei drehte er sich wieder um. Doch dort war nichts. Er war gegen nichts gelaufen. Einzig sah er den Kamin, in dem ein kleines Flämmchen unruhig loderte.
Jens kamen die Tränen und er wimmerte.
Rsch rsch rsch
Er hörte es hinter sich im Baum Rascheln. Mit zitternden Beinen und schnellem Atem drehte er sich langsam um. Der Baum wiegte leicht hin und her und trotz der vielen bunten Lampen, die hell leuchteten, war nichts zu erkennen.
Und dann ein Knall. Jens schrie auf, umfasste schützend seine Ohren und kauerte sich zusammen. Die Glühbirnen der Lichterkette am Baum begannen einer nach der anderen zu zerspringen. Glas rieselte zu Boden. Tränen liefen von Jens Wangen. Bis es schließlich stoppte - und Jens fast in der Dunkelheit stand. Nur das laue Flämmchen hinter ihm im Kamin erhellte den Raum in einem bedrohlichen Rot. Doch er wagte es nicht sich zu bewegen. Er wollte nur zurück in sein Zimmer. In sein Bett.
Er lauschte. Doch hören konnte er nichts. Es war still. Nur das Knacken des Kamins und sein eigener vor Angst bebender Atem durchbohrten die Stille unangenehm. Eine wahnsinnige Angst machte sich in ihm breit. Warum war es so still? Was war das? Würde er hier sterben?
Die Stille zog sich. Eine ganze Weile verharrte Jens und lauschte. Doch nichts passierte. Kein Kratzen, kein knacken. Nichts. Vorsichtig öffnete er die Augen, die er vor Angst unbewusst fest verschlossen hatte. Ein Schatten huschte am Rande seines Blickfelds vorbei. Erschrocken fuhr Jens um und - da war nichts. Dabei war er sich sicher, dass sich gerade etwas mit enormer Geschwindigkeit vom Baum weg bewegt hatte.. oder nicht? Egal wie oft er sich um sah, es war nichts zu sehen und auch nichts zu hören.
Dann sah er zum dunklen Flur. Tief atmete er ein und nahm all seinen Mut zusammen. Wenn er nur in sein Bett zurück kommen würde und sich unter seine Decke legen würde, vielleicht war er dann sicher. Vielleicht ließ ihn dieses Etwas, dieses Monster, ja in Ruhe.
Zittrig atmete Jens die angestaute Luft aus. Seine Oma konnte er nicht wecken, sonst würde sie sehen, dass Jens nicht brav gewesen war. Er musste allein mit dem Ding fertig werden.
Wieder atmete er tief ein. Dann ging alles ganz schnell. Er löste sich aus seiner verkrampften Kauerhaltung und rannte zur Tür und in den stockdunklen Gang hinaus. Er sah schon die Siluette seiner Zimmertür, die genauso wie vorher einen Spalt breit geöffnet war. Gleich würde er sich wieder hindurch schieben und dann unter die Decke werfen. Gleich würde er dem Monster entkommen sein.
BWAMM!!
Als plötzlich seine Zimmertür mit einem lauten Knall zu flog. Hastig griff Jens nach dem Türknauf und versuchte diesen wie verrückt zu drehen, damit sich die Tür öffnete. Dabei viel Karl zu Boden. Doch nichts bewegte sich.
Jens zog und zerrte. Er klopfte und schrie. So laut, dass sein Hals zu Schmerzen begann. Spätestens jetzt war es ihm egal, ob er seine Oma damit weckte. Wenn nicht schnell etwas geschah, ob Tür auf oder Oma, würde er die Nacht nicht überleben. Doch weder bewegte sich die Tür einen Zentimeter, noch schien seine Oma von dem Höllenlärm wach zu werden.
Jens war auf sich selbst gestellt. Und als er das realisierte, gaben ihm die Beine nach und er sackte laut schluchzend zu Boden. Er umklammerte seine schlanken Beinchen und starrte in die Dunkelheit. Aus dem Wohnzimmer schimmerte ein gedimmter roter Schimmer, der sich stets bewegte. Doch war vom Monster nichts zu sehen und nichts zu hören. Es war wieder diese grässliche Stille, bei der Jens nicht wusste, wann was passierte.
Kurz verharrte sein Blick an der Wohnzimmertür, bis er schließlich sich im Gang etwas zögerlicher um sah. Doch bis auf die Porträts konnte er kaum was erkennen. Und das ließ ihn zusammen zucken. Wie konnte es sein, dass er trotz des Feuers aus dem Wohnzimmer nichts erkennen konnte, außer den Porträts an der Wand? Und in dem Moment fiel ihm etwas erschütterndes auf. Seine Familie in den Porträts starrten ihn an. Das unheimliche war, dass er sich das diesmal nicht ein bildete. Er konnte es genau sehen. Die Augen seiner Oma, die Augen seiner Eltern und die Augen von ihm selbst, sie alle starrten ununterbrochen Jens an. Sie beobachteten ihn. In den Augen blitzen eine gewisse Faszination und Gier auf, ganz so wie bei einem Raubtier, dass auf der Lauer lag und seine Beute beobachtete. Und bewegte Jens sich auch nur ein paar Zentimeter, so taten es die Augen auch.
Jens rückte weiter zurück und drückte sich in die Nische des Türrahmens. Er wusste nicht, was er tun sollte. Etwas schien ihn zu jagen, aber verstecken konnte er sich auch nicht. Es schien mit ihm zu spielen. Vorsichtig wagte er es zurück zum Wohnzimmer zu sehen. Aber da würde er auf keinen Fall wieder hin zurück laufen, er war schließlich gerade erst von dort geflohen. Dann sah er in die andere Richtung und sah die Lösung. Die Tür zum Zimmer seiner Oma. Wenn er sie wecken könnte, vielleicht war er dann gerettet. Zwar war sie nicht durch seine Schreie wach geworden, aber er würde es trotzdem versuchen. Er musste es versuchen.
Plötzlich schob sich wieder eine Schattengestalt aus seinem Blickwinkel. Das geschah so schnell und unerwartet, dass Jens kurzerhand wieder zurück zu den Porträts sah. Aber da war nichts. Weder die Schattengestalt, noch die Augen, die ihn bis vor kurzem angestarrt hatten. Da waren gar keine Augen mehr, nur noch schwarze Löcher.
Hastig schüttelte Jens seinen Kopf, gab sich einen Ruck und stand auf. Dann rannte er, so schnell er konnte, auf die Tür seiner Oma zu. Sein Herz schlug so laut, dass es ihm in den Ohren weh tat. Sein Atem war so schnell, dass seine Lunge brannte. Sein Kopf dröhnte.
Binnen Sekunden näherte er sich der Tür. Er streckte seine Hand aus, griff nach dem Knauf und riss sie auf. Verblüfft und erleichtert darüber, dass sie aufging, warf er die Tür gleich hinter sich wieder zu. Dann war Stille. Einzig war das leichte Schnarchen seiner Oma zu hören.
Jens nahm die paar Sekunden um durch zu atmen, steuerte aber sogleich das Bett an. Kräftig stieß er sich vom Boden ab und sprang aufs Bett.
»Oma! Oma!«, schrie er verzweifelt. Ein Kloß bildete sich an seiner Kehle. Vor Erleichterung fing er an zu weinen. Jetzt war er sicher.
»Oma!!«
Langsam richtete sich seine Oma auf und nahm Jens in den Arm.
»Alles gut. Sh Sh. Alles gut.«, beruhigte sie ihren Enkel. »Was ist denn los?«
Unter Tränen erzählte Jens ihr alles, was bis jetzt passiert war. Über die Geräusche, über seine Neugier, über das Monster. Er ließ kein Detail aus.
Sanft wog seine Oma ihn hin und her. Erst stetig, dann langsamer. Und langsamer. Bis sie ganz aufhörte.
Shaaah
Und da war es wieder, eines der Geräusche. Jens winselte vor Angst. Zitternd umklammerte er den Hals seiner Oma fester. Doch seine Oma rührte sich nicht.
»Oma?«, rief Jens nach ihr, seine Stimme war nicht mehr als ein erstickter laut.
Krrrrrtzzzz
Etwas knackte fürchterlich laut und seine Oma begann zu zittern, bevor sie sich schließlich an Jens wandte:
»Du warst ein ungezogener Junge. Ungezogene Kinder müssen bestraft werden!«
Sie griff Jens am Hals und hob ihn ohne große Müh hoch.
Jens versuchte sich zu befreien. Er strampelte, schlug und kratze. Doch es brachte nichts. Schreien konnte er auch nicht. Aus seinem Hals erklang ein ersticktes Gurgeln. Dann weiteten sich seine Augen. Er konnte nicht fassen was er sah. Der Mund seiner Oma öffnete sich wie ein großes Maul. In diesem entblößten sich viele Reihen an rasiermesserscharfen Zähnen, spitz wie Nadeln. Ihr Maul wuchs und wuchs, bis es die Größe erreichte, in dem Jens ganz hinein passte. Dann weitete sich ihr Körper. Sie quillte auf wie ein Luftballon und er sah ein Wesen, das er nur aus Erzählungen kannte. Ein Mann in Rot, eine Zipfelmütze und ein langer weißer Bart.
Mit Leichtigkeit führte es Jens über sein weit aufgerissenes Maul und ließ ihn fallen. Dann schnappte das Maul zu. Ein schmerzvoller Schrei erklang und Knochen zerbarsten.
Schlagartig riss Jens seine Augen auf. Sein Herz hämmerte laut, seine Ohren waren Taub. Er war Schweiß gebadet und zitterte vor Angst. Kurz wischte er sich die Tränen weg, die jedoch sofort wieder nach liefen. Dennoch erkannte er, dass er nur geträumt hatte. Dennoch hatte sich alles so echt angefühlt.
Dann viel ihm ein, heute war Weihnachtsmorgen! Schnell stand er auf und rannte aus seinem Zimmer ins Wohnzimmer. Dabei stolperte er über Karl, der vor seiner Zimmertür im Flur lag. Verwirrt ob er ihn auf und schloss ihn fest in die Arme. Dann betrachtete er die Porträts. Es war nichts seltsames zu sehen. Seine Familie und er selbst besaßen noch alle ihre Augen. Und keiner der Augen schien ihn zu beobachten.
Dann wanderte Jens Blick zur Tür seiner Oma. Sie schien noch nicht wach zu sein, was ihn ausatmen ließ. Leise schlich er sich zum Wohnzimmer. Dort umschloss ihn gleich der Geruch von Zimt und Zucker. Ein wahnsinnig guter Duft, wie Jens fand. Doch plötzlich blieb ihn sein Herz stehen. Unter dem Weihnachtsbaum waren keine Geschenke - und als er in seine Socke über dem Kamin sah.. da fand er nur ein Stück Kohle. Er schrie.
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