-4. Dezember-
Guten Tag!
Macht euch auf einen bösen Cut gefasst...😇 Tut mir leid, ich konnte mich nicht zurückhalten...🙈Trotzdem wünsche ich euch viel Vergnügen!
Jäger der Seelen
⇥Glücklicherweise hatte ich vorhin schon den Karton zusammengeräumt, sodass ich nur ihn nur noch anheben und loslaufen musste. Wie von Zauberhand ließ mir der Schneefall einen kleinen Weg, auf dem ich in unser Dorf laufen konnte. Ich genoss meinen Heimweg ebenso sehr wie die restliche Zeit, die ich mit seinen letzten Überresten und meinen Gedanken verbracht hatte.
In meinem Buchladen angekommen, verräumte ich den Karton unauffällig dort, wo niemand an ihn drankam. In meinem kleinen Hinterzimmer mit der Aufschrift privat. So konnte ich sicherstellen, dass kein Kunde den Schmuck zerstörte oder mitnahm. Er war mir fast so heilig wie der schmale silberne Ring, den ich immer am rechten kleinen Finger trug. Den hatte er mir geschenkt, nachdem ich seine Seele vor dem Untergang bewahrt hatte, als die Jäger seiner Seele ihn schier vernichtet hatten. Das ist aber auch schon wieder ein paar seiner Leben her...
Dankbar nickte ich Sam zu, der die letzten dreieinhalb Stunden in meinem Laden verharrt hatte. Es war nicht selbstverständlich für einen Freund einzuspringen, wenn man selbst eigentlich mehr als genug zu arbeiten hätte. Schon gar nicht, wenn man bedachte wie banal mein Anliegen eigentlich war. Doch Sam wusste wie sehr mir das Baumschmücken am Herzen lag. Er war mehrfach bei seinen Toden dabei gewesen, hatte die schlimmsten Zeiten mit erlitten und hatte selbst nicht das leichteste Schicksal erwischt. Daher sprang er gerne ein. Wir konnten uns einfach aufeinander verlassen.
Lächelnd klopfte er mir auf die Schulter, schulterte seinen Rucksack, den er neben die Tür gestellt hatte und verließ den Laden. Er wusste genau, dass ich ihn auch ohne Worte verstand. So wie er mich. Kaum war die Tür hinter ihm zugefallen und der kalte Luftzug in den Tiefen der voll gestapelten Regale verschwunden, da verfiel ich wieder in meinen alltäglichen Trott. Schweigend räumte ich Bücher von ihren herumliegenden Plätzen an ihren Platz im Regal, bis alle wieder richtig standen, doch ich wusste, dass sie morgen wieder Kreuz und quer verteilt liegen würden. Es schien fast so als ob sie ein Eigenleben entwickelt hätten.
Zweimal öffnete sich die Tür, ließ kalte Luft und einige Schneeflocken herein und beides mal waren die Kunden alte Bekannte. Der eine holte ein Buch, das ich ihm versprochen hatte, ab, der andere gab eine Bestellung auf. Alle diese Bücher sollten wohl Weihnachtsgeschenke werden. Glücklich für seine Enkelkinder etwas gefunden zu haben reichte er mir seine Liste.
Verwundert blickte ich auf. Es waren Büchernamen, die ich schon ewig nicht mehr gehört hatte. Seine Augen blitzten schelmisch auf, dann legte er sich eine Hand an den Mund und flüsterte mir verschwörerisch zu: „Mein Enkel liest gern. Hat sich völlig auf alte Magie spezialisiert. Fast schon gruselig wie er dafür schwärmt."
Da stimmte ich ihm aus ganzem Herzen zu. Die Bücher, die ich besorgen sollte, waren mit die gefährlichsten und seltensten, die es zur alten Magie überhaupt gab. Sie beschrieben die Form der Magie, die es nur noch einmal auf dieser Welt gab. Im Moment überhaupt nicht mehr. Da war es schon selten, dass jemand diese Form der Magie überhaupt kannte und sich dann auch noch so hineinfuchste.
Es waren Bücher wie beispielsweise ‚Praxis der schwarzen und weißen Magie', in der die verschiedenen Formen und Fähigkeiten in der Anwendung der alten Magie erklärt wurden oder auch Bücher wie ,Der Schlüssel der Weisheit', in welchem die Folgen der alten Magie auf den Organismus der ausführenden Person beschrieben waren, die der Junge lesen wollte. Sie waren nicht für jedermann zugänglich und erst recht nicht lesbar. Mich erstaunte es, dass sein Enkel diese Bücher kannte. Zudem weckten sie keine guten Erinnerungen in mir, denn auch er war ganz versessen auf diese Bücher gewesen. Es ging sogar so weit, dass er schier den Zugang zur Realität verlor. Genau das versuchte ich nun auch meinen Kunden verständlich zu machen, der dies noch nicht ganz hinnehmen konnte. Er verstand nicht so recht, weshalb diese Bücher so gefährlich waren. So rang er mir das Versprechen ab, immerhin das zu tun was ich konnte, um ihm die Bücher zu besorgen.
Die nächsten Tage über besuchte er mich jeden einzelnen Tag. Er wollte sichergehen, dass ich mein Versprechen auch wirklich hielt und alles in meiner Macht stehende tat, sodass er die Bücher bekommen würde.
Am Samstag vor dem dritten Advent, circa eine Stunde vor Ladenschluss fing er mich ab, nachdem ich ihm die Woche über bestmöglich aus dem Weg gegangen war. Immer war mir etwas eingefallen, das ich noch erledigen musste, sodass ich nicht mit ihm sprechen konnte. So wurde das Schaufenster dekoriert, die Bücherregale abgestaubt, der Boden gefegt und und und... der Laden war schlussendlich so sauber wie ich ihn seit Jahrzehnten nicht mehr erlebt hatte. Fast hatte er sein heimeliges Dasein verloren. Fast. Seine Kraft ließ es immer noch geheimnisvoll und uralt wirken. Auch die Regale, die bis zur Decke reichten, trugen dazu bei.
Da ich ihm nun nicht aus dem Weg gehen konnte, begann er mich auszuquetschen wie eine überreife Zitrone. Tröpfchenweise presste er meine Fortschritte aus mit heraus und ich war mehr als froh, als das Klingeln der Glöckchen über der Tür einen neuen Kunden ankündigte. Es war allerdings der letzte Kunde, den ich hineinlassen würde, denn es war kurz vor Ladenschluss und ich wollte unbedingt noch mal zu unserem Baum. „Entschuldigen Sie mich bitte.", rief ich ihm zu, als ich förmlich um den Ladentisch herum an ihm vorbei zur Türe floh, um den neuen Gast zu begrüßen.
Wie erstarrt blieb ich auf meinem Weg stehen. Mein alter Kunde war mir gefolgt, tippte mich an der Schulter an und wollte weiterwissen, wann die Bücher denn ankommen würden. Mit einer unwirschen Geste meiner Hand brachte ich ihn zum Schweigen. Mein Blick war stur auf die hereintretende Person fokussiert. Diese schüttelte gerade den Kopf wie ein junger Welpe, um die Schneeflocken aus seinen blond gefärbten Haaren zu bekommen.
Schüchtern blickte er sich um und fragte: „Bin ich hier richtig im Buchladen ‚Die drei Schlüssel'?"
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top