1. Türchen
Leider etwas verspätet aber schließlich ist es hier ❤️
Story by: JeanettRoe
Der erste Advent. Heute ist es endlich soweit und die schönste Zeit des Jahres beginnt. Für die meisten Leute jedenfalls. Für mich ist momentan eher alles grau, meine Welt so wie ich sie kenne gibt es momentan nicht. Die Adventszeit und Weihnachten rücken immer näher und ich kann mich einfach nicht darauf freuen. Mein Vater liegt nun seid Acht Tagen in Koma. Er hat Krebs und wurde letzte Woche operiert. Anfangsstadium sagten uns die Ärzte. Die Operation würde Sinn machen und ihm helfen. Sie würde sein Leben um einige Jahre verlängern können.
Über die Komplikationen die eintreffen könnten, haben Sie uns jedoch nicht wirklich informiert. Natürlich wussten ich, meine Mutter und mein Bruder dass es hätte sein können, dass er nie wieder aufwacht. Eine Vorstellung die mir auch jetzt einen Schauer über den Rücken jagt. Jedoch hat uns niemand erzählt, dass die Ärzte so große Fehler machen könnten, dass eine weitere Not-Operation nötig wäre und wir nun hier sind und wirklich ungewiss in die Zukunft blicken.
Die Tage werden immer länger, unerträglicher und meine Nächte immer kürzer. Jeden Abend gehe ich ins Bett mit einer Ungewissheit die mich zermürbt. Was wird morgen passieren? Wie sieht es nun aus ? Haben sich seine Blutwerte oder die Nierenwerte weiter verschlechtert? Können wir heute endlich einen Arzt sprechen, der uns Informationen gibt wie es um meinen Vater steht?
Seufzend lege ich mir in der Schleuse zwischen dem Flur und der Intensivstation die Schutzkleidung an. Handschuhe, Kittel, Mundschutz und sogar einen Augenschutz. In diesem Aufzug fühlt sich alles völlig sureal an. Man kommt sich lächerlich vor. Als würde das was bringen. Die Schleuse in der ich mich befinde ich komplett weiß und steril. Das einzige, was sich in diesem Raum befindet ist die neue Schutzkleidung und ein stählerner Mülleimer für die bereits getragenen. Nicht, dass die Stimmung, wenn man einen Patienten auf der Intensivstation schon drückend genug wäre, verleiht dieser Raum dem ganzem nochmal eine völlig neue Bedeutung.
Heute habe ich für meinen Vater ein Buch mit gebracht. Ein Buch was für mich von großer Bedeutung ist, früher als ich klein war haben wir es immer zusammen gelesen. Es hat viel Diskussion gekostet, die Schwestern davon zu überzeugen, dass ich das Buch mit nehmen darf. Laut ihnen könnte es konatminiert sein, Krankheiten enthalten die meinem Vater schaden würden. Mit der Auflage, das Buch sorgfältig mit Desinfektionsmittel zu bearbeiten bevor ich ihm vorlese durfte ich es dann doch mit nehmen.
Unsicher drücke ich die Tür auf und trete in das sterile Zimmer ein. Nicht viel ist in diesem Raum, ein Bett und ein kleiner Nachttisch auf dem nichts liegt außer Feuchttücher, die meine Familie benutzt um ihm ab und an mal etwas zu waschen oder ihm die Stirn abzutupfen. Zwei Stühle und ein Tisch stehen ebenfalls in dem Raum für den Besuch der Familie. Die Vorhänge die an den Fenstern hängen sind offen, draußen sind die Bäume bereits kahl, Schnee gibt es keinen.
Mein Blick fällt auf meinen Vater. Er sieht ruhig aus, so als würde er schlafen. Die vielen Geräte an die er angeschlossen ist sind das einzige, was er den ganzen Tag hört wenn wir nicht da sind und auch keine Schwester im Raum ist. Hier ein Surren, da ein leises Gluggern und immer wieder ein Piepen. "Hallo Papi." Sage ich leise und hole mir einen Stuhl um mich an sein Bett zu setzen. Vorsichtig nehme ich seine Hand in meine, Streichle sie und schaue ihn für einen Moment einfach nur an. Diese Gefühl in mir ihn so zu sehen ist unbeschreiblich. Es zerreist mir das Herz. Die Decke, mit der er zugedeckt ist, liegt über seinem Bauch.
" Ich habe uns heute ein Buch mit genommen. Weißt du, das was wir früher immer gelesen haben." Flüstere ich ihm zu und streichle erneut über seine Hand. Eigentlich müsste er mal rasiert werden aber ich habe Angst davor ihn zu schneiden. Es ist jedes Mal wieder seltsam hier zu sein und mit ihm zu sprechen ohne das er mir Antwortet. Jedes Mal wieder denke ich, dass er nun plötzlich wach sein könnte und mir so wie immer eine Antwort geben würde. Dem ist aber nicht so. Wir wissen nicht, wie lange er noch braucht um wach zu werden.
Langsam lasse ich seine Hand los um das Buch aufzublättern. Ich erzähle ihm die Geschichte, die wir Jahrelang immer wieder zusammen gelesen haben. Von dem Weihnachtsmann, seinen Wichteln, den Rentieren und den vielen Geschenken. Wie der Weihnachtsmann den Kindern ihr Spielzeug bringt und wie sehr die Augen der Kinder am Weihnachtsmorgen funkeln. Davon, wie der der Weihnachtsmann Urlaub macht mit seinem Wohnwagen am Strand um gut erholt für das nächste Jahr wieder da zu sein. Ich erzähle ihm immer wieder zwischendurch wie sehr ich ihn liebe und wie schön ich es fand mit ihm diese Bücher zu lesen. Auch erzähle ich ihm, dass ich gerne noch ein Spiel des Hamburger SV mit ihm und meinem Bruder sehen möchte, was für eine Blamage das letzte Spiel war und das seine Gladbacher immer noch Spitzenreiter der ersten Liga sind.
Immer wieder erwähne ich, wie stark er ist und dass er sich beeilen soll. Wir wollen ihn schließlich an Weihnachten bei uns haben. Ich wasche ihn und massiere ihm seinen Bauch,seine Beine und seine Hände. Die Zeit vergeht wie im Fluge. Als ich das nächste Mal auf dem Fenster schaue frage ich mich, ob es wirklich das ist, was ich denke. Erneut löse ich meine Hand aus der Hand meines Vaters und stehe auf um aus dem Fenster zu schauen.
Winzigkleine, weiße Flocken rieseln auf die Erde hinab. Ein kleines lächeln huscht mir über die Lippen. Vielleicht wird es dieses Jahr doch noch ein wenig winterlich. Es wäre schön, wenn mein Papi sehen könnte, dass wir dieses Jahr eventuell ein weißes Weihnachten feiern können. Mit Papi zu Hause. Schon einige Minuten stehe ich hier und beobachte die Flocken wie sie herabrieseln und liegen bleiben. Immer wieder erzähle ich meinem Papi, was ich sehe und wie schön es ist.
Ein leises, kaum wahrnehmbares Krächzen hinter mir, lässt mich herum fahren. Das Krächzen wird zu einem Husten danach zu einem japsen nach Luft. Ich sehe meinen Papi, mit weit aufgerissenen Augen im Bett liegen. Ein lautes Signal dröhnt durch den Raum. Augenblicklich öffnet sich die Tür und ein Arzt gefolgt von einer Schwester betritt das Zimmer. Schnell untersucht er seine Augen und zieht ihm dann die zusätzliche künstliche Beatmung die ihm im Koma geholfen hat, zu Atmen.
Weiterhin höre ich meinen Papi japsen, leicht hächeln und nach Luft schnappen. Ich gerade etwas in Panik doch stehe wie erstarrt da und beobachte die Krankenschwester und den Arzt bei ihren tun. Vorsichtig flößt die Schwester meinem Vater etwas Wasser ein.
Das Japsen wird leiser und auch der Husten verstummt langsam. Noch immer kontrolliert der Arzt seinen Puls und macht weitere kleine Untersuchungen. Er redet auf meinen Vater ein und ich beobachte den Monitor in der Ecke. Sein Puls, der in die Höhe geschossen war, beruhigt sich langsam. Seine Augen sehen glasig aus, doch er sieht mir direkt in die Augen. Nach weiteren Untersuchungen setze ich mich erneut zu ihm und halte seine Hand. Immer wieder hustet er bei dem Versuch etwas zu sagen.
"Ließ.... mir..... die..... Geschichte..... noch.....einmal.....vor." krächzt er leise, seine Stimme ist rau. Ich spüre einen Schwachen druck ab meiner Hand und nicke schnell. Sofort beginne ich,die Geschichte erneut für ihn zu lesen.
Es ist schon seltsam, wie schnell sich etwas ändern kann. Mein Weihnachtswunder ist komplett. Mein Papi ist wieder bei mir.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top