32. Pick a fight

Nervös stand ich auf dem Podium, knetete meine Hände und wartete darauf, dass Niall und Louis endlich zurückkehren würden. Eine Schlägerei im Club wäre wirklich das Schlimmste, was passieren könnte. Sowohl für den Ruf des Clubs, aber vor allem für die beiden Sänger, denn eine negative Publicity konnten sie weiß Gott nicht gebrauchen. Und das alles nur wegen so einem Arsch wie Chad! Ich konnte immer noch nicht fassen, was er getan hatte und ein Teil von mir wünschte sich nichts sehnlicher, als dass Niall und Louis im zeigen würden, was passierte, wenn er mich nicht in Ruhe ließ.

Meine Augen lösten sich nicht von der Tanzfläche, in der Hoffnung, die beiden plötzlich auftauchen zu sehen. Doch es vergingen zehn endlos lange Minuten, bevor das geschah. In der Zwischenzeit war ich zu einem Nervenbündel mutiert. Erst als ich Nialls Blondschopf, gefolgt von Louis in der Menge herausstechen sah, atmete ich ein wenig auf. Schnurstraks marschierten sie in Richtung Podium, um kurze Zeit später neben mir zu stehen.

„Fuck, das Arschloch ist uns entwischt!", blökte Louis ungehalten los, während Niall sagte: „Wir hatten ihn fast, leider ist er in ein Taxi gesprungen, das sofort los fuhr. Aber er wird noch seine Abreibung bekommen, verlass dich drauf, Angel."

„Auf jeden Fall ist er jetzt gewarnt", setzte Louis noch hinzu, was mich innerlich ein wenig aufatmen ließ.

Vielleicht würde Chad nun aufhören, mich zu belästigen und wenn nicht, konnte er sich auf etwas gefasst machen.

Am liebsten hätte ich Niall jetzt umarmt und geküsst, doch das konnte ich an meinem Arbeitsplatz nicht tun, obwohl eigentlich jeder wusste, dass wir zusammen waren. Trotzdem gab es gewisse Regeln, an die auch ich mich zu halten hatte. So begnügte ich mich damit, einfach seine Hand zu halten und spürte, wie sein Daumen beruhigend über meinen Handrücken streichelte.

„Mach dir nicht so viele Sorgen, mein Engel, wir kriegen das schon hin", flüstert er mir zu, gerade so laut, dass ich es noch verstehen konnte.

Ich wusste, dass ich mich voll und ganz auf ihn verlassen würde, aber auch auf Louis, der den Titel bester Freund stets verdiente.Im Moment blieb mir jedoch nichts anderes übrig, als sie ganze Sache hinten an zu stellen, schließlich hatte ich am heutigen Abend einen Job zu verrichten. Da es erst kurz nach Mitternacht war, dauerte es auch noch eine ganze Weile, bis der Feierabend nahte. Gott sei Dank leistete Niall mir die meiste Zeit über Gesellschaft, sogar El kam einmal aufs Podium, um nach mir zu schauen. Auch sie versuchte, mich ein wenig zu beruhigen, was Chad anging, was ich sehr liebenswert fand.

Somit verging die Zeit bis zu meinem Feierabend doch schneller als erwartet. Bevor wir uns von Trigger verabschiedeten, klärte ich ihn jedoch über die Sache mit dem Brief auf, was er kopfschüttelnd und gleichzeitig wütend zur Kenntnis nahm.

„Der soll sich nicht wagen, dir zu nahe zu kommen, sonst lernt er mich kennen!", lautete seine Aussage, die mich wissen ließ, dass auch er mich beschützen würde. Zur Not konnte er Chad sogar Hausverbot in seinem Club erteilen.

Um kurz nach halb vier trafen Niall und ich in meinem Apartment ein, empfangen durch Angus' lautes Geschrei.

„Aaaaaaaaaaaaaaaaangel!"

„Dein Geier hat dich wohl vermisst", kam es grinsend von Niall, der die Eingangstür hinter sich zuzog, bevor er sich seiner Jacke und den Schuhen entledigte.

Ich lief derweil in Richtung Wohnzimmer, um nach meinem Papagei zu schauen, der aufgeregt mit den Flügeln flatterte, als er mich erblickte. Grinsend ließ ich ihn auf meine Hand klettern, damit er den Arm hinauflaufen konnte, um mir ein Küsschen zu geben.

„Aaaaaaangel, ich liebe dich!", krächzte er in mein Ohr.

Prompt meldete sich Niall zu Wort, der gerade das Wohnzimmer betrat: „Hey, ich liebe dich auch, sag ihm das!"

„Du kannst es ihm auch selbst sagen", erwiderte ich mit einem Lächeln.

Niall zuckte mit den Schultern und antwortete: „Er redet ja nicht mit mir, das ist das Problem an der ganzen Sache."

„Stimmt, und wenn, sagt er nur einen Satz", kam es von mir.

Wie auf Kommando rief Angus plötzlich aus heiterem Himmel: „Niall ist ein Idiot!"

„Da hast du es!"

Ich wusste, dass Niall es ein bisschen wurmte, dass mein Papagei ihn nicht leiden konnte, doch mich störte es noch viel mehr und ich wünschte mir, dass Angus meinen Freund endlich akzeptieren sollte, aber vermutlich würde das nie geschehen. Niall hatte seine Erdbeeren gegessen und das erachtete Angus als unverzeihlich.

Seufzend setzte ich meinen gefiederten Schatz auf seine Stange zurück, um anschließend einen Abstecher ins Bad zu machen, bevor ich mich zu Niall ins Bett legte. Kaum lag ich in seinem Arm, stellte ich eine Frage, welche mich schon den ganzen Tag beschäftigte. „Wie lange möchtest du eigentlich hier bleiben?"

„Warum? Willst du mich wieder loswerden?", kam es prompt von ihm zurück, begleitet durch ein schelmisches Grinsen.

„Nein, ganz sicher nicht."

Ich kuschelte mich tiefer in seine Arme, nahm den Duft seines Aftershaves war, und schloss entspannt meine Augen, als ich ihn sagen hörte: „Eigentlich wollte ich so lange bleiben, bis wir nach Nashville fliegen."

Erleichterung machte sich in mir breit, denn jetzt brauchte ich mir für einige Tage keine Gedanken wegen Chad zu machen. Selbst wenn dieser unverhofft hier auftauchen sollte, war Niall da, um mich zu beschützen.

„Das ist toll", wisperte ich in sein Ohr und bekam daraufhin einen Kuss auf die Lippen gedrückt.

Den nächsten Tag verbrachten wir in meiner Wohnung, zumindest bis zum Abend, an welchem ich erneut arbeiten musste, da es sich um einen Samstag handelte. Dieses Mal fuhren wir mit einem Taxi zum Club, damit Niall auch etwas trinken konnte. Ich fühlte mich kein bisschen unsicher, als ich wenig später meinen Weg auf das Podium antrat, denn wenn Niall sich in meiner Nähe aufhielt, konnte mir nichts passieren. Abgesehen davon glaubte ich sowieso nicht, dass Chad so schnell wieder im Club aufkreuzen würde, so dumm war er nun auch nicht.

Zu meiner großen Überraschung und Freude leisteten uns heute alle Jungs, einschließlich ihrer Freundinnen Gesellschaft. Als ich Harrys Lockenkopf in der Nähe der Tanzfläche erblickte, gefolgt von Perrie, Zayn, Sophia, Liam, El und Louis, konnte mich wirklich nichts mehr aus der Ruhe bringen. Meine zweite Familie war sozusagen anwesend, ich hatte Rückendeckung ohne Ende und als ich in meiner Pause den Weg nach unten antrat, wurde ich bereits sehnsüchtig erwartet. Alle umarmten mich und stießen mit mir an.

Langsam vernichtete ich den Erdbeer-Caipirinha, mit Liam ins Gespräch vertieft, der sich schon seit Tagen wegen der Mash-ups bezüglich des DJ Contests seinen Kopf zerbrach. Wir vereinbarten, dass er am Sonntagnachmittag bei mir vorbeischauen sollte, damit wir ein wenig zusammen daran arbeiten konnten, was mit Sicherheit sehr lustig werden würde.Liam strotzte nur so vor guten Ideen, was das Mixen von Musik anging, das war mir durchaus noch geläufig.

Die letzte halbe Stunde im Club verging ziemlich rasch und als wir uns untereinander verabschiedeten, schlug Liam vor, morgen gegen vier Uhr nachmittags vorbeizuschauen, was ich durchaus akzeptabel fand. Niall und ich würden ausschlafen können und in aller Ruhe frühstücken. Ich freute mich schon wahnsinnig auf einen entspannten Sonntag, den hatte ich nach dem Stress mit Chad auch wirklich verdient.

Es fühlte sich toll an, neben Niall aufzuwachen, der noch schlief, während ich mich langsam aus dem Bett schälte, um nach Angus zu schauen. Ich wollte vermeiden, dass mein Papagei einen Tobsuchtsanfall bekam, weil er vor Hunger fast starb. Somit beeilte ich mich damit, seine Futterschale zu füllen, bevor das Spektakel losging. Niall sollte nicht auf diese Art und Weise geweckt werden, das hatte er nicht verdient.

Angus benahm sich auch wirklich vorbildlich, als er die Futterschale in meinen Händen erblickte, mit welcher ich nun auf den Käfig zuging.

„Angel! Hunger!" flötete er mir entgegen, legte seinen Kopf schief und stieß ein kurzes Pfeifen aus.

„Pssssst, nicht so laut", ermahnte ich ihn, „Niall schläft noch."

„Niaaaaaaaaaaaall! Niaaaaaaaaaaaaaall ist ein Idiot", kam es prompt.

Nun stemmte ich meine Hände in die Hüften, um eine ordentliche Strafpredigt loszulassen.

„Angus, es reicht jetzt wirklich! Du wirst dich daran gewöhnen müssen, dass ich mit ihm zusammen bin, und der hier auch öfter übernachten wird! Ist das klar? Ich liebe Niall nun mal, was aber nicht heißt, dass ich dich nicht mehr liebe, verstehst du das? Ich liebe ihn anders als dich, aber du wirst immer mein kleiner Schatz bleiben, ok?"

„Das hast du sehr schön gesagt", vernahm ich eine raue Stimme in meinem Ohr. Gleichzeitig legten sich Nialls Hände von hinten um meinen Körper, während er mir einen sanften Kuss auf die Wange hauchte.

„Guten Morgen mein kleiner Engel", wisperte er, was mich lächeln ließ.

„Guten Morgen mein heißer Ire", flüsterte ich zurück.

„Lass uns Frühstück machen, ja? Ich habe einen Bärenhunger."

„Ich auch."

Wir ließen Angus mit seiner gut gefüllten Futterschale im Wohnzimmer zurück und betraten kurze Zeit später die Küche, wo Niall sich sofort daran machte, Rühreier zuzubereiten.
„Ich hätte nichts dagegen, jeden Tag mit dir auf diese Art und Weise zu beginnen", seufzte ich glücklich und stellte die Kaffeemaschine an.

„Ich auch nicht", antwortete er grinsend.

Das Frühstück schmeckte himmlisch, ich genoss es so richtig von Niall verwöhnt zu werden, dem das Kochen wohl viel Spaß zu machen schien.

„Wenn Liam nachher vorbeischaut, werde ich kurz in meine Wohnung fahren, um nach dem Rechten zu sehen", meinte er, nachdem wir alles aufgegessen hatten.

„Tu, was du nicht lassen kannst", entgegnete ich, bevor ich ihm einen Kuss auf den Mund drückte und durch seine weichen Haare wuschelte, was er mit einem Grinsen zur Kenntnis nahm.

Eine Stunde später machten wir uns auf den Weg in den Supermarkt. Dort stellte ich zum widerholten Male fest, wie gerne Niall doch einkaufen ging und wie sorgfältig er die Lebensmittel, vor allem das frische Obst und Gemüse, aussuchte. Es bereitete richtig Spaß, diese Dinge mit ihm zu erledigen, zumal wir uns auch Zeit ließen. Selbst die Erdbeeren für Angus mussten sich einer strengen Prüfung Nialls blauer Augen unterziehen, eine mit einer kleinen Delle flog sofort aus dem Korb.

„Er soll ja nur das Beste bekommen, auch wenn er mich nicht leiden kann", stellte mein Freund fest.

Es tat mir so unglaublich leid, dass ich an dieser Situation nichts zu ändern vermochte, es war von Anfang an schief gelaufen. Seufzend platzierte ich eine frische Mango in den Einkaufswagen, während Niall die Erdbeeren abwog. Wenn Angus gewusst hätte, wie sorgsam der blonde Ire mit seinem Futter umging, würde er ihn vermutlich über alles lieben.

Langsam gingen wir nun zur Kasse, nachdem sich all das, was wir benötigten, im Einkaufswagen befand. Niall wollte später für uns kochen und dementsprechend voll sah der Wagen aus.

„Man könnte meinen, wir hätten eine vierköpfige Familie zu versorgen", bemerkte ich grinsend, als er begann das Band an der Kasse mit unseren Sachen zu beladen.

„Vielleicht werden wir das irgendwann", meinte er scherzhaft und zwinkerte mir zu, worauf ich mit den Schultern zuckte.

Familienplanung lag noch in weiter Ferne, dafür waren wir beide viel zu jung und außerdem noch nicht lange genug zusammen. Bei Louis und El sah die Sache schon ein wenig anders aus, die beiden waren immerhin schon mehrere Jahre zusammen und es hätte mich, ehrlich gesagt nicht gewundert, wenn Louis der Erste der Jungs sein würde, der die Vaterfreuden auskosten durfte.

Nachdem wir eine halbe Stunde später die Einkäufe in der Küche verstaut hatten, rief ich kurz bei meiner Großmutter in Cardiff an, die sich riesig freute und mir sogleich mitteilte, dass sie mit ihrem neumodischen Handy, welches meine Mum ihr zu Weihnachten geschenkt hatte, nicht so ganz klar käme. Ich hatte es ja gesehen und wusste demnach, dass es sich um ein Smartphone handelte. So etwas wie Bedienungsanleitungen existierte für diese Dinge nicht mehr, alles, was man nicht wusste, konnte man im Internet nachlesen, doch meine Großmutter war mit solchen Dingen natürlich ein wenig überfordert.

„Soll ich irgendwann mit Niall vorbeikommen, damit wir dir vielleicht helfen können?", fragte ich deshalb nach.

„Ja, das wäre wirklich schön. Ich backe auch Kuchen für euch!"

„Ok, wie wäre es mit Montag?"

„Da habe ich einen Arzttermin und treffe mich später mit Wanda in einem Café", erklärte meine Granny. „Dienstag wäre besser."

Wanda war ihre beste Freundin, die natürlich nicht vernachlässigt werden durfte.

Mit einem prüfenden Blick in den Kalender stellte ich fest, dass der Dienstag der Tag vor unserem Abflug nach Nashville war und ich nicht wusste, ob wir das alles so schaffen würden. Schnell erklärte ich Niall die ganze Sache, der jedoch ziemlich gechillt reagierte.

„Es ist doch kein Stress nach Cardiff zu fahren, wir müssen ja für die paar Tage in Nashville nicht großartig packen und wenn wir etwas Lebensnotweniges vergessen sollten, können wir das auch dort besorgen", lautete seine Aussage, der ich nur zustimmen konnte.

„Ok, wir kommen dann am Dienstag", versprach ich meiner Granny, die sich total freute.

Kaum hatte ich das Gespräch beendet, klingelte es auch schon an der Tür.

„Das muss Liam sein!"

Voll freudiger Erregung spurtete ich zur Eingangstür, um den Sänger hineinzulassen.

Bevor Liam und ich uns in den separaten Raum zurückzogen, in welchem sich mein Mischpult befand, verabschiedete sich Niall kurz von uns, der nun zu seiner Wohnung fuhr. Liam stürzte sich sofort auf das Mischpult und begann seiner Kreativität freien Lauf zu lassen. Ich war mehr als begeistert und steuerte noch jede Menge Ideen dazu bei. Wir waren so in unsere Arbeit vertieft, dass wir Nialls Rückkehr nicht bemerkten, der uns erst dann störte, als er das Abendessen fertig gekocht hatte.

„Wie sieht es aus, ihr zwei Genies, habt ihr keinen Hunger?", meinte er, als er die Tür öffnete und ein wahnsinnig leckerer Duft in unsere Nasen zog.

„Und ob wir Hunger haben!", meinte Liam, sprang auf und folgte Niall in die Küche.

Auch ich ließ mich nicht zweimal auffordern, sondern genoss das vorzügliche Mahl, welches mein Freund zubereitet hatte. Nach dem Essen verabschiedete sich Liam mit dem Versprechen, morgen wieder zu kommen, damit wir noch ein wenig an den Mash-ups feilen konnten. Ich wollte diesen Contest unbedingt gewinnen, obwohl ich anfangs gar nicht so begeistert davon gewesen war, daran teilzunehmen. Doch meine Einstellung hierzu hatte sich nun verändert. Man musste in seinem Leben auch gewisse Dinge wagen, sich den Herausforderungen stellen und schauen, wo man selbst stand. Das hatte ich inzwischen begriffen.

Meine Beziehung zu Niall war das beste Beispiel dafür, denn hätte ich es nicht gewagt, mich mit ihm einzulassen, hätte ich nie erfahren, dass ich doch mit einem Mann glücklich sein konnte. Einem Mann, der mich auf Händen trug und der mich so akzeptierte wie ich war.

„Denkst du, wir sollten morgen schon mit Packen anfangen, nur für den Fall, dass wir am Dienstag nicht so viel Zeit wie gedacht haben werden?", meinte ich, als wir uns später ins Bett legten.

„Dann müsste ich aber nochmal nach Hause und meinen Koffer holen", gab Niall grinsend zur Antwort.

Anschließend ließ ich mich in seine Arme sinken, um kurze Zeit später seine zärtlichen Küsse überall zu spüren. Es kam mir noch immer vor wie ein Traum, dass ich ihn kennengelernt hatte und doch entsprach dies alles der Realität.

Der nächste Tag verging wie im Flug, da ich direkt nach dem Frühstück begann meinen Koffer für den Kurztrip zu meinem Dad zu packen.

Später tauchte Liam pünktlich zum vereinbarten Zeitpunkt auf, damit wir noch ein wenig an den Mash-ups arbeiten konnten. Niall nutzte diese Zeit, um sein Apartment aufzusuchen, seinen Koffer zu packen und diesen gleich mitzunehmen, damit er vor dem Abflug nach Nashville nicht nochmals dort vorbeischauen musste. Es lief also alles wie am Schnürchen und das setzte sich am nächsten Tag fort, an welchem wir nach Cardiff aufbrachen.

Die Fahrt dorthin verlief ohne großartige Staus oder sonstige Zwischenfälle, sodass wir am frühen Nachmittag bei meiner Granny vor dem Haus parkten. Sie begrüßte uns freudestrahlend und setzte uns direkt den frischgebackenen Apfelkuchen vor, der Niall ausgezeichnet schmeckte. Anschließend kümmerten wir uns um das Thema Handy und versuchten so gut es ging, ihr alles zu erklären.

„Sieh mal, du könntest Dad zum Beispiel über dieses Facetime kostenlos in Nashville anrufen", begann ich und zeigte auf das entsprechende Symbol auf dem Display.

„Das geht aber nur, weil er auch ein iPhone hat", setzte Niall noch hinzu, bevor er sich dazu entschloss, das gleich in der Praxis mit meiner Granny auszuprobieren.

Da er ihr alles genauestens erklärte, verstand sie tatsächlich, wie die ganze Sache zu handhaben war. Ich hoffte, dass sie sich das auch bis zum Mittwoch merken würde, denn das war der Geburtstag meines Dads. Obwohl meine Eltern schon lange geschieden waren, pflegte meine Granny immer noch den Kontakt zu meinem Dad, was ich total schön fand.

„Ich darf die Zeitverschiebung nicht vergessen, wenn ich Dan anrufe, sonst klingele ich ihn noch aus dem Bett", sagte sie lachend.

„Das könnte allerdings passieren", meinte ich und bediente mich nochmals am Apfelkuchen.
„Wer passt denn auf Angus auf, wenn du verreist?", erkundigte sich meine Großmutter.
„Trigger, also mein Boss. Er liebt Angus und Angus mag ihn auch total gerne", gab ich zur Antwort.

Trigger hatte es von sich aus angeboten, während meiner Abwesenheit erneut auf meinen Papagei aufzupassen, was ich ihm hoch anrechnete.

Wir blieben noch bis um kurz vor fünf in Cardiff, dann machten wir uns wieder auf den Weg nach London. Da wir antizyklisch fuhren, gerieten wir auch nicht in den Berufsverkehr, sondern erst kurz vor London in den normalen, dichten Verkehr. Trotzdem schafften wir es, um viertel nach sieben vor meiner Haustür zu stehen.

Während Niall diese aufschloss, leerte ich schnell meinen Briefkasten, der zugepackt mit Werbung und sonstiger Post war. Ich kümmerte mich zunächst nicht darum, sondern lief mit all dem Papierkram direkt nach oben, schmiss das Zeug auf den Wohnzimmertisch und begrüßte Angus, denn er hatte Vorrang vor der Post. Er dankte es mir mit einem liebevollen Küsschen und einem: „Angel, süße Angel!"

„Morgen wird Trigger dich abholen, ok? Ich fliege zu Daddy, er hat Geburtstag", versuchte ich ihm begreiflich zu machen.

Angus legte seinen Kopf schief und plapperte munter: „Daddy, Geburtstag! Angel fliegt zu Daddy!"

„Er ist eine Intelligenzbestie", stellte Niall grinsend fest.

Nachdem ich Angus auf die Stange gesetzt hatte, wandte ich mich der Post zu, welche noch immer unangetastet auf dem Wohnzimmertisch lag. Die Werbeprospekte wurden direkt aussortiert, bevor ich mich den Umschlägen widmete. Außer einer Rechnung von meinem Stromanbieter, befand sich noch ein weißer Umschlag zwischen den Werbezetteln, welchen ich nun herausfischte.

Als ich bemerkte, dass dieser weder einen Absender, noch eine Anschrift besaß, lief es mir eiskalt den Rücken hinunter. Er sah genauso aus, wie jener anonyme Brief, den ich vor wenigen Tagen erhalten hatte. Mit zitternden Fingern riss ich ihn auf und holte ein weißes Blatt hervor, welches mit Buchstaben aus einer Zeitung beklebt war.

„Wenn du glaubst, dass es vorbei ist, dann bist du auf dem Holzweg, Bitch!"

„Angel, ist alles ok?"

Nialls besorgte Stimme holte mich zurück in die Realität.

„Nein."

Meine Stimme bebte so sehr, dass ich nichts anderes mehr sagen konnte. Dies war auch nicht nötig, denn Niall nahm das Blatt an sich, überflog kurz den Satz und brüllte dann: „Jetzt reicht es! Er hat es eindeutig zu weit getrieben!"

Ohne ein weiteres Wort von sich zu geben, holte er sein Handy hervor, wählte eine Nummer und dann hörte ich ihn sagen: „Louis, es gibt Arbeit für uns! Chad hat schon wieder einen Brief an Angel geschrieben!"

Den Rest des Gesprächs bekam ich nicht mit, denn ich lief ins Badezimmer, um meine Nase zu putzen und die Tränen zu trocknen, welche sich in der Zwischenzeit in meinen Augen gebildet hatten. Ich war sauer, verängstigt und fühlte mich angegriffen. Sekunden später tauchte Niall neben mir auf, um mich in seine Arme zu nehmen.

„Angel, hör zu, Louis und ich werden jetzt zu Chad fahren, um ihm eine Lektion zu erteilen. Du brauchst keine Angst zu haben, wir sind gleich wieder da."

Mein Atem ging schneller, ich spürte wie meine Brust sich hob und senkte, doch ich konnte nicht einen einzigen Ton hervorbringen. Stattdessen senkte sich mein Kopf auf seine Brust hinab. Seine Hände streichelten zärtlich über mein Gesicht, versuchten mich zu beruhigen, doch das gelang leider nur mäßig. Hinzu kam, dass plötzlich die Klingel ertönte, vermutlich stand Louis schon vor der Tür. Schweigend befreite ich mich aus Nialls Umarmung, um Louis hereinzulassen. Erwartungsgemäß kochte mein bester Freund vor Wut, was sich noch verschlimmerte, nachdem er den Brief gelesen hatte.

„Ich mach das Schwein fertig!", brüllte er aufgebracht.

„Wir schlagen ihm die Tür ein und zeigen ihm wo der Hammer hängt!", kam es von Niall.

Irgendwie brachte mich das zum Nachdenken. Chad würde den beiden nicht öffnen, so viel stand fest. Eigentlich konnten sie sich den Weg zu ihm sparen, es sei denn, sie nahmen mich als Lockvogel mit.

„Ich komme mit euch!", entfuhr es mir, als ich diesen Gedanken zu Ende gesponnen hatte.

„Was?!" Beiden klappte die Kinnlade nach unten, nachdem ich das ausgesprochen hatte.
„Das kommt überhaupt nicht Frage", stellte Niall sich quer.

„Ihr braucht mich! Er wird euch nicht öffnen!" Ich beharrte auf meinem Standpunkt, der Louis wohl jetzt zum Nachdenken brachte.

„Sie hat verdammt nochmal Recht, Niall! Und was soll schon passieren, wenn wir dabei sind? Chad wird Angel mit Sicherheit die Tür öffnen und schon sind wir da."

Aufmerksam beobachtete ich Nialls Reaktion, der kurz seufzte, um dann zu sagen: „Vermutlich wird das die einzige Möglichkeit sein, jetzt an ihn heranzukommen."

Keine zwei Minuten saßen wir in Nialls Range Rover und keine weitere zehn Minuten später parkten wir in der Nähe von Chads Haus, welche sich in einer sehr guten Wohngegend befand. Ich war mega aufgeregt, als ich zur Tür schritt, um den Klingelknopf zu betätigen. Doch mit Louis und Niall an meiner Seite, die sich in einem nahegelegenen Gebüsch versteckt hielten, sollte eigentlich nichts schief gehen. Es dauerte etwa eine halbe Minute, die mir vorkam wie eine Stunde, bis sich jemand an der Sprechanlage meldete.

„Hallo, wer ist da?"

„Ich bin's Angel. Bitte mach auf Chad, ich muss mit dir reden."

Ich versuchte möglichst gleichgültig zu klingen, obwohl mein Herz bis zum Hals schlug. Doch es schien zu funktionieren, denn keine zehn Sekunden später wurde die Haustür von Chad persönlich geöffnet.

„Was kann ich für dich tun? Hat Niall dich rausgeschmissen?", fragte er spöttisch.

„Nein, hat er nicht!"

Bevor ich es realisierte stand mein Freund neben Chad und rückte diesen erbarmungslos gegen die Hauswand. Natürlich versuchte er sich zu wehren, doch er hatte die Rechnung ohne Louis gemacht, der einfach ausholte und ihm einen Kinnhaken verpasste.

„Was fällt dir eigentlich ein meiner Freundin solche Drohbriefe zu schicken?", brüllte Niall, der Chad festhielt, weil er umzufallen drohte. „Solltest du noch einen Brief an Angel schicken, hetze ich dir meinen Anwalt auf den Hals, hast du verstanden?"

Ein leises Stöhnen entfuhr aus Chads Kehle, bevor er murmelte: „Ich habe keine Ahnung, von was ihr redet."

„Verkauf uns bitte nicht für dumm! Du hast die gleiche Nummer mit deiner Ex-Freundin abgezogen!", zischte Louis wütend, der mit den beiden Briefen vor Chads Nase herumfuchtelte, welcher nun einen Blick darauf warf.

„Ich habe diese Briefe nicht verfasst", log er unverblümt, was Niall ziemlich wütend werden ließ.

„Ich gebe dir einen guten Rat, Mason und ich sage das jetzt nur einmal. Sollte das nicht aufhören, wird Angel dich anzeigen. Du hast bereits eine Vorstrafe wegen solch einem Delikt kassiert, also glaube nicht, dass die Richter diesmal Gnade walten lassen."

Chad spuckte plötzlich auf den Boden und sagte dann: „Ihr könnt mir nichts beweisen, das sind Buchstaben, die aus einer Zeitung ausgeschnitten wurden, das kann jeder gemacht haben."

Es klang wie ein Schuldeingeständnis, was Niall dazu veranlasste, Chad einen Kinnhaken zu verpassen, der diesen nun endgültig zu Boden gehen ließ. Doch keiner von uns kümmerte sich darum, zumal er nicht einmal Anstalten machte sich zu wehren.

„Du bist es nicht wert, dass ich meine Finger noch weiter schmutzig mache, aber ich warne dich: Solltest du Angel nicht in Ruhe lassen, wird das schlimme Konsequenzen für dich haben!", schrie Niall aufgebracht.

Nach diesem Satz verließen wir alle drei das Grundstück, ich mit zitternden Knien, die Jungs mit wütenden Gesichtern.

„Denkst du, er gibt jetzt Ruhe?", fragte Louis an Niall gewandt.

„Ich denke schon, denn er kann nicht riskieren, deswegen nochmal vor Gericht gezogen zu werden, dann wandert er nämlich in den Bau", erwiderte Niall prompt.

Ich atmete innerlich ein wenig auf, denn ich konnte mir nicht vorstellen, dass dies Chads Vorstellungen von seinem weiteren Leben entsprach. Somit konnte ich nur hoffen, dass die Sache jetzt ausgestanden war.

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Denkt ihr wirklich, dass die Sache ausgestanden ist?

Ich freue mich schon auf eure Kommentare!

LG, Ambi xxx

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