24. Truth or dare

Ich rannte in Richtung Ausgang, als seien tausend Teufel hinter mir her und wäre beinahe noch gestolpert, doch zwei kräftige Arme griffen im letzten Augenblich nach mir und verhinderten somit, dass ich den Boden unfreiwillig küsste.

„Angel, was ist denn los?"

Triggers Stimme erklang in meinen Ohren und machte mir bewusst, dass ich gerade im Begriff war, meine Arbeit zu verlassen. Doch das war mir im Augenblick ziemlich egal, alles was ich wollte war, nach Hause zu fahren.

„Bitte lass mich gehen", wimmerte ich unter Tränen.

„Um Gottes Willen, was ist denn los?" erkundigte er sich nochmals besorgt.

„Ich... ich hab die Playlist laufen, lass den Ersatz DJ antreten, ich muss nach Hause...", stieß ich hervor.

„Was ist passiert? Hat dich irgendwer verärgert oder geht es dir nicht gut?"

Trigger hörte nicht auf, mich auszufragen und so entfuhr es mir schließlich: „Das fragst du besser Chad und Niall. Und jetzt lass mich bitte los."

Meine Stimme klang nun sehr bestimmt, was ihn dazu veranlasste, meinen Arm loszulassen und zu sagen: „Ok, ich lasse dich gehen aber ich knöpfe mir die beiden vor so schnell ich kann! Und sollte sich herausstellen, dass einer von beiden dich niedergemacht hat, wird derjenige sein blaues Wunder erleben!"

Ich wusste, dass er das ernst meinte, doch es juckte ich nicht, im Gegenteil. Niemand durfte mich unter Druck setzen, das hatte ich mir nach der Beziehung mit Tessa geschworen.

So lief ich schnell zum Taxistand, der sich um die Ecke befand, um kurz darauf nach Hause gebracht zu werden. Meine Gedanken standen während der kompletten Fahrt nicht eine Sekunde still, sie waren immer bei Niall.

Warum hatte er das ausgesprochen? Er musste doch wissen, dass ich ihn liebte und dass Chad mir nichts bedeutete. Eigentlich sollte jemand wie Niall Horan Selbstbewusstsein für drei haben aber irgendwie wurde ich das Gefühl nicht los, dass er genauso wenig davon besaß wie ich.

Je näher wir meinen Heim kamen, umso mehr bereute ich meine Aktion. Ich hätte Chad einfach bitten sollen zu gehen, egal, ob er meiner Bitte nachgekommen wäre oder nicht, Niall hätte zumindest gesehen, dass ich wirklich nur an ihm interessiert war. Doch so wie sich die Sache im Moment darstellte, glaubte er bestimmt, dass ich mir meiner Gefühle nicht sicher war oder vielleicht sogar nur mit ihm spielte.

Aber ich konnte nicht damit umgehen, wenn man mich unter Druck setzte, das wusste Niall jedoch nicht. Es gab so viele Dinge über die wir noch reden mussten, die vergangene Zeiten betrafen, die uns so hatten werden lassen, wie wir im Moment waren.

Auch Niall schien Erfahrungen gemacht zu haben, die nicht gerade dazu beitrugen, einer Frau bedingungslos zu vertrauen. Nun machte ich mir Vorwürfe bezüglich meines Verhaltens, was im Augenblick aber nicht wirklich half. Den Kopf an die Scheibe gelehnt, ließ ich meinen Tränen freien Lauf. Es musste einfach raus, sonst würde es mir noch schlechter gehen, als es das ohne hin schon tat.

Als das Taxi vor dem Haus zum Stehen kam, in welchem sich meine Wohnung befand, bezahlte ich den Fahrer und trat meine Weg zu dem Gebäude an. Es war kalt, regnerisch und sehr ungemütlich. Die Kälte kroch förmlich in meine Glieder und ließ diese schwer wie Blei werden. Doch diese Schwere war nichts im Vergleich zu jener, die sich immer mehr in meinem Herzen ausbreitete.

Ich fühlte mich schuldig, aber gleichzeitig auch gekränkt. Ich wollte, dass Niall mir verzeihen sollte, aber ich wünschte mir auch, dass er sich bei mir entschuldigen würde. Ein Glück, dass Trigger meine Vergangenheit so gut kannte und nicht sauer sein würde, wenn er den Grund erfuhr, warum ich meinen Arbeitsplatz verlassen hatte. Normalerweise konnte so etwas nämlich sehr schnell zu einer Kündigung führen.

In meiner Wohnung angekommen, wurde ich lautstark von Angus begrüßt, der meinen Namen schrie.

„Aaaaaaaaaaaangel!"

Obwohl ich mich unglaublich schlecht fühlte, eilte ich zu meinem Papagei, um ihn wenigstens kurz zu begrüßen. Anschließend suchte ich das Badezimmer auf und warf einen Blick in den Spiegel. Ich bot geradezu einen jämmerlich Anblick, der unterstrich, wie es mir gerade ging. Die Mascara war verlaufen, meine Augen gerötet und die Haare hingen durchnässt von meinem Kopf herab.

Leise schluchzend griff ich nach einem Handtuch, um sie wenigstens ein bisschen trocken zu rubbeln, bevor ich die Mascaraspuren in meinem Gesicht beseitigte. Als ich das Bad wieder verließ, zitterte ich nicht nur am ganzen Körper, sondern auch innerlich. Völlig verzweifelt griff ich nun nach meinem Handy, um meinen besten Freund anzurufen, ungeachtet der Tatsache, dass es mitten in der Nacht war und er wahrscheinlich tief und fest schlief. Doch wie immer konnte ich auf Louis zählen. Nach mehrmaligem Klingeln nahm er tatsächlich ab.

„Hallo, wer ist da?" hörte ich seine verschlafene Stimme murmeln.

„Ich bin's, Angel."

Er schien plötzlich mit einem Schlag hellwach zu sein, denn seine Tonlage wechselte blitzschnell von verschlafen zu hyperaktiv.

„Was ist passiert?", fragte er ohne Umschweife.

„Ich brauche deine Hilfe", wisperte ich leise schluchzend. „Kannst du... kannst du bitte zu mir kommen?"

„Klar komme ich aber jetzt sag mir doch, was geschehen ist, damit ich wenigstens weiß..."

Ich unterbrach ihn schnell, indem ich sagte: „Niall und ich haben uns schon wieder gestritten. Ich weiß nicht, was ich jetzt machen soll."

Als ich sein lautes Seufzen hörte, konnte ich mir bildlich vorstellen, wie er dazu seine Augen rollte.

„Ich bin in zehn Minuten bei dir". Nach diesem Satz beendete er einfach das Gespräch.

Diese zehn Minuten zogen sich endlos dahin. Ständig schritt ich im Wohnzimmer auf und ab, wie ein Tiger in seinem Käfig, bis endlich das erlösende Klingeln der Türglocke ertönte. Keine zwei Minuten später stand Louis im Flur, umarmte mich heftig und forderte mich auf, zu erzählen, was passiert war.

Bevor ich jedoch dazu kam, ein Wort zu sprechen, schrie Angus alles zusammen, weil er unbedingt von Louis, dessen Stimme er natürlich erkannt hatte, begrüßt werden wollte. Erst nachdem mein bester Freund ihm eine Erdbeere unter den Schnabel hielt, gab er Ruhe, und mir die Möglichkeit zum Reden.

Unter Tränen berichtete ich nun, was sich zugetragen hatte und erwähnte in diesem Zusammenhang natürlich auch, dass ich Chad kürzlich rein zufällig zweimal im Supermarkt getroffen hätte. Louis sollte verstehen, dass ich Niall liebte und absolut nichts von Chad wollte, außer mich vielleicht dafür erkenntlich zeigen, dass er mich mit den ganzen Einkäufen nach Hause kutschiert und diese dann auch noch in meine Wohnung getragen hatte.

„Ok, ok", fasste Louis nun zusammen. „Du glaubst also, dass Niall sauer geworden ist, weil er denkt, dass du was von Chad willst und ihn deswegen in den Club bestellt hättest."

„Ja, so ist es", erwiderte ich deprimiert und mit Tränen in den Augen.

Gerade also Louis tief Luft holen wollte, um etwas zu sagen, läutete es erneut an der Tür. Wir schauten uns kurz fragend an, dann entschloss ich mich dazu, zur Sprechanlage zu laufen.
„Wer ist da?"

„Angel, mach bitte die Tür auf! Bitte!"

Nialls Stimme klang irgendwie erbärmlich und gleichzeitig besorgt, was meine Eingeweide dazu veranlasste, sich ein wenig schmerzlich zusammen zu ziehen. Ich schaute kurz zu Louis, bevor ich schließlich den elektrischen Türöffner betätigte und ungeduldig auf Nialls Auftauchen wartete. Man konnte deutlich hören, dass er die Treppe nach oben rannte, als seien tausend Teufel hinter ihm her.

„Angel!"

Als er mich erblickte, lief er ohne zu zögern auf mich zu und schloss mich fest in seine Arme. Sein Atem, den ich nun in meinem Nacken spürte, erzeugte ein immenses Kribbeln in meinem Unterbauch.

„Bitte verzeih mir", hörte ich ihn flüstern.

Anschließend küsste er vorsichtig meine Stirn, meine Nase und meine Lippen.

„Nur, wenn du mir auch verzeihst", wisperte ich in den Kuss hinein.

Es tat so gut, seine Lippen auf meinen zu spüren, den Griff seiner Hände zu fühlen und zu wissen, dass wir uns gegenseitig verzeihen konnten. Dabei vergaßen wir völlig, dass Louis neben uns stand, der sich nun räusperte.

„Ich möchte ja nicht stören aber mich würde interessieren, ob Chad noch lebt", brachte Louis trocken hervor.

Nialls lautes Schnaufen ließ mich wissen, dass er sich jetzt gleich fürchterlich aufregen würde.
„Ja, der Pisser lebt noch, stell dir vor! Aber das hat er Trigger zu verdanken, der sich zwischen uns gestellt hat, gerade als ich auf ihn losgehen wollte!", fauchte er ungehalten, worauf Louis zu lachen begann.

„Da wäre ich zu gerne dabei gewesen", sagte er mit einem breiten Grinsen im Gesicht.

„Ich glaube jeder von uns ist scharf darauf, ihm eins reinzuwürgen", bekräftigte Niall, der mich erneut an sich drückte.

„Oh Gott, ich bin so froh, dass dir nichts passiert ist."

Er schaute nun direkt in meine Augen. „Bitte versprich mir, dass du keinen Kontakt mehr mit Chad haben wirst. Er ist nämlich gefährlich."

Seine Worte schwirrten in meinem Kopf umher, verwirrten mich und ließen mich die Frage stellen: „Was meinst du denn damit?"

Niall seufzte kurz, blickte dann zu Louis und fragte: „Du hast es ihr noch nicht gesagt, oder?"
„Nein, das kannst du genauso gut tun!", kam es prompt von Louis.

Was bitte sollte diese ganze Geheimniskrämerei? Die Aussagen der Jungs brachten mich total durcheinander, ich wusste nicht, was ich davon halten sollte.

„Wieso denkt ihr, dass Chad gefährlich sein könnte?", hakte ich deshalb vorsichtig nach.
Wir standen noch immer im Flur, doch Niall nahm nun meine Hand und zog mich in Richtung Wohnzimmer, wohin Louis uns wortlos folgte. Dort angekommen, setzten wir uns auf das große Sofa, bevor Niall zu einer Erklärung ansetzte.

„Weißt du Angel, Chad hatte mal eine Freundin, die mit ihm Schluss gemacht hat. Er wollte das irgendwie nicht akzeptieren und hat angefangen sie zu bedrohen."

Mir lief es eiskalt den Rücken hinunter, als ich realisierte, zu welcher Sorte Mensch Chad wohl gehörte. Doch Niall schien mit seinen Ausführungen noch nicht fertig zu sein.

„Zuerst hat er sie auf dem Handy zu getextet. Nachdem sie sich eine andere Nummer zugelegt hatte, schrieb er Drohbriefe."

Mein Herz sackte nun eine Etage tiefer und begann wie wild zu rasen, als stände ich kurz vor einer Panikattacke. Aber Louis setzte noch einen Satz obendrauf, der mich wirklich zittern ließ.
„Zum Schluss hat er ihr dann vor ihrem Haus aufgelauert. Gott sei Dank kam gerade ein Nachbar vorbei, wer weiß, was dieser Irre sonst mit ihr angestellt hätte."

Ich klammerte mich regelrecht an Niall fest, als ich sagte: „Oh mein Gott! Ich bin so dumm! Wie konnte ich mich nur so in ihm täuschen! Er schien echt nett zu sein, er hat sogar meine Einkäufe vom Supermarkt nach oben getragen."

„Was?!"

Niall schaute mich entsetzt an. „Chad weiß also wo du wohnst?"

Als ich nickte, machte sich ein sehr beklemmendes Gefühl in meinem Herzen breit. Dieses schnürte mir fast die Luft ab und trieb gleichzeitig Tränen in meine Augen. Ich wollte kein Opfer sein! Ich hatte mich nicht umsonst von Tessa befreit, die so herrschsüchtig gewesen war, um in die Fänge des nächsten Kerls zu geraten, der psychopathisch veranlagt war. Immerhin bestand Hoffnung, dass Chad es nicht wagen würde, mir solche Dinge anzutun, denn schließlich war ich mit Niall zusammen, der mich beschützen würde.

„Ach komm schon, Niall, Chad wird es nicht wagen, Angel zu nahe zu kommen, jetzt wo er weiß, dass ihr beiden zusammen seid", bemerkt Louis nun.

„Dein Wort in Gottes Ohr! Aber wenn er es tun sollte, kann ich für nichts garantieren!", hörte ich Niall in einem sehr bestimmten Tonfall sagen.

Mit einem kleinen Seufzer lehnte ich meinen Kopf an seine Schulter, worauf er prompt einen Kuss auf meine Stirn hauchte. In jenem Moment hatte ich nur einen Wunsch: Dass er heute Nacht hier bleiben sollte, damit ich in seinen Armen einschlafen konnte.

Louis streckte sich neben uns auf dem Sofa aus, gähnte und sagte dann: „Ich werde mich mal wieder auf den Heimweg machen. El denkt sonst noch, es wäre wer weiß was passiert."

Bevor er sich erhob, zwinkerte er mir zu, wuschelte kurz durch meine Haare und rief uns beiden ein „Gute Nacht, ich finde den Weg alleine nach draußen, ihr müsst euch nicht erheben", zu.

Dankbar und grinsend schaute ich ihm hinterher, bis meine Aufmerksamkeit sich dann auf Niall richtete, der mir ins Ohr flüsterte: „Soll ich heute Nacht hier bleiben?"

Verträumt schaute ich in seine blauen Augen, als ich antwortete: „Ja, das wäre schön."

Kurze Zeit später lagen wir eng aneinander gekuschelt auf dem breiten Sofa. Meinen Kopf auf seine Brust gebettet, lauschte ich fasziniert seinem Herzschlag, der sehr beruhigend aber auch gleichzeitig aufputschend auf mich wirkte.

Ich war noch lange nicht bereit einzuschlafen, vielmehr stand mir der Sinn danach, ihn ein wenig mehr wissen zu lassen, was meine Vergangenheit anging. Eigentlich wusste Niall nur, dass ich zwei Jahre mit Tessa zusammen gewesen war und mich von ihr getrennt hatte, weil ich keinen Sinn mehr in unserer Beziehung sah.

Doch es gab so viel mehr, was ich ihm erzählen wollte. Zum Beispiel die Tatsache, dass ich mich von Tessa unterdrückt fühlte, denn nichts anderes hatte sie getan, als sie mir immer wieder davon abriet, als DJ in den kleinen Clubs aufzutreten.

Meine Mutter liebte Tessa genau dafür, denn sie schwammen total auf einer Wellenlänge, was meine berufliche Zukunft betraf. Beide waren sich darüber einig, dass ein Jurastudium für mich das Richtige sei. Ich wurde in diesem Fall gar nicht gefragt und als ich es wagte, den Vorschlag zu machen, dass ich hin und wieder als DJ arbeiten wollte, fielen beide gleichzeitig verbal über mich her.

Tessa ging sogar so weit dass sie mir regelrecht verbot, mich in der DJ Szene umzuhören, doch ich ließ mir das irgendwann nicht mehr länger bieten und zog schließlich heimlich los, um kurz darauf eine Anstellung in jenem kleinen Club im Eastend zu finden, in dem Trigger mich dann entdeckt hatte. Das alles wollte ich nun Niall erzählen, der aufmerksam zuhörte, als ich zu reden begann.

„Es gibt so viele Dinge, die wir noch nicht voneinander wissen", sagte ich als Einleitung, „und ich möchte dich wissen lassen, warum ich so allergisch reagiere, wenn ich mich unter Druck gesetzt fühle."

Seine blauen Augen ruhten die ganze Zeit auf meinem Gesicht. Wir hatten uns inzwischen aufgesetzt und hielten unsere Hände, während ich mir alles von der Seele redete.

„Tessa mochte auch nicht gerne tanzen gehen, sie war eifersüchtig, wenn mich eine andere Frau angesprochen hat", fuhr ich fort. „Nur die Freundinnen aus ihrer Clique durften mit mir reden. Ich hatte quasi also keine eigenen Freunde mehr, es war nur Tessas Welt, in welcher ich mich befand. Als ich irgendwann andeutete, dass ich vielleicht in Erwägung ziehen würde, auszuziehen, ist sie total ausgetickt und hat mir gedroht, dass sie sich vor einen Zug schmeißen würde. Ich habe mir das über ein halbes Jahr lang mit angeschaut und wenn ich Trigger nicht kennengelernt hätte, wäre ich vermutlich noch immer in diesem kleinen Club im Eastend und mit Tessa zusammen."

Nialls Gesicht näherte sich nun den meinem, seine Lippen, welche meine nun berührten, fühlten sich zart und liebevoll an.

„Ich bin so stolz auf dich, Angel", flüsterte er. „Du hast es geschafft, dein eigenes Leben auf die Beine zu stellen."

„Wie gesagt, wenn Trigger nicht gewesen wäre, hätte es vermutlich noch einige Jahre gedauert, bis ich soweit gewesen wäre. Aber er hat mir seine Hilfe in allen Dingen angeboten. Nicht nur, was den beruflichen Teil angeht."

„Ich finde Trigger spitze!", kam es nun Niall.

„Wirklich?", zog ich ihn auf. „Was hat er eigentlich gesagt, nachdem ich verschwunden war?"

Nialls Gesicht verzog sich zu einem spitzbübischen Grinsen, bevor er antwortete: „Na ja, er kam quasi gerade dazu, als ich auf Chad losgehen wollte, um ihm gründlich die Meinung zu sagen. Trigger hat einfach kurzen Prozess gemacht und den Penner rausgeschmissen. Dann hat er zu mir gesagt, dass ich mich schleunigst verpissen soll, wenn mich nicht das gleiche Schicksal wie Chad ereilen soll. Und, dass ich das mit dir in Ordnung bringen soll. Daraufhin kam ich mir ziemlich dämlich vor und..."

Er stockte ein wenig, schaute hilfesuchend in meine Augen und murmelte: „Es tut mir so leid, Angel. Aber auch ich habe eine Geschichte, warum ich so misstrauisch Frauen gegenüber geworden bin."

Der Klang seiner Stimme sagte mir, dass er vermutlich sehr verletzt wurde, etwas, was mir sehr nahe ging. Langsam streichelte meine Hand über seine Wange, gleichzeitig flüsterte ich. „Du kannst mir alles erzählen, das weißt du hoffentlich."

Niall rutschte ganz nah an mich heran, umarmte mich zärtlich und sagte: „Ja, Angel, das weiß ich."

„Weißt du", begann ich, um ihm den Einstieg zu erleichtern, „ich bin nicht so ein Mensch, der einen anderen betrügt. Ich hätte auch Tessa nicht betrogen, so lange ich mit ihr in einer Beziehung war. Wenn deine Ex Freundin das vielleicht getan hat, bedeutet das aber nicht, dass alle anderen Frauen auch so sind."

Niall lächelte mich an, nickte leicht und sagte: „Du hast Recht, sie hat mich betrogen."

Irgendwie hatte ich es geahnt, und ich fragte mich, wie man einen lieben Kerl wie Niall betrügen konnte. Diese Person musste kein Herz besitzen und außerdem unter Geschmacksverirrung leiden, denn er war ein besonderer Leckerbissen, was ich jedes Mal feststellte, wenn ich ihn oben ohne sah. Ohne groß darüber nachzudenken, stellte ich eine Frage: „Kanntest du den Typen, mit dem sie dich betrogen hat?"

Sein Blick wurde eisig, als er nickte, um dann bitter aufzulachen. „Und ob ich ihn kenne! Es ist kein geringer als Chad."

Meine Kinnlade klappte augenblicklich nach unten, als mir bewusst wurde, wie sehr Niall diesen Typen hassen musste. Plötzlich fügten sich seine Verhaltensweisen Chad gegenüber wie ein Puzzle zusammen. Ich konnte jetzt verstehen, warum er ihn geschlagen hatte, als er mich bei Marvins Party angemacht hatte und mir wurde auch klar, weshalb er so ausgerastet war, als Chad vorhin im Club auftauchte und dann auch noch erwähnte, dass ich ihn eingeladen hätte.

Unendliche Schuldgefühle machten sich in mir breit, ich versuchte verzweifelt meine Tränen zurückzuhalten, die ihren Weg aus meinen Augen fanden. Als Niall sah, dass ich weinte, nahm er mich kommentarlos in seine Arme und begann mich sanft zu küssen.

„Du konntest es doch nicht wissen", wisperte er leise, zwischen zwei liebevollen Küssen, die ich zaghaft erwiderte.

„Weißt du, was ich gemacht habe, als Chad sie bedroht hat?"

Nun starrte ich ihn mit weit aufgerissenen Augen an. „Das Mädchen, dass er bedroht war, war deine Ex?"

Niall nickte stumm, während seine Hand über meine streichelte. Dann begann er jedoch erneut zu reden.

„Ich habe ihr geholfen, indem ich gegen ihn vor Gericht ausgesagt habe. Er musste daraufhin eine Geldstrafe abdrücken und sie wollte wieder zurück zu mir. Aber für mich war die Sache gelaufen. Ich will nichts mehr mit ihr zu tun haben. Dass ich gegen Chad ausgesagt habe, hatte nichts mit irgendwelchen Gefühlen ihr gegenüber zu tun, denn die waren schon lange eingefroren."

In jenem Moment begriff ich, was für einen wahnsinnig tollen Charakter Niall besaß und ich war froh, dass ich nun mit ihm zusammen gekommen war. Dass er sich in mich verliebt hatte, genauso wie ich mich in ihn.

„Bist du jetzt schockiert?" hörte ich ihn nun fragen.

„Na ja, ein bisschen schon", erwiderte ich und gab ihm dann einen herzhaften Kuss auf den Mund.

„Ich wusste schon immer, dass du was ganz Besonderes bist", fügte ich noch hinzu.

„Denkst du?", zog er mich augenzwinkernd auf.

„Ja, das denke ich und genau deswegen bist du für mich reserviert."

„Reserviert? Wie sich das anhört!" Ein Lachen drängte sich aus seiner Brust, als er mich anschaute. „Das klingt, als sei ich eine Mahlzeit."

Meine Lippen näherten sich seinem Ohr, als ich zu flüstern begann: „Ja, eines Tages werde ich dich vernaschen."

Bevor ich wusste, was geschah, lag ich auf dem Rücken und wurde durch Nialls Körper regelrecht nach unten in das Sofa hineingepresst.

„Pass auf, dass ich dich nicht vernaschen werde, Angel", flüsterte er mit verruchter Stimme, was sofort die Schmetterlinge in meinem Bauch tanzen ließ.

Vorsichtig umschlangen meine Arme seinen Nacken, zogen seinen Kopf leicht zu mir hinunter, unsere Augen trafen sich für einen unglaublich langen Moment, checkten, was der andere wohl gerade dachte. Niall war schließlich der Erste, der das Schweigen brach.

„Tut mir leid, Angel, aber ich habe keine Kondome einstecken."

„Du hättest wirklich...?"

„Wenn du gewollt hättest, ja."

Das war zumindest eine ehrliche Antwort, mit der zwar ich umgehen konnte, die mir im Augenblick jedoch nicht weiter half. Ich war noch nicht bereit, diesen letzten Schritt zu gehen, nicht heute.

Zu viele Dinge befanden sich nach dieser Unterhaltung in meinem Kopf. Doch Niall hatte mir mit diesem Satz klar gemacht, dass er mir die Entscheidung überlassen würde. Es war so, als würden wir Wahrheit oder Pflicht spielen und hätten uns heute für die Wahrheit entschieden.

„Ich liebe dich", flüsterte ich leise, noch immer in seine hübschen blauen Augen schauend.
Unser darauffolgender Kuss wurde unglaublich heiß und trotzdem liebevoll.

Er drückte all das aus, was zwischen uns war: Liebe, Leidenschaft, Anziehung, Vertrauen, Verlangen und Respekt.

Obwohl wir diese Nacht auf dem Sofa verbrachten, schlief ich unglaublich gut, was vermutlich daran lag, dass ich Nialls Körper ganz dicht an meinem fühlen konnte. Seine Wärme gab mir die Geborgenheit, welche ich so dringend benötigte, seine starken Arme sagten mir, dass er mich immer beschützen wurde, seine weichen Lippen waren die Verführung pur und seine Worte, die er mir in jener Nacht ins Ohr flüsterte, waren ernst gemeint.

„Angel, ich liebe dich."

Als ich am nächsten Tag erwachte, begann Angus zu schreien, weil er hungrig war.

„Aaaaaaaaaaaaangel! Hunger!"

„Fuck, was ist das?"

Niall schnellte aus dem Schlaf hoch, doch ich beruhigte ihm mit folgenden Worten: „Mein Geier, wie du ihn immer nennst, braucht jetzt sein Futter."

Mit geschlossenen Augen ließ Niall sich ins Kissen zurücksinken, ich hörte ihn jedoch murmeln: „Gib mir noch eine Chance. Ich möchte ihn füttern."

Ein wenig zweifelnd erhob ich mich, gefolgt von Niall, der hinter mir die Küche betrat. Schnell holte ich zwei Erdbeeren aus dem Kühlschrank, sowie die Packung Sonnenblumenkörner aus dem Hängeschrank hervor.

„Komm, wir versuchen es nochmal."

Ich ergriff Nialls freie Hand, in seiner anderen befand sich ein kleines Schälchen, welches die Erdbeeren enthielt. Angus plärrte lautstark, als wir gemeinsam das Wohnzimmer betraten, seine Augen suchten nach den roten Früchten. Doch sein Gesichtsausdruck, als er diese in Nialls Händen erblickte, wirkte alle andere als begeistert.

„Am besten stellst du das Schälchen in seinen Käfig", forderte ich meinen Freund auf, der sofort meinen Ratschlag befolgte.

Angus ließ es zu, dass Niall das seine Hand kurz in den Käfig streckte, um die kleine Schale direkt unter seiner Stange zu platzieren. Ich beobachtete meinen Papagei, der sich kurz in Position setzte, um dann seine Exkremente auf den Erdbeeren abzusetzen. Als Niall mich daraufhin entsetzt anblickte sagte ich nur: „Da kann man wohl nichts machen. Er will dir damit sagen, dass er auf dich scheißt."

„Er treibt mich noch in den Wahnsinn!" Niall raufte sich die Haare. „Ich will doch, dass er mich mag!"

Meine Arme umschlangen spielerisch seinen Nacken, dann flüsterte ich verführerisch: „Man kann nicht alles haben aber eines Tages bekommst du mich, auch ohne versuchte Bestechung durch Erdbeeren."

Nialls zufriedenes Grinsen, war der schönste Anblick an diesem Vormittag und ließ mich wissen, dass er bereit sein würde, noch eine Weile darauf zu warten.
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Ein Kapitel, das nicht mit einem Cliffhanger endet, das kann man schon fast wieder im Kalender anstreichen! Aber dafür hat es dieses Kapitel wirklich in sich. Wer von euch hätte gedacht, dass Chad und Niall die Vergangenheit auf diese Art und Weise verbindet?

Ich hoffe, ihr seid nun gespannt, wie es weitergeht.

Danke für die Kommentare und Votes! Ihr baut mich damit mächtig auf.

LG, Ambi xxx

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