21. Flames
Als ich am Dienstag um die Mittagszeit erwachte, fand ich mich im ersten Moment überhaupt nicht zurecht. Es duftete nach Nialls Aftershave, der mir in meinen nächtlichen Träumen mehrmals begegnet war, doch ich realisierte durchaus, dass ich alleine in meinem Bett lag. Lächelnd kuschelte ich mich in seine graue Kapuzenjacke, während ich an den gestrigen Abend dachte.
Wir hatten uns endlich ausgesprochen und nachher würde unser erstes Date stattfinden, auf das ich wirklich gespannt war. Vorfreude und eine Brise Ängstlichkeit vermischten sich miteinander, als ich daran dachte, was wohl passieren könnte. Vielleicht würden wir feststellen, dass wir gar nicht zueinander passten, wenn wir beide nüchtern waren, vielleicht würde aber auch das Gegenteil eintreten.
Noch immer leicht verschlafen tastete ich nach meinem Handy, das auf dem Nachttisch lag, um nach der Uhrzeit zu schauen. Da es bereits kurz nach zwölf war, beschloss ich aufzustehen, damit Angus nicht verhungerte. Er begrüßte mich mit einem munteren Krächzen, als ich ihm kurz über das Gefieder streichelte, bevor ich die Küche aufsuchte.
Nachdem ich meinem Papagei alles mundgerecht serviert hatte, sprang ich schnell unter die Dusche und putzte meine Zähne. Anschließend galt meine Aufmerksamkeit dem frisch gekochten Kaffee, der meine Lebensgeister vollends erwachen ließ, was mich dazu brachte, über das bevorstehende Date nachzudenken.
Ich hatte nicht die leiseste Ahnung, in welches Restaurant Niall mich führen wollte und somit nicht wirklich einen Plan, was ich anziehen sollte. Aber er hätte es mit Sicherheit erwähnt, wenn es sich um ein Nobelrestaurant handeln würde, was jedoch gar nicht zu ihm passte. Auch ich legte keinen gesteigerten Wert darauf, in solch einem Establishment zu speisen und vertraute einfach auf Nialls gesunden Menschenverstand, dass seine Wahl auf ein ganz normales Restaurant fallen würde.
Gedankenverloren rührte ich meinen Kaffee in der großen Tasse um, als mein Handy zu klingeln begann. Bei dem Anrufer handelte es sich um Louis, der bestimmt super neugierig war und wissen wollte, was sich gestern zugetragen hatte. Vor mich hinlächelnd, griff ich nach meinen Smartphone.
„Hey, Louis, nett, dass du dich meldest."
„Hey Angel, hast du Neuigkeiten für mich?", fragte er sofort, wobei seine Stimme recht schelmisch klang.
„Das kommt ganz darauf an", erwiderte ich absichtlich etwas zögerlich.
„Worauf? Niall hat mir gestern eine Nachricht geschickt, dass alles in Ordnung sei", meinte er dann verwundert.
„Weißt du was, Louis, warum kommst du nicht einfach zu mir und wir reden über alles?", schlug ich vor.
Ich wollte sein Gesicht sehen, wenn ich mit der Wahrheit, unserem Date, herausrücken würde.
„Ok, ich mache mich sofort auf den Weg", versprach mein bester Freund, der es vor lauter Neugierde wohl kaum noch auszuhalten schien.
Grinsend legte ich das Handy beiseite und lief ins Bad, um meine Haare zu einem Pferdeschwanz zusammenzubinden. Ein Gefühl der Dankbarkeit breitete sich in mir aus, als ich an Louis dachte, der mich wie einen Mehlsack über seine Schultern geworfen, zu Niall transportiert und mich dort zurückgelassen hatte, damit wir die schon lange fällige Aussprache hinter uns bringen konnten. Es war viel besser gelaufen als gedacht und ich musste zugeben, dass Niall ständig in meinem Kopf herum spukte. Ich konnte es nicht erwarten, ihn später zu sehen. Es gab so viel, was wir noch nicht voneinander wussten und ich war einfach nur gespannt darauf den richtigen Niall, und nicht den betrunkenen, kennenzulernen.
Während ich noch vor mich hinträumte, läutete die Türklingel. Louis war wie immer innerhalb kürzester Zeit hier, was darauf schließen ließ, dass er die Geschwindigkeitsregeln wie so oft nicht beachtet haben musste. Schnell lief ich zur Tür, um ihn kurze Zeit später mit einer freudigen Umarmung zu begrüßen.
„Na mein kleiner Teufel, wie geht es dir?", fragte er und drückte mich sogleich an sich.
Der angenehme Duft seiner Aftershaves stieg in meine Nase, als ich grinsend antwortete: „Super! Und ich bin dir ja so dankbar wegen gestern."
„Ach?" Er zog spöttisch grinsend seine Augenbrauen nach oben. „Woher kommt der Sinneswandel? Gestern hast du dich nur unter großem Protest zu Niall schleppen lassen."
Nachdem Louis mich wieder losgelassen hatte und ich ein wenig zu Atem gekommen war, sagte ich schmunzelnd: „Du wirst es vielleicht nicht glauben aber Niall und ich haben heute Abend ein Date."
„Echt?! Das finde ich spitze!"
Er geriet vor Freude ganz aus dem Häuschen, was mir nicht verborgen blieb, da Louis seine Gefühle immer zeigte.
„Wo findet denn das Date statt?", erkundigte er sich sogleich.
„Keine Ahnung, ich weiß nur, dass Niall mit mir zum Essen gehen will", erwiderte ich mit einem kleinen Seufzer. „Ich weiß gar nicht, was ich anziehen soll", setzte ich noch hinzu.
Ich wollte auf gar keinen Fall unpassend gekleidet sein, so etwas hasste ich einfach, weil ich mich dann nicht wohl fühlte.
„Keine Sorge, Niall ist nicht so ein Typ der mit seiner Kohle prahlt und dich in ein Nobelrestaurant entführt", lachte Louis.
„Ich will es hoffen, nicht dass er noch auf den Gedanken kommt, mir etwas beweisen zu müssen", entfuhr es mir.
„Sag mal", kam es von Louis, „ihr beiden kennt euch wohl nicht besonders gut, oder?"
Mein Gesicht überzog sich mit einer flammenden Röte, als ich leise antwortete: „Immerhin weiß ich, dass er super gut küssen kann", worauf mein bester Freund prompt einen Lachanfall erlitt.
„Angel, Angel", sagte er, nachdem er sich wieder gefangen hatte, „du bist echt ein kleiner Teufel. Du hast Niall total den Kopf verdreht!"
„Nein!", protestierte ich, „es ist genau umgekehrt! Er hat mir den Kopf verdreht, ich kann an nichts anderes mehr denken", jammerte ich.
„Dann wird es Zeit, dass ich dich auf andere Gedanken bringe", kam es trocken von Louis, der mich kurzerhand ins Wohnzimmer schob, damit er Angus begrüßen konnte. Er durfte ihm eine Erdbeere geben, welche mein Papagei begeistert annahm.
„Louis", krächzte er mehrmals und ließ sich von meinem besten Freund über das Gefieder streicheln. Insgeheim hoffte ich, dass er sich mit Niall genauso gut verstehen würde, was mir auch sehr wichtig war. Erst jetzt bemerkte ich, dass Louis eine Tüte in seiner Hand hielt, welche er nun vor meinen Augen schwenkte.
„Wie sieht es aus, wollen wir frühstücken? Ich habe Brötchen mitgebracht."
Er strahlte über das ganze Gesicht, was mir ein Lächeln entlockte.
„Aber sicher! Ich habe einen Bärenhunger", klärte ich ihn auf.
Nachdem ich frischen Kaffee gekocht hatte, machten wir es uns in der Küche gemütlich und vertilgten die Brötchen mit großem Appetit.
„Du kannst mich ruhig über Niall ausfragen", sagte Louis, bevor er in sein Brötchen biss.
Doch ich schüttelte nur meinen Kopf. „Danke aber das, was ich über ihn wissen will, werde ich ihn selbst fragen", meinte ich grinsend.
„Er wird das zu schätzen wissen", lautete Louis Aussage.
„Warum hast du mir es dann angeboten?"
„Weil ich nicht wusste, ob du deine Neugierde zurückhalten kannst", erklärte er mit einem Augenzwinkern.
„Ich bin nicht so neugierig wie du!"
Louis lachte laut auf. „Doch, das bist du, ich sehe und spüre das!"
„Ok, du hast gewonnen", gab ich mich geschlagen.
Trotzdem wollte ich Louis nicht über seinen Freund und Bandkollegen ausfragen. Ich fand es wesentlich interessanter, alles über Niall von ihm selbst zu erfahren.
„Also", begann Louis, „ich hoffe, dass jetzt sämtliche Unklarheiten zwischen Niall und dir beseitigt sind."
„Das denke ich doch", erwiderte ich lächelnd. „Er ist wirklich süß", murmelte ich leise, jedoch ohne Louis dabei in die Augen zu schauen. Ich vernahm sein Lachen und hörte wie er sagte: „Du bist echt total verknallt! Jetzt kann ich nur hoffen, dass alles zwischen euch gut geht. Denn wenn ihr beiden wieder Scheiß bauen solltet, versohle ich euch mit Liams Hilfe den Hintern und glaube mir, der schlägt ziemlich fest."
„Willst du mir etwa drohen?", kam es von mir.
„Nein, das war ein Versprechen, falls du es nicht bemerkt haben solltest", erwiderte er mit einem frechen Grinsen.
Gerade wollte ich nach El fragen, als man einen lauten Gesang vernehmen konnte. Zu meinem Schrecken stellte ich fest, dass Angus erneut bei seinem Trip Irish Love Affair zu singen, angekommen war. Louis saß mit offenem Mund am Küchentisch und hörte verwundert meinem Papagei zu, der die umgedichtete Version des Refrains von mir übernommen hatte.
„Das glaube ich jetzt nicht", stieß er lachend hervor.
Doch es kam noch schlimmer. Angus blamierte mich vollkommen, als er begann Nialls Namen in meiner Stimmlage zu stöhnen, was dazu führte, dass Louis sich vor Lachen kaum noch auf dem Stuhl halten konnte. Während mein Gesicht knallrot anlief, versuchte mein bester Freund verzweifelt auf dem Stuhl sitzen zu bleiben und sich die Tränen aus den Augen zu wischen. Angus setzte dem Ganzen die Krönung auf, als er zum Schluss meinen Namen in Nialls Stimmlage stöhnte. Jetzt konnte Louis sich wirklich nicht mehr beherrschen. Er rutschte einfach vom Küchenstuhl und landete mit einem lauten Plumpsen auf dem Boden, wo er sich herumzuwälzen begann.
„Ich kann nicht mehr", japste er und schnappte nach Luft.
„Louis, hör bitte auf!", flehte ich, bevor ich die Küche verließ, um Angus in die Schranken zu weisen, der jetzt völlig unbeteiligt auf seiner Stange saß.
„Wehe du machst das nochmal!", schrie ich völlig außer mir, worauf er sich umdrehte und mir demonstrativ den Rücken zuwandte.
„Lass doch den armen Vogel in Ruhe", vernahm ich plötzlich Louis' Stimme hinter mir. Er musste sich relativ schnell von seinem Lachanfall erholt haben, stand jedoch mit einem überaus breiten Grinsen neben mir und sagte lässig: „Das klingt so, als ob du und Niall jede Menge Spaß hattet."
„Louis!", stöhnte ich gequält auf, worauf mein bester Freund mir ins Ohr flüsterte: „Denk daran, ich kenne die Einzelheiten, zumindest die wichtigsten."
Ich wusste nicht, ob ich nun böse auf Niall sein sollte, weil er Louis scheinbar alles erzählt hatte, was zwischen uns passiert war, doch andererseits hatte genau dies vermutlich dazu geführt, dass Louis auf einer Aussprache zwischen uns bestand.
„Was genau hat Niall dir erzählt?", fragte ich nach.
„Wie schon gesagt, nur das Wichtigste."
Genervt rollte ich meine Augen, weil er nicht mit der Sprache herausrücken wollte, unternahm aber keinen erneuten Versuch, ihn auszuquetschen, weil es mir einfach zu dumm erschien. Das wollte ich dann doch lieber später mit Niall klären.
Louis blieb noch eine Stunde lang bei mir, dann verabschiedete er sich mit einer herzlichen Umarmung und wünschte mir viel Spaß beim Date mit dem blonden Iren. Die Zeit bis zum Abend verging irgendwie ziemlich langsam, vermutlich weil ich es nicht mehr erwarten konnte, mit Niall auszugehen. Es gab wohl nichts an ihm, was mich nicht in irgendeiner Art und Weise faszinierte, angefangen von seinen ausdrucksstarken, blauen Augen, bis zu seiner wahnsinnig tollen Stimme und der Tatsache, dass er Gitarre spielen konnte und zudem überdurchschnittlich gut aussah. Doch das Schönste an ihm war eindeutig sein Lächeln, das mich immer fast dahinschmelzen ließ. Vielleicht war er wirklich für mich bestimmt aber um das herauszufinden, würden wir uns ganz sicher noch öfter treffen müssen.
Ich benötigte an diesem Abend die doppelte Zeit, um mich zu stylen, was daran lag, dass ich mich nicht entscheiden konnte, was ich anziehen sollte. Letztendlich schlüpfte ich ein eine enge schwarze Jeans und zog ein leicht glitzerndes schwarzes Top an. Da es ziemlich kalt draußen war, beschloss ich einen meiner neuen Pullover drüberzuziehen, wobei meine Wahl auf den schwarzen von Guess, mit glitzernden Querstreifen fiel, der an der linken Seite einen kleinen Reißverschluss eingearbeitet hatte und einen großzügigen V-Ausschnitt aufwies, welcher jedoch durch das Top keinen allzu tiefen Einblick in mein Dekolleté gewährte. Alles wirkte sehr stimmig, edel aber nicht zu schick mit einer winzigen Brise Sexiness.
Heute entschloss ich mich dazu keine Cowboystiefel, sondern meine schwarzen normalen Lederstiefel mit den neun Zentimeter hohen Absätzen zu tragen. Sie würden ausgezeichnet zu diesem Outfit passen und waren außerdem bequem genug, um einen ganzen Abend darin verbringen zu können, ohne das meine Füße sich gefoltert fühlten.
Es war zehn vor sieben, als ich fix und fertig in die Küche marschierte, um Angus' abendlichen Snack zuzubereiten. Er blickte noch immer ein wenig angepisst drein, als ich ihm das kleine Schälchen hinstellte, ließ sich aber streicheln und krächzte dann: „Angel, ich liebe dich!"
„Ich liebe dich auch, Angus. Aber ich werde heute Abend ausgehen. Sag mir bitte, ob ich gut aussehe, ja?"
Ich drehte mich einmal um meine eigene Achse, während mein Papagei den Kopf schief legte.
„Angel, süße Angel", krächzte er, was mich zufriedenstellte, denn es bedeutete wohl, dass ich gut ausschaute.
„Danke mein Süßer! Sei schön brav, wenn ich weg bin, ok?"
Ich streichelte langsam über das Gefieder an seinem Rücken, was er sichtlich zu genießen schien, als auch schon die Türklingel läutete. Schnell verabschiedete ich mich von Angus und lief zum Ausgang, nachdem ich meinen Mantel übergezogen, die Handtasche genommen und Niall durch die Sprechanlage zu verstehen gegeben hatte, dass ich direkt nach unten kommen würde. Mit klopfendem Herzen erreichte ich kurze Zeit später die Haustür und als ich diese öffnete, stand Niall direkt davor, dessen blauen Augen mich nun anblickten. Ich war einem Atemstillstand nahe, als ich in seinem Blick versank, der so unglaublich heiß wirkte.
„Hey, Angel."
„Hey, Niall."
Es fühlte sich an, als seien wir beide in einer riesigen Seifenblase gefangen, die nur uns gehörte und alles andere um uns herum ausblendete. Bevor ich wusste, was geschah, zog Niall mich in eine vorsichtige Umarmung, die ich ohne zu zögern erwiderte. Ich war so furchtbar aufgeregt und hoffte, dass er mir das nicht anmerkte. Da es anfing zu regnen, liefen wir nun schnell zu Nialls Wagen, der nur einige Meter von uns entfernt parkte. Galant hielt er mir die Beifahrertür auf, bevor er sich hinter das Lenkrad setzte.
„Ich hoffe, du hast ordentlich Hunger", meinte er grinsend, während er den Wagen aus der Parklücke auf die Straße steuerte.
Währenddessen versuchte ich meine Atmung ein wenig unter Kontrolle zu bringen, sowie herauszufinden, wo es hingehen würde.
„Sag mal, wohin fahren wir eigentlich?", richtete ich meine Frage an Niall, der sogleich darauf antwortete.
„Nach Hertfordshire, das liegt im äußeren Norden Londons. Ich kenne dort ein kleines aber sehr gutes Restaurant, in dem man uns hervorragend bedienen wird und hoffentlich keine Fans auftauchen werden."
„Ich war noch nie in Hertfordshire aber ich lasse mich gerne überraschen", erwiderte ich lächelnd.
Anschließend ging mein verstohlener Blick zu Niall, der wirklich super gut aussah. Aber das tat er immer, das war nichts Neues und trotzdem fühlte es sich heute anders an, mit ihm zusammen zu sein. Als eine rote Ampel Niall zum Anhalten zwang, schaute er kurz zu mir und fragte leise: „Bist du eigentlich genauso aufgeregt wie ich?"
Dies löste meine Zurückhaltung augenblicklich und ich sagte genau das, was ich fühlte: „Meine Knie zittern so stark, dass ich Angst habe umzufallen, wenn wir gleich aussteigen müssen."
„Gut, dass ich das weiß und keine Angst, ich halte dich fest", kam es prompt von Niall.
„Wirklich? Oder meintest du damit eher, dass du dich an mir festhältst, weil deine Knie genauso zittern?", konterte ich, um die Stimmung ein wenig aufzulockern und um unsere Nervosität ein bisschen verfliegen zu lassen.
Dies glückte auch hervorragend, denn Niall begann sofort zu lachen.
„Ich mag deinen Humor, Angel, er ist echt genial", meinte er und zwinkerte mir zu.
Da war es wieder, dieses heiße Zwinkern, gepaart mit seinem unwiderstehlichen Lächeln, das mich jedes Mal dahinschmelzen ließ. Ich musste mich echt zusammenreißen, um nicht einfach über ihn herzufallen und ihn hemmungslos zu küssen.
„Wir sind gleich da", unterbrach Niall glücklicherweise meine Gedanken.
Bevor wir unser Ziel endgültig erreichten, konnte ich noch ein wenig aufatmen. Als es dann jedoch an das Aussteigen ging, hatte ich wirklich Angst, dass meine Knie einfach nachgeben könnten. Aber ich hatte nicht damit gerechnet, dass Niall plötzlich an der Beifahrertür stand, um mir seine Hand zu reichen. Als ich diese ergriff, spürte ich, wie aufgeregt er sein musste, denn sie fühlte sich kalt und ein bisschen feucht an. Da es mir jedoch genauso ging, konnte ich gut verstehen, was in ihm vorging.
Wir wollten dieses Mal alles richtig machen. Wir wollten uns kennenlernen und nicht in alkoholisiertem Zustand wild auf einem Sofa herummachen. Kurzzeitig schoss mir das Blut in den Kopf, als ich an diese Nacht dachte, die alles durcheinander gebracht hatte aber mich realisieren ließ, was ich für einen Mann fühlen konnte.
„Alles ok, Angel?" drang seine leicht raue, sexy klingende Stimme in meine Ohren, während ich einen Schritt vorwärts ging.
„Ja, es ist alles ok", brachte ich hervor, als wir Hand in Hand zum Eingang des Restaurants schritten.
Am Eingang angekommen, öffnete Niall die Tür und wurde sofort von einem der Angestellten begrüßt.
„Guten Abend, Niall, ich freue mich, dass du uns mal wieder besuchst", sagte der Angestellte mit einem freundlichen Lächeln.
Gott sei Dank schien das kein pikfeines Lokal zu sein, ansonsten wäre Niall nicht so leger angesprochen worden.
„Guten Abend, George", erwiderte Niall ebenso freundlich, bevor uns George zu einem Tisch führte, der sich in der hinteren, linken Ecke befand.
Nachdem wir unsere Plätze eingenommen hatten, erkundigte er sich, was wir zu trinken wünschte und legte gleichzeitig zwei Speisenkarten auf den Tisch.
„Gefällt es dir hier?", fragte Niall mit leicht besorgter Stimme.
Meine Augen schweiften kurz durch das kleine, gemütliche Lokal, in dessen offenem Kamin, welcher sich in der Mitte der rechten Wand befand, ein Feuer flackerte. Über dem Kamin an der Wand hing der Kopf eines riesigen Elchs. Mir gefiel die Atmosphäre sofort, auch die Möbel, die an die Einrichtung eines alten, urgemütlichen Schlosses erinnerten. Insgesamt befanden sich nur sechs Tische im Restaurant, von denen momentan zwei besetzt waren. Der Kamin war bereits weihnachtlich geschmückt, was mich daran erinnerte, dass ich dringend Geschenke besorgen musste. Doch alles zu seiner Zeit, denn diese gehörte am heutigen Abend nur Niall und mir. In seine blauen Augen blickend, beantwortete ich seine Frage mit einem kleinen Lächeln: „Ja, ich finde es sehr schön hier."
„Dann bin ich beruhigt."
Seiner Stimmlage nach zu urteilen, schien er wirklich erleichtert zu sein, was ihn noch viel liebenswerter machte. Er gab sich richtig Mühe, damit wir einen schönen Abend hatten und sprach einige Essensempfehlungen aus, als ich in die Speisekarte blickte, mich aber nicht entscheiden konnte, weil das Lokal so viele leckere Gericht anbot. Schließlich fiel meine Wahl auf das Filetsteak, das gleiche Gericht, das Niall auch ausgesucht hatte. Wir fanden es witzig, dass unsere Gaumen wohl ähnlich gestrickt waren, wenn es um das Essen ging. Nachdem George die Getränke gebracht und die Essensbestellung aufgenommen hatte, begannen wir unsere Unterhaltung.
„Ich bin Louis so dankbar, dass er dich praktisch zu mir geschleift hat", sagte Niall und schaute in meine Augen, dass mir schon wieder ganz schwindelig zumute wurde.
„Ich auch", stimmte ich ohne Umschweife zu. „Und ich bin froh, dass du nun alles aus meiner Vergangenheit weißt", setzte ich erleichtert hinzu.
„Es tut mir so leid, was dir passiert ist. Ich meine..., wie kann ein Mann so sein? Das ist einfach..."
Ihm schienen die Worte zu fehlen, deshalb sagte ich nun: „Ich weiß ja jetzt, dass es auch andere Männer gibt", wobei ich ihn ein wenig schüchtern anlächelte. „Aber ich finde wir sollten..."
„Ich weiß, was du sagen willst, Angel", vollendete er meinen Satz. „Wir sollten uns ein wenig Zeit lassen und besser kennenlernen. Genau das denke ich auch."
Mir fiel ein Stein vom Herzen, als er das aussprach, denn das war genau das, was mir vorschwebte. Es gab so viel, was wir noch nicht voneinander wussten, und so fing ich an, eine unverfängliche Frage zu stellen.
„Hast du eigentlich noch Geschwister?"
Niall schaute mich mit großen Augen als, er verblüfft fragte: „Du hast mich nicht gegoogelt?"
„Nein, warum sollte ich? Ich halte nichts davon, Stars im Internet zu googeln. Wenn du nicht berühmt wärst, müsstest du mir auch alles über dich in einem Gespräch erzählen und das ist genau das, was ich will", erwiderte ich ehrlich.
„Ich glaube, du hast gerade eine Millionen Pluspunkte bei mir gesammelt", kam es von Niall, der über das ganze Gesicht strahlte. „Aber um deine Frage zu beantworten, ich habe einen älteren Bruder."
„Das ist schön, ich bin ein Einzelkind", antwortete ich mit einem kleinen Seufzen.
Danach gab es kein Halten mehr und unser Gespräch kam richtig ins Rollen, wobei wir feststellten, dass wir einige Gemeinsamkeiten hatten. Auch Nialls Eltern hatten sich getrennt, als er fünf Jahre alt gewesen war, genau wie meine. Ich erzählte viel über Nashville, weil er es gerne hören wollte, im Gegensatz dazu berichtete er über Irland. Im Prinzip hörten wir die gleiche Musik und zu meiner großen Überraschung und Freude mochte er auch Country Music richtig gerne. Er wusste sogar, wer Hunter Hayes war, im Gegensatz zu Louis und ihm gefielen die Songs aus Hunters Album Storyline.
Ich musste innerlich grinsen, als ich daran dachte, dass Hunter Niall verprügeln wollte, sollte er nach Europa auf Tour kommen.
„Weißt du, Niall, ich bin ziemlich gut mit Hunter befreundet, er ist wie ein großer Bruder für mich und als ich über Thanksgiving in Nashville war, hatte mein Dad ihn eingeladen und ich habe mit ihm über dich gesprochen", erzählte ich grinsend.
„Ach, echt? Und was hat er gesagt?" fragte Niall mit hochgezogenen Augenbrauen.
„Dass er dir eine aufs Maul hauen wird, wenn er demnächst nach Großbritannien kommt", erwiderte ich mit gesenkter Stimme, worauf der Ire schallend zu lachen begann.
„Ich denke, das hat sich wohl erledigt, oder?", lautete seine Aussage, dich ich mit einem kleinen Lächeln quittierte.
„Das liegt in deiner Hand, Niall. Wenn du mich gut behandelst, wird Hunter das ebenso mit dir tun", sagte ich trocken.
„Ich hatte nie die Absicht, dich schlecht zu behandeln", konterte mein Gegenüber.
Dabei setzte er einen Blick auf, der mein Herz zum Schmelzen, und die Schmetterlinge in meinem Bauch beinahe zum Überquellen brachte. Ich fand ihn von Minute zu Minute anziehender, mit jedem Wort, mit jeder Geste, mit jedem Lachen, dass er mir schenkte, grub er sich immer tiefer in mein Herz. Ich konnte nicht aufhören, in seine blauen Augen zu schauen, die wie ein unergründlicher Ozean auf mich wirkten und mich magisch anzogen.
Der Abend mit Niall war das Beste Date meines Lebens, seine Unbeschwertheit steckte mich an und wir hatten immer etwas zu reden, wobei wir aufpassen mussten, dass unser Essen nicht kalt wurde. Irgendwann, als die Teller wie blank geputzt vor uns standen und ich zwei Gläser Rotwein getrunken hatte, während Niall nur bei einem geblieben war, da er noch Auto fahren musste, tauchte George wieder auf, um sich zu erkundigen, ob es uns nach einem Nachtisch gelüstete.
„Klar", lautete Nialls Antwort, der dann zu mir schaute. „Darf ich den Nachtisch aussuchen?", fragte er mit einem verschmitzten Grinsen.
„Natürlich, ich vertraue auf deinen guten Geschmack."
„Gut, dann hätten wir gerne zweimal Schokoladenkuchen mit Vanilleeis und Sahne", gab Niall die Bestellung bei George auf, der nickte und nun noch eine Frage stellte.
„Wollt ihr den Nachtisch vor dem Kamin einnehmen?"
Als Niall zu mir schaute, nickte ich begeistert. Dieser Platz war mir vorhin sofort ins Auge gestochen und ich hatte mich gefragt, welchen Zweck das große, dunkelrote Plüschsofa mit dem kleinen runden Tisch davor wohl erfüllte. Jetzt hatte ich meine Antwort, welche mich mehr als nur zufriedenstellte. Niall ergriff vorsichtig meine Hand, bevor er mich zum Sofa führte, auf welchem wir uns dann niederließen. Ich spürte seinen Blick auf mir, als er ein wenig näher an mich heranrückte.
„Du siehst übrigens heute super aus, also ich meine, du siehst immer gut aus aber heute gefällt mir dein Outfit besonders", machte er mir ein Kompliment, welches mich prompt erröten ließ.
„Danke", murmelte ich ein wenig verlegen.
Plötzlich schlug Niall sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. „Ich Idiot habe vergessen, den Kakao zu unserem Nachtisch zu ordern", meinte er, erhob sich anschließend, um dann zu sagen: „Ich werde mal nach George Ausschau halten, lauf nicht weg, ich bin gleich wieder da."
Als ich ihm nachschaute, musste ich unwillkürlich lächeln, ich fand es einfach nur süß, wie er sich um alles bemühte. Kurze Zeit später kehrte Niall mit zwei großen Tassen, die heißen Kakao enthielten, zu unserem Platz zurück.
„Ich habe darauf bestanden, dass ich sie gleich mitnehmen darf", sagte er grinsend, als er mein erstauntes Gesicht bemerkte.
„Bist du öfter hier?", erkundigte ich mich, während ich eine der Tassen in Empfang nahm.
„Nicht so oft, eigentlich nur zu besonderen Anlässen aber der Besitzer des Restaurants ist Ire und stammt aus meiner Heimatstadt, deswegen werde ich anders als die anderen Gäste behandelt."
Das erklärte natürlich, warum man Niall den Kakao direkt ausgehändigt hatte. Entspannt lehnte ich mich ein wenig auf dem Sofa zurück und betrachtete das flackernde Kaminfeuer, das ein Gefühl des Wohlbehagens in mir auslöste. Trotzdem gab es etwas, was ich unbedingt wissen musste, etwas, das mir keine Ruhe ließ.
„Niall, kann ich dich etwas fragen?"
„Natürlich."
„Warum hast du dich immer betrunken, wenn wir uns getroffen haben?"
„Weil ich in nüchternem Zustand nicht den Mut gehabt hätte, diese Dinge zu tun, die ich leider unüberlegt mit dir angestellt habe", antwortete er offen und ehrlich.
„Du bist... schüchtern?"
„Na ja, nicht direkt aber die Tatsache, dass du mit einer Frau zusammen warst, hat mir dann doch etwas zu schaffen gemacht. Ich wusste nicht, wie ich mich dir nähern sollte, verstehst du?"
Als seine blaue Augen zu mir schauten, konnte ich nicht anders und streichelte über seine Hand, die direkt neben meiner lag.
„Ich verstehe es, Niall."
Sein erleichtertes Aufatmen ließ mich wissen, dass mein Verständnis ihm sehr wichtig zu sein schien, was ich durchaus honorierte.
„Bereust du, was wir getan haben?", fragte er leise, worauf ich nur den Kopf schüttelte und lächelte, als er mit dem Daumen über meine Hand streichelte.
George, der nun mit dem Kuchen auftauchte, unterbrach meine Gedanken und unsere Konversation, die wir fortsetzten, nachdem wir den überaus leckeren Nachtisch verdrückt hatten.
„Hast du dir eigentlich schon unser neues Album angehört?", wollte Niall wissen.
Zu meiner Schande musste ich diese Frage mit einem „Nein" beantworten, was ihn erstaunt aufschauen ließ.
„Warum nicht?"
„Weil es mir wehgetan hätte, deine Stimme zu hören", sagte ich mit einem schüchternen Blick in seine Augen, den Niall erwiderte.
„Du bist unglaublich süß", hauchte er mir entgegen.
Zehn Minuten später machten wir uns auf den Heimweg, nachdem Niall die Rechnung bezahlt hatte. Inzwischen schneite es, was unserer guten Laune jedoch keinen Abbruch tat, im Gegenteil. Alles fühlte sich so toll an, seine Hand zu nehmen, durch den Schnee zu laufen und schließlich durch das weihnachtlich geschmückte London zu fahren.
Am Haus angekommen, brachte Niall mich bis zur Eingangstür meiner Wohnung, wo er mich um mein Handy bat. Ohne einen Ton zu sagen, überreichte ich ihm dieses, denn irgendwie konnte ich mir denken, was er nun vorhatte. Mit einem leichten Grinsen auf seinen Lippen tippte er auf dem Display herum und als ich das Handy wieder in meinen Händen hielt, sah ich, dass er seine Nummer in meiner Kontaktliste abgespeichert hatte.
„Damit es nicht wieder in Vergessenheit gerät", erklärte Niall noch immer grinsend, was mich dazu veranlasste, ihm eine kurze Textnachricht zu schicken.
„Ich mag dein Lächeln."
Schmunzelnd las er die Nachricht, um mir kurz darauf ins Ohr zu flüstern: „Ich mag dein Lächeln auch."
Dann umarmte er mich und hauchte mir einen flüchtigen Kuss auf die Stirn.
„Mach's gut, Angel, ich melde mich morgen, ok?"
Und schon lief er die Treppe nach unten, während ich ihm hinterher rief: „Niall warte! Kriege ich denn keinen Kuss zum Abschied?"
Seine Antwort ließ meine Kinnlade nach unten klappen.
„Sorry, Angel, aber ich küsse nie beim ersten Date."
_______________________________
Das war doch mal ein schöner Abschluss eines zuckersüßen Kapitels, oder? :D
Danke für die schönen Kommentare und Votes zum letzten Kapitel!
Eigentlich wollte ich schon vergangene Nacht hochladen, doch Watty war zickig - es funktionierte nicht.
LG, Ambi xxx
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top