20. Hear me out
Nachdem Niall die Tür hinter sich zugeknallt hatte, begann ich laut zu schluchzen. Das, was er mir an den Kopf geworfen hatte, war zwar hart gewesen, doch es tangierte mich eigenartigerweise nicht so sehr. Was mich viel mehr berührte, war die Aussage, dass ich seine Gefühle verletzt hätte. Dies bewirkte, dass ich traurig wurde und mich schlecht fühlte. Er war hierhergekommen, um mit mir zu reden, und ich war ihn so hart angegangen.
Zitternd setzte ich mich auf das Sofa und realisierte in jenem Augenblick, dass ich weinte, weil ich ihn verletzt hatte. Es war eine völlig verfahrene Situation, wir waren in einer Sackgasse gelandet. Niall würde bestimmt nie wieder mit mir reden wollen. Ich hatte einfach alles verspackt. Vielleicht hätten wir noch eine Chance gehabt aber so, wie ich mich heute verhalten hatte, konnte man das getrost vergessen.
Mein Herz wurde schwer, je länger ich darüber nachdachte und meine Tränen kullerten unaufhaltsam über meine Wangen. Ich liebte ihn noch immer, das war mir bewusst geworden, als er vor wenigen Minuten hier im Zimmer gestanden hatte. Warum nur lief alles zwischen uns schief? Ich war nicht besser als er, wenn ich ihn nicht einmal anhören wollte.
Als ich auf mein Handy schaute, das direkt neben mir auf dem Sofa lag, wurde mir übel. Was sollte ich Louis nur erzählen? Ganz sicher war ich heute nicht mehr in der Lage dazu, ihn anzurufen. Ich konnte nur hoffen, dass er bereits zu müde war, um sich meinen Problemen anzunehmen, denn es ging mittlerweile auf elf Uhr zu.
Langsam wischte ich die Tränen aus meinen Augen, stand auf und schaute nach Angus, der ganz still auf seiner Stange saß. Er mochte es nicht, wenn man sich anschrie, das verwirrte ihn immens. Wenn ich mich früher mit Tessa gestritten hatte, vergrub er öfters seinen Kopf unter den Flügeln. Das war zwar heute nicht der Fall aber blickte irgendwie traurig und ein wenig gestresst drein. So streichelte ich behutsam über sein grünes Gefieder und wisperte leise: „Es ist alles gut, Angus. Mach dir keine Sorgen."
Kurz darauf entwich ein leises Schluchzen meiner Kehle. Ich drehte mich um, lief zum Sofa zurück und begann erneut zu weinen. Zu allem Überfluss klingelte jetzt auch noch das Handy und wie der Teufel es wollte, handelte es sich um Louis, der versuchte mich zu erreichen. Ich schloss für zwei Sekunden meine Augen, dann nahm ich den Anruf entgegen. Doch anstatt etwas zu sagen, schluchzte ich nur ins Telefon.
„Angel, oh mein Gott, was ist denn passiert?", erkundigt er sich besorgt.
„Ich hab's vermasselt, ich hab alles vermasselt", sagte ich weinend.
„War Niall bei dir?", fragte er überflüssigerweise.
„Ja und ich..., wir haben uns angeschrien, er....ist dann gegangen...."
Ich begann schon wieder laut zu schluchzen, worauf Louis nur sagte: „Ich bin in zehn Minuten bei dir."
Dann legte er einfach auf, während ich fassungslos auf dem Sofa saß, mein Handy anstarrte und dieses irgendwann zur Seite legte. Was würde nun passieren?
Ich brauchte nicht lange darüber nachzudenken, denn genau zehn Minuten später läutete es an meiner Tür. Ohne die Sprechanlage zu betätigen, drückte ich auf den Türöffner, da es sich wirklich nur Louis handeln konnte. Ich hörte, wie er die Treppe nach oben rannte und fragte mich, weshalb er es so verdammt eilig hatte. Sekunden später stand er vor mir, drängte mich plötzlich förmlich nach drinnen, wo er mich kurz umarmte, um dann zu fragen: „Was genau ist passiert?"
„Ich... Niall ist hier aufgetaucht, er wollte mit mir reden", brachte ich mühsam hervor.
„Aber ich..., ich war so angepisst und..., hab ihm an den Kopf geworfen, dass er ein hirnloses, egoistisches Arschloch ist..., worauf er gesagt hat, ich hätte es wohl besser nicht mit einem Mann versuchen sollen... und ich hätte seine Gefühle verletzt..."
Schluchzend vergrub ich meinen Kopf in seiner Brust, doch zu meiner Überraschung schien Louis nicht hier zu sein, um mich zu trösten. Er nahm seine Arme von meinem Körper, schaute mich an und sagte: „Angel, hör mir gut zu. Niall ist sich sehr wohl bewusst darüber, dass einiges zwischen euch schief gelaufen ist und er wollte sich bei dir entschuldigen. Sei so gut und ruf ihn an, ja? Oder schicke ihm eine Nachricht, dass du nochmal mit ihm reden willst."
Ich schluckte kurz, bevor ich leise nuschelte: „Ich hab seine Handynummer nicht."
„Was?" Louis graublaue Augen sahen zu mir, als hätte ich etwas total Unsinniges von mir gegeben.
Mit einem leichten Schnaufen stemmte er seine Hände in die Hüften und meinte: „Du willst mir jetzt nicht sagen, dass ihr beiden euch gegenseitig an den Geschlechtsteilen herumgespielt habt, ohne eure Nummern auszutauschen?"
Ich wurde rot wie eine Tomate, starrte auf meine Füße und murmelte: „Er hatte seine Boxershorts noch an."
Louis Schnaufen wurde lauter. „Ich weiß, was passiert ist, Angel, ich kenne die Einzelheiten."
Bevor ich noch irgendetwas sagen oder tun konnte, schnappte er meine Beine, warf mich über seine Schulter, lief in Richtung Tür, zog den Schlüssel aus dem Schloss und marschierte mit mir nach draußen. Ich kam mir vor wie ein Mehlsack, der weggetragen wurde.
„Louis, lass mich sofort runter!", protestierte ich verzweifelt.
„Nein!"
Seine Stimme klang sehr bestimmt, seine Schritte wurden schneller und ehe ich mich versah, waren wir an seinem Porsche angekommen. Louis öffnete schnell die Beifahrertür und setzte mich einfach auf den Sitz. Anschließend knallte er die Tür zu, jedoch nicht, ohne vorher die Kindersicherung zu aktivieren, was eine Flucht meinerseits nun gänzlich verhinderte.
Mit tränenverschwommenen Augen beobachtete ich, wie er einstieg, den Motor startete und losfuhr. Ich kannte unser Ziel genau, was meine Lage jedoch nicht besser machte. Die Kälte im Auto machte mir sehr zu schaffen, denn ich trug nur eine Jogginghose, ein weißes T-Shirt mit kurzen Armen, sowie meine dicken, flauschigen Socken. Obwohl Louis die Heizung eingeschaltet hatte, bildete sich auf meinen Armen eine Gänsehaut.
Binnen fünf Minuten hatten wir jedoch unser Ziel erreicht, denn mein bester Freund hielt an diesem Abend so gar nichts davon, die vorgeschriebenen Geschwindigkeiten Innerorts einzuhalten. Mit quietschenden Reifen kam sein Auto vor einem Haus zu stehen, in welchem Niall wohl wohnte. Zumindest vermutete ich das.
„Steig aus", befahl er.
Als ich meinen Kopf schüttelte, löste Louis meinen Sicherheitsgurt und stand kurze Zeit später vor mir. Er zerrte mich buchstäblich aus dem Wagen, vor sich hinmurmelnd: „Ihr beiden werdet euch jetzt aussprechen, keine Widerrede!"
„Louis bitte! Niall ist total sauer auf mich! Ich..."
Und schon bildeten sich kleine Tränen in meine Augen, doch Louis ignorierte das gekonnt. Nachdem es ihm gelungen war, mich aus dem Auto zu zerren, warf er mich erneut über seine Schulter, um anschließend Richtung Haus zu laufen. Dort angekommen, betätigte er die Klingel und wartete, bis Niall sich meldete.
„Ich bin's Louis. Mach bitte auf", hörte ich ihn sagen.
Mein Herz schlug wie verrückt, als das Summen es Türöffners ertönte und ich kurze Zeit später von Louis in das Innere des Hauses getragen wurde. Kaum hatten wir eine weiße, glänzende Tür erreicht, stellte er mich jedoch auf dem gefliesten Boden ab, der sich selbst unter meinen dicken Socken ziemlich kalt anfühlte. Anschließend holte er meinen Hausschlüssel aus seiner Jackentasche hervor und steckte diesen einfach in die Tasche meiner Jogginghose.
Ich war viel zu aufgeregt, um darüber ein Wort zu verlieren, denn die weiße Tür öffnete sich nun ruckartig und ich blickte in Nialls blaue Augen, die ziemlich überrascht dreinschauten. Bevor ich es richtig realisierte, versetzte Louis mir einen leichten Schubs, drehte sich um und sagte: „So ihr beiden, jetzt wird anständig geredet."
Dann stürmte er zum Ausgang und alles was ich noch hörte war, dass die Tür krachend hinter ihm zu fiel.
Mein Kopf senkte sich nach unten, als ich zu zittern begann, während es mir nur mit größter Mühe gelang, ein lautes Schluchzen zu unterdrücken. Was Louis getan hatte war ziemlich gemein und ich würde ihm das sicher nicht so schnell verzeihen, auch wenn er mein bester Freund war. Ich kam mir ausgesetzt und überrumpelt vor. Doch dann geschah etwas Seltsames. Etwas, womit ich keineswegs gerechnet hatte.
Niall ergriff plötzlich meine Hand und führte mich in seine Wohnung. Als wir im Flur standen, zog er seine graue Kapuzenjacke aus, legte diese über meine Schultern, sodass ich hineinschlüpfen konnte und sagte: „Zieh das über, du zitterst ja vor Kälte."
Schweigend schlüpfte ich in die Jacke, welche sich warm und kuschelig anfühlte.
„Louis muss vollkommen verrückt geworden sein", setzte Niall jetzt kopfschüttelnd hinzu.
Seine Stimme klang ein bisschen atemlos, wirkte aber gleichzeitig beruhigend auf mich.
„Danke", erwiderte ich mit klappernden Zähnen.
Unsere gegenseitig Wut aufeinander schien verpufft zu sein, stattdessen machte sich eine peinliche Stille breit, denn keiner wollte anfangen zu reden, wie Louis es verlangt hatte. Schließlich brach Niall das Schweigen, indem er sagte: „Ich glaube, ich koche jetzt erstmal einen Tee, damit du dich aufwärmen kannst."
Ich nickte nur stumm, als er mich ins Wohnzimmer führte und andeutete, dass ich auf dem Sofa Platz nehmen sollte.
„Warte hier."
Nach diesen Worten verschwand er in Richtung der offenen Küche. Scherzkeks, wo hätte ich auch ohne Schuhe hinlaufen sollen? Ich zitterte noch immer am ganzen Körper, obwohl Nialls Kapuzenjacke mich nun wärmte. Sie duftete total nach seinem Aftershave, was mich dazu veranlasste, meine Augen zu schließen und von der Vergangenheit zu träumen.
Tränen liefen über meine Wangen, denn es tat weh, an all das zu denken, was wir erlebt hatten, seine Küsse zu spüren und das sanfte Streicheln seiner Hände an allen Stellen meines Körpers zu fühlen. Schließlich zwang ich mich dazu, meinen Gedanken Einhalt zu gebieten, bevor ich in meiner Traumwelt untergehen würde.
„Angel."
Nialls Stimme bewirkte, dass ich zusammenzuckte, während ich meine Augen öffnete. Er stand mit einer großen Tasse vor mir, die dampfenden Tee enthielt.
„Hier, aber sei vorsichtig, er ist sehr heiß."
Mit einem leisen „Danke" nahm ich vorsichtig die Tasse entgegen und stellte diese zunächst auf dem Tisch ab, der vor dem Sofa stand. Immerhin zitterte ich nicht mehr so sehr und auch meine Füße fühlten sich wärmer an, als noch vor einigen Minuten. Doch die Angst, die mein Herz umfasste, brachte mich total aus dem Gleichgewicht.
„Es tut mir leid." Nialls raue Stimme ließ mich augenblicklich zu ihm auf sehen. „Es tut mir leid, ich hab's nicht so gemeint, was ich gesagt habe", sagte er.
„Mir tut es auch leid." Das waren die ersten zusammenhängenden Worte, die ich an ihn richtete. Dann versank ich in seinen blauen Augen, die nicht mehr böse dreinschauten, wie noch vor einigen Stunden, sondern eher traurig wirkten.
„Angel..., würdest du mir bitte erklären, warum du mich damals abgewiesen hast?"
Seine Augen wichen nicht von meinem Gesicht, als er diese Frage stellte. Eine Frage, die mir bestätigte, dass er alles falsch verstanden zu haben schien.
„Ich habe dich nicht abgewiesen!", sagte ich mit Nachdruck in meiner Stimme.
„Das hat aber ganz anders auf mich gewirkt", kam es von ihm.
Vor lauter Unruhe konnte ich nicht mehr sitzen, stattdessen erhob ich mich vom Sofa und begann in Richtung Fenster zu laufen. Ich suchte die richtigen Worte, um ihm alles so zu erklären, dass er es verstand. Doch das stellte sich als schwieriger heraus als gedacht.
Meine Finger vergruben sich tief in den Taschen seiner Kapuzenjacke und da war er wieder, dieser betörende Duft, der meine Sinne betäubte, der mich wissen ließ, dass ich ihm verfallen war.
„Niall", begann ich. Doch alle meine guten Vorsätze, vernünftig und ruhig zu sprechen wurden durch meine Tränen weggeschwemmt. Diese bewirkten jedoch, dass sich ein innerer Knoten löste, ich war bereit ihm die Wahrheit über meine Vergangenheit zu erzählen. Während die Tränen meine Wangen benetzen, begann ich stockend zu reden.
„Du weißt nichts über mich, was früher passiert ist... und warum ich mit einer Frau zusammengekommen bin..."
Ich musste kurz Luft holen, damit ich weiter reden konnte.
„Ich war sechzehn, als ich zum ersten Mal mit einem Jungen geschlafen habe. Es ist in den Sommerferien in Nashville passiert. Meine Freundinnen hatten schon feste Freunde, mit denen sie auch Sex hatten und ich wollte auch mitreden können... Als ich Randy kennenlernte, dachte ich, dass er der Richtige ist. Er sah gut aus, war total süß und lieb..., ich dachte wirklich es ist die große Liebe...und dann... dann wollte er mit mir schlafen. Ich hatte ihm damals gesagt, dass es mein erstes Mal sei..."
Meine Augen schlossen sich, als ich an den Schmerz von damals dachte, der meine Illusionen, dass Sex etwas Schönes sei, zerstörte.
„Es hat so verdammt wehgetan und fürchterlich geblutet. Er war so grob und gar nicht zärtlich oder einfühlsam. Ich habe danach direkt mit ihm Schluss gemacht und wollte nie wieder mit jemandem schlafen... Das konnte ich auch ganz gut durchhalten, bis ich schließlich einen Typen kennenlernte, der mir total den Kopf verdreht hat."
Ich holte nochmals tief Luft, bevor ich weiter redete.
„Das war genau ein Jahr später, auch in Nashville. Ich habe ihm von meinem ersten Mal erzählt und er meinte, es würde bei zweiten Mal ganz sicher nicht mehr wehtun."
Meine Augen wanderten auf die Straße, versuchten sich auf einen Punkt zu fixieren, der mir helfen würde, den nächsten Satz auszusprechen. Meine Stimme war nur noch ein raues Flüstern.
„Es war noch viel schlimmer, als mein erstes Mal, zumindest hatte ich diesen Eindruck. Um es mal mit meinen Worten auszudrücken: er hat sich in mir ausgetobt, eiskalt und gefühllos... Ich habe absolut nichts dabei empfunden, außer Schmerzen. Ab diesem Zeitpunkt dachte ich, dass ich lesbisch bin und mich vermutlich nur in eine Frau verlieben könnte."
Meine Stimme zitterte, als ich weiter sprach. „Ich bin in die Lesben Szene nach London hineingeraten, dort habe ich Tessa kennengelernt. Wir waren fast zwei Jahre zusammen und als wir zum ersten Mal Sex miteinander hatten, erreichte ich ohne Probleme meinen Höhepunkt, was der Beweis für mich war, dass ich zu einer Frau gehörte. Doch in den letzten Monaten unseres Zusammenseins bemerkte ich, dass sich etwas in mir verändert hatte. Ich habe immer öfter nach hübschen Jungs Ausschau gehalten und mir vorgestellt, was passieren würde, wenn ich einen kennenlerne, der genauso zärtlich ist wie Tessa. Ich konnte nicht mehr mit ihr schlafen und... dann habe ich irgendwann Schluss gemacht."
Ich hörte, wie Niall sich erhob, er musste jetzt genau hinter mir stehen.
„Angel", vernahm ich seine leise Stimme.
„Bitte lass mich ausreden, denn jetzt kommt das Wichtigste", fuhr ich fort, ohne mich umzudrehen.
Mein Blick ging immer noch zum Fenster hinaus, als ich die nächsten Worte sprach.
„Und dann habe ich dich getroffen und plötzlich war alles anders... Du hast mir gezeigt, dass ein Mann auch zärtlich sein kann... Die Nacht mit dir war so wunderschön... aber...ich... ich will nicht mit dir schlafen, wenn wir beide betrunken sind? Verstehst du das? Ich will mit dir schlafen, wenn wir nüchtern sind, damit ich weiß, ob die Gefühle auch echt sind."
Meine Tränen tropften auf die Fensterbank, als Nialls Arme sich plötzlich sanft um meinen Körper legten.
„Angel", hörte ich ihn in mein Ohr wispern, „es tut mir so leid, was du durchmachen musstest. Ich..., ich wollte dich nie verletzen. Bitte verzeih mir. Ich..."
Das war der Moment in dem ich mich umdrehte und in seine blauen Augen schaute, in denen Tränen standen.
Niall weinte.
Dies setzte ein unglaubliches Gefühl in mir frei. Ich wollte ihm ganz nahe sein. Ohne zu überlegen presste ich meinen Körper gegen seinen, legte meinen Kopf an seine Schulter und genoss das Gefühl von ihm umarmt zu werden. Es war nicht nur eine Umarmung, Niall hielt mich fest, als würde er mich nie wieder loslassen wollen. Das Komische daran war, dass wir beide gleichzeitig weinen und lächeln mussten. Seine Finger wischten meine Tränen weg, streichelten über mein Gesicht, während ich meine Augen schloss, um diese zärtliche Berührung zu genießen.
„Ich wollte dich auch nicht verletzen", flüsterte ich leise.
Es tat mir so unglaublich leid, was geschehen war, nicht nur ich hatte gelitten, sondern auch Niall, der mich nach wie vor in seinen Armen hielt. Es war ein wundervolles Gefühl, ihm wieder so nahe sein zu können, trotzdem wusste ich nicht, wie es weitergehen würde. Ob er meine Vergangenheit so ohne weiteres akzeptieren konnte und ob er mich genauso liebte, wie ich ihn. Langsam öffnete ich meine Augen, schaute in seine, die noch immer ein wenig besorgt dreinblickten, was mich unruhig werden ließ.
„Ich würde dich gerne etwas fragen", begann er zögernd.
„Was denn?"
Bereit, ihm jede Frage zu beantworten, versuchte ich seinem Blick nicht auszuweichen, um ihm auf diese Art und Weise zu signalisieren, dass wir unser Gespräch fortsetzen konnten. Doch die Worte, die nun aus seinem Mund kamen, bewirkten, dass ich vor Überraschung fast zu Boden ging. Jedenfalls wäre das der Fall gewesen, wenn Niall mich nicht festgehalten hätte.
„Würdest du morgen Abend mit mir Essen gehen?"
Der Schlag meines Herzens setzte beinahe aus, doch ich versuchte mich zusammen zu reißen, als ich mit zitternder Stimme fragte: „Bittest du mich um ein Date?"
„Ja, Angel Cooper, ich bitte dich um ein Date", lautete seine Antwort, während seine Augen nicht von meinem Gesicht wichen.
Sein Blick wirkte unsicher, sanftmütig und gleichzeitig unglaublich heiß. Ich konnte das Feuer spüren, das in mir brannte, als ich in seine unergründlichen blauen Augen schaute. Es war unmöglich, ihm zu widerstehen und so antwortete ich mit einem Lächeln im Gesicht: „Ja, ich würde morgen sehr gerne mit dir Essen gehen."
Jetzt lächelte Niall ebenfalls. Es war ein erleichtertes und gleichzeitig frohes Lächeln, das sich auf seinem hübschen Gesicht ausbreitete.
„Ich bin so froh, dass du mir alles erzählt hast, Angel", sagte er.
„Ich auch", erwiderte ich mit einem kleinen Seufzen.
Es fühlte sich so an, als ob eine tonnenschwere Last von mir abgefallen wäre. Endlich hatte ich ihm alles gesagt und er schien es vollends zu verstehen, was mir seine Frage nach einem Date bewies. Niall drückte mich leicht an sich, während er in mein Ohr wisperte: „Du solltest deinen Tee trinken, bevor er kalt wird."
Das tat ich dann auch, während er sich neben mich setzte, um eine Textnachricht zu versenden.
„Ich hab Louis gerade geschrieben, dass alles ok ist", meinte er und zwinkerte mir zu.
Wie sehr hatte ich das vermisst! Die Schmetterlinge in meinem Bauch flogen so hoch, wie schon lange nicht mehr und machten mir bewusst, dass mein Herz schon lange an Niall vergeben war. Eigentlich wollte ich gar nicht nach Hause, doch Angus hatte, Dank der Ereignisse am heutigen Abend, noch nichts zu fressen bekommen. Außerdem spürte ich, wie die Müdigkeit in mir aufstieg, so als wollte sie mir sagen, dass ich mich nun ausruhen durfte, weil die Missverständnisse zwischen Niall und mir geklärt waren. Als ich versuchte, ein leichtes Gähnen zu unterdrücken, musste der Ire lachen.
„Ich bin auch müde, Angel, du brauchst dich nicht zu schämen. Schließlich ist es schon viertel nach zwölf", lautete seine Aussage, begleitet durch ein Schmunzeln.
„Oh mein Gott! So spät schon? Ich muss Angus füttern!"
„Bleib ganz ruhig, ich fahre dich doch nach Hause." Niall legte seine Hand auf meinen Arm, doch anstatt zu relaxen, fuhr mein Puls in die Höhe, als ich das sanfte Streicheln seiner Finger spürte.
„Ok", presste ich hervor und stellte die leere Teetasse auf dem Tisch ab.
Wir erhoben uns fast gleichzeitig von der Couch und gingen gemeinsam zur Tür. Bevor ich diese jedoch öffnen konnte, spürte ich plötzlich keinen Boden mehr unter meinen Füßen. Niall hob mich einfach hoch und sagte: „Du hast keine Schuhe an, du denkst doch nicht wirklich, dass ich dich zum Auto laufen lasse?"
Mit klopfendem Herzen legte ich meine Arme um seinen Nacken und ließ mich zu seinem Range Rover tragen. Er öffnete zuerst die Beifahrertür, um mich dann vorsichtig auf dem Sitz abzusetzen. Anschließend nahm er auf der Fahrerseite seinen Platz ein, drehte die Heizung bis zum Anschlag auf und fuhr los. In diesem Moment wäre ich gerne noch länger mit ihm durch das nächtliche London gefahren, denn sie Straßen waren um diese Uhrzeit, an einem Werktag, nicht mehr so verstopft. Leider erreichten wir unser Ziel jedoch nach ungefähr zehn Minuten und obwohl ich die Müdigkeit nach wie vor in mir spüren konnte, wollte ein Teil von mir gerne bei Niall bleiben.
Wie schon zuvor, verhinderte er, dass meine Füße den Boden berührten, indem er mich erneut zum Haus und sogar bis zu meiner Wohnungstür trug. Dabei geriet er nur leicht ins Schnaufen, was mich wissen ließ, dass die Jungs wohl ein ausgezeichnetes Fitness Programm absolvierten, um für ihre Tourneen fit zu bleiben. Seine Arme waren stark und durch den dünnen Stoff seines T-Shirts konnte ich seine Bauchmuskeln fühlen, als sich diese kurz anspannten. Gleichzeitig erinnerte ich mich an jene Stunden, die wir auf meinem Sofa verbracht hatten, was dazu führte, dass mein Gesicht sich automatisch mit einer leichten Röte überzog. Ich wusste haargenau, wie toll sein Körper aussah.
Bevor ich mich meinen Träumen hingeben konnte, waren wir an der Tür zu meiner Wohnung angekommen. Als ich den Boden unter meinen Füßen spürte, seufzte ich kurz auf, denn er wurde Zeit, sich zu verabschieden.
„Danke, dass du mich nach Hause gebracht hast", sagte ich und wollte die Kapuzenjacke ausziehen.
Doch Niall hielt mich davon ab. „Lass nur, du siehst so süß darin aus, du kannst mir die Jacke ein anderes Mal geben, ok?".
Ich sah also süß in seiner Kapuzenjacke aus.
Die Vorstellung, dass seine Klamotten ihm an mir gefielen, zauberte schon wieder ein Lächeln auf mein Gesicht, genauso wie das Streicheln seiner Hand über meine, als er sagte: „Ich hole dich morgen Abend um sieben Uhr ab. Ist das ok?"
„Ja, das passt."
Wir verabschiedeten uns mit einer Umarmung voneinander und als ich die Wohnungstür hinter mir zuzog, glaubte ich noch immer, mich in einem Traum zu befinden. Besagter Traum verflüchtigte sich jedoch binnen Sekunden, als ich Angus' lautes Schreien vernahm.
„Aaaaaaaaaaaaaaangel!"
Ich rannte förmlich in die Küche, holte zwei Erdbeeren aus dem Kühlschrank und reichte diese meinem Papagei, der sofort gierig danach schnappte. Anschließend füllte ich seine Futterschale mit Körnern, über welche er sich sogleich hermachte, nachdem er die Erdbeeren verspeist hatte. Satt und zufrieden lief er anschließend meinen Arm entlang bis hoch zur Schulter. Dort angekommen, begann er zu kreischen.
„Niaaaaaaaaaaaaaall! Niaaaaaaaaaaaaall!"
Berechtigterweise fragte ich mich, woher er wusste, dass ich bei Niall gewesen war, doch dann, ganz plötzlich, kam mir die Erleuchtung. Alles an mir duftete nach seinem Aftershave. Die graue Sweatjacke, meine Haare und vermutlich auch mein T-Shirt. Angus hatte also immer, wenn er nach Niall schrie, dessen Geruch wahrgenommen, das wurde mir nun bewusst.
„Du bist ein schlauer Papagei", lobte ich ihn, worauf er mir ein Küsschen gab.
Zehn Minuten später lag ich, mit Nialls Kapuzenjacke bekleidet, in meinem Bett. Ich hatte mich nicht dazu durchringen können, diese auszuziehen, denn sie besaß einen enormen Kuschelfaktor.
Selig vor mich hinträumend schnupperte ich den betörenden Duft der Jacke ein, der mich immer an den Iren erinnerte. Es war fast so, als ob er neben mir liegen würde, aber nur fast. Vor lauter Aufregung konnte ich nicht einschlafen, ich musste dauernd an ihn denken.
Morgen hatte ich mein erstes, richtiges Date mit Niall. Wie das wohl verlaufen würde?
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Wie findet ihr es, dass Niall und Angel sich endlich ausgesprochen haben und nun ein Date in Angriff nehmen? Ihr habt jetzt erfahren, was in Angels Vergangenheit passiert ist und warum sie sich mit einer Frau eingelassen hat.
Ich hoffe, ihr mochtet das Kapitel und seid nun gespannt auf das Date. :)
LG, Ambi xxx
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