19. Don't f*ck with my love

Niall

Es war kurz nach halb neun am Abend, als ich in meinem Wohnzimmer vor dem laufenden Fernseher erwachte. Obwohl wir schon seit einer Woche wieder aus den USA zurückgekehrt waren, machte mir der Jetlag noch immer zu schaffen. Gähnend streckte ich mich auf dem Sofa aus, als es an meiner Tür klingelte. Wer besuchte mich denn jetzt, an einem Montagabend, ohne sich vorher angemeldet zu haben? Da ich in meinem Beruf ständig unterwegs war, vergewisserten sich meine Freunde immer, ob ich mich auch zuhause aufhielt, bevor sie hier auftauchten.

Langsam erhob ich mich und schlenderte zur Sprechanlage, die sich direkt neben der Eingangstür befand.

„Wer ist da?", fragte ich neugierig.

„Louis! Mach sofort auf!"

Er klang so, als sei ihm eine Riesenlaus über die Leber gelaufen, soweit ich das heraushören konnte. Nachdem ich den Türöffner betätigt hatte, stürmte er kurze Zeit später in meine Wohnung. Doch anstatt einer netten Begrüßung packte er mich an der Schulter und drückte mich fest gegen die Wand.

„Was zur Hölle hast du mit ihr gemacht, du Bastard?!"

„Bitte?" Irritiert starrte ich ihn seine Augen, die ziemlich wütend dreinblickten. Ich hatte absolut keine Ahnung, von wem er sprach.

„Sag mal, geht's noch? Lass mich sofort los, du Spinner!", blökte ich zurück.

„Nein! Du hörst mir jetzt genau zu, verstanden?!", zischt er angepisst. „Was hast du blödes Arschloch mit Angel gemacht?!"

Aha, daher wehte also der Wind. Seine geheiligte Angel musste ihm endlich erzählt haben, was passiert, oder in diesem Fall, eher nicht passiert war. Ärgerlich stieß ich ihn von mir weg, um mich zu verteidigen.

„Ich hab nicht mit ihr gevögelt, du Spast!"

„Das habe ich auch nicht behauptet und es war gut, dass du es nicht getan hast, sonst würde ich dir jetzt die Zähne einschlagen!", brüllte Louis in meine Richtung.

Was zur Hölle hatte Angel ihm erzählt? Ich war mir keiner Schuld bewusst, denn schließlich hatte sie mich abgewiesen und nicht umgekehrt.

„Musstest du vor ihren Augen mit dieser Tussi rumknutschen?" Louis stoppte nicht mit seinen Vorwürfen, was mir ziemlich auf den Geist ging.

„Erlaube mal!", verteidigte ich mich, „Angel und ich sind nicht zusammen! Ich kann knutschen und vögeln mit wem ich will, verstanden?"

„Nicht, solange du meine beste Freundin damit verletzt!", herrschte er mich an.

„Und wieso sollte ich sie damit verletzen? Sie war es doch, die mich nicht wollte, nicht umgekehrt!", schrie ich ihn an.

Ich war außer mir vor Zorn, da Louis mir Dinge vorwarf, die so gar nicht stimmen konnten. Schließlich hatte Angel mir deutlich genug zu verstehen gegeben, dass sie nichts von mir wollte. Dies hatte mich in jenem Moment sehr gekränkt, da ich wirklich Gefühle für sie entwickelt hatte, sehr tiefe sogar. Doch Louis schien das völlig falsch zu verstehen.

„Louis, bitte hör mir zu", begann ich, nachdem er kurz Luft holen musste. „Es ist alles ganz anders, als du es vielleicht denkst."

„Wie ist es denn dann?", fragte er zynisch.

Ich beobachtete, wie er sich auf mein Sofa fallen ließ und nach der Chipstüte griff.

„Denk nicht mal dran, wenn du hier lebend rauskommen willst!", sagte ich drohend, doch Louis ignorierte meine Warnung gekonnt und stopfte sich den Mund voll mit meinen Lieblingschips. Mit einer schnellen Handbewegung entriss ich ihm die Tüte, bevor ich diese in der Küche in Sicherheit brachte. Anschließend gesellte ich mich wieder zu Louis, der sich inzwischen an der Cola bedient hatte, die auf dem Tisch stand. Seine Augen musterten mich gründlich, bevor er zu sprechen begann.

„Warum in Gottes Namen knutschst du mit Angel, bringst sie von einer Party nach Hause, machst auf dem Sofa mit ihr rum und tauchst dann mit einer anderen Tussi in einem Club auf, die du dann auch noch vor ihren Augen küsst?! Ich erwarte eine Erklärung von dir, Niall! Und zwar eine möglichst gute, eine die mich zufrieden stellt."

Der warnende Unterton in seiner Stimme machte mich ganz konfus. Ich war nicht gut darin Erklärungen abzugeben, zumindest nicht, wenn es um meine Gefühle ging. Aber in diesem Fall musste es wohl sein, um nicht wie ein Idiot dazustehen. Dass Louis mich für solch einen hielt, hatte er mir schließlich deutlich genug zu verstehen gegeben.

„Also ich", begann ich, unterbrach dann jedoch kurz, um mich erneut zu sammeln. „Ich dachte, Angel ist an mir interessiert", stieß ich dann hervor. „Aber scheinbar ist das nicht der Fall, denn sie hat mir deutlich zu verstehen gegeben, dass sie nichts von mir will", klärte ich ihn auf.

„Ach?" Seine Augenbrauen zogen sich zusammen, als er spöttisch fragte: „Und wie kommst du selten dämlicher Idiot zu dieser Annahme?"

„Weil sie es mir gesagt hat?" Kopfschüttelnd starrte ich Louis an, dessen Gesicht langsam eine rötliche Farbe annahm.

„Was genau hat sie denn zu dir gesagt? Also wie war der genaue Wortlaut?", stellte er seine nächste, in meinen Augen völlig unsinnige, Frage.

„Warum willst du das wissen?", spielte ich mich auf.

Langsam hatte ich die Schnauze gestrichen voll von diesem Verhör. Als etwas anderes konnte man es wirklich nicht mehr bezeichnen.

„Beantworte einfach meine Frage, ok?", forderte Louis mich in barschem Tonfall auf.

Ich erinnerte mich noch ganz genau an das, was Angel zu mir gesagt hatte, obwohl dies bereits zwei Wochen und zwei Tage zurück lag. So wiederholte ich ihre Worte, die mich damals so sehr getroffen hatten, dass mir zum Heulen zumute gewesen war.

Ich will das so nicht mehr. Verstehst du? – das waren ihren überaus deutlichen Worte an mich", sagte ich mit einem Hauch von Bitterkeit in meiner Stimme.

Zum ersten Mal an diesem Abend beobachtete ich, wie Louis stirnrunzelnd vor sich hinstarrte.

„Hat sie das echt so gesagt?"

„Ja und ich habe darauf geantwortet, dass ich es verstanden hätte. Danach habe ich mich rumgedreht und bin gegangen, weil die Sache für mich gegessen war und ich ziemlich angepisst", vollendete ich meine Ausführungen zu der unliebsamen Angelegenheit.

Louis fuhr sich jetzt mit einer fahrigen Bewegung durch seine braunen Haare, was den Eindruck erweckte, dass er angestrengt über etwas nachdachte. Diese Chance nutzte ich nun, um weiter zu reden.

„Weißt du, Louis", begann ich mit klopfendem Herzen, „wie würdest du dich denn fühlen, wenn du mit einem Mädchen, an dem dir eine ganze Menge liegt, nach Hause fährst, gemeinsam mit ihr auf dem Sofa endest und..."

Weiter kam ich nicht, denn er unterbrach mich plötzlich. „Aber ihr hattet keinen Sex, oder?"
Verdammt, warum musste er auch immer so neugierig sein?

„Wie ich schon sagte, ich habe nicht mit ihr geschlafen", stotterte ich unbeholfen. „Aber..."

„Was aber?"

Gott, wie blöde war Louis eigentlich? Reichte seine Fantasie nicht, um sich auszumalen, was eventuell passiert sein könnte? Wie sehr sollte ich denn noch ins Detail gehen? Mir wurde ganz heiß, als meine Gedanken zu dieser Nacht zurückwanderten.

„Niall? Willst du mir nicht antworten?", drangen Louis ungeduldige Worte in meine Ohren.

Ja, ich wollte ihm antworten, denn wenn ich es richtig, von Mann zu Mann erklärte, würde er es hoffentlich verstehen. Schließlich waren wir keine sechzehn mehr und konnten ganz offen darüber reden. Nach einem kurzen Aufatmen fasste ich mir schließlich ein Herz und versuchte ihm klarzumachen, was sich abgespielt und vor allem, wie ich mich gefühlt hatte.

„Also wir hatten keinen Sex im Sinne, dass ich sie flach gelegt habe." Ich räusperte mich kurz, um dann den nächsten Satz auszusprechen. „Wir hatten... Oralsex."

Ein gequältes Stöhnen drang aus Louis' Kehle. „Ich fasse es nicht, du hast dir einen blasen lassen?"

„Nein, umgekehrt."

„Oh." Mehr sagte er nicht dazu, sondern beäugte mich kritisch. „Und dann?"

„Sie ist voll auf ihre Kosten gekommen."

Ich machte eine kurze Pause, die mein Freund dazu nutzte, um etwas zu sagen.

„Du hast ihr also einen Höhepunkt verpasst."

„So sieht es aus", antwortete ich noch immer mit klopfendem Herzen. „Dann hast sie gesagt, dass sie nicht mit mir schlafen will, was ich ja noch verstanden habe. Manchmal ist man einfach nicht soweit, das zu tun..."

Ich schloss kurz meine Augen, als ich den nächsten Satz herauswürgte.
„Es war ein scheiß Gefühl mit einem Ständer in der Hose die Wohnung zu verlassen aber ich hab's weggesteckt... Als sie mir am nächsten Abend allerdings gesagt hat, dass sie nichts von mir will, war ich ziemlich down und angepisst noch dazu."

Louis bedachte mich mit einem mitfühlenden Gesichtsausdruck, was mich wissen ließ, dass er durchaus nachvollziehen konnte, wie es mir ergangen war.

„Oh Niall, das tut mir echt leid", sagte er, „aber weißt du, ich denke, das ist alles ein großes Missverständnis. Angel sitzt zuhause und heult sich die Seele aus dem Leib wegen dir!"

„Was?"

Ich konnte nicht fassen, was er gerade von sich gegeben hatte. Das klang so absurd, zudem passte es überhaupt nicht mit ihrem Verhalten der Vergangenheit zusammen.

„Es ist wirklich so! Ich war gerade bei ihr", fuhr er fort. „Niall, du solltest das unbedingt klären! Oder besser gesagt, ihr beiden solltet das klären. Denn ich glaube, dass sie noch immer in dich verliebt ist."

Nervös blickte ich auf meine Hände. Wenn Louis wirklich Recht hatte, dann war es wohl angebracht, mit Angel zu reden, weil wir beide exakt das Gleiche empfanden.

„Komm schon, Nialler!" Er legte seinen Arm um meine Schulter. „Du wirst das hinkriegen, ganz sicher. Warum fährst du nicht einfach zu ihr? Sie sitzt gerade zuhause, ihr geht es furchtbar schlecht und vermutlich heult sie immer noch. Du bist der Einzige, der das ändern könnte."

Ich sah auf, blickte in Louis Augen, schluckte kurz und murmelte: „Vielleicht sollte ich das wirklich tun."

Das Lächeln, welches sich daraufhin auf seinem Gesicht ausbreitete, machte mir irgendwie Mut.

„Ok", sagte ich schließlich, „ich fahre zu ihr."

Louis schien ein Stein vom Herzen zu fallen, jedenfalls wirkte er unglaublich erleichtert, als er mich plötzlich umarmte.

„Viel Glück, Nialler, du schaffst das schon", versuchte er mich aufzubauen.
Genau das konnte ich im Augenblick gebrauchen.

Kurz nachdem Louis meine Wohnung verlassen hatte, sprang ich unter die Dusche und zog mich anschließend an. Meine Wahl fiel auf eine hellblaue Jeans und ein neutrales, weißes T-Shirt. Nachdem ich meine Haare einigermaßen gestylt, und ein wenig Aftershave aufgetragen hatte, zog ich eine graue Kapuzenjacke über mein Outfit. Es war zwar kalt draußen, doch die wenigen Schritte bis zu meinem Wagen ohne eine dicke Jacke zurückzulegen, würden mich schon nicht umbringen.

Glücklicherweise regnete es nicht, was meinem Gemütszustand wirklich entgegen kam. Als ich den Motor startete, fühlte ich mich ein wenig unsicher. Hoffentlich ging alles gut! Würde es mir gelingen, Angel davon zu überzeugen, dass es nie meiner Absicht entsprach, ihr wehzutun? Zweifel stiegen in mir auf, doch ich wischte diese einfach beiseite.

Louis würde furchtbar enttäuscht von mir sein, wenn ich jetzt einen Rückzieher machte. Ganz abgesehen davon würde ich mir dann selbst nicht mehr in die Augen schauen können. Angel hatte es verdient, dass ich mit mir redete – wir beide hatten es verdient, um genauer zu sein.

Mit diesen Gedanken im Hinterkopf parkte ich den Wagen zehn Minuten später direkt vor ihrem Haus, da gerade eine Parklücke frei geworden war. Ich musste all meinen Mut zusammen nehmen, um die Klingel zu betätigen, als ich vor der Haustür stand. Nach einer gefühlten Ewigkeit vernahm ich ihre süße Stimme, die ich wirklich sehr vermisst hatte.

„Wer ist da?"

Mein Magen drehte sich augenblicklich um hundertachtzig Grad, was eine leichte Übelkeit verursachte. Ich war so aufgeregt, wie schon lange nicht mehr in meinem Leben. Ich fühlte mich in etwa so, als ob wir gleich einen Auftritt in einer TV Show haben würden, denn ich hasste es, bei solchen Veranstaltungen live singen zu müssen. Viel lieber stand ich auf einer Bühne vor fünfzigtausend Menschen. Das hier war jedoch weitaus schlimmer, als eine TV Show, denn es gab nur Angel und mich.

„Ich bin's, Niall", sagte ich schließlich, während mein Herz so schnell schlug, dass ich fast nicht mehr atmen konnte.

„Niall?"

Erwartungsgemäß klang ihre Stimme mehr als nur erstaunt. Etwas anderes hatte ich, ehrlich gesagt, auch nicht erwartet. Trotzdem war die Überraschung ganz auf meiner Seite, als sie ohne einen Ton zu sagen, einfach den Türöffner betätigte. Das hatte ich wiederum nicht erwartet. So stolperte ich förmlich ins Haus und erklomm mit affenartiger Geschwindigkeit die Treppe nach oben, damit ich es mir nicht doch noch anders überlegte.

Angel empfing mich mit hochgezogenen Augenbrauen und rotgeschwollenen Augen an ihrer Wohnungstür. Man konnte wirklich sehen, dass sie geweint hatte, was mir augenblicklich ein schlechtes Gewissen verschaffte.

„Was willst du hier?", fragte sie kalt.

„Mit dir reden", antwortete ich, wobei ich versuchte möglichst ruhig zu klingen.

Ich hoffte, dass sie das Zittern in meiner Stimme überhört hatte, es wäre sonst zu peinlich gewesen. Mit einer Geste, die andeutete, dass ich ihre Wohnung betreten durfte, bat sie mich schließlich hinein. Ich folgte ihr einfach ins Wohnzimmer, da sie nach wie vor schwieg. Erst als sie in der Mitte des Raumes stehenblieb und sich zu mir drehte, begann sie zu sprechen.

„Ich hätte nicht gedacht, dass du tatsächlich hier aufkreuzt!", fuhr sie mich an.

„Und warum nicht?", fragte ich.

Jetzt legte Angel richtig los.

„Hör mir gut zu, Niall! Ich lasse mich nicht so von dir behandeln, ok? Ich bin keine deiner Schlampen, die mit dir ins Bett steigt, um sich danach abservieren zu lassen, wenn du kein Interesse mehr an mir hast!"

Fassungslos schaute ich in ihre Augen, die böse dreinblickten, so als würde sie mich erdolchen wollen. Das musste ich mir absolut nicht bieten lassen. Schließlich war ich hierhergekommen, damit wir uns aussprechen konnte und nicht, um mich beleidigen zu lassen.

„Ich glaube du hörst mir jetzt mal gut zu", entgegnete ich bissig. „Du warst selbst kurz davor, mit mir in die Kiste zu springen, oder etwa nicht?"

„Ja, aber das war, bevor ich wusste, dass du ein hirnloses, egoistisches Arschloch bist, das nur auf dieser Welt ist, um mit den Gefühlen anderer Menschen zu spielen!"

Dieser Satz traf mich so hart, dass ich total überreagierte.

„Weißt du was, Angel? Du kannst mich mal! Such dir doch einen anderen Clown, mit dem du deine Spielchen treiben kannst!"

Bevor ich mich umdrehte, um zur Tür zu laufen, zwang mein Ego mich, noch etwas herauszulassen.

„Es wäre besser gewesen, wenn du es nicht mit einem Mann versucht hättest, sondern bei einer Frau geblieben wärst! Wir Männer haben nämlich auch Gefühle, ob du es glaubst oder nicht! Und du hast meine gerade verletzt!"

Die Tränen, die nun aus ihren Augen schossen, beindruckten mich in diesem Augenblick herzlich wenig. Ich versuchte einfach, es nicht an mich herankommen zu lassen, denn Angel hatte mir mit ihrer Aussage einen erneuten Stich ins Herz versetzt.

Minuten später saß ich in meinem Range Rover, startete den Motor und fuhr auf direktem Weg nach Hause. Eigentlich hatte ich Louis nach dem Gespräch mit Angel anrufen wollen, doch so, wie die ganze Sache jetzt ausgegangen war, stellte ich das hinten an. Er würde bestimmt wütend werden und wenn ich Pech hatte, mir sogar die Schuld zuweisen. Warum hatte ich unser Gespräch, das wohl eher einem Gekeife entsprach, nicht einfach aufgezeichnet? Dann hätte er sich mit eigenen Ohren von ihren Worten überzeugen können.

Als ich an einer roten Ampel stehenbleiben musste, trommelte ich verzweifelt mit meinen Fingern auf dem Lenkrad herum. Hatte ich mich wirklich so in Angel getäuscht oder war unsere Aussprache deshalb zum Scheitern verurteilt, weil wir diese falsch begonnen hatten? Ich wusste es nicht und ich würde es vermutlich auch nie herausfinden. Selbst wenn ich jetzt umkehrte und nochmals bei ihr klingelte, Angel würde mich nicht hineinlassen, das konnte ich mit Gewissheit sagen.

Als ich gegen halb zehn völlig fertig zuhause eintraf, ließ ich mich auf dem Sofa nieder und verfiel ins Grübeln. Seit wir aus den USA zurückgekehrt waren, kreisten meine Gedanken fast ständig um Angel. Warum hatte es zwischen uns nicht funktioniert? Was fehlte ihr bei mir?

Zuerst war sie bereit dazu gewesen, mich in ihre Wohnung mitzunehmen, ließ sich die Klamotten ausziehen und gestattete es mir, ihren wundervollen Körper mit meinen Lippen und mit meiner Zunge zu erforschen und zu stimulieren. Und dann, als ich auch meinen Spaß haben wollte, machte sie einen Rückzieher. Da ich total in sie verknallt war, verbot es sich von selbst, sie zu etwas zu überreden, was sie nicht wollte. Ich verließ sogar auf ihren Wunsch hin das Apartment, auch das akzeptierte ich. Aber ich konnte nicht damit umgehen, dass sie mir am nächsten Tag eiskalt zu verstehen gab, dass sie nichts von mir wollte.

Was hatte dieses Mädchen für ein Problem? Es konnte mit Sicherheit nicht daran liegen, dass ich nicht zärtlich genug gewesen war, sonst hätte sie nicht so viel Spaß dabei gehabt. Ich war mehr als nur angepisst deswegen und so gesehen kam mir die Tussi, die mich im Club anbaggerte, gerade recht. Doch sie konnte mir nicht das geben, was Angel mir jedes Mal gab, wenn wir uns trafen.

Das Gefühl, von mir beschützt werden zu wollen, sich anlehnen zu können, mit mir zu lachen, zu tanzen und mich leidenschaftlich und zärtlich zugleich, zu küssen. Wann immer ich sie in meinen Armen hielt, fühlte ich mich high und gleichzeitig stark. Ihre Bereitschaft, sich bis zu einem gewissen Punkt hinzugeben, ließ mich fast durchdrehen. Aber es war kein Spiel für mich, im Gegenteil. Ich hatte echte Gefühle für dieses Mädchen entwickelt, das, warum auch immer, zwei Jahre lang mit einer Frau zusammen gewesen war.

Laut ihren Aussagen vermisste sie bei Männern die Zärtlichkeit, etwas, was ich ihr ohne weiteres geben konnte und wollte. Es war für mich einfach selbstverständlich, auf die Gefühle einer Frau Rücksicht zu nehmen und ich betrachtete Männer, die das nicht taten oder tun wollten, als ungeeignet, wenn es darum ging, eine ernsthafte Beziehung einzugehen. Umso härter traf mich ihre heutige Reaktion, denn ich war mit der Absicht zu ihr gefahren, alles vernünftig auszudiskutieren. Ich wollte sie wissen lassen, dass ich mich in sie verliebt hatte und war nun zum zweiten Mal bitter enttäuscht worden.

In meinem Beruf war es verdammt schwer, ein nettes, normales Mädchen kennenzulernen, das mich mochte, weil ich vielleicht witzig und charmant war und nicht meines Geldes wegen. Bei Angel hatte ich von Anfang an das Gefühl gehabt, dass sie uns alle wie ganz normale Menschen behandelte und auch so sah. Sie war so natürlich, so liebenswert, alles an ihr wirkte echt und sie besaß einen unglaublich tollen Humor. Ich liebte ihre sanfte, ruhige Stimme mit dem bisweilen lustigen amerikanischen Akzent, ebenso ihre unglaublich hübschen Augen, deren Farbe je nach Lichteinfall einfach wechseln konnte.

Es wäre mir nie in den Sinn gekommen, sie nur aus Spaß flach zu legen und danach fallen zu lassen wie eine heiße Kartoffel. Genau genommen hatte ich auch nie die Absicht, so weit zu gehen, wie in jener Nacht, nach Marvins Party. Aber dank unserer stark erhöhten Alkoholpegel waren Dinge geschehen, die nun nicht mehr rückgängig gemacht werden konnten. Alles schien irgendwie kaputt zu sein, was mich sehr traurig stimmte, denn ich hätte ich mir wirklich gewünscht, eine ernsthafte Beziehung mit Angel eingehen zu können.

Als meine Tränen den Weg aus meinen Augen fanden, ließ ich ihnen freien Lauf. In meiner Wohnung konnte ich letztendlich tun und lassen, was mir beliebte und dazu gehörte auch, heulend auf einem Sofa zu sitzen. Irgendwann würde der Schmerz aufhören, doch bis dahin war es ein langer, weiter Weg.

Es würde Monate dauern, bis sich diese stechenden, peinigenden Gefühle nicht mehr meinem Herzen und meiner Seele bemächtigten. Doch bis dahin würde ich vermutlich jeden Tag weinen.

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Das war also das Kapitel aus Nialls Sicht, dessen Titel übrigens aus einer Songzeile von Ed Sheeran's Don't stammt. Was sagt ihr dazu? Die Aussprache ist ja gehörig schief gegangen. Ob das nochmal was wird?

Danke für die vielen Votes und Kommis!

LG, Ambi xxx

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