18. Realize

Vorsichtig kroch ich unter der Bettdecke hervor, damit Hunter nicht wach wurde, der noch friedlich vor sich hinschlummerte. Fast wäre ich über die leere Jack Daniels Flasche gestolpert, die vor dem Bett lag, doch in letzter Sekunde wich ich ihr noch aus.

Mit einem tiefen Durchatmen zog ich mein T-Shirt langsam nach oben, um auf die beiden Tattoos zu blicken, die sich über meinen Hüftknochen befanden. BFF Hunter auf der linken Seite und auf der rechten BFF Louis.

Beide wurden von einer dünnen, durchsichtigen Folie überdeckt, die eine Woche draufbleiben musste, damit die Tattoos geschützt wurden. Jedenfalls konnte ich mich vage daran erinnern, dass Fred mir so etwas in dieser Richtung erklärt hatte.

Hoffentlich bereute Hunter nicht, was wir letzte Nacht getan hatten, denn ich bereute dies keineswegs. Diese Tattoos zeigten unsere Freundschaft zueinander, eine Freundschaft, die für immer bestehen bleiben würde, egal, wie selten wir uns sahen. Und genau die gleichen Empfindungen stiegen in mir auf, als ich an Louis dachte.

Hunters und Louis' Namen durften völlig zu Recht über meinen Hüftknochen verweilen, denn sie verdienten es einfach. Die Frage war nur, was Louis dazu sagen würde. Vielleicht würde er es sogar komisch finden aber da ansonsten niemand das Tattoo zu Gesicht bekommen würde, konnte es auch nicht peinlich werden. Und selbst wenn, die Schrift war so klein, dass man schon dicht davor stehen musste, um zu erkennen, was dort geschrieben stand.

Ein leises Geräusch ließ mich plötzlich herumfahren. Hunter schien langsam zu erwachen, denn er blinzelte, streckte sich und setzte sich dann mit einem sehr verschlafenen Gesichtsausdruck in meinem Bett auf.

„Guten Morgen, du alte Schlafmütze", begrüßte ich ihn grinsend.

„Hey, Angel", erwiderte er ebenso grinsend.

Gleichzeitig ging sein Blick zu meinen Tattoos. „Sie sind hübsch geworden, das muss ich sagen."

„Du kannst dich also an alles erinnern, was wir letzte Nacht getan haben?", fragte ich ein klein wenig erstaunt.

„Klar, ich war ja nicht vollkommen besoffen", kam es von Hunter zurück. „Ich weiß sehr wohl noch, was wir getan haben."

Um seine Aussage zu unterstreichen zeigte er auf das Tattoo auf seinem Unterarm.
„Ok", seufzte ich erleichtert, worauf er leise zu lachen begann.

Anschließend schlug er die Decke zurück und erhob sich schwungvoll aus dem Bett.

„Wie spät ist es eigentlich?", wollte er dann wissen.

„Viertel nach zehn", gab ich zur Antwort.

Bevor ich es richtig realisierte, umarmte Hunter mich liebevoll.

„Hey, mach dir nicht so viele Gedanken um diesen Typen, Angel. Du bist ein hübsches Mädchen und wirst ganz sicher jemanden finden, der zu dir passt."

Ich vergrub mein Gesicht in seiner Brust und murmelte: „Das Problem ist, dass er mir gezeigt hat, dass ich nie wieder mit einer Frau zusammen sein will, verstehst du? Und deswegen tut es auch so weh und..."

Die Tränen, die aus meinen Augen schossen bestätigten mir, dass ich noch immer nicht über Niall hinweg war. Das würde vermutlich noch eine ganze Weile dauern. Es half auch nicht viel, dass Hunter mir gut zuredete, meinen Rücken streichelte und mir einen Kuss auf die Stirn hauchte. Der Schmerz blieb in meinem Herzen verankert, als ob er sich für ewig dort einnisten wollte. Ich konnte nicht mehr klar denken, nicht mehr richtig atmen und die Vorstellung nie wieder Nialls zärtliche Berührungen genießen zu können, stürzte mich in ein derart großes Gefühlschaos, dass ich am liebsten den ganzen Tag im Bett geblieben wäre, ohne irgendetwas zu tun.

Erschwerend kam noch hinzu, dass Hunter sich nach dem Frühstück verabschieden musste, da er an diesem Abend ein Konzert in Albany geben würde. Zum Abschied flüsterte er mir ins Ohr, dass er im nächsten Jahr ganz bestimmt nach London kommen würde, um dort einige Auftritte zu absolvieren. Dies tröstete mich ein bisschen über den Kummer mit Niall hinweg, zumindest für diesen Moment. Doch als ich später alleine in meinem Zimmer saß, fühlte ich mich hundeelend.

Eigentlich hatte ich angenommen, dass es mir in Nashville viel besser gehen würde, was meine seelische Verfassung anging, aber genau das Gegenteil war nun der Fall. Hunter war weg und Louis war auch nicht hier. Nach wie vor sträubte sich etwas in mir, meinem besten Freund die ganze Wahrheit am Telefon zu erzählen. Es fühlte sich einfach nicht richtig an, weil es sich nicht nur um eine Lappalie handelte. Ich hatte schwer daran zu knabbern, selbst meinem Dad fiel auf, dass ich ein Problem mit mir herumtrug. Doch er stand schon immer auf dem Standpunkt, dass er mich niemals drängen würde, ihm Dinge zu erzählen, die ich lieber für mich behalten wollte.

Trotzdem verlebten wir einige sehr angenehme Tage in Nashville und als er mich am Sonntag zum Flughafen brachte, verabschiedeten wir uns mit einer herzlichen Umarmung voneinander.
„Wir sehen uns im Januar, wenn du Geburtstag hast", versprach ich meinem Dad.

Die Feier zu seinem fünfzigsten Geburtstag wollte ich auf keinen Fall verpassen und hatte sogar schon von Trigger für diese Zeit einige frei Tage genehmigt bekommen. Somit würde es gar nicht allzu lange dauern, bis ich Nashville erneut besuchen konnte.

Als ich eine Stunde später im Flugzeug nach London saß, konnte ich mich noch immer nicht dazu durchringen, das neue Album von One Direction anzuhören. Der Klang von Nialls Stimme in meinen Ohren würde wehtun, sehr sogar. Stattdessen entschied ich mich dazu, einen Film anzuschauen und nach dem Abendessen zu schlafen. Da der Flug die ganze Nacht andauern würde, tat ich gut daran, mich ein bisschen auszuruhen, denn der Jetlag ließ erfahrungsgemäß nie lange auf sich warten, sobald ich aus Amerika zurückgekehrt war.

Um kurz nach acht Uhr morgens setzte das Flugzeug in London Heathrow zur Landung an. Anders als auf dem Hinflug musste ich nun bei der Gepäckausgabe anstehen, da ich einen neuen großen Koffer in Nashville erworben hatte, welcher auch noch prall gefüllt mit Kleidung, drei Paar Cowboystiefeln und allem erdenklichen Kosmetikkram war. Gott sei Dank wurde ich nicht von einem der Zollbeamten gefilzt, denn ich hatte die Grenze des erlaubten Mitnahmewertes beim Einkauf um ein Vielfaches überschritten.

Als ich endlich durch die Tür lief, welche in die große Halle führte, stand Trigger bereits mit einem breiten Grinsen im Gesicht dort. Lachend fielen wir uns in die Arme und als er sagte: „Angus wartet bereits auf dich", musste ich schmunzeln.

Der Transportkäfig mit meinem Papagei an Bord, befand sich tatsächlich in Triggers großem Wagen auf dem Rücksitz.

„Hey Süßer!", rief ich, als ich die Tür öffnete.

„Aaaaaaaaaaaaaaangel! Aaaaaaaaaaaaaaaaaangel!"

Angus kriegte sich gar nicht mehr ein, so sehr freute er sich, mich zu sehen. Man hätte annehmen sollen, dass er sauer auf mich war, weil ich ihn so lange alleine gelassen hatte, doch genau das Gegenteil trat ein. Vielleicht auch deshalb, weil ich ihm vor dem Beginn der Reise erklärt hatte, dass ich zu meinem Dad nach Nashville fliegen würde. Angus schien es auf jeden Fall zu verstehen, dass ich ihn nicht alleine gelassen hatte, weil ich ihn nicht mehr liebte.

„War er brav?", stellte ich meine Frage an Trigger, als wir uns auf dem Weg zu meinem Apartment befanden.

„Aber sicher! Ich habe ihn fast jeden Tag mit Erdbeeren gefüttert und wir haben uns außerdem unterhalten", lachte Trigger. „Er scheint Niall von One Direction aber nicht besonders zu mögen", setzte er noch hinzu.

„Wie kommst du denn darauf?", fragte ich voll böser Ahnung, hoffend, dass Angus nicht unsere Namen gestöhnt hatte.

„Ach, er hat nur immer Niall ist ein Idiot gerufen, deshalb", meinte Trigger grinsend.

„Sonst nichts?"

„Das ist doch wohl genug, oder?"

Ein erleichtertes Aufatmen drang aus meiner Brust. Gott sei Dank hatte Angus mich nicht vollständig blamiert und ein Funken Hoffnung keimte in mir auf, dass er vielleicht das Stöhnen in Zukunft unterlassen würde.

Zuhause angekommen, trug Trigger meinen Koffer nach oben, während ich den Transportkäfig, sowie mein Handgepäck nahm. Meine erste Tat, nachdem ich Angus auf seine Stange gesetzt hatte, war es, die Heizung anzustellen, denn die Räume waren total ausgekühlt. Kein Wunder, in London herrschten nachts Temperaturen um den Gefrierpunkt, während ich in Nashville tagsüber in einem T-Shirt herumlaufen konnte.

Trigger verabschiedete sich nun rasch von mir, denn er hatte noch zu tun. Ich war gar nicht böse darüber, dass ich mich nun in aller Ruhe dem Auspacken widmen konnte. Außerdem musste ich die Post durchsehen, die sich angesammelt hatte und die neuesten Emails checken. Während ich das tat meldete sich mein Handy.

„Hey, Louis", sagte ich grinsend, nachdem ich auf das Display geschaut hatte.

„Hey, mein kleiner Teufel! Es ist schön, dass du wieder im Lande bist."

„Ja, ich hab dich schon vermisst."

Schlagartig fielen mir die beiden Tattoos ein und was er wohl dazu sagen würde. Aber das wollte ich nicht unbedingt am Telefon herausfinden, zumal wir sowieso irgendwann über Niall sprechen mussten, wobei Louis noch nicht einmal wusste, dass es um seinen Freund gehen würde. Doch die Stunde der Wahrheit rückte unaufhaltsam näher, das wurde mir in jenem Moment bewusst, als ihn sagen hörte: „Ich wollte nachher bei dir vorbeischauen, du wirst sowieso nicht schlafen können, also können wir uns genauso gut unterhalten."

„Wann nachher?", fragte ich beklommen.

„So gegen sieben, vorher schaffe ich es nicht, denn ich muss El zum Bahnhof bringen. Sie hat morgen früh um acht Uhr ein Meeting in Manchester und müsste sonst um vier Uhr morgens aufstehen, um pünktlich dort zu sein. Deswegen übernachtet sie heute schon dort im Hotel."

Ich konnte das durchaus nachvollziehen, denn vier Uhr morgens war so gar nicht meine Zeit zum Aufstehen, eher um sich nach einer arbeitsreichen Nacht hinzulegen.

„Sieben Uhr geht klar", ließ ich Louis schließlich wissen, worüber er sich natürlich freute wie ein kleines Kind.

Somit blieb mir noch genügend Zeit, um einkaufen zu gehen, denn in meinem Kühlschrank befand sich, außer einigen Getränkedosen, rein gar nichts. Also hieß es für mich, den üblichen Supermarkt aufsuchen, um zumindest das Nötigste zu besorgen. Dieses Mal schaffte es jedoch bevor die Rush Hour einsetzte, worüber ich wirklich glücklich war.

Kaum hatte ich den Supermarkt betreten, stieß ich mit einem Mann zusammen, der mich zunächst überrascht und dann grinsend anschaute. Chad Mason stand vor mir und lächelte mich freundlich an.

„Angel, was für eine schöne Überraschung!"

Es hätte nicht mehr viel gefehlt und wir hätten uns umarmt.

„Schön dich zu sehen, Chad", erwiderte ich ebenso grinsend.

Wir begannen sofort eine Unterhaltung und als ich erwähnte, dass ich gerade erst aus Nashville zurückgekommen sei, bot Chad mir an, mich mit seinem Wagen nach Hause zu fahren, nachdem wir unsere Einkäufe getätigt hatten. Ich stimmte schließlich zu, wohl auch, weil sich mein Jetlag gerade bemerkbar machte. Nachdem wir alle Einkäufe im Wagen verstaut hatten, quälte Chad sich durch den Verkehr.

„Arbeitest du nächstes Wochenende im Club?", fragte er beiläufig.

„Ja, natürlich und wie gesagt, du kannst gerne vorbeischauen, das würde mich freuen", erwiderte ich.

Es war mir so egal, was Niall dazu sagen würde, wenn er und Chad sich dort vielleicht über den Weg laufen sollten. Aber es war ja nicht sicher, ob der Ire überhaupt auftauchen würde, jetzt, wo er sich vermutlich mit anderen weiblichen Wesen vergnügte und ich uninteressant geworden war. Ich hatte überhaupt kein schlechtes Gewissen, als ich Chad erneut ermutigte, den Club während meiner Arbeitszeit als DJ zu besuchen, im Gegenteil. Dann würde er mich auch einmal in Aktion erleben und ich konnte mich mit einem Drink für die beiden Fahrten zu meinem Heim bedanken. Somit schien das eine gute Sache zu sein.

Als sein Wagen vor dem Haus zum Stehen kam, schaute er zu mir, lächelte und fragte: „Hör zu, Angel. Ich möchte nicht gerne mit der Tür ins Haus fallen, wie man so schön sagt, aber...würdest du mir bitte deine Handynummer geben?"

Ich tat es, ohne darüber nachzudenken und ich tat es außerdem, um Niall eins auszuwischen, der Chad nicht ausstehen konnte. Bei der nächsten Party würde ich mit Chad aufkreuzen, nur um diesem eingebildeten Iren zu zeigen, dass er nicht der einzige Mann auf Erden war. Dieser Gedanke erheiterte mich immens und führte schließlich dazu, dass ich Chads Angebot, meine Einkaufstaschen nach oben zu tragen, dankend annahm. Er transportierte diese sogar bis in die Küche, begleitet durch ein lautes „Aaaaaaaaaaangel!" von Angus.

„Das ist mein Papagei", erklärte ich, als er mich fragend anschaute.

„Ach so!" Chad begann zu lachen. „Der ist ja lustig. Kann ich ihn mal sehen?"

Ich nickte und führte ihn sogleich ins Wohnzimmer, damit er Angus bewundern konnte.

„Der sieht ja echt toll aus! Wie heißt er denn?"

„Angus."

„Ein ziemlich ungewöhnlicher Name für einen Papagei", stellte er schmunzelnd fest.

„Er ist ja auch ein sehr ungewöhnliches Tier, also passt dieser Name", entgegnete ich lächelnd.

Chad lächelte zurück, schaute dann schnell auf seine Armbanduhr und sagte: „Tut mir leid, Angel, ich muss jetzt gehen. Wir sehen uns am Wochenende im Club, ok?"

Ich begleitete ihn noch bis zur Eingangstür, wo wir uns flüchtig umarmten.

„Danke nochmal!", rief ich ihm hinterher.

„Bitte, gern geschehen!"

Nachdem ich die Tür wieder geschlossen hatte, lief ich direkt in die Küche, um die Einkäufe zu verstauen. Ich hatte Zutaten für Lasagne besorgt, denn diese wollte ich heute für Louis und mich zubereiten. Mein bester Freund hatte es verdient, zum Essen eingeladen zu werden, außerdem war mir gerade nach Kochen zumute.

Tatsächlich lenkte mich das von meinen Gedanken an das bevorstehende Gespräch mit Louis ab, das ich am liebsten weit von mir schieben wollte. Doch ich durfte ihn nicht ewig im Ungewissen lassen, was das anging. Louis hatte ein Recht darauf zu erfahren, was geschehen war, denn schließlich musste er jetzt damit umgehen, dass zwei seiner besten Freunde nicht mehr miteinander redeten.

Während ich mich um die Lasagne kümmerte, hörte ich Angus im Wohnzimmer Irish Love Affaire singen. Das durfte echt nicht wahr sein! Er hatte es also nicht vergessen und drangsalierte mich nach wie vor mit diesem Lied. Gleich danach folgten seine Stöhnattacken, worauf ich in der Küche alles liegen und stehen ließ, um ihn in die Schranken zu weisen.

„Angus! Hör auf damit, sonst werde ich wirklich sauer!", fauchte ich unbeherrscht.

Daraufhin hielt er zwar seinen Schnabel, tat jedoch auf beleidigt und wandte mir demonstrativ den Rücken zu. Manchmal legte er wirklich das Verhalten einer Diva an den Tag. Kopfschüttelnd ging ich nun zurück in die Küche, um die Lasagne in den Ofen zu schieben. Sie würde hoffentlich pünktlich um sieben fertig sein, sodass Louis und ich vor unserem Gespräch noch etwas essen konnten, denn danach würde mir wahrscheinlich der Appetit vergangen sein.

Da ich noch Zeit hatte, sprang ich schnell unter die Dusche, bevor ich eine bequeme Jogginghose, ein T-Shirt mit kurzen Armen, sowie meine heißgeliebten Kuschelsocken anzog. Zuhause lief ich gerne in Socken herum, deswegen besaß ich einige besonders dicke und kuschelige Exemplare, die mir selbst im Winter warme Füße verschafften. Anschließend lief ich ins Wohnzimmer, nahm Angus von seiner Stange und ließ ihn auf meine Schulter hochlaufen, wo er sich hinsetzte um mir ein Küsschen zu geben. Gegen eine Kuschelminute gab es nichts einzuwenden, denn er hatte einige Tage auf mich verzichten müssen.

„Angel, ich liebe dich!", flötete er mir ins Ohr, was ich mit einem Grinsen quittierte.

Er war manchmal zu süß! Als es an der Tür läutete, setzte ich Angus wieder zurück auf seine Stange und sprintete zum Eingang, um schnell die Sprechanlage zu betätigen.

„Hey, Angel, ich bin's", ertönte Louis' Stimme, worauf ich den Türöffner betätigte.

Ungeduldig wartete ich nun auf meinen besten Freund, der die Treppen nach oben eilte und mich sogleich mit einer heftigen Umarmung begrüßte, als er vor mir stand. Wir küssten uns auf beide Wangen und ich wuschelte durch seine weichen Haare.

„Lass dich anschauen." Prüfend glitten seine Augen über mein Gesicht. Wahrscheinlich wollte er herausfinden, ob es mir immer noch so schlecht ging wie vor meinem Kurzurlaub. Wenn ich ehrlich sein sollte, dann hatte sich mein Zustand nicht wirklich verbessert. Nach wie vor nagte ich an der Sache mit Niall, an dieser unglaublichen Demütigung und dem Schmerz, der sich in mir ausbreitete, als er eine andere Frau küsste. Doch darüber wollte ich mit Louis nach dem Essen sprechen.

„Ich hab dir was mitgebracht, mein kleiner Teufel!"

Als Louis mir sein Geschenk in die Hand drückte, schlucke ich kurz. Wahrscheinlich würde ich in den nächsten Monaten nicht in der Lage sein, mir die DVD mit dem Titel Where we are anzuschauen. Dafür waren die Erinnerungen an Niall zu frisch. Trotzdem bedankte ich mich mit einem dicken Kuss, den ich auf seine Wange drückte.

Die Lasagne war bereits fertig und duftete herrlich, als ich sie aus dem Ofen nahm. Louis half mir beim Tisch decken, nachdem er Angus begrüßt hatte und öffnete eine Rotweinflasche für mich, weil ich diesen gerne zur Lasagne trinken wollte. Er selbst begnügte sich nur mit einem halben Glas, da er schließlich noch Auto fahren musste.

So startete unsere Konversation mit den Erlebnissen von One Direction in den USA, bevor wir zu meinem Kurztrip nach Nashville gelangten. Natürlich erwähnte ich auch Hunter Hayes, allerdings musste ich Louis zuerst erklären, um wen es sich dabei handelte, da er sich nicht so sehr für Country Musik interessierte. Als ich erzählte, dass Hunter wie ein großer Bruder für mich sei, begann Louis zu lachen.

„Das ist cool", sagte er und aß den Rest von seiner Lasagne auf. „Es hat übrigens toll geschmeckt, Angel", lobte er meiner Kochkünste, was mich glatt fünf Zentimeter wachsen ließ.

Nachdem wir gemeinsam den Tisch abgeräumt hatten, ließ Louis sich auf dem Sofa nieder und blickte mich erwartungsvoll an. Ich entschied mich dazu, ihm zuerst die Tattoos zu zeigen, bevor wir unsere Konversation fortsetzten. Hingegen meiner Befürchtungen zeigte mein bester Freund eine unglaubliche Begeisterung bezüglich der beiden tätowierten Schriftzüge über meinen Hüftknochen.

„Das ist echt cool! Du hast meinen Namen als BFF auf deiner zarten Haut verewigen lassen, wenn das mal kein Kompliment ist!", lautete seine Aussage, die mir wirklich einen Stein vom Herzen fallen ließ. Louis störte sich auch nicht daran, dass Hunters Name die andere Seite für sich beanspruchte, im Gegenteil. Er fand es richtig gut, dass ich zwei meiner besten Freunde nun eine besonderen Platz auf meinem Körper teilen durften. Eine bessere Überleitung als die Tattoos zu unserem wichtigen Gespräch gab es wirklich nicht.

„Ich war betrunken, als ich das habe machen lassen", begann ich.

Louis Augen beäugten mich kritisch, als ich den nächsten Satz herausbrachte.

„Ich habe mich wegen Niall betrunken. Er ist der Grund, warum es mir so schlecht geht", sagte ich leise und ließ mich neben ihm auf das Sofa fallen.

„Niall?! Was um Himmels Willen ist passiert?", fragte Louis überrascht.

„Ich..., wir..., also wir sind uns ziemlich nahe gekommen", nuschelte ich.
Ich konnte hören, wie er scharf einatmete, bevor er eine Frage stellte.

„Wie nahe?"

„Also..., wir haben... Zuerst haben wir getanzt, das hast du wohl mitbekommen und die Woche darauf haben wir uns geküsst, dann hat er mir einen Knutschfleck verpasst und mich zu dieser Party eingeladen... Nachdem ihr alle gegangen wart, hat er sich meinetwegen mit Chad angelegt und wir sind irgendwann auf dem Balkon gelandet... Er hat mich geküsst und er war so zärtlich, verstehst du? Ich dachte, er empfindet wirklich etwas für mich und dann..."

Aus meinen Augen flossen Tränen, ich konnte es nicht verhindern, weil es immer noch so schmerzte.

„Und dann?", fragte Louis weiter, dessen Gesicht eine gewisse Vorahnung ausdrückte.

„Dann habe ich ihn gebeten, mich nach Hause zu bringen. Wir waren betrunken, alle beide..."

Ich wischte mir die Tränen mit meinem Handrücken aus den Augen, bevor ich weiter redete.
„Wir haben... auf dem Sofa miteinander rumgemacht... Ich wollte aber nicht mit ihm schlafen, was er auch zu verstehen schien, jedenfalls reagierte er nicht beleidigt... Und dann, als wir uns das nächste Mal im Club sahen, habe ich mit ihm geredet... er sagte, er hätte es verstanden und ist dann weggegangen."

Meine Stimme zitterte so sehr, als ich den letzten Satz aussprach: „Und dann ist er am Abend bevor ihr nach USA geflogen seid, mit einer anderen aufgetaucht und hat sie vor meinen Augen geküsst."

Weinend ließ ich mich in Louis Arme fallen, der zunächst fassungslos zu sein schien. Immer wieder streichelte er mir übers Haar und versuchte mich zu beruhigen, was ihm jedoch nicht richtig gelingen wollte. Ich war viel zu aufgewühlt, denn darüber zu sprechen, riss diese gewaltige Wunde in meinem Herzen wieder auf. Ich fühlte mich so, als ob alles erst gestern passiert wäre, spürte diesen stechenden Schmerz, der mir die Luft zu nehmen schien und der sich wie eine dunkle Wolke über meine Seele legte.

Niall hatte in dieser Nacht ein kleines Wunder vollbracht und mich Tage danach ins Verderben gestürzt.

Ich liebte ihn und ich hasste ihn gleichzeitig, was ich mehrmals wiederholte, als ich mich verzweifelt an Louis klammerte.

„Niall ist so ein Idiot..., er hat alles kaputt gemacht", schluchzte ich laut. „Alles hätte so schön sein können... er ist immer so zärtlich gewesen, dafür liebe ich ihn aber jetzt..., ich hasse ihn dafür, was er gemacht hat..., es tut so verdammt weh..."

Nachdem mein Schluchzen etwas nachgelassen hatte, erhob mein bester Freund sich vom Sofa. Sein Gesicht drückte Wut und Enttäuschung aus, als er zu sprechen begann.

„Ich werde jetzt zu diesem Arsch fahren und ihm gehörig die Meinung sagen! Was bildet er sich eigentlich ein?"

„Louis bitte tu das nicht! Du machst es nur noch schlimmer", flehte ich inbrünstig.

„Das ist mir egal, denn du bist meine beste Freundin! Er darf nicht so mit dir umspringen, kapiert?"

„Aber er ist einer deiner besten Freunde und ein Arbeitskollege noch dazu", warf ich ein.

„Glaub mir, Angel, auch das ist mir egal! Er sollte sich schämen für das, was er getan hat! Und ich erwarte von ihm, dass er sich bei dir entschuldigt!"

Nach diesen Worten rannte er aus dem Zimmer und das Letzte was ich vernahm war das Geräusch, als er die Tür hinter sich zuschlug. Es lag mir fern, einen Streit zwischen Niall und Louis heraufzubeschwören aber das konnte nun nicht mehr verhindert werden.

Am Boden zerstört rollte ich mich mit rotgeschwollenen Augen auf dem Sofa zusammen und wartete, bis der Schlaf mich endlich gefangen nehmen würde, damit meine Gedanken sich abschalteten.

Die Gedanken an Niall, über den ich noch immer nicht hinweg war.

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Yeah! Angus ist wieder aufgetaucht! Und Chad hat sich auch mal wieder blicken lassen...!
Wie ihr euch vielleicht denken könnt, wird das nächste Kapitel aus Nialls Sicht geschrieben sein. Freut ihr euch schon darauf, wenn Louis ihn zur Sau macht?
Danke für die vielen Kommentare und Votes. Ich freue mich immer sehr darüber.
LG, Ambi xxx

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