15. Tears
Im ersten Augenblick wusste ich gar nicht, warum ich eigentlich weinte. Die Tränen kamen einfach aus mir heraus, unaufhaltsam und gleichzeitig wie eine Erlösung aller angestauten Emotionen. Ich saß bestimmt fünf Minuten zitternd aber ansonsten regungslos auf dem Sofa, um meinen Gedanken zu folgen. Doch je länger ich darüber nachdachte, umso klarer wurde es.
Ich weinte, weil es mir leid tat, dass ich Niall ohne jegliche Erklärung gehen ließ. Ich weinte, weil ich noch nie in meinem Leben solche starken Gefühle für jemanden empfunden hatte und ich weinte, weil ich in alkoholisiertem Zustand etwas getan hatte, zudem ich nüchtern noch nicht dazu bereit gewesen wäre. Was, wenn der Alkohol mir die schönen Gefühle nur vorgegaukelt hatte? Wenn die Realität anders aussehen würde?
Um die Wahrheit herauszufinden, durfte ich mich nicht mehr in betrunkenem Zustand auf Niall einlassen. Und genau dies musste ich ihm irgendwie begreiflich machen und zwar so schnell wie möglich. Ich hoffte so sehr, dass die Jungs heute Abend den Club aufsuchen würden, in welchem ich arbeitete, denn ich wollte nicht, dass Niall etwas Falsches dachte. Er war so zärtlich mit mir umgegangen, trotzdem machte sich die Angst in mir breit, dass alles nur eine Illusion gewesen war. Sollte das der Fall sein, würde ich sie jedoch immer in guter Erinnerung behalten.
Da an Schlaf im Moment nicht zu denken war, suchte ich die Küche auf, um Kaffee zu kochen. Als die Tasse mit dem dampfenden Getränk schließlich vor mir stand, fuhr ich nervös mit den Fingern durch meine Haare. Wie hatte das alles nur passieren können? Mein Herz pochte noch immer wie wahnsinnig, wenn ich nur an Niall dachte.
Langsam schloss ich meine Augen und wie in Trance fühlte ich noch immer seine Lippen auf meinen und die zärtliche Berührungen seiner Hände. Niall, immer wieder Niall! Er ging mir einfach nicht aus dem Sinn. Ich wollte nicht aufhören, von ihm zu träumen, doch als ich meine Augen wieder öffnete, wurde ich sofort in die knallharte Realität zurück befördert.
Seufzend griff ich nach meiner Tasse, um einen Schluck zu trinken. Der heiße Kaffee tat gut und ließ außerdem den restlichen Alkohol aus meinem Kopf verschwinden. Jedenfalls fühlte ich mich wieder nüchtern, als ich aus dem Küchenfenster schaute.
Die Morgendämmerung setzte langsam ein, was mir sagte, dass es eigentlich Zeit war, um sich hinzulegen. In Anbetracht der Tatsache, dass ich in dieser Nacht noch keine Minute geschlafen hatte, sollte ich dies auch schleunigst tun. Schließlich musste ich am heutigen Abend wieder arbeiten und so ganz ohne Schlaf kam ich nun wirklich nicht aus. Bevor ich mich allerdings hinlegen würde, sollte Angus sein Futter bekommen, damit er sich so lange wie möglich ruhig verhielt und mich nicht weckte. Wenn er satt war, beschäftigte er sich nämlich recht gut alleine, ohne laut zu werden.
So öffnete ich die Kühlschranktür, um diesen zu durchforsten. Obwohl ich das Fach für Obst und Gemüse mehrmals gründlich durchsuchte, fand ich keine einzige Erdbeere darin. Mein Puls schnellte sofort in die Höhe, als ich mich vage daran erinnerte, dass Niall Erdbeeren aus meinem Bauchnabel gegessen hatte, als wir auf dem Sofa lagen. Er musste alle verspeist haben, was natürlich für Angus nicht besonders toll war. Hoffentlich würde er sich mit der Mango zufrieden geben, welche ich nun für ihn in mund-, oder besser gesagt schnabelgerechte Stücke schnitt. Nachdem ich dies erledigt hatte, suchte ich das Wohnzimmer auf, um die Futterschale zu holen. Sofort begann Angus zu zetern.
„Erdbeeren! Erdbeeren!", schrie er fast außer sich.
„Nein, Süßer, ich habe leider keine für dich", versuchte ich ihn zu besänftigen, indem ich sein grünes Gefieder am Rücken streichelte.
Doch mein Papagei schien heute nicht gut drauf zu sein. Er schrie mehrfach nach den Erdbeeren und rührte die Mango nicht an, als ich ihm diese servierte. Lediglich die Sonnenblumenkörner fanden Gnade vor seinen Augen. Jedenfalls dachte ich das, bis zu jenem Zeitpunkt, als er diese krächzend auf dem Boden verteilte. Da ich jedoch im Moment keinen Nerv dafür besaß, den ganzen Dreck aufzukehren, zuckte ich nur resigniert mit den Schultern und sagte: „Dann eben nicht! Aber wehe du beschwerst dich, dass du nichts zu fressen bekommen hast!"
Dann drehte ich mich um und verschwand im Schlafzimmer, um mich sofort ins Bett zu legen. Normalerweise hatte ich nie Probleme mit dem Einschlafen, doch heute stellte sich die Sachlage anders dar. Kaum lag ich unter der kuscheligen Bettdecke, begannen meine Gedanken sich im Kreis zu drehen.
Wie konnte das alles nur passieren? Ich hätte niemals solche Mengen an Alkohol konsumieren dürfen, denn ich wusste, dass diese mich ein wenig außer Kontrolle geraten ließen. Nun war etwas geschehen, was meine Gefühle zu Niall nur noch mehr verkomplizierte. Der Suchtfaktor nach ihm wurde von Tag zu Tag größer und nach dieser Nacht würde ich wahrscheinlich gar nicht mehr von ihm loskommen. Ich konnte wirklich nur hoffen, dass er nicht sauer auf mich war, ansonsten würde ich von einem innerlichen Zusammenbruch heimgesucht werden.
Langsam suchte mich jetzt die Müdigkeit heim, obwohl ich noch immer über Niall nachdachte. Meine Augen fielen zu und der anschließende, traumlose Schlaf tat mir ausgesprochen gut.
Ich erwachte um vier Uhr nachmittags und ärgerte mich, dass ich den ganzen Tag verschlafen hatte. Auf meinem Handy befanden sich fünf verpasste Anrufe von Louis, sowie eine Textnachricht von ihm, die ich mir sofort zu Gemüte führte.
„Der Porsche ist spitze! Habe das Gaspedal schon ordentlich durchgetreten. Fahren wir am Montag nach Cardiff?"
Obwohl ich noch total verschlafen war, textete ich zurück. „Bin gerade wach geworden. Klar fahren wir am Montag nach Cardiff! Kommt ihr heute Abend in den Club?"
Ich wünschte mir nichts mehr, als ein Ja auf diese Frage, denn dann konnte ich mit Niall reden. Als ich Louis Antwort las, die prompt erfolgte, schlug mein Herz schneller.
„Ja, wir kommen alle, inklusive unserer Freundinnen."
Erleichtert atmete ich auf, bevor ich ihm zurück schrieb: „Super, ich freue mich schon auf euch!"
Dann schlug ich meine Bettdecke zurück und stand endlich auf. Meine erste Tat war es, nach Angus zu schauen, der auf seiner Stange saß. Sein Gesichtsausdruck wirkte äußerst angepisst. Ich konnte ihm förmlich ansehen, wie sauer er war, vermutlich, weil er keine Erdbeeren bekommen hatte. Aber das konnte ich nicht ändern, denn welche herbeizuzaubern war schier unmöglich. Sanft streichelte ich über seinen Kopf, doch er wandte mir sofort beleidigt den Rücken zu.
„Angus, Süßer, ich kann doch nichts dafür, dass ich keine Erdbeeren mehr habe", seufzte ich.
Doch mein Papagei schien da anderer Ansicht zu sein, denn er schaute mich nach wie vor nicht an. Da war wohl nichts zu machen. Ich beschloss das Badezimmer aufzusuchen, um eine ausgiebige Dusche zu nehmen. Vielleicht würde ich mich danach besser fühlen, was wirklich wünschenswert war, denn mir standen noch einige Stunden Arbeit bevor, die zwar Spaß machte aber auch anstrengend sein konnte.
Nach der überaus wohltuenden Dusche wickelte ich ein großes Badetuch um meinen Körper und föhnte anschließend meine Haare trocken. Dann zog ich mich an und bereitete ein Sandwich zu, denn ich hatte noch nichts gegessen. Automatisch schweiften meine Gedanken zu Niall. Wir mussten unbedingt miteinander reden, ich hoffte so sehr, dass er mich verstehen würde, wenn ich ihm erklärte, was in mir vorging.
Nachdenklich ging ich ins Bad, nachdem ich mein Sandwich aufgegessen hatte, um mich ein wenig zu stylen. Später füllte ich Angus' Futternapf und machte ich mich dann auf den Weg zur Arbeit.
Im Club angekommen, begrüßten Trigger und ich uns mit einer herzlichen Umarmung.
„Hey, Angel, bist du fit für heute?", fragte er lächelnd.
„Na klar", erwiderte ich grinsend, obwohl ich noch immer ein bisschen müde war.
Doch kaum befand ich mich auf der Plattform, kehrten alle Lebensgeister zurück. Meine Müdigkeit verschwand zusehends und ich lief zur Höchstform auf. Wenn ich als DJ tätig war, vergaß ich alles um mich herum, auch die Uhrzeit. Umso erstaunter reagierte ich, als ich Louis mit El im Schlepptau erblickte. Beide winkten mir zu und suchten dann ihren Stammplatz im VIP Bereich des Clubs auf.
Es konnte gut sein, dass die anderen bereits hier waren, ohne dass ich es mitbekommen hatte. Sofort begann mein Herz schneller zu schlagen, denn ich dachte an Niall. Ich musste es heute Abend unbedingt hinkriegen, mit ihm alleine zu reden. Dafür hatte ich genau eine halbe Stunde Zeit aber so lange würden wir hoffentlich nicht dafür benötigen, um die Sache zu klären, die mir so am Herzen lag.
Mittlerweile saß ich wie auf heißen Kohlen und dann bekam ich endlich von Trigger meinen Cocktail serviert, welcher meine Pause einläutete. Mit einem kurzen „Danke", nahm ich das Glas in Empfang und lief dann die Stufen der Wendeltreppe nach unten, um kurz darauf meine Freunde zu begrüßen. Vor allem Louis freute sich riesig mich zu sehen, was er mit einer heftigen Umarmung und einem herzhaften Kuss auf die Wange zum Ausdruck brachte. Nachdem ich El, Zayn, Perrie, Liam, Sophia und Harry begrüßt hatte, setzte ich mich neben Niall. Er blickte ein wenig schüchtern drein und so umarmte ich ihn einfach. Gleichzeitig flüsterte ich ihm ins Ohr: „Kann ich nachher unter vier Augen mit dir reden?"
Ein Nicken war die Antwort, was mich ein bisschen erleichterte. Trigger gesellte sich nun zu uns, wie er es öfter tat, wenn die Jungs seinen Club besuchten. Ehe ich mich versah, war eine lockere Konversation im Gang, an welcher sich alle beteiligten. Meine Pause verging wie im Flug und als ich feststellte, dass mir nur noch fünf Minuten blieben, um zu meinem Arbeitsplatz zurückzukehren, griff ich nach Nialls Hand und flüsterte ihm ins Ohr: „Ich muss gleich wieder weg, kommst du kurz mit mir?"
Ohne ein Wort zu sagen erhob er sich, damit wir gemeinsam in eine ruhige Ecke des Clubs laufen konnten. Da ich mich bestens auskannte, überließ er mir den Weg, der uns in den Gang führte, in welchem sich unter anderem Triggers Büro befand. Ich hatte mir die Worte, die ich ihm nun sagen wollte, genau zurechtgelegt, doch irgendwie vergaß mein Sprachzentrum seine Koordination.
„Niall, hör zu, es tut mir leid, was gestern passiert ist", stammelte ich mit klopfendem Herzen. „Aber... Ich... Ich will das so nicht mehr. Verstehst du? Ich..."
Bevor ich weiter reden konnte, ergriff er das Wort. „Ja, ich denke, ich habe es verstanden, Angel."
Dann drehte er sich einfach um lief mit erhobenem Haupt durch den Gang, zurück in den VIP Bereich.
„Niall!" Ich rief ihm hinterher, doch er beachtete mich nicht, sondern kehrte zur Sitzecke zurück. Ich hingegen musste nun die Plattform aufsuchen, was ich mit gemischten Gefühlen tat. Hatte er mich wirklich richtig verstanden? Zeit, um jetzt darüber nachzudenken blieb mir keine, denn ich musste mich um die Musik kümmern. Als die letzte halbe Stunde endlich vergangen war und der Club offiziell schloss, lief ich mit schnellen Schritten nach unten, um nach den Jungs zu sehen. Alle außer Niall standen an der Bar und unterhielten sich mit Trigger. Ohne Umschweife ging ich auf Louis zu, um zu fragen, wo Niall sei.
„Er ist schon nach Hause gegangen", antwortete mein bester Freund erstaunt. „Ich dachte, ich beiden hättet euch vorhin bereits voneinander verabschiedet", setzte er noch hinzu.
„Nein, das haben wir nicht", entgegnete ich stirnrunzelnd.
Was sollte das nun schon wieder? Ob er wohl doch sauer auf mich war, weil ich nicht mit ihm schlafen wollte? Ein ungutes Gefühl machte sich in mir breit, als ich mit den anderen nach draußen ging, um kurz darauf in einem Taxi gemeinsam mit El und Louis nach Hause zu fahren. Ich war froh, als ich aussteigen konnte, denn ich wollte ihm Moment einfach nur alleine sein und schlafen.
Der Tag war so anstrengend gewesen, dass ich wie ein nasser Sack ins Bett fiel, nachdem ich Angus kurz begrüßt hatte, der nicht mehr ganz so sauer auf mich zu sein schien. Jedenfalls bekam ich ein Küsschen von ihm, das wollte schon etwas heißen. Als ich in meinem Bett lag, kreisten meine Gedanken schon wieder um den blonden Iren. Er war einfach gegangen, ohne sich von mir zu verabschieden.
Am heutigen Abend war wirklich alles schief gelaufen. Ich besaß nicht einmal Nialls Handynummer und hatte somit nicht die Möglichkeit, ihm eine Textnachricht zu senden, in welcher ich vielleicht noch einiges hätte erklären können. Ich wollte ihn doch einfach nur wissen lassen, dass ich die Dinge, die wir getan hatten, nur in nüchternem Zustand erleben wollte. Irgendwann schlief ich schließlich ein und träumte von Nashville, meinem Dad und Angus, der wie ein Racheengel über mir schwebte und nach Erdbeeren schrie.
Als ich am nächsten Tag erwachte, fand ich mich zuerst gar nicht zurecht. Da ich von Nashville geträumt hatte, passte es nicht zusammen, dass ich in meinem Bett in London aufwachte und der Regen gegen die Fensterscheiben prasselte.
Na toll! Ich musste heute noch dringend einkaufen gehen!
Seufzend erhob ich mich aus dem Bett, um den Tag mit einer heißen Dusche zu starten. Nach einem kurzen Frühstück zog ich meinen Regenmantel, sowie meine knallroten Gummistiefel über und lief zur nächsten U-Bahn Station. Ich musste zwei Stationen fahren, um zum Supermarkt zu gelangen, in welchem ich für gewöhnlich meine Einkäufe erledigte. Es war ziemlich voll für einen Sonntag, was mich wirklich nervte aber ich konnte es nicht ändern. Nach einer geschlagenen Stunde verließ ich den Supermarkt mit zwei vollen Plastiktaschen, die ich nun zur U-Bahn schleppte. Das Wichtigste, die Erdbeeren für Angus, befand sich natürlich auch darin.
Mein Papagei freute sich wie verrückt, als ich später zwei der roten Früchte in seine Futterschale legte. Und ich bekam ein sehr zärtliches Küsschen, als Dank für meine gute Tat. Seufzend ließ ich mich auf das Sofa sinken, griff nach der Fernbedienung und zappte durch die Kanäle. Während ich das tat, nahm meine Nase den Geruch von Nialls Aftershave wahr, der sich in einem der großen Sofakissen festgesetzt hatte. Ohne darüber nachzudenken, vergrub ich meinen Kopf darin und atmete den betörenden Duft ein. Wie gerne würde ich jetzt in seinen Armen liegen, einfach nur mit ihm kuscheln und sein weiches Haar berühren.
Unweigerlich wanderten meine Gedanken zurück zu jener Nacht, als er die Erdbeeren aus meinem Bauchnabel gegessen hatte. Es war eine Erfahrung, die ich keineswegs missen wollte und vor allem nicht das, was danach passiert war. Bevor ich noch weiter davon träumen konnte, vibrierte mein Handy, das neben mir auf dem Sofa lag. Erfreut darüber, dass es sich bei dem Anrufer um meinen Dad handelte, nahm ich das Gespräch sofort entgegen.
„Hi, Dad!"
„Hi, Angel! Na, wie geht es dir? Freust du dich schon auf Nashville?"
„Und wie! Ich kann es kaum erwarten!", antwortete ich wahrheitsgetreu.
„Ich freue mich auch, dich endlich mal wieder zu sehen und ich werde den besten Truthahn zubereiten, den du jemals gegessen hast", sagte er.
Ich konnte sein Grinsen förmlich spüren, er freute sich immer so, wenn er mich zu Thanksgiving bekochen durfte.
„Ähm, wir werden übrigens noch einen Gast haben", hörte ich meinen Dad sagen.
„Einen Gast?"
Ich runzelte meine Stirn, denn ich verbrachte diesen Tag am liebsten nur mit meinem Dad. „Sag mir jetzt nicht, dass du dir eine Freundin angeschafft hast", entfuhr es mir, worauf er herzlich zu lachen begann.
„Nein, Angel, die habe ich schon vor einiger Zeit abgeschossen", erklärte er.
„Na toll! Warum weiß ich nicht, dass du überhaupt eine hattest?"
„Weil ich dich auch nicht über dein Liebesleben ausfrage. Wenn du mir was erzählen willst, kannst du es gerne tun und wenn nicht, dann behältst du es eben für dich. Und genau so halte ich es auch, denn sie war nicht wichtig genug, um sie zu erwähnen."
Im Prinzip hatte mein Dad ja Recht, also entspannte ich mich wieder und fragte neugierig: „Und wer bitte ist dieser geheimnisvolle Gast?"
„Das verrate ich dir nicht, sonst ist ja die Überraschung hin", meinte er lachend.
„Du bist gemein!", schmollte ich.
„Keine Sorge, du wirst dich gut mit unserem Gast verstehen", versuchte er mich zu beruhigen.
„Wenn nicht, schmeiße ich ihn einfach raus", sagte ich trocken, worauf mein Dad schon wieder lachte.
„Wetten, dass du das nicht tun wirst?"
„Ich wette dagegen!"
„Fein, um was wetten wir?"
„Wenn ich gewinne, musst du mir ein paar Cowboystiefel kaufen", lautete meine Aussage.
„Gut, und wenn ich gewinne, darfst du am nächsten Tag das Essen zubereiten."
Mein Dad wusste nicht, dass sich meine Kochkünste in den letzten Monaten, genauer gesagt, seit meiner Trennung von Tessa, entscheidend verbessert hatten. Er erwartete wohl, dass ich nun laut protestieren würde, doch ich blieb ganz cool.
„Die Wette gilt", sagte ich nur.
„Ok, Angel, ich nehme dich beim Wort. Ich muss jetzt leider auflegen, denn auf mich wartet noch eine Menge Arbeit. Wir sehen uns dann am 26. November am Flughafen."
„Alles klar, bis dann!"
Mit einem Lächeln im Gesicht legte ich das Handy wieder zur Seite. Ich war schon sehr auf diesen mysteriösen Gast gespannt, den mein Dad eingeladen hatte. Doch bis dahin musste ich mich leider noch ein wenig gedulden.
Der restliche Sonntag verlief ganz entspannt. Louis schickte mir eine SMS, in welcher er mir mitteilte, dass er morgen um elf Uhr vormittags mit seinem neuen Porsche vor meiner Tür stehen würde, um dann mit mir nach Cardiff zu fahren. Außerdem schrieb er, dass er sich heute mit El einen gemütlichen Abend zuhause machen würde, was ich durchaus verstehen konnte. Die beiden sahen sich so wenig, da war jede Minute kostbar. Zumindest empfand ich das so.
Das ich am heutigen Abend nichts gemeinsam mit den Jungs unternehmen würde, verschaffte mir zwar einen Tag länger Zeit, um über sie Sache mit Niall nachzudenken aber wirklich zufrieden stellte es mich nicht, zumal ich darauf brannte, nochmals mit ihm darüber zu reden. Er hatte mich gar nicht richtig ausreden lassen, was ich sehr schade fand. Als ich in dieser Nacht alleine in meinem Bett lag, hatte ich nur den Wunsch, dass Niall jetzt bei mir sein sollte, nüchtern, genau wie ich, damit wir nochmal von vorne beginnen konnten. Und wieder begann ich leise zu weinen, weil er mir fehlte und weil ich einfach nur seine Zärtlichkeit spüren wollte.
Der nächste Tag begann mit strahlendem Sonnenschein, also perfektes Wetter, um eine Tor mit dem Porsche zu unternehmen. Louis tauchte auch super pünktlich auf und begrüßte mich mit bester Laune.
„Du wirst gleich sehen, wie er abgeht", meinte er grinsend.
Männer waren alle wie kleine Kinder, wenn es um Autos ging, das merkte ich immer wieder, denn mein Dad verhielt sich genauso, wenn er sich einen neuen Wagen angeschafft hatte. Die Fahrt nach Cardiff verlief lustig und entspannt aber als Louis mich fragte, ob ich seinen Porsche ein Stück fahren wollte, lehnte ich dankend ab.
„Wieso nicht? El ist auch damit gefahren!", kam es erstaunt von ihm.
„Lass mal, ich habe heute keine Lust darauf. Außerdem ist es viel schöner, wenn du mich durch die Gegend kutschierst", antwortete ich lachend, worauf er zu schmunzeln begann.
„Das tue ich liebend gerne!"
Nach diesen Worten drückte er das Gaspedal durch, was mir den Eindruck verschaffte, einem Geschwindigkeitsrausch nahe zu sein. Es fühlte sich absolut toll an und ich gönnte meinem besten Freund sein neues Auto von Herzen.
In Cardiff angekommen, kochte ich zunächst für uns drei, bevor wir einen gemütlichen Nachmittag verlebten. Meine Großmutter war ganz vernarrt in Louis, das spürte ich jedes Mal, wenn die beiden aufeinander trafen. Grinsend verfolgte ich, wie er ihr Witze erzählte, über welche sie wie immer herzlich lachte. Irgendwann wurde es jedoch Zeit aufzubrechen und wir verabschiedeten uns von meiner Grandma. Auf dem Weg nach London sagte Louis plötzlich etwas, was mein Herz schneller schlagen ließ.
„Wir gehen heute Abend alle in den Club, denn morgen fliegen wir in die USA. Ich hoffe, du hast das nicht vergessen, Angel."
„Nein, habe ich nicht."
Ich würde die Jungs bis zum ersten Dezember nicht mehr sehen und das bedeutete, dass ich heute unbedingt nochmal mit Niall reden musste, um alles richtig zu stellen. Als ich darüber nachdachte, bekam ich schon wieder weiche Knie. Hoffentlich würde alles gut gehen!
Die Zeit bis Louis mich abholte, zog sich wie Kaugummi aber das fühlte sich immer so an, wenn man sehnsüchtig auf etwas wartete. Trotzdem versuchte ich locker zu bleiben. Es gelang mir irgendwie, obwohl meine Gedanken ständig bei Niall verweilten.
Als wir endlich im Club angekommen waren, atmete ich tief durch. Jetzt musste nur noch Niall erscheinen, dann war die Sache perfekt. Dieses Mal würde ich sofort mit ihm reden und nicht bis zur letzten Minute warten, das hatte ich mir fest vorgenommen. Schnell liefen wir zum VIP Bereich, wo meine Augen automatisch nach dem blonden Iren suchten, den ich jedoch nicht finden konnte. Wo steckte er nur? Mir blieb keine Zeit, um darüber nachzudenken, denn die Jungs nahmen mich sofort in Beschlag. Nachdem wir uns alle ausgiebig begrüßt hatten, flüsterte ich Liam ins Ohr: „Wo ist denn Niall? Ist er nicht mitgekommen?"
„Doch, er amüsiert sich gerade an der Bar", wisperte Liam nun zurück.
„Was soll das heißen?" Mein Ton wurde um einige Nuancen schärfer, als ich diese Frage stellte.
„Na ja, er steht dort mit einem Mädchen."
Liams Antwort bewirkte, dass ich aufstand, um schnurstracks zur Bar zu laufen. Das, was ich dort sah, ließ mein Herz augenblicklich zerbrechen. Niall stand engumschlungen mit einem blonden Mädchen an der Theke und als er mich herankommen sah, begann er sie zu küssen.
Er küsste sie vor meinen Augen!
Das tat so furchtbar weh und ich hätte niemals geglaubt, dass er solch einen miesen Charakter besaß. Alles war er wollte, war, mich ins Bett zu kriegen, mehr nicht. Und als das nicht funktionierte, nahm er eben die Nächste!
Ich konnte es nicht fassen, ich wollte es nicht glauben, doch jetzt und hier bekam ich den Beweis. Er war nichts, als ein arroganter, eingebildeter Typ, der mit den Gefühlen anderer Menschen spielte. Ich war auf ihn hereingefallen, doch zum Glück hatte ich nicht mit ihm geschlafen. Das war wirklich mein einziger Trost.
Aber ich hatte ihn viel zu nahe an mich herankommen lassen, dafür bekam ich nun die Quittung. Mit Tränen in den Augen wandte ich mich schließlich ab, lief zur Toilette und begann auf dem Weg dorthin hemmungslos zu weinen.
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Let the Drama begin! :D
Na, wie gefällt euch das? :D Es musste ja irgendwann ein Drama kommen und hier ist es nun. Außerdem stellt sich die Frage, wer wohl dieser mysteriöse Gast sein mag, den Angels Dad eingeladen hat!
Danke für die zahlreichen Kommentare und Votes zum letzten Kapitel.
LG, Ambi xxx
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