03. Injuries

Am nächsten Morgen wurde ich durch den Klingelton meines Handys  geweckt. Verschlafen rappelte ich mich auf, um einen Blick darauf zu  werfen. Eigentlich konnten mich alle Leute kreuzweise, die mich so früh  aus dem Bett holten, doch als ich sah, dass es sich bei dem Anrufer um  meine Großmutter handelte, ging ich sofort ran.

Sie war nicht mehr die  Jüngste, lebte außerdem alleine in ihrem Haus in Cardiff und wenn sie  mich um diese Uhrzeit störte, war garantiert etwas passiert. Mein Gefühl  täuschte mich nicht, denn es stellte sich heraus, dass sie beim  Abhängen der Gardinen, die gewaschen werden sollten, mit dem rechten Fuß  an einer der Trittstufen ihrer Leiter hängengeblieben war und nun nicht  mehr auftreten konnte. Da ihre Nachbarn, welche sich ansonsten ein  wenig um sie kümmerten, verreist waren, beschloss ich kurzerhand nach  Cardiff zu fahren.

Das Frühstück ließ ich ausfallen und nach einer  schnellen Dusche stellte ich Angus eine prall gefüllte Futterschale in  den Käfig.

„Mach's gut mein Süßer. Ich bin heute Abend zurück", versprach ich ihm  und legte noch ein paar extra Körner, sowie zwei Apfelstücke in seine  Schale.

„Angel, zurück!", rief er fröhlich.

„Ja, Süßer, heute Abend."

Wie üblich verabschiedete sich Angus mit einem „Kuss" von mir.

Die  Bahnverbindungen nach Cardiff waren relativ gut und so musste ich nicht  allzu lange warten, bis der Zug eintraf, mit welchem ich nun zwei  Stunden fahren würde. Da ich unterwegs eine Zeitschrift, ein Croissant  und einen Kaffee to go erworben hatte, lehnte ich mich nun in dem  bequemen Sitz zurück, nippte an dem heißen Getränk und las einen  Zeitungsartikel über One Direction.

Es fühlte sich komisch an, etwas  über jemanden zu lesen, den man persönlich kannte und eigentlich wollte  ich mich lieber mit den Jungs unterhalten, als Dinge über sie aus einer  Zeitung zu erfahren, denn Reportern konnte man nicht vertrauen. Da  jedoch jede Menge Fotos von den Fünf abgebildet waren, verschlang ich  diese geradezu mit meinen Augen.

Die Bilder von Niall hatten es mir  besonders angetan, obwohl die der anderen auch nicht schlecht waren.  Aber Niall besaß nun mal diese Wirkung auf mich, eine Versuchung, der  man nicht widerstehen konnte. Seine blauen Augen kamen auf den Fotos  wunderbar zur Geltung und ich wusste, dass diese nicht nachbearbeitet  waren, sondern, dass sie wirklich dieses unglaubliche Blau ausstrahlten.  Als ich die Seite umblätterte, fielen mir fast die Augen aus dem Kopf.  Alle fünf Jungs standen nur mit Boxer Shorts bekleidet da. Liams Bizeps  stach mir sofort ins Auge, ebenso Zayns Bauchmuskeln.

„Heilige Scheiße", murmelte ich vor mich hin.

Jeder von ihnen konnte sich sehen lassen, ihre Körper waren perfekt und  als ich realisierte, welche Wirkung Nialls heißer Body auf mich zu haben  schien, umspielte ein Lächeln meine Lippen. Tief in meinem Innersten  hatte ich mir gewünscht, dass es früher oder später so kommen würde.  Dass ich mich wieder zu einem Mann hingezogen fühlte und in Betracht  zog, vielleicht... Ich versuchte meine eigenen Gedanken nicht zu Ende zu  führen, denn es war eigentlich noch zu früh, dass sie in diese Richtung  gingen. Aber es war eines dieser Zeichen, eines, das ich wirklich  anerkennen sollte.

„Ihre Fahrkarte bitte."

Der Kontrolleur kam mir wirklich sehr gelegen, denn dann musste ich  nicht nach Entschuldigungen mir selbst gegenüber suchen, um meine  Überlegungen fortzuführen, denn diese wurden nun unterbrochen. Nachdem  der nette Herr meine Fahrkarte betrachtet hatte, entfernte er sich  wieder und ich lehnte den Kopf gegen die Scheibe des Fensters. Als ich  nach draußen schaute, begann ich automatisch zu träumen.

Nialls blaue  Augen tauchten vor meinem Gesicht auf, ebenso sein hübsches Lächeln.  Dieses blendete mich genauso, wie die Sonne, die plötzlich hervortrat.  Sofort kramte ich in meiner Handtasche, denn ich ging nie ohne  Sonnenbrille aus dem Haus, zumindest tagsüber nicht, obwohl in England  die Sonne sehr viel seltener hervorkam als in Nashville.

Meine Gedanken  verweilten kurz bei meinem Dad, den ich zu Thanksgiving wieder besuchen  würde. Das tat ich jedes Jahr, es war zur Tradition geworden, seit ich  nicht mehr zur Schule ging und somit auch nicht mehr die Möglichkeit  besaß, ihm während der Ferien einen Besuch abzustatten.

Alle  Erinnerungen an Nashville waren großartig, bis auf eine. Und genau diese  eine hatte mich vermutlich einen Weg einschlagen lassen, der in einer  Sackgasse endete. Seufzend wanderten meine Augen über die Landschaft.  Wales hatte schon etwas Anziehendes. Meine Mutter war hier geboren und  aufgewachsen, doch als es sie nach London verschlug, lernte sie meinen  Dad kennen. Sie verliebten sich ineinander, zogen nach Nashville, wo er  herstammte und heirateten. Ein Jahr später kam ich zur Welt. Im  Nachhinein betrachtet, war es offensichtlich, dass es mit den beiden  nicht auf Dauer gutgehen konnte, denn sie waren viel zu verschieden, was  die Lebensansichten anging.

Ich kam mehr nach meinem Dad, was das  betraf und somit hielt sich der Kontakt zu meiner Mutter in Grenzen, vor  allem, seit ich wieder solo war. Abgesehen davon lebte sie auch nicht  mehr in London, sondern in Edinburgh, in einer Villa, zusammen mit ihrem  neuen Mann, einem reichen Fettsack, der nur halb so gut aussah, wie  mein Dad. Aussehen war zwar nicht alles im Leben aber ich mochte den  Charakter dieses Menschen einfach nicht. In meinen Augen war er  geldgierig und immer nur auf seinen Vorteil bedacht. Aber sie musste  schließlich mit ihm auskommen, nicht ich.

Das Einzige, was ich meiner  Mutter zugutehalten musste, war die Tatsache, dass sie meine Beziehungen  nie in Frage gestellt hatte, im Gegenteil, sie hatte mich dahingehend  immer unterstützt. Doch seit ich mein Studium geschmissen und wieder  solo war, standen wir beide ein wenig auf Kriegsfuß. Es war einfach  nicht mein Ding, Jura zu studieren, so wie meine Mutter es für mich  vorgesehen hatte. Viel lieber wollte ich etwas mit Musik zu tun haben,  wie mein Dad.

Als der Zug plötzlich langsamer wurde und mich das von meinen Gedanken  ablenkte, stellte ich fest, dass wir Cardiff erreicht hatten.

Eine Viertelstunde später setzte ein Taxi mich direkt vor dem Haus  meiner Großmutter ab. Da ich einen Schlüssel zur Eingangstür besaß, war  es auch kein Problem hinein zu gelangen.

„Grandma?"

„Ich bin hier, Angel, in der Küche."

Als meine Großmutter mich erblickte, begann sie zu strahlen, verzog  jedoch kurz darauf das Gesicht. Die Schmerzen waren ihr deutlich  anzusehen. Mir blieb nichts anderes übrig, als ihren Hausarzt anzurufen,  der zwanzig Minuten später auftauchte.

Dr. Baker bestand darauf, dass  meine Großmutter zum Röntgen ins Krankenhaus gebracht werden sollte und  organisierte sogar einen Krankenwagen, der uns beide dorthin  transportierte. Es handelte sich nämlich nicht nur um eine harmlose  Zerrung oder Verstauchung, sondern um einen Bruch. Somit verpasste man  meiner Grandma einen Art Schiene, mit welcher sie zwar laufen konnte  aber es würde schwierig sein, sich alleine zu versorgen. Deshalb  kontaktierte ich meine Mum in Edinburgh.

„Hi, ich bin's", sagte ich am Telefon.

„Angel? Ist alles in Ordnung?"

„Nein und deswegen rufe ich an."

„Was ist passiert?"

„Deine Mutter hat sich den Fußknöchel gebrochen und benötigt Hilfe", brachte ich hervor.

„Bist du in Cardiff?"

„Natürlich! Wer soll denn sonst bei ihr sein? Du ziehst es ja vor, in  Schottland zu leben. Weit weg von ihr und der einzige Mensch, der in  ihrer Nähe ist, bin ich."

Irgendwie war ich gerade mächtig sauer, denn alles blieb nun an mir  hängen. Ich musste jemanden organisieren, der sich um meine Grandma  kümmerte, denn ich konnte meinem Job nicht fernbleiben. Und dann kam es  auch schon von meiner Mum.

„Dann bleib doch in Cardiff, deinen DJ Posten kann doch sicher auch ein anderer erledigen."

Wie immer machte sie sich über meinen Job, der in ihren Augen gar kein  richtiger Beruf war, lustig und brachte mich somit auf hundertachtzig.

„Nein, Mum! Meinen verdammten DJ Job in einem Nobelclub, kann kein  anderer erledigen! Jedenfalls nicht, ohne das vorher abgesprochen zu  haben!"

Meine Mutter begann laut zu lachen. „Angel, das bisschen Musik auflegen  ist doch kein Problem! Außerdem verdienst du damit ja nicht die Welt."

Sie hatte mir wie immer nicht zugehört, als ich ihr von meiner  Anstellung in Triggers Club berichtete und so sah ich mich genötigt, ihr  die Fakten verbal auf den Tisch zu knallen.

„Ich verdiene dreitausend Pfund!"

„Im Monat?"

Nun begann ich schallend zu lachen. „Für dreitausend im Monat würde ich  nicht mehr aufstehen. Die verdiene ich pro Abend", sagte ich lässig.

Ich konnte hören, dass sie laut schnaufte. „Also gut, ich werde mich  darum kümmern, dass sich ein Pflegedienst ihrer annimmt. Und jetzt  möchte ich mit meiner Mutter sprechen."

„Das geht nicht, sie schläft gerade. Man hat ihr ein Schmerzmittel verpasst, das müde macht", antwortete ich.

„Wann musst du wieder zurück nach London?", erkundigte sie sich nun.

„Ich muss spätestens Morgen wieder zurück, Angus verhungert sonst."

„Ok, ich werde am Dienstag nach Cardiff kommen, damit du zurück nach London fahren kannst."

Das hieß dann wohl, dass ich über Nacht bleiben musste, was jedoch kein  Problem war. Im Haus meiner Großmutter befand sich nämlich ein  Gästezimmer, welches ich öfter benutzte, wenn ich sie besuchte. Denn ich  fuhr nicht immer am gleichen Tag nach London zurück. In diesem Zimmer  hatte ich einige Klamotten gebunkert und ein paar DVDs. Somit würde ich  mir zumindest einen guten Film anschauen können, um mir den Abend zu  vertreiben.

Siedend heiß fiel mir plötzlich ein, dass ich eigentlich mit  den Jungs von One Direction ein einem Club verabredet war. Das musste  nun leider ausfallen, was ich natürlich sehr bedauerte. Also griff ich  erneut nach meinem Handy, um Louis anzurufen. Er meldete sich auch  gleich nach dem zweiten Klingeln.

„Hey, Angel, was gibt's?"

„Louis, es tut mir leid aber ich kann heute nicht mitkommen", begann ich.

Dann erzählte ich die Geschichte mit meiner Großmutter bzw. ihrem gebrochenen Knöchel.
„Das ist ja echt Pech! Wie geht es deiner Grandma jetzt?", wollte Louis wissen.

„Sie schläft gerade. Morgen kommt meine Mum und ich kann zurück nach London fahren."

„Und wer kümmert sich um Angus?"

Ich fand es süß, dass Louis sofort an meinen Papagei dachte.

„Er kommt schon eine Nacht ohne mich klar, ich rufe ihn gleich an und sage Bescheid, dass ich erst morgen nach Hause komme."

Daraufhin begann Louis schallend zu lachen. „Der Witz war echt gut, Angel!"

„Das war kein Witz", klärte ich ihn auf. „Ich spreche auf meine  Anrufbeantworter. Sobald Angus meine Stimme hört, spitzt er die Ohren  und er versteht, was ich sage."

„Oh mein Gott! Du liebst das Viech wirklich, oder?"

„Natürlich!"

Wir wechselten noch einige belanglose Sätze, dann beendeten wir das  Gespräch. Anschließend rief ich bei mir zuhause an, um Angus wissen zu  lassen, dass ich erst morgen nach Hause kommen würde.  Dann schaute ich  nach meiner Großmutter und machte später das Abendessen für uns beide.

Es war viertel vor eins, als ich mich ins Bett legte, um zu schlafen.  Doch ich fand keine Ruhe. Wie gerne hätte ich den Abend mit diesen Jungs  verbracht und vor allem mit Niall. Ich wollte ihn besser kennenlernen,  herausfinden, ob er es Wert war, den Versuch zu starten, einen anderen  Weg in meinem Leben zu beschreiten. Es war es nach halb zwei, als meine  Gedanken ein wenig zur Ruhe kamen und ich endlich einschlief.

Als ich am nächsten Morgen erwachte, erwartete mich eine Überraschung. Louis hatte mir eine Nachricht geschrieben.

„Gib mir bitte deine Adresse in Cardiff."

Er wollte mich doch nicht etwa abholen? Zutrauen würde ich ihm das schon und so rief ich ihn an.

„Wo bist du denn?", fragte ich statt einer Begrüßung.

„Dreimal darfst du raten, auf dem Weg nach Cardiff."

„Du bist total verrückt!"

„Genau wie du! Deshalb verstehen wir uns auch so gut", meinte er trocken.

„Bist du denn nicht müde? Wart ihr nicht im Club?"

„Nein, wir hatte ohne dich keinen Bock mehr."

„Echt jetzt?"

Während ich mit Louis telefonierte, suchte ich die Küche auf, um das Frühstück für mich und meine Grandma zuzubereiten.

„Ja, echt und ich glaube, Niall war ziemlich traurig, dass du nicht kommen konntest."

Mein Herz klopfte schneller, nachdem Louis das ausgesprochen hatte.  Trotzdem konnte ich mir nicht verkneifen zu sagen: „Ach was, das bildest  du dir nur ein."

„Ich kenne ihn länger und besser als du", bekam ich zur Antwort, worauf ich nichts zu erwidern wusste.

„Also Angel, ich bin jetzt gleich in Cardiff. Gib mir die Straße durch, in der deine Granny wohnt", forderte Louis mich auf.

Fünfzehn Minuten später stand er vor dem Haus und als ich die Tür öffnete, fielen wir uns um den Hals.

„Komm rein, das Frühstück ist gerade fertig", sagte ich grinsend, nachdem wir uns wieder losgelassen hatten.

Meine Großmutter war ganz angetan von Louis und als ich ihr erzählte,  dass er in einer Gruppe, die One Direction hieß, singen würde, meinte  sie: „Du glaubst wohl auch, ich lebe hinter dem Mond, Angel! Ich weiß  doch, wer One Direction sind!"

Louis' herzliches Lachen erfüllte den ganzen Raum und meine Großmutter  lachte prompt mit. Es war so leicht, ihn zu mögen, ich fühlte mich  einfach wohl in seiner Gesellschaft und er war ein echter Freund.

Nach dem Frühstück räumten Louis und ich gemeinsam den Tisch ab und  stellten das Geschirr in die Spülmaschine. Dann zeigte ich ihm den  großen Garten, welcher sich hinter dem Haus befand. Gerade als wir  wieder ins Haus zurückgehen wollten, sah ich eine Frau aus einem Taxi  steigen, meine Mutter. Sie erblickte mich sofort und lief nun auf uns  zu.

„Angel! Lass dich anschauen! Gut siehst du aus!"

Sie umarmte mich, was ich kurz erwiderte.

„Und wer ist der junge Herr?"

Ihre Augen scannten Louis von oben bis unten, als sei er ein Penner. Er  war an diesem Morgen nicht rasiert, was mich jedoch nicht störte.  Außerdem trug er eine Jogginghose und ein einfaches weißes T-Shirt. Man  sah ihm also nicht an, dass er einige Millionen Pfund auf seinem  Bankkonto liegen hatte.

„Das ist Louis Tomlinson", stellte ich ihn nun vor.

„Louis, aha. Arbeitest du auch als DJ?"

Jetzt musste ich mir das Lachen verkneifen, doch Louis reagierte ganz  cool. „Nein, aber ich sorge dafür, dass Angel als DJ nicht arbeitslos  wird."

Wie Recht er doch hatte, doch meine Mum verstand natürlich den  Zusammenhang nicht. Sie konnte mit dieser Art Musik nichts anfangen  und wusste demnach auch nicht, wer One Direction waren. Für Louis schien  das jedoch kein Problem zu sein, im Gegenteil. Er war froh, nicht  erkannt zu werden, zumindest erweckte er diesen Eindruck bei mir.

„Und woher kennt ihr euch?", lautete die nächste Frage meiner Mum.

„Aus dem Club, in dem Angel arbeitet", gab Louis zur Antwort.

„Aha, ein Clubgänger, also."

Sie musterte Louis erneut von oben bis unten, der jedoch nur grinsend da  stand und nun erwiderte: „Ja, ein Clubgänger, wenn ich mal Zeit dazu  habe und außerdem Angels guter Freund."

Der letzte Teil dieses Satzes, brachte mich innerlich und äußerlich zum  Strahlen. Louis war wirklich mein guter Freund geworden und dies  innerhalb von drei Tagen.

Als wir uns eine Stunde später auf dem Rückweg nach London befanden,  sprach er mich noch kurz auf das Verhalten meiner Mutter an.

„Ich kann es nicht fassen, dass deine Mum nicht weiß, wer ich bin."

Nun begann ich zu lachen. „Sie hört nur klassische Musik, deswegen hat  sie keinen blassen Schimmer, was in der Musikszene so abgeht", erklärte  ich.

„Na ja, gegen Beethoven ist ja nichts einzuwenden aber ich hätte nicht  gedacht, dass ich im Jahr 2014 mal jemandem über den Weg laufen würde,  der One Direction nicht kennt."

„Du siehst, es gibt solche ignoranten Menschen", kam es prompt von mir  und schon mussten wir beide erneut anfangen zu lachen. Wir konnten uns  gar nicht mehr beruhigen, vor allem nicht, als Louis plötzlich sagte:  „Der Satz, ob ich auch als DJ arbeiten würde, war echt der beste!"

Ich lachte kurz auf, wurde dann jedoch nachdenklich. „Louis, du hast gesagt, du bist mein bester Freund", begann ich nun.

„Ja, das bin ich doch auch, oder nicht?"

Nickend erwiderte ich: „Ja, das bist du wirklich."

Seit ich die Verbindungen aus meiner Vergangenheit gekappt hatte, besaß  ich nur noch Trigger als guten Freund. Aber jetzt, seit ich die Jungs  von One Direction kannte, stand Louis als Freund ziemlich weit oben in der Rangliste. Und wieder lehrte mich das Leben eine wichtige Lektion: Es kam  nicht darauf an, wie lange man jemanden kannte, sondern, ob man auf der  gleichen Wellenlänge schwamm. Und das taten wir beide auf jeden Fall.

Nachdem Louis mich zuhause abgesetzt hatte, kümmerte ich mich zunächst  um Angus. Beleidigt drehte er mir den Rücken zu, als ich ins Zimmer kam,  um ihn zu begrüßen.

„Ach komm schon, Angus! Ich hab dich angerufen. Du wusstest ganz genau,  dass ich mich um Grandma kümmern musste", versuchte ich ihn versöhnlich  zu stimmen.

„Böse Angel!", krächzte er laut und deutlich.

„Ich bin böse? Du bist eine Diva!", warf ich ihm nun an den Kopf.

Anschließend füllte ich seine Futterschale und ging ins Bad, um zu  duschen. Heute Morgen war ich ja nicht dazu gekommen, denn das frühe  Aufstehen war nicht unbedingt mein Ding. Gott sei Dank musste ich heute  nicht arbeiten, sondern konnte mich noch ausruhen. Als ich ins  Wohnzimmer zurückkehrte, warf ich einen Blick auf mein Handy, um  festzustellen, dass Louis mir geschrieben hatte.

„Wir sehen uns morgen im Club, wir kommen alle fünf!"

Nun freute ich mich erst recht auf den kommenden Abend, vor allem, weil  ich Niall dann auch wieder sehen würde. Ob er wirklich traurig gewesen  war, weil es mit unserem Treffen am Montagabend nicht geklappt hatte?  Andererseits, warum sollte Louis mich anlügen? Dafür gab es nicht  wirklich einen Grund.

Der nächste Abend verlief bombastisch. Der  Club war brechend voll, obwohl es Mittwoch war und die Tanzfläche  ebenso. Amüsiert beobachtete ich, wie Liam und Niall auf der Tanzfläche  herumzappelten, sie schienen Spaß zu haben und winkten mir sogar zu.  Louis befand sich am heutigen Abend in Begleitung einer dunkelhaarigen  jungen Frau. Das musste El sein und ich war schon sehr gespannt darauf,  sie kennen zu lernen, was innerhalb der letzten halben Stunde meiner  Arbeitszeit erfolgte.

Wie üblich ließ ich eine meiner Playlisten laufen,  als ich mich zu den Jungs gesellte, um ein wenig zu quatschen. Louis  stellte mir Eleanor vor, so lautete ihr richtiger Name und sie begrüßte  mich freundlich. Sie schien ein Kumpel Typ zu sein, keine Tussi, was mir  gut gefiel. Aber eine Tussi hätte es auch nicht lange mit Louis  ausgehalten, da war ich mir ziemlich sicher.

Erfreulicherweise saß Niall  neben mir, als wir uns unterhielten. Wir schauten uns hin und wieder in  die Augen, was ein leichtes Herzklopfen in meinem Innersten auslöste.  Niall war einfach der Hammer, so lässig und gleichzeitig so  liebenswürdig. Er fragte mich, wie es meiner Großmutter gehen würde, was  ich total süß fand. Er besorgte mir einen neuen Cocktail, als meiner  zur Neige ging und er hielt mir sogar die Tür auf, als wir später alle  gemeinsam den Club verließen.

Mehrere Taxis standen bereits auf der  Straße und warteten nur darauf, uns nach Hause bringen zu dürfen.  Schnell umarmte ich Harry, Liam, Zayn, Louis und El, doch als ich das  Gleiche bei Niall tun wollte, sagte er zu meiner Überraschung: „Ich  dachte, wir beide könnten zusammen ein Taxi nehmen."

„Von mir aus gerne, wohnst du denn in meiner Nähe?"

„Ungefähr so weit weg, wie Louis, nur in entgegengesetzter Richtung", gab er zur Antwort.

„Ok, dann macht das durchaus Sinn."

Grinsend begleitete er mich zum Taxi, hielt mir die Tür auf und ich  nannte dem Fahrer meine Adresse, weil Niall darauf bestand, dass ich  zuerst zuhause abgesetzt werden sollte. Die Fahrt dorthin verlief  relativ entspannt, da die beiden Erdbeer- Caipis nun ihre Wirkung  zeigten. Ich wurde total locker und plapperte drauflos wie ein  Wasserfall. Dass Louis mich in Cardiff abgeholt hätte und, dass er nun  mein bester Freund sei. Wie toll ich die Musik von One Direction fand  und dass es ich es kaum erwarten könnte, bis das neue Album auf den  Markt kommen würde, um dann neue Mash-ups zu erstellen.

Niall grinste  die ganze Zeit und hörte einfach nur zu, wobei seine Augen nicht eine  Sekunde mein Gesicht verließen. Es fühlte sich toll an, wenn er mich so  anschaute. Leider ging die Fahrt viel zu schnell vorüber und als das  Taxi vor dem Haus stoppte, in welchem ich wohnte, mussten wir uns  voneinander verabschieden. Ich gurtete mich ab und wollte zumindest die  Zeche bis hierher bezahlen, doch Niall ließ das nicht zu.

„Lass das, ich bezahle schon. Wir sehen uns ja morgen und wenn du willst, kannst du dich dann revanchieren."

„Ja wie? Wir sehen uns morgen?" fragte ich verblüfft.

„Klar. Wir haben beschlossen, diese Woche jeden Abend in den Club zu  gehen, um dir die Arbeit zu versüßen", erklärte er mit einem  verschmitzten Grinsen auf seinen wunderschönen Lippen.
„Ok, dann sag ich mal, bis morgen."

Vor lauter Freude vergaß ich, mich von Niall zu verabschieden, sondern  stolperte stattdessen wie eine Bekloppte in Richtung Haus. Dabei geriet  ich ins Straucheln und fiel der Länge nach hin, direkt auf mein linkes  Knie. Da ich an diesem Abend einen Minirock und nur eine hauchdünne  Strumpfhose trug, hatte es mächtig was abbekommen. Es brannte wie Feuer  und als ich versuchte, mich aufzurichten, spürte ich zwei starke Arme,  die mich stützten. Niall musste aus dem Taxi herausgesprungen sein, als  er mich stürzen sah und war sofort zur Stelle.

„Bist du ok, Angel?", fragte er besorgt.

„Ja aber mein Knie tut weh", antwortete ich zerknirscht.

Es war mir so peinlich, mich ausgerechnet vor seinen Augen auf das  Pflaster einer Straße zu schmeißen. Was musste er nun von mir denken?  Dass ich der totale Tollpatsch war, was manchmal auch zutraf.

Mit  zitternden Fingern kramte ich meine Schlüssel aus der Handtasche und  öffnete die Haustür. Niall hielt mich immer noch fest und führte mich  dann bis zu meiner Wohnungstür. Dort angekommen, folgte er mir ins  Badezimmer, wo ich mich auf den Rand der Badewanne setzte, um mein  lädiertes Knie genauer zu betrachten. Es war aufgeschlagen, voller Dreck  und blutete sogar. Kein Wunder, dass es so wehtat.

„Hast du Jod oder sowas im Haus?", stellte Niall seine Frage, nachdem er das Knie eingehend betrachtet hatte.

„Ja, da oben, in dem kleinen Hängeschrank."

Während Niall die jodhaltige Salbe, sowie einige Kompressen aus dem  Arzneischrank holte, um mein Knie verarzten zu können, zog ich meine  zerfetzte Strumpfhose aus und setzte mich wieder auf den Badewannenrand.  Langsam und ganz vorsichtig tupfte er nun den Dreck aus der Wunde,  trotzdem brannte es höllisch. Ich versuchte die Zähne zusammen zu beißen  und keinen Mucks von mir zu geben.

„Sorry, wenn es wehtut aber das muss gesäubert werden. Es könnte sich  sonst entzünden", hörte ich Niall murmeln, der unbeirrt seine Dienste  als Ersthelfer fortsetzte.

Es war schwer zu beschreiben, was sich in mir  abspielte, als ich das vorsichtige Tupfen seiner Finger auf meinem Knie  spürte. Verzweifelt biss ich auf meine Unterlippe, als ich ein  angenehmes Ziehen in meinem Bauch fühlte. Er hätte von mir aus ewig so  weitermachen können. Obwohl das Säubern der Wunde hin und wieder  Schmerzen hervorrief, begann ich es zu genießen. Ich schloss meine Augen  und konzentrierte mich auf Nialls vorsichtige Berührungen, der stumm  seine Dienste fortsetzte. Doch dann wurde die Stille zwischen uns  schlagartig unterbrochen.

„Aaaaaaaaaaaangel!"

Angus schrie plötzlich aus Leibeskräften, vermutlich, weil ich ihn noch nicht begrüßt hatte.

Leise stöhnte ich auf und Niall, der erschrocken dreinschaute, entschuldigte sich sofort, weil er dachte, mir wehgetan zu haben.

„Es tut mir leid, Angel", sagte er zerknirscht und schaute besorgt in meine Augen.

„Nein, ist schon ok. Ich hab gestöhnt, weil Angus immer in den unpassendsten Augenblicken schreit", erklärte ich.

Nun grinste Niall. „Das ist dein Papagei. Louis hat uns von ihm erzählt."

„Ja und er kann echt unleidlich werden, wenn man ihn zu lange ignoriert", meinte ich lachend.

„Tut mir leid aber er wird so lange warten müssen, bis ich hier fertig  bin", erwiderte Niall darauf mit einem leichten Augenzwinkern. Ich  liebte es, wenn er so zwinkerte.

„Ich muss jetzt leider das Jod draufmachen", entschuldigte er sich und  streichelte kurz über meine Hand, was sofort ein Kribbeln in meinem  Bauch auslöste. 

„Also, beiß die Zähne zusammen, denn es wird ziemlich brennen", warnte er mich nun vor.

Es brannte wirklich höllisch, so sehr, dass sich Tränen in meinen Augen  bildeten, doch ich hielt tapfer durch, denn meine Belohnung in Form  einer Umarmung, die Niall mir anschließend gab, machte alles wieder  wett. Es war die beste Umarmung meines Lebens.

„Alles ok?" Er schaute mir anschließend in die Augen, worauf meine Schmerzen wie weggeblasen zu sein schienen.

„Ja, alles ok", erwiderte ich lächelnd.

„Gut, dann kannst du jetzt zu deinem Papagei gehen".

Er hielt mir seine Hand hin, die ich nun ergriff und zog mich vom  Badewannenrand hoch, bis ich auf meinen Füßen stand. Leicht humpelnd  verließ ich nun mit einem Knieverband das Bad, Niall ging dicht hinter  mir. Vermutlich hatte er Angst, dass ich wieder hinfallen würde.

„Angus, komm her mein Süßer."

Ich streckte meine Hand nach dem Papagei aus, der sofort darauf  kletterte, meinen Arm entlang lief und auf meiner Schulter sitzen blieb.  Dann stupste er mit seinem Schnabel meine Wange an.

„Das ist seine Art ich zu küssen", erklärte ich Niall, der prompt lachen musste.

„Angus, das ist Niall", stellte ich den Sänger vor.

„Niiiiiiiiaaaaaaaaal!", schrie mein Papagei sofort.

„Er ist durchaus sprachbegabt", meinte Niall und grinste leicht.

Ich setzte Angus wieder zurück in den Käfig, denn er sollte wieder  schlafen, genau wie ich. Auch Niall schien müde zu sein, denn er  verabschiedete sich nun von mir.

„Ich geh dann mal, pass auf dein Knie auf."

„Danke, dass du es so gut verarztet hast."

Ich bekam noch eine Umarmung und weg war er. Als ich mich ins Bett legte, glaubte ich noch immer zu träumen. War er wirklich mein Weg?
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Ich hoffe, dass ihr  Spaß beim Lesen hattet. Zumindest wisst ihr nun, dass Angel kein  besonders gutes Verhältnis zu ihrer Mum hat und, dass ihr Dad was mit  Musik zu tun hat, außerdem gibt es noch die Großmutter in Cardiff. Niall  und Angel sind sich auch ein bisschen näher gekommen! Im nächsten Kapitel erwartet euch eine Überraschung ;)

LG, Ambi xxx

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