7. Kapitel


H O P E

Den ganzen Tag über konnte ich an nichts anderes als an das bevorstehende Treffen mit meinem Chef Derek Chambers denken. Ich wusste nicht, wie ich mich ihm gegenüber verhalten sollte, wenn ich seine Wohnung betreten und mit ihm über die Arbeit sprechen würde. Es war nur etwas Geschäftliches und dennoch fühlte es sich vielmehr als ein weiteres Rendezvous an.

In der Firma versuchte ich ihm aus dem Weg zu gehen, jedoch war das schier unmöglich. Es schien so, als würde er mich verfolgen.

Ich spürte die stechenden Blicke, die meinen Körper zu durchbohren versuchten, und hörte augenblicklich mein Herz vierfach schneller schlagen. Meine Luftröhren schnürten sich zu, mein Hals wurde staubtrocken und ich spürte diesen Schauder über meinen Rücken laufen, als ich hörte, wie seine tiefe Stimme den ruhigen Raum erfüllte. Ich war froh, dass er nicht mit mir sprach, und ich war auch froh darüber, dass mir sonst niemand meiner Arbeitskollegen in diesem Raum ihre Aufmerksamkeit schenkte. Jedoch änderte sich dies schlagartig, als ich bei dem Versuch, aus diesem Raum und damit aus seinen verführerischen Fängen zu fliehen, den in High Heels steckenden Fuß umknickte. Ich konnte mich gerade noch an etwas festhalten, um mir nicht die Blöße zu geben, vor den anderen und speziell vor Derek auf den Boden zu knallen, jedoch musste ich dazu die Akten aus meinen Händen fallen lassen. Diese landeten dumpf auf dem Boden. Einzelne Blätter fielen aus ihnen heraus und lagen kurzerhand verstreut auf dem Fußboden herum. Spätestens jetzt lagen die Blicke der anderen auf mir. Manche von ihnen grinsten belustigt, wenige von ihnen versuchten sich ein lautes Lachen zu verkneifen. Andere sahen mich wiederum mit einem Blick an, als würden sie denken, ich wäre selbst zum Laufen zu dumm.

Meine Wangen liefen rot an. Schnell sammelte ich alle Unterlagen vom Boden auf und eilte dann in Windeseile aus dem Zimmer heraus, um den Blicken meiner Arbeitskollegen zu entkommen. Derek hatte ich dabei komplett ignoriert. Ich wollte nicht mitansehen, wie auch er sich über mich und meine Ungeschicklichkeit lustig machte.

In meinem kleinen Büro machte ich dann zum ersten Mal wieder Halt. Ich legte die Akten auf meinem Schreibtisch ab und ließ mich in den großen lederbezogenen Schreibtischstuhl fallen. In meinem Kopf spielte sich das Missgeschick noch einmal ab. Ich versteckte mein Gesicht hinter den Händen und schüttelte mit dem Kopf. Wieso musste das immer mir passieren?

Den restlichen Tag mied ich Derek - diesmal wirklich. Ich legte ihm die Unterlagen, die er wieder einmal unterschreiben musste, in sein Büro, wenn er gerade in einem Besprechungsraum war. Ansonsten verbrachte ich den Arbeitstag abgeschirmt in meinem kleinen Zimmer und ging nicht einmal in die kleine Küche, um mir einen Kaffee zu kochen. Dabei dachte ich auch nicht an unser Treffen nach der Arbeit, denn das würde mich wieder einmal so aus der Bahn werfen, dass ich nicht konzentriert bei der Sache bleiben konnte.

Ich haute fleißig in die Tasten und merkte dabei gar nicht, dass ich schon längst Feierabend hatte. Es war fast 5:00 PM, als ich meinen Laptop zuklappte und mich tief in die Lehne des Stuhles fallen ließ. Ich kniff die Augen zusammen und mochte gar nicht daran denken, dass ich in kürzester Zeit vor Dereks Wohnung stehen würde. Nach dem peinlichen Vorfall und durch die Ungewissheit, was ich eigentlich für ihn war, war dieses Treffen mehr als unangenehm für mich.

Ein Klopfen an meiner Tür unterbrach meine Gedanken. Es war sanft und klang so gar nicht nach Derek und seine dominante Art, jedoch verließ mich nicht die Befürchtung, dass genau er vor meiner Tür stand.

»Herein« sagte ich mit heiserer Stimme und erstickte sogleich an meinen eigenen Worten, als die Türe aufgerissen wurde und tatsächlich Derek im Türrahmen stand. Ein charmantes Lächeln umspielte seine Lippen.

»Hey« raunte er und war dabei, die Türe hinter sich zu schließen. Ich lächelte schüchtern. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte beziehungsweise wie ich ihn begrüßen sollte, denn schließlich waren wir in der Firma und ich durfte immer noch nicht vergessen, dass er mein Chef war und nicht einfach nur irgendein gleichgestellter Mitarbeiter.

Derek trat ein paar Schritte auf mich zu und warf einen Blick auf seine teuer wirkende Armbanduhr.

»Wolltest du nicht um fünf bei mir sein?« fragte er, hob seinen Blick von seinem Handgelenk und sah mich mit hochgezogener Augenbraue an.

»Tut mir leid. Ich war wohl zu vertieft in meine Arbeit, dass ich die Zeit vergessen habe« erklärte ich und biss mir unsicher auf die Unterlippe.

»Schon gut, dann fährst du eben mit mir« meinte er schulterzuckend und sah mich breitgrinsend aus zwei strahlenden grünen Augen an.

»Äh . . . okay« sagte ich, weil ich schlichtweg nicht wusste, was ich sonst hätte sagen können. Ich fuhr mir durch die Haare, bevor ich aufstand und meinen Laptop in meine Tasche packte. Ich spürte dabei seinen forschenden Blick auf meinem Körper. Mir wurde ganz hitzig bei seinen Blicken, weil sie so intensiv waren, als würde er in mein tiefstes Inneres sehen.

Auf dem Weg zum Aufzug blieb es ruhig zwischen uns. Die Firma wirkte wie ausgestorben. In allen Räumen war das Licht erloschen. Nur noch die Putzfrau machte hier ihre Runden und huschte von einem Zimmer zum nächsten.

Während wir vor den metallenen Türen warteten, schielte ich unauffällig zu Derek und er tat es kurz danach, als ich gerade meinen Blick wieder auf die geschlossenen Türen des Fahrstuhles richtete. Zwischen uns herrschte eine geladene Spannung, die wir beide nicht zu überwinden wussten. Denn während wir auf der einen Seite das, was wir seit kurzer Zeit hatten, nicht aufgeben wollten, wollten wir auf der anderen Seite nicht den Problemen der Öffentlichkeit begegnen - und das müssten wir irgendwann, wenn wir einander nicht loslassen wollten.

Das ›Pling‹ holte mich zurück in das Jetzt und löste mich damit aus meiner verworrenen Gedankenwelt. Wir stellten uns nebeneinander und warteten darauf, dass sich die Türen schließen würden und wir endlich für ein paar Sekunden ganz allein waren. Sekunden, in denen wir unbeschwert einander anschauen und anlächeln konnten, ohne daran denken zu müssen, dass jeden Moment jemand etwas von dieser Spannung zwischen uns mitbekommen und weiterverbreiten würde. Sekunden, in denen wir uns fallen lassen konnten - so wie in seinem Appartement.

Gerade, als das sich das Metall vorschob, eilte Stella McCartney auf uns zu.

»Wartet auf mich« rief sie zu. Sie schien damit zu meinen, dass wir die Türen aufhalten sollten, doch weder Derek noch ich reagierten darauf. Innerlich betete ich dafür, dass sie es nicht rechtzeitig in den Aufzug schaffen würde und deshalb auf den nächsten warten müsste, doch wieder einmal wurden meine Gebete nicht erhört. Stella huschte durch den kleinen Spalt und stellte sich zwischen uns.

»Oh, Guten Abend Mr. Chambers« sagte sie und formte ihre kirschfarbenen Lippen zu einem gekünstelten Lächeln. Dieser nickte ihr bloß zu, bevor er die Anzeige über den nun wieder geschlossenen Türen fokussierte, die Auskunft darüber gab, in welchem Stockwerk wir uns gerade befanden. Ich wiederum schenkte ihr ein halbehrliches Lächeln, bevor ich meinen Blick auf meine Füße lenkte.

»Ich hoffe, du hast dich nicht ernsthaft verletzt, als du gestolpert bist« meinte Stella und sah mich mitleidig an, dabei erkannte ich in ihren Augen, dass keine Sorge ernst gemeint war. Sie wollte unseren Chef nur erneut darauf hinweisen, wie tollpatschig ich sein konnte und dass ihr so etwas niemals passieren würde.

»Nein, geht schon, danke« erwiderte ich freundlich, aber distanziert. Dann kehrte die Stille zurück. Die wenigen Sekunden, in denen wir tatsächlich zu dritt in diesem Aufzug standen, fühlten sich wie eine Ewigkeit an, aus der man sich nicht befreien konnte. 

Als dann doch dieser erlösende Moment kam, stürzte ich mich aus dem viel zu engem Raum.

»Miss Collins?« sagte er nach wenigen Schritten und blieb stehen. Ich drehte mich zu ihm um und versuchte, meine Aufmerksamkeit nicht auf sein atemberaubendes Aussehen zu lenken. Stella drehte sich ebenfalls um und schien nichts verpassen zu wollen.

»Ich müsste noch kurz mit ihnen über die Präsentation für morgen sprechen« sagte er und sah mich eindringlich an. Ich wusste, dass das nur ein Einwand war, um Stella loszuwerden, und ich war ihm unendlich dankbar dafür, dass er es nicht darauf ankommen ließ, dass sie gleich miterleben würde, wie ich in sein Auto steigen würde. Vielleicht wäre sie sogar so neugierig, dass sie uns hinterherfahren würde und dann wäre unsere Affäre nicht mehr ein kleines, schmutziges Geheimnis zwischen uns.

»Okay« meinte ich und ging die Schritte, die wir voneinander entfernt waren, auf ihn zu. Stella verabschiedete sich von uns, bevor sie sich wieder umdrehte und langsam in ihren hohen Absatzschuhen davon stolzierte.

»Am besten treffen wir uns morgen gleich um acht in meinem Büro. Dann können wir noch einmal in Ruhe die Präsentation für unsere Kunden aus Europa durchgehen« sagte er und sah auf sein Handy, als würde er wirklich seinen Terminkalender durchgehen. Seine Augen schielten zu Stella. Diese verschwand kurzerhand aus dem großen Gebäude und stieg in eines der am Straßenrand parkenden Taxis.

Augenblicklich packte er sein Handy in seine Innentasche seines Jacketts und drehte seinen Kopf in meine Richtung.

»Das musste sein« versuchte er sich zu rechtfertigen. Ich nickte verständnisvoll. Es war mir genauso wichtig gewesen, dass sie nichts von unseren heimlichen Treffen wusste, wie ihm.

»Sie hätte das sicherlich in den falschen Hals bekommen« meinte er weiter und steckte die Hände in seine Hosentasche. Plötzlich erstarb mein kleines Lächeln. Wollte er damit sagen, dass diese Sache zwischen uns gar nicht so groß war, wie ich dachte? Dass es für ihn nicht das war, was es für mich war?

Ich trottete ihm hinterher nach draußen und zu seinem Wagen, den er von seinem Chauffeur fahren ließ. Er hielt mir die Türe für die hinteren Plätze des schwarzen Autos und ließ sich dann neben mich fallen. Sein Chauffeur - ein älterer, bereits ergrauter Mann - schlängelte sich in den Berufsverkehr. Er stellte keine Fragen oder sagte sonst etwas, sondern schien sich voll und ganz auf den Verkehr und die Autofahrt zu konzentrieren.

Ich blickte aus dem Fenster und sah die vielen Autos, die bloß im Schritttempo weiterkamen. Ich dachte an seinen Satz von eben und fühlte mich hin und hergerissen. Einerseits wollte ich meinen Befürchtungen keinen Glauben schenken, denn er hatte sich immer ganz anders verhalten, wenn wir zu zweit waren, doch warum sagte er dann so etwas? Vielleicht weil wir uns heute wirklich nur zu geschäftlichen Zwecken trafen? Oder weil generell nicht mehr als gelegentlicher Sex zwischen uns lief?

Ich spürte seine grünen Augen, wie sie mich aufmerksam betrachteten. Seine Blicke machten mich wahnsinnig. Sie verliehen mir eine Gänsehaut und mein Herz schlug schneller als sonst. Als er sich dann auch noch zu mir herüberbeugte, sein Aftershave in meine Nase kroch und seine Lippen mein Ohrläppchen streifte, war es um mich geschehen.

»Worüber denkst du nach?« raunte er in mein Ohr. Ich schnappte hörbar nach Luft. Seine Stimme war so rau und . . . sexy.

Ich zuckte mit den Schultern, weil ich erstens keine Antwort parat hatte und zweitens bei seiner Nähe nicht in der Lage war, etwas zu sagen.

Ich spürte, wie seine Lippen einen federleichten Kuss auf mein Ohrläppchen hauchten, bevor er diese wieder entfernte. Jedoch war er noch nah genug, dass sein heißer Atem auf meiner Haut abprallte. Ich schloss meine Augen, um meine Gedanken wieder zu sammeln, doch dann legte er seine Hand auf mein Knie und wanderte mit dieser hinauf zu meinem Oberschenkel, sodass es unmöglich war, einen klaren Gedanken zu fassen. In meinem Inneren loderte dieses Verlangen, das ausbrechen wollte. Ich presste die Lippen aufeinander und zwang mich dazu, nicht daran zu denken, wie es wohl wäre, ihn jetzt auf der Stelle zu küssen, mit meinen Händen durch seine Haare zu fahren und so viele andere Dinge, die ich gerne tun würde.

Derek schien meine Reaktion auf diese einfachen Berührungen zu bemerken.

»Wir sind gleich da« raunte er so leise, dass nur ich ihn verstehen konnte. Ich brauchte ihn nicht anzusehen, um zu wissen, dass er mich breit angrinste und in seinen Augen ebenfalls das Verlangen aufflammte, es erneut zu tun.

Meine Gedanken über seine Worte von vorhin und die damit verbundenen Zweifel waren in die hinterste Ecke meines Gehirns geworfen worden. Ich wartete nur noch darauf, dass wir seine Wohnung erreichen würde und er mich von diesen Qualen befreien würde. Ja, vielleicht war es ein Fehler, einfach so weiterzumachen, ohne mit ihm darüber zu sprechen, was ich für ihn war und wie viel ihm das hier bedeutete, aber ich wollte und brauchte nichts anderes als das hier. Diese Nähe, diese Zweisamkeit und diese Leidenschaft, die mich bestätigte, dass ihm doch etwas an mir liegen könnte.

Derek führte mich aus dem Auto und in seine Wohnung. Kaum hatte er die Tür geschlossen, umklammerten seine Hände meine Hüften.

»Darauf hab' ich schon den ganzen Tag gewartet« meinte er, bevor seine Lippen auf meine trafen. Die Eiligkeit überraschte mich, weswegen ich einen Augenblick lang regungslos dastand, doch dann schlangen sich meine Arme wie von allein um seinen Hals und ich erwiderte den Kuss mit genauso viel Intensität und Leidenschaft. Wir liefen hinüber ins Schlafzimmer und ignorierten dabei die Arbeit, die wir eigentlich erledigten wollten. Ich landete auf seiner weichen Matratze und atmete seinen ganz persönlichen Geruch ein, die sich in der Bettdecke festgesetzt hatte, nachdem wir nur noch unsere Unterwäsche trugen.

»Wollten wir nicht an der Präsentation arbeiten?« fragte ich und sah sein breites Grinsen auf seinen Lippen, als er sich über mich beugte. Sein Daumen strich über meinen Bauch hinauf zu meinem Dekolleté, wo er Halt machte.

»Ich hab' soweit alles fertig« meinte er. »Und den Rest können wir auch noch morgen früh machen« fügte er hinzu, bevor seine Lippen zärtliche Küsse auf meinem Dekolleté verteilten. Ich hielt nicht länger an diesem Thema fest, sondern krallte meine Hände in seine Haare und ließ mich fallen. Ich ließ jede Last und jede Sorge fallen und gab mich seinen Berührungen voll und ganz hin. Ich konzentrierte mich nicht länger auf die Arbeit oder sonst etwas, sondern genoss diesen Moment, diese Zweisamkeit.

Schweratmend lösten wir uns irgendwann. Derek ließ sich neben mich auf die Matratze fallen und versuchte, seine Atmung wieder unter Kontrolle zu bringen. Ich drückte währenddessen die Bettdecke fest an meinen nackten Körper und starrte lächelnd die Decke über uns an.

»Ich glaub ich hab jetzt verstanden, was du mit ›Zuhause macht es mehr Spaß‹ meintest« sagte ich breit grinsend, auch wenn ich es die ganze Zeit gewusst hatte. Derek lachte auf. Er verschränkte die Arme hinter den Kopf und starrte zur Decke, während ich ihn dabei beobachtete. Ich betrachtete fasziniert sein markantes, makelloses Gesicht. Plötzlich kehrten die Fragen über seine Ernsthaftigkeit zurück, mit einer Intensität, dass ich sie nicht länger unterdrücken konnte.

»Derek?«

»Mh?« murmelte Derek und schloss seine Augen.

»Was hast du vorhin mit ›Sie würde das falsch in den Hals bekommen‹ gemeint?« fragte ich vorsichtig nach. Dereks Augen öffneten sich wieder und sein Kopf drehte sich in meine Richtung.

»Wenn sie sehen würde, wie du in mein Auto steigst, wird sie doch gleich denken, wir würden miteinander schlafen und du würdest das ausnutzen, um befördert zu werden oder um eine Gehaltserhöhung zu bekommen und das soll so nicht hingestellt werden« erklärte er und langsam verschwand die Sorgen, die ich mir gemacht hatte.

»Und . . . und was ist das zwischen uns für dich?« fragte ich weiter und wich dabei nicht seinem Blick aus. Derek schien einen Moment lang zu überlegen. Ich befürchtete schon, dass er meine Frage einfach ignorieren würde, doch dann rollte er sich zur Seite und stützte sich mit dem Ellbogen.

»Ich weiß nicht, wie das mit uns weitergehen wird, aber ich möchte das auf jeden Fall nicht aufgeben« sagte er und sah auf mich herab. Seine freudestrahlenden grünen Augen wechselten von meinen Augen zu meinen Lippen, die ich einen Spalt breit öffnete, als wolle ich etwas sagen, dabei hatte ich absolut keinen blassen Schimmer, was ich darauf überhaupt erwidern sollte.

Sein Daumen strich sanft über meine Lippen.

»Es ist wirklich ein schönes Gefühl, eine Frau an seiner Seite zu haben, mit der man sich wirklich etwas vorstellen kann« murmelte er und hauchte mir einen kleinen Kuss auf die Lippen. Meine Mundwinkel zuckten nach oben.


»Weißt du-« Er machte eine kurze Pause, in der er sich zurück auf die Matratze fallen ließ. Seine Arme verschränkte er wieder hinter seinem Kopf. Er wirkte plötzlich nachdenklich, vollkommen in seinen Gedanken versunken, während er die Wanddecke über uns ansah.

»Ich hatte noch nie eine richtige Beziehung« Diese Bemerkung aus seiner Vergangenheit schockierte mich, dass ich einen Moment lang nichts sagen konnte. Derek war ein gutaussehender Mann und das war er bestimmt schon immer gewesen. Wie kommt es dann, dass er noch nie eine Beziehung geführt hatte? Die Frauen mussten sich doch um seine Aufmerksamkeit gerissen haben.

»Es waren immer nur bedeutungslose Liebschaften, bei denen ich nie das Gefühl hatte, dass daraus etwas Ernstes entstehen könnte« meinte er gedankenverloren. Ich betrachtete sein Gesicht, seinen sehnsüchtigen Gesichtsausdruck. Es schien so, dass er sich nach dieser wahren Liebe, dieser Geborgenheit und nach diesem Gefühl, im Leben angekommen zu sein sehnt.

»Wie ist das bei dir? Warst du schon einmal so richtig verliebt?« fragte er dann und drehte seinen Kopf zurück in meine Richtung.

Augenblicklich dachte ich an Adam. Er war der Einzige gewesen. Und wahrscheinlich wird er in meinem tiefsten Inneren immer der Einzige bleiben.

»Ja. Genau einmal« murmelte ich und schluckte schwer, als ich an die schweren Zeiten dachte, als ich noch die High School besucht hatte. Jeden Tag musste ich befürchten, dass mir jemand einen dummen Spruch an den Kopf warf. Jeden Tag musste ich Angst haben, dass jeden Moment über mich gelacht werden konnte - ein schreckliches Gefühl.

»Es war wirklich das schönste Gefühl gewesen« meinte ich und lächelte, während sich kleine Tränen in meinen Augen sammelte. Ich erinnerte mich an seine liebevollen Blicken, mit denen er nur mich angesehen hatte. Sein Lächeln brannte sich in meinem Gehirn fest, dass ich mir nichts sehnlicher wünschte, als das er jetzt bei mir wäre, um mich ein letztes Mal so anzusehen.

»Aber auch die schönsten Dinge sind vergänglich und verlassen einem« meinte ich und schluckte alle aufkommenden Tränen und den dicken Kloß in meinem Hals herunter.

»Wir hatten so unsere Probleme und es haben sich so viele Menschen zwischen uns gedrängt, dass es so kommen musste, dass wir getrennte Wege gehen« erzählte ich weiter. Ich dachte an Cassy, die der entscheidende Punkt für das immer tiefer werdende Tief in unserer Beziehung war, an Brooke, die mich immer wieder zu überzeugen versuchte, dass ich nicht wieder so naiv sein sollte, und alle anderen, die sich in unsere in die Brüche gehende Beziehung  eingemischt hatten.

»Und eigentlich hätte jedem klar sein müssen, dass das zwischen uns nie funktionieren könnte. Ich meine, er war der Schönling aus der Footballmannschaft und ich . . . ich war nur das gewöhnliche Mädchen, über das man sich jeden Tag lustig machen konnte« meinte ich und hörte einzelne Wortfetzen von Jonathan, Scott und Co. in meinen Ohren klingen, als würden sie gerade vor mir stehen und es mir ins Gesicht schreien.

»So etwas funktioniert bei Hollywood, nicht im wahren Leben« Ich zwang mich zu einem schwachen Lächeln auf, um den Kummer dahinter zu verbergen. Ich richtete meinen Blick wieder auf Derek und sah direkt in sein besorgtes Gesicht. Ich hatte einem Mann noch nie so viel von meiner Vergangenheit preisgegeben, dass es mir einen Moment lang unangenehm war, dass er jetzt so viel über mich und mein altes Leben wusste.

»Und bist du gut damit?« fragte er leise. Seine Hand strich über meine Wange und hinterließ dort ein wohliges Gefühl. Ich nickte und setzte ein Lächeln auf, auch wenn das nicht ganz der Wahrheit entsprach. Doch ich wollte nicht wie eine Frau klingen, die auch nach Jahren seinem Exfreund hinterhertrauerte, während sie mit einem anderen Mann eine Art „Affäre" angefangen hatte. Das Gefühl, ihn nicht loslassen zu können, würde schon irgendwann vergehen, da war ich mir plötzlich ganz sicher.

»Okay« hauchte er und beugte sich zu mir hinüber, um mich erneut zu küssen. Der Kuss war zärtlich, fast nur ein Hauchen, doch es fühlte sich so an, als würde er mir sagen wollen, dass er mich niemals gehen lassen würde, was den Kuss zu einem ganz besonderen Kuss machte.

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Tags: #romantik