7. Kapitel


Ich hasse Überraschungen. Das war schon immer so gewesen.
Das Ava eine spontane Hausparty feiern wollte, war keine. Doch das Harper sie dabei mit allen Mitteln unterstütze, definitiv.

Ich hatte mich in das Zimmer zurückgezogen, dass ich für die letzten zwei Tage noch mit meiner Freundin teilen würde und lauschte den wummernden Bässen aus dem Wohnzimmer. Die ganze Wohnung erzitterte und es würde nur eine Frage der Zeit sein, bis sich die einzelnen Nachbarn bescheren würden.

Mein Blick lag auf meinem Handy. Es ruhte mit schwarzem Display auf Harpers Nachttisch, als wäre nichts geschehen. Als hätte sich Blake nicht ins Badezimmer geschlichen, um sich Avas Nummer unter den Nagel reißen zu können.
Es blinkte. Der mintgrüne Farbton brannte sich in meine Gehirnzellen und ließ schwarze Punkte vor meinen Augen tanzen.

Nicht nur dass dieser Idiot ohne Erlaubnis mein Handy benutzt hatte, nein. Er hatte es auch aus seinem Ruhezustand geholt.
Gleich als ich das Zimmer betreten hatte, war mir das hektische Blinken aufgefallen, mit dem mein Handy neue WhatsApp-Nachrichten ankündigte. Das war definitiv auch eine unangenehme Überraschung gewesen.

Seitdem saß ich wie erstarrt auf Harpers Bett, mit angezogenen Knien und wippendem Rückgrat starrte ich seit einer gefühlten Ewigkeit auf mein Handy, unfähig, mich zu bewegen.
Ich konnte mich nicht dazu durchringen, das kalte Gehäuse meines Handys zwischen die Finger zu nehmen und meine entgangenen Anrufe und Nachrichten zu überfliegen.

Nervös befummelte ich den Stoff der Bettwäsche und klemmte mir eine kastanienbraune Strähne zwischen die Lippen.
Sollte ich? Vermutlich hatte mir auch meine Familie ein paar sorgenvolle Nachrichten hinterlassen und es wäre nicht fair, ihnen nicht zu antworten, aus Angst, ich könnte über ein paar von Pats geheuchelten Worten stolpern.

Müde schloss ich meine Lider und atmete tief ein. Und wieder aus. Eine kleine Atmungsübung, die ich beim Yoga gelernt hatte. Damals, als alles noch in Ordnung war.
Und wenn ich Patricks Nachrichten einfach nicht öffne? Vermutlich würde ich schwer mit meiner Neugierde zu kämpfen haben, aber da ich auch kein Mensch bin, der Selbstzerstörerisches Verhalten wertschätzt, würde ich mich schon unter Kontrolle haben.

Entschlossen, die Nachrichten meines Ex-Freundes auch nicht nur eines Blickes zu würdigen, griff ich nach meinem Handy und entsperrte das Display.

17 Nachrichten
29 entgangene Anrufe

Ich kniff die Augen zusammen. Die meisten Anrufe stammen von Pat, weshalb ich diese Angelegenheit schnell übersprang und zu meinen WhatsApp-Nachrichten wechselte.
Meine Mutter hatte mir geschrieben.

Hallo, Schatz!
Wo bist du? Patrick hat uns von eurem kleinen Streit erzählt.
Lass doch die Albernheiten und melde dich. Wir machen uns alle Sorgen!

Ich spürte die Übelkeit in mir hochsteigen. Kleinem Streit? Albernheiten? Was Pat wohl meinen Eltern erzählt haben muss, dass meine Mutter seinen Betrug mit solch simplen Worten herunterspielte?
Als hätte er mir nicht das Herz aus der Brust gerissen, um es in den Dreck zu werfen und darauf herum zu trampeln.

Schnell verließ ich den Chat, ohne meiner Mutter zu antworten. Die Nachricht meines Vaters ignorierte ich. Wenn Pat es schon geschafft hatte, meine Mutter mit seinem Süßholzgeraspel einzulullen, war Dad ihm bestimmt schon hoffnungslos verfallen.

Meine Augen schweiften weiter über das erleuchtete Display und fixierten zwei Chats, die direkt übereinander lagen.
Mir wurde heiß und kalt zugleich, als sich die Buchstaben zu Namen verformten und Erinnerungen in mir hervorriefen.
Zwei Namen, die mir einmal soviel bedeutet hatten und jetzt nur noch Wut und Übelkeit in mir hervorriefen.

Mit steifen Fingern verharrte ich über dem Touchpad und presste mit glänzenden Augen die Lippen aufeinander.
Die Buchstaben verschwammen vor meinen Augen und ich hatte Mühe, das Schluchzen zu unterdrücken.
Nein, ich würde keine weiteren Tränen für diesen Mistkerl vergießen.

Patrick - 10 neue Nachrichten
Cameron - 5 neue Nachrichten

Ich schluckte hart, während ich weiterhin den Namen meines Bruders betrachtete. Fast schon wehmütig strich ich mit meinen Fingerkuppen über das Display und zuckte erschrocken zusammen, als sich der Chat daraufhin öffnete.

Mace? Bi...

Prompt schloss ich den Chat wieder, ohne mir die restlichen Nachrichten durchzulesen.

Ich kannte die Hälfte der Personen nicht, die sich da gerade im Wohnzimmer herumtummelten. Lediglich die Blondine in Milos Arm kam mir vage bekannt vor. Ich würde meine geliebte Tagesdecke darauf verwetten, dass das kurvenreiche Mädchen noch vor weniger als 48 Stunden um Blake herumscharwenzelt war.

Irritiert zog ich eine Braue nach oben, als Milo meinen Blick auffing und mir begeistert zuzwinkerte.
Mit seinen leuchtenden Augen deutete er auf den großzügigen Ausschnitt seiner Eroberung.

Ich schüttelte mit einem müden Lächeln den Kopf und ließ meinen Blick weiter durch das Wohnzimmer schweifen.
Ava und Harper tanzten ausgelassen mit einem weiteren, mir unbekanntem Mädchen, in der Mitte des Raumes. Ihr lachen übertönte die wummernde Musik. Unwillkürlich stieg der Druck in meiner Brust an.

Ich weiß das es absolut lächerlich war, doch ich konnte die Eifersucht in diesem Moment nicht zurückhalten, als ich die Drei dort sah.
Harper und Ava hatten sich hier in Windfield ein völlig neues Leben aufgestellt. Mit neuen Freunden und neuen Zielen, während ich nach all den Jahren immer noch auf derselben Stelle stand und es kaum schaffte, mich von meinen alten Gefühlen für Pat loszureißen.
Ich hatte weder Geld noch Pläne. Meine Zukunft war ein einziges, schwarzes Loch. Es machte mir Angst, in welch eine Ungewissheit mein Leben stürzte.

Ich schüttelte meine düsteren Gedanken ab und zwang mir ein Lächeln auf die Lippen, als Ava sich einmal im Kreis drehte und dabei einen Blick auf mich erhaschte. Sie strahlte zurück.
Missmutig betrachtete ich das fremde Mädchen.

Sie hatte dunkelblondes Haar - Straßenköterblond, wenn ihr mich fragt. Ihre wilden Locken reichten ihr knapp bis zur Brust und würde man sie mit dem Glätteisen zähmen, könnten sie bestimmt an Harpers Haarlänge heranreichen.
Sie hatte ein herzförmiges Gesicht mit einer süßen Stupsnase. Lediglich ihr etwas zu breiter Mund und die schmalen Lippen konnten das fiese, kleine Feuer in mir sättigen.

Ihr schmaler, fast schon dürrer, Körper steckte in einem hautengen, schwarzen Kleid, dass sich an ihren Hüften wölbte. Ein gewagtes Kleidungsstück das bestimmt nicht jeder tragen konnte.
Vor Neid verzogen sich meine Mundwinkel.

„Macy, mein Engel!" Milos lallende Stimme übertönte mit Leichtigkeit die Musik.
Er hatte sich, zusammen mit seinem Fang, von dem Sofa losgemacht und stand nun mit wackeligen Beinen neben mir. Sein Grinsen war breit und ausgelassen, als er mich musterte.
„Hey, Milo", entgegnete ich knapp und schenkte der Blondine ein zaghaftes Lächeln. Sie erwiderte es.

„Du bist neu hier, oder? Ich hab dich noch nie gesehen", plapperte sie auch schon los. Sie zupfte ihren blonden Bob zurecht und wartete mit schiefgelegtem Kopf auf meine Antwort.
Ich nickte zustimmend und senkte unauffällig den Blick, um ihr ziemlich knappes Outfit in Augenschein nehmen zu können.

Im Gegensatz zu diesem Mädchen war ich mit meiner ausgebeulten Leggings und dem weiten Pullover völlig underdressed.
Mit ihrer hellblauen Hotpants und dem bauchfreien, gesprenkelten Schlabber-Shirt, könnte man fast meinen, dass wir Hochsommer hätten.
Mich würde nur zu gerne interessieren, wie sie den Heimweg in dieser eisigen Kälte überstehen wird.

„Dann kennst du ja die ganze Truppe noch nicht!", kreischte Blondie erschrocken auf und starrte mich an, als wäre mir soeben ein Horn zwischen den Augenbrauen gewachsen.
Wieder nickte ich. Irgendwie war mir dieses Mädchen unsympathisch. Man könnte fast meinen, sie wäre dem Klischee einer Highschool-Zicke entsprungen.
Vermutlich stimmt das sogar und irgendeiner Geschichte fehlt nun der Mean-Girl Part.

„Ich bin Jessica!", stellte sie sich eifrig vor und löste sich augenblicklich von Milo. Sie fasste mich am Ellbogen und wirbelte uns zu der Küche herum.
„Und das dort sind Clay, Kyle und Blake", fuhr sie unbeirrt fort.
Nacheinander deutete sie auf ein paar Kerle, die sich um den Tresen herum versammelt hatten.
Mein Blick flog zu einem Typen mit rotem, wuscheligen Haar, welcher vermutlich Clay war. Er hatte sich auf einen der Barhocker niedergelassen und unterhielt sich angeregt mit Blake.
Der Kerl neben den Beiden hatte langes, dunkelblondes Haar, dass er als Knoten im Nacken trug. Kyle, schätze ich Mal.

„Und die drei Mädels auf der Tanzfläche sind Ava, Sienna und Harper."
Und somit hatte Jessica meine Aufmerksamkeit. Ich wirbelte augenblicklich zu meinen Freundinnen herum und fixierte Sienna mit zusammengekniffenen Augen. Sienna also...

„Yo, Ward!"
Jessica und ich drehten uns im selben Moment wieder zur offenen Küche herum. Clay hatte sich auf den Tresen vorgebeugt und nickte Milo zu.
Milo reagierte, trotz seines hohen Alkoholspiegels, bemerkenswert schnell. Er schnappte sich Jessica und zog sie mit sich mit. Vermutlich wollte er sie seinen Kumpels präsentieren, als wäre sie eine verdammte Trophäe oder so etwas Ähnliches.
Ich verzog bei dem Gedanken den Mund.

Warum nochmal hatte ich Harpers Zimmer verlassen? Achja, ich wollte meinen besten Freundinnen ein Ohr damit abkauen, was für Arschlöcher Männer doch sind und dass ich mich nie wieder auf eines dieser sonderbaren Wesen einlassen werde.
Ich warf den Beiden einen Blick über die Schulter zu.

Das fällt dann wohl aus. Ich würde die Beiden bestimmt nicht vollheulen, solange Sienna noch mit von der Partie war.
Aber dumm herumstehen wollte ich auch nicht.
Okay... Wo ist der Alkohol?!

Ich stolperte die letzten paar Meter in die Küche hinüber und krallte mich hilfesuchend an Jessicas Schulter fest, als ich mich zwischen Milo und Clay hindurchdrängte.
„Sag mal, könnte ich auch ein Bier haben?", fragte ich sie und nickte auf die bräunliche Flasche in ihrer Hand.
Jessica lächelte mich an und deutete mit ausgestreckten Fingern auf den Kühlschrank. „Bedien dich ruhig."

Ich erwiderte ihr Lächeln, ehe mein Blick unruhig zu Blake hinüberzuckte. Er war immer noch in ein Gespräch vertieft, dieses Mal mit Kyle, aber seine wachsamen, blauen Augen ruhten auf mir.
Als er meinen zaghaften Blick bemerkte, zuckten seine Mundwinkel verdächtig.

Trotzig reckte ich das Kinn vor, ehe ich mich abwandte und zielsicher auf den Kühlschrank zusteuerte. Ich konnte Blakes bohrenden Blick zwischen meinen Schulterblättern spüren, als ich mit meinen Fingern den Griff umschloss und die Tür ruckartig öffnete.
Nur wenige Sekunden später stand Blake neben mir.

„Was soll das werden?", raunte er. Seine Stimme war tief und samtig und ließ einen Schauer über meinen Rücken wandern. Sein gleichmäßiger Atem kitzelte an meiner Wange. Unwillkürlich versteifte ich mich.
Ich atmete tief ein, ehe ich mich zu ihm herumdrehte und herausfordernd anfunkelte. „Nach was sieht es denn aus?"

Blakes Blick war unergründlich, als er mich langsam musterte. Sein Ausdruck war dunkel, während er zuerst meine Leggings und dann meinen schlecht sitzenden Pullover begutachtete.
„Lass die Finger von dem Bier, Kiddo."
Bestimmt schob er meine Hand von dem Kühlschrankgriff weg und stellte sich mit verschränkten Armen davor.

„Was ist eigentlich dein Problem?", seufzte ich frustriert auf. Ich hatte nun wirklich nicht die Kraft und auch nicht die Geduld, mit Blake zu diskutieren.
Dafür waren die Nachrichten von Cam und die verpassten Anrufe von Pat viel zu real.

17 Nachrichten
29 entgangene Anrufe

Immer wieder tanzten diese Zahlen vor meinem inneren Auge herum, schlugen Purzelbäume und verspotteten mich.
Siebzehn. Neunundzwanzig. Siebzehn. Neunundzwanzig. Siebzehn. Neunundzwanzig.
Wütend schüttelte ich den Kopf, damit dieses dämliche Trauerspiel endlich ein Ende nahm und ich wieder klar sehen konnte.
Blake starrte mich immer noch an, jedoch war der entschlossene Ausdruck aus seinem Blick verschwunden. Stattdessen hatte er eine Braue hochgezogen und eine Emotion blitzte in seinen blauen Augen auf.
Irritiert blinzelte ich, doch dann war die Gefühlsregung auch schon wieder verschwunden. Hatte ich mir das nur eingebildet? Und was war es gewesen?
Dieses Mal hat es sich nicht um den belustigten, oder spöttischen Funken gehandelt, der normalerweise Blakes Augen erleuchtete. Nein... Dieses Mal war es etwas tiefgründigeres gewesen. Aber was?

„Ich darf dir keinen Alkohol ausschenken." Scheinbar war Blake wieder ganz der Alte. Mit seiner samtigen, tiefen Stimme, die vor Arroganz nur so tropfte. „Damit würde ich mich strafbar machen."
Ich zog eine Braue nach oben und warf einen demonstrativen Blick zu Harper und Ava hinüber, die sich noch immer noch zur Musik bewegten.
„Ich glaube, darüber musst du dir keine Sorgen mehr machen", bemerkte ich trocken und wandte mich ihm widerwillig wieder zu.

Blake runzelte lediglich die Stirn, bewegte sich allerdings nicht von der Stelle. Seine blauen Augen lagen ruhig auf mir. Sie provozierten mich gerade zu.
Missmutig biss ich die Zähne zusammen und betrachtete geistesgegenwärtig Blakes beeindruckenden Bizeps.

Pat hielt nicht viel von Sport. Er war zwar gut in Form, allerdings ließ sein Körper einige Muskel missen. Mir hatte nie etwas gefehlt, doch jetzt, wo ich Blakes Muskelspiel eingehender beobachtete, fragte ich mich, wie ich für die Männerwelt so blind sein konnte.
Nachdem Patrick und ich in der High-School zusammengefunden hatten, hatte ich keinen Kerl eines zweiten Blickes gewürdigt. Für mich gab es einfach nur Patrick. Für ihn gab es mehr...

Ich schüttelte den Kopf und hob wieder den Blick. Blakes zuckende Mundwinkel verrieten mir, dass mein Starren nicht unbemerkt geblieben war.
„Hör zu, Macy", fing er leise an. Sein süffisantes Grinsen und das spöttische Funkeln in seinen Augen verrieten mir, dass er mir gleich einen weiteren Dämpfer verpassen würde.
Aber darauf konnte ich nun wirklich gut verzichten!

Ich unterbrach ihn mit einer unwirschen Handbewegung.
„Schon klar", fauchte ich genervt, wirbelte herum und stapfte beleidigt zurück ins Wohnzimmer.
Ich konnte Jessicas fragenden Blick zwischen meinen Schulterblättern spüren, als ich frustriert auf das Sofa niedersank. Mit zusammengekniffenen Augen beobachtete ich Harper, Ava und Sienna, die immer noch ausgelassen zur Musik tanzten.

Harper fing meinen Blick auf. Besorgt zogen sich ihre Brauen zusammen, als sie mein Gesicht musterte.
Sie löste sich von den beiden Anderen und ließ sich neben mir auf das Sofa fallen.
„Hey", murmelte sie mit einem vorsichtigen Lächeln. Obwohl Harper leise sprach, übertönte ihre Stimme problemlos die Bässe der Musikanlage. „Alles in Ordnung?"

Ich seufzte und warf den Kopf in den Nacken.
„Siebzehn Nachrichten und neunundzwanzig Anrufe", stieß ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, während mein Blick stur auf das verblichene Weiß der Decke gerichtet war.
Aus dem Augenwinkel konnte ich erkennen, wie Harper irritiert die Stirn runzelte.
„Was?"

„Pat und Cam", entgegnete ich nur stumpf. „Und meine Eltern."
Bei Harper schien der Groschen immer noch nicht gefallen zu sein.
Sie starrte mich eine Weile an und blinzelte verwirrt.
„Pat und Cam", wiederholte sie langsam, als versuche sie, die Namen mit den Zahlen in Verbindung zu bringen.
Ich nickte zustimmend. „Und meine Eltern."

Die graugrünen Augen meiner Freundin fingen an zu leuchten, als sie endlich einen Zusammenhang zwischen meinen wirren Worten herstellen konnte. Allerdings war ihr Triumph nur von kurzer Dauer, denn im nächsten Moment zog ein tiefer Schatten über ihr Gesicht.
„Du hast niemanden gesagt, dass du in Windfield bist, oder?"
Ich zuckte mit den Schultern.

Natürlich war es für Harper verständlich, dass ich Patrick nichts von meinem derartigen Aufenthaltsort anvertraut hatte, aber was meine Familie damit zu tun hatte, ahnte sie nicht.
Wie denn auch? Bisher hatte ich Ava und Harper nur das Nötigste anvertraut.
„Du weißt doch, wie begeistert meine Eltern von Patrick waren", meinte ich, auf ihren bohrenden Blick hin, ausweichend.
Harper musterte mich skeptisch, allerdings hakte sie nicht weiter nach, worüber ich ihr sehr dankbar war.

„Wie lange kennt ihr eigentlich Sienna schon?", wechselte ich rasch das Thema. Ich konnte nicht verhindern, dass eine gewisse Schärfe in meiner Stimme lag, als mir der Name des hübschen Mädchens über die Lippen kam. Harper schien es nicht zu bemerken.
Mit einem verblüfften Lächeln betrachtete sie mich von der Seite, ehe ihre Augen wie von selbst zu Ava und Sienna hinüberflogen.
„Ich wusste gar nicht, dass ihr Beide euch kennt."
„Tun wir auch nicht", entgegnete ich trocken.

In diesem Moment wirbelte Sienna geschmeidig herum und winkte Harper fröhlich zu. Meine Freundin erwiderte ihren Gruß.
Sienna stieß Ava zwischen die Rippen und nur wenige Sekunden später ließen sich Beide keuchend auf das Sofa fallen.

„Du siehst wirklich scheiße aus, Süße", bemerkte Ava mit einem mitleidigen Blick in meine Richtung. Sie kniff die Augen zusammen und musterte mich.
„Danke. Ich hab dich auch lieb", knurrte ich und funkelte sie wütend an.
Entwaffnend hob sie die Hände, aber nicht, ohne ein belustigtes Lächeln auf ihrem Gesicht aufblitzen zu lassen.

Sienna zog eine Augenbraue nach oben und blickte grinsend zwischen Ava und mir hin und her. Sie warf ihre dunkelblonden Locken zurück und sah mich neugierig an.
„Hi", begrüßte sie mich schließlich mit einem offenen Lächeln. „Ich bin Sienna."
„Ich weiß", murrte ich und schluckte meinen Stolz hinunter. Meine Lippen kräuselten sich und deuteten ein Lächeln an.
„Macy."

Siennas Augen weiteten sich überrascht. Neidisch bemerkte ich, wie schön die verschiedenen Blautöne ihrer Iris harmonierten.
„Ach, du bist die Macy?", hakte sie verblüfft nach und taxierte mich noch einmal von oben bis unten, ehe sie Ava und Harper einen Blick zuwarf. „Ich habe schon so viel von dir gehört!"

Skeptisch zog ich eine Braue nach oben. Interessant... Ich hatte von ihr noch rein gar nichts gehört. Das würde ich ihr auch gerne an den Kopf schmeißen, allerdings erlaubte es mir meine Schüchternheit nicht, den Mund zu öffnen.

Schon komisch, wie hitzig ich bei einer Diskussion zwischen Blake und mir werden konnte. Ich warf ihm Sachen an den Kopf, ohne großartig darüber nachzudenken, was ich da von mir gab.
Normalerweise konnte ich das nicht. Ich war wohl die Schüchternheit in der Person. Es kam nicht selten vor, dass meine Zunge sich verknotete, sobald ich einer fremden Person gegenüberstand.
So wie bei Sienna. Aber Blake und Milo hatte mich meine Unsicherheit nicht überfallen.

„Guck nicht so."
Ava zog eine Schnute und drückte mir im nächsten Moment ihre vollen Lippen auf die Wange.
„Du weißt doch, dass wir nur Gutes über dich verbreiten!", fügte Harper zwinkernd hinzu.
Sienna kicherte hinter vorgehaltener Hand und vertrieb somit die Wärme, die sich bei den Worten meiner Freundinnen um mein Herz gelegt hatte.
Ich warf ihr einen wütenden Seitenblick zu, was sie glücklicherweise nicht bemerkte.

„Also ich will noch ein Bier", verkündete Ava plötzlich und grinste, mit wackelnden Brauen, in die Runde. „Wer will auch eins?"
„Ich!", stöhnte ich hoffnungsvoll auf und warf einen unauffälligen Blick in Blakes Richtung.
Mein Atem stockte, als meine Augen auf das stürmische Blau seiner Iris trafen.

Blake sah nicht weg. Als wäre es ihm egal, dass ich ihn gerade beim Starren erwischt hatte. Er erwiderte meinen Blick eindringlich.
Ich kniff die Augen zusammen und versuchte, denn merkwürdigen Ausdruck in seinem Gesicht zu deuten.
Hatte er uns belauscht? Hatte er Avas Frage und meine Antwort darauf gehört? Nein, unmöglich, dass er unser Gespräch, über diese Distanz hinweg, verfolgt haben könnte.
Dennoch war da etwas Wachsames in seinem Blick, dass mich daran hinderte, meine Augen von seinem Anblick loszureißen.
Ich schluckte trocken.

Ava schob sich in mein Blickfeld. Perplex blinzelte ich, ehe ich an ihrer hautengen Jeans empor, geradewegs in ihr Gesicht, blickte.
Mit gerunzelter Stirn strich sie sich eine ihrer schokoladenfarbenen Strähnen aus dem Gesicht und sah mich abwartend an.
„Was?"
„Ohje." Ava verzog missmutig das Gesicht und musterte mich mit besorgter Miene. „Da hat Pat wohl echt eine riesen Scheiße gebaut. Ich bring dir gleich zwei Flaschen mit."

Ohne auf meine Zustimmung zu warten rauschte sie, mit Sienna im Schlepptau, Richtung Küche ab.
Ich konnte Harpers forschen Blick auf mir spüren, dennoch verfolgte ich Ava mit meinem Blick.
Als sie fünf Flaschen aus dem Kühlschrank fischen wollte, gesellte sich Blake, mit einem wissenden Lächeln auf den Lippen, zu ihr.

Ohne darauf zu warten, wie das ganze Szenario endete, stand ich auf, entschuldigte mich mit der Begründung, ich sei müde, bei Harper und verschwand in unserem gemeinsamen Zimmer.

Heute Mal überpünktlich ;)


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