1. Kapitel ✔

Das war eine blöde Idee. Eine wirklich saublöde!
Nervös fingerte ich eine einzelne Strähne aus meinem Haar hervor und klemmte sie zwischen meine Lippen, während ich missmutig das Klingelschild betrachtete. Harris.
Obwohl ich Harper schon seit meiner Kindheit kannte und wir eigentlich relativ gut in Kontakt geblieben waren, nachdem sie für ihr Studium nach Pennsylvania gezogen war, wurde mir doch mulmig zumute.

Was würde meine beste Freundin wohl denken, wenn sie mich, mit meiner völligen Zimmereinrichtung bewaffnet, vor ihrer Haustür auffinden würde? Bestimmt würde sie zuerst nach Pat fragen, nur um gleich darauf in mein verquollenes, rotes Gesicht zu blicken.
Ich sah ihre düstere Mimik schon vor mir: Wie sie die Lippen fest aufeinanderpresste, während die Rädchen in ihrem Hirn angestrengt zu arbeiteten. Sie würde versuchen, sich selbst eine passende Version zusammenzureimen, warum ich völlig aufgelöst in ihre Wohnung platze, ehe ich auch nur einen Ton von mir geben könnte.

Ich seufzte und kaute angestrengt auf meiner rötlichen Strähne herum, während ich mich innerlich wandte, diese verfluchte Klingel zu drücken. Verdammt!

Resigniert schloss ich die Augen und dachte an die gemeinsame Zeit mit meiner Freundin zurück.
Ich fragte mich, ob Harper immer noch so naturvernarrt war, wie damals; ob sie weiterhin regelmäßig die Berge erklomm und die Schönheit der Landschaften erforschte.
Meine Mundwinkel zuckten bei dem Gedanken daran, wie Harp mich und Ava immer zu ihren Wanderungen mitgeschleppt hatte, ohne ihren Frohsinn von unserem Gejammer trüben zu lassen.

Ava... Unwillkürlich tauchte die dunkelhaarige Schönheit vor meinem inneren Auge auf. Sie war, ebenso wie Harper, nach Windfield gekommen, um hier ihr Studium in Schauspielerei zu absolvieren. Die Beiden hatten sich bestimmt nicht aus den Augen verloren.
Wenn Harper mir den Unterschlupf gewährte, den ich suchte, würde ich auch meine alte Freundin wiedersehen.

„Hey." Eine Stimme ließ mich zusammenzucken und ich fuhr ertappt zu der Quelle des Geräusches herum. Ein, etwas schlaksiger Junge, mit dunkelblondem, lockigem Haar und wässrigen Augen erwiderte meinen Blick.
„Suchst du jemanden?", fragte er interessiert.
„J-Ja... Also, nein... ähm." Ich spürte, wie mir das Blut in den Kopf schoss und meine, ohnehin unbrauchbaren Gedanken, vernebelte.

Der Junge grinste mich an. „Na dann."
Er drängelte sich an mir vorbei und ließ einen Schlüssel in Harpers Schloss gleiten. Verdutzt starrte ich ihn an.

„Wohnst du hier?" Wow, was für eine bescheuerte Frage.
Der Lockenkopf drehte sich zu mir um und offenbarte eine Reihe von weißen, perfekten Zähnen, als er mich milde belächelte. Erst jetzt fielen mir die zahlreichen, samtbraunen Sommersprossen auf, die seinen Nasenrücken schmückten und ihn deutlich jünger wirken ließen, als er vermutlich war.
„Nein, ich breche gerade hier ein. Den Schlüssel habe ich mir gestern extra machen lassen", erwiderte er todernst und fixierte mich mit eindringlicher Miene. „Wieso? Wohnst du hier?"

Perplex erwiderte ich seinen Blick. Alle Alarmglocken schrillten in mir, doch ich versuchte, meine gereizten Nerven zu beruhigen. Natürlich war das nur ein Witz, was sollte es denn sonst sein?
Die Witztüte drehte sich wieder um und ließ die Tür mit einem leisen Klick aufspringen.
Noch ehe er einen Schritt in die Wohnung setzte, ging ich in meinem Kopf die Adresse durch, mit der Harpers Briefe geziert gewesen waren.
Nein, ich war hier eindeutig richtig, aber... aber warum zur Hölle stieg dann dieser Typ gerade in die Wohnung meiner besten Freundin ein?

Aus irgendeinem dämlichen Grund schoss mir die Szene aus dem ersten Film von Fluch der Karibik durch den Kopf, wo Jonny Depp die beiden Wächter eines Schiffes überlistete, indem er ihnen die Wahrheit sagte.
Meine erschöpften Synapsen kombinierten diese Erinnerung mit den Worten des Kerls und prompt hatte ich keinen hünenhaften Junge mit einem schrägen Humor vor mir, sondern einen potenziellen Einbrecher, der gerade versuchte, meine Freundin zu beklauen.

Ehe ich wusste, was mein Körper da tat, hetzte ich einen Schritt nach vorne und warf mich auf die Schulter des Jungen.
„Was zur..." Überrascht von meinem plötzlichen Gewicht keuchte dieser lediglich kurz auf, ehe er mit wedelnden Armen nach vorne kippte und mit einem dumpfen Geräusch den Boden küsste.
Der Kerl wandte sich unter mir. Seine dunkelblonden Locken kitzelten mich an der Wange, weshalb ich den Kopf anhob und mein Gewicht auf meine Beine verlagerte.
„Was ist denn falsch mit dir?", schimpfte er auch sofort los. Mit einer blitzschnellen Bewegung beförderte er mich von seinem Rücken, presste seine Handflächen auf meine Arme. Irritiert starrte er mich an und kniff argwöhnisch die wässrigen Augen zusammen.

Er drehte sich langsam Richtung Tür, ohne seinen Blick von mir abzuwenden. „Blake! Ruf die Polizei! Wir haben hier eine Irre!"
„Ich bin keine Irre!", rief ich erbost und stemmte mich gegen das Gewicht des Jungen. Vergeblich. „Du bist doch hier der Gestörte!"
„Ich bin wa..." Er wurde von einem gellenden Aufschrei unterbrochen.
„Macy?!"

Ich hob perplex den Kopf, als ich Harpers Stimme aus dem hinteren Teil der Wohnung vernahm. Und tatsächlich! Nur wenige Sekunden später erspähte ich die honigblonde Haarpracht meiner besten Freundin. „Harp!"
„Sag jetzt bloß nicht, du kennst diese Verrückte!", grunzte der Kerl über mir und ließ im selben Moment meine Ellbogen los, um sich aufzurichten. Mit verschränkten Armen und gefurchter Stirn sah er auf mich hinab. „Das würde zumindest deine schrägen Angewohnheiten erklären."

Harper ignorierte die Worte des Jungen und hastete die letzten Schritte durch den Flur auf mich zu, ehe sie mir auf die Füße half. Verwirrung, aber auch Freude strahlte mir aus ihren graugrünen Augen entgegen. „Was machst du hier?"

„I-Ich...", setzte ich zögerlich an, ehe mein Blick zu einem Foto sprang, dass direkt gegenüber der Wohnungstür hing, um jeden willkommenen oder unwillkommenen Gast zu begrüßen. „Wollte dich besuchen."
„Besuchen, ja?", fragte Harper skeptisch und zog ihre perfekt gezupften Brauen zusammen. „Und du hast Milo angefallen, weil...?"
Verdutzt erwiderte ich ihren irritierten Blick. „Milo?"
„Milo Ward!", sprang der Lockenkopf dazwischen und streckte mir seine Hand hin. „Dein Gewaltopfer und Harpers Mitbewohner."

Perplex starrte ich Milos Hand an. Mitbewohner? Harpers Mitbewohner?
Mein Blick huschte wieder zu dem Foto an der Wand. Ich kniff die Augen zusammen, um das Motiv zu erkennen.
Harper hatte sich auf diesem Bild in eine lässige Pose geworfen; die linke Hand in die Hüfte gestützt, während sie sich mit der anderen Hand die Vorderseite ihres schwarzen Hutes tiefer in ihr Gesicht zog. Ihre schwarzen, enganliegenden Klamotten waren mit bunten Farbklecksen bedeckt und sie lächelte, mit orangefarbenem, verschmiertem Gesicht in die Kamera. Ein großer Ring glitzerte an ihrem rechten Finger.
Flankiert wurde sie auf diesem Foto von Milo und einem weiteren Kerl, welche beide eine dunkle Waffe in die Höhe hielten und sich mit dem Rücken an Harpers Oberarme herandrängten.
Mein Blick verweilte eine Sekunde zu lange auf dem markanten Gesicht des Fremden, ehe ich mich resigniert wieder Harper zuwandte.

„Mitbewohner...", wiederholte ich Milos Worte und fixierte Harper mit meinen Augen. „Du hast einen Mitbewohner?"
„Naja...", druckste Harper herum und drehte nervös den riesigen Ring an ihrem Finger.
„Zwei! Zwei Mitbewohner!", half ihr Milo mit einem schrägen Lächeln aus.
„Zwei Mitbewohner", echote ich resigniert und senkte die Lider.

Das wars also mit meiner Idee, bei Harper Unterschlupf zu finden. Nie und nimmer würden vier Personen in dieser Wohnung Platz finden. Zudem konnte ich doch keine WG mit einem Typen gründen, den ich mit voller Euphorie einfach umgeworfen hatte, oder?
„Wieso hast du mir nie gesagt, dass du in einer WG lebst?"

Der Kloß in meinem Hals schwoll weiter an, als ich mir endlich die Zeit nahm, mich in der Wohnung von Harper und Milo umzusehen. Die Wände waren in einem blütenreinen Weiß gehalten, als hätte man sie erst vor Kurzem neu gestrichen. Ein Garderobenhaken schmückte die, mit unzähligen Bildern verzierte, Wand und stellte ein sicheres Zuhause für zahlreiche Jacken da. Unterhalb davon waren ein paar Schuhe ordentlich auf dem cremefarbenen Parkettboden aufgereiht worden. Ich erkannte Harpers abgewetzte Sneaker, die sie bei unserem letzten Treffen getragen hatte.
Der Flur öffnete sich erst weiter hinten und ich konnte von meiner jetzigen Position aus eine geöffnete Zimmertür erkennen, die an das offene Wohnzimmer angrenzte.

„Weil ich wusste, dass du sie anspringst, sobald ich sie dir vorstelle", meinte Harper plötzlich neckisch und riss mich somit aus meinen Gedanken. Sie fasste mich an den Schultern und musterte mich von oben herab.
Mit meinen 1,55 cm war ich kein besonders großer Mensch und das wurde mir immer deutlich vor Augen gehalten, sobald sich Harper in meine Nähe begab. Sie erreichte glatte 1,76 cm, eine Größe, die ich mir nicht einmal erträumen konnte.
Missmutig starrte ich auf ihr hüftlanges, gewelltes Haar.
„Ich hab ihn gar nicht angefallen", erwiderte ich trotzig und funkelte Milo vorwurfsvoll an. „Ich dachte, dass er bei dir einbrechen will. Immerhin wusste ich ja nichts von deinen Mitbewohnern."

Während Harper mich verdutzt anstarrte, kräuselten sich Milos Lippen zu einem süffisanten Lächeln. „Ironie ist nicht so dein Ding, was?"
„Was sollen die ganzen Koffer?" Harpers Frage befreite mich glücklicherweise davon, mir einen passenden Konter zu überlegen, mit dessen Hilfe ich dieses verdammte Grinsen aus Milos Gesicht wischen könnte, doch stellte mich sogleich vor ein neues Problem.
Welcher normale Mensch nimmt schon vier Koffer mit, wenn er eine Freundin besuchen will?

„Willst du hier einziehen?" Harper drängte sich an mir vorbei und betrachtete das vollgestopfte Gebäck, ehe sie den Reißverschluss meines orangefarbenen Trolleys aufriss. Augenblick flutete meine mintgrüne Tagesdecke den schäbigen Boden des Treppenhauses.
„Nein!" Eilig stieß ich ihre Hand weg, fasste den Stoff und stopfte ihn zurück in den Koffer. Hektisch fummelte ich an dem Reißverschluss herum, doch egal wie sehr ich mich auch bemühte, mein Trolley weigerte sich, die Tagesdecke wieder zu verschlingen.
Mit zitternden Fingern rüttelte ich kräftiger an dem verfluchten Ding.
„Macy." Harpers sanfte Stimme erreichte mich kaum durch den verdichteten Nebel, der mein Hirn in Beschlag genommen hatte.
Mühsam presste ich die Lippen aufeinander und zog mit einem kräftigen Ruck an dem Reißverschluss.
„Macy!" Die Stimme meiner Freundin hatte einen scharfen Klang angenommen. Ich spürte den Druck ihrer Hände an meinen Schultern, als sie versuchte, mich aus dieser lächerlichen Pack-Trance zu befreien, doch ich reagierte nicht auf sie.

Selbst wenn ich wollte, könnte ich ihr jetzt nicht in die Augen sehen. Ich war so dumm gewesen zu glauben, sie hätte ein Zimmer für mich übrig. Es war so naiv von mir gewesen zu denken, dass ich ohne Vorwarnung vor ihrer Wohnungstür auftauchen könnte und sie mich mit offenen Armen empfangen würde.
Ich war so verzweifelt, dass ich unwillkürlich mit dem Gedanken spielte, zu Pat zurückzukehren und ihm eine zweite Chance zu geben.
Verdammt! Selbst wenn Harper kein Zimmer für mich hatte, könnte ich immerhin noch bei Ava anklingeln, ob sie eventuell eine Bleibe für mich hätte. Immerhin wohnte sie ebenfalls hier in Windfield und studierte, ebenso wie meine andere Freundin, auf der Universität dieser kleinen Stadt.
Ich würde schon eine Lösung finden! Selbst wenn ich dafür meinen verfluchten Arsch aufrappeln müsste, damit ich mir eine eigene Wohnung suchen und auch bezahlen konnte. Ich würde alles tun, um nicht mehr in Versuchung zu geraten, Pats verdammte Nummer zu wählen!

„Macy, verdammt! Du schrottest noch deinen bescheuerten Koffer!", fauchte Harper in diesem Moment ungehemmt los.
Doch noch bevor sie ihre Hand austrecken konnte, um meine Finger vom Reißverschluss zu nehmen, erklang ein leises, verdächtiges Geräusch und im nächsten Moment starrte ich auch schon auf das Debakel. Scheibenkleister!

Harper kniete sich neben mich auf den Boden des Treppenhauses und nahm mir den abgerissenen Teil des Reißverschlusses aus der Hand. Seufzend betrachtete sie die Tagesdecke, welche nur zum Teil von meinem Trolley verschluckt wurde. „Scheiße... Du willst wirklich einziehen, was?"
Ich schürzte die Lippen, um das jämmerliche Beben zu unterdrücken und nickte knapp. Milo stand immer noch im Türrahmen und beobachtete uns mit neugieriger Miene.
„Aber was ist mit dem Haus? Pat und du...", Harper brach ab. Ein wissender Ausdruck huschte über ihr Gesicht, ehe ihre Züge düster wurden. Mit zusammengekniffenen, graugrünen Augen blickte sie zu mir hinab und nickte vage in die Richtung meiner Koffer. „Was hat der Bastard gemacht?"
Beschämt senkte ich den Blick, als sich Tränen in meinen Augenwinkel sammelten und zog nervös eine rötliche Strähne meines kinnlangen Haares zwischen meine Zähne.
„Ich will nicht darüber reden...", stieß ich mit zittriger Stimme hervor. „Nicht jetzt." Mühsam blinzelte ich die Tränen weg, die die Gedanken an Pat hervorgerufen hatten.

Harper grunzte unzufrieden, ehe sie sich wiederaufbaute und mich mit einem sanften Griff an den Schultern mit nach oben zog.
„Dir ist aber schon bewusst, dass ich ihn kastrieren werde, wenn er mir das nächste Mal über den Weg läuft?", fragte sie mit hochgezogener Augenbraue. Unwillkürlich brachte mich die Vorstellung, wie Harper meinem Ex-Freund die Eier absägte, zum Kichern. „Damit kann ich leben."

Harper lächelte mich warmherzig an und schlang ihre Arme um meinen Hals. „Ich hab dich vermisst, Macy."
Ihre Stimme wurde von meinen zerzausten Haaren gedämpft und dennoch lösten diese Worte den Knoten in meinem Bauch. Ich kuschelte mich tiefer in die tröstliche Umarmung und atmete Harpers vertrauten Duft nach Zitrusfrüchten ein.
Ihre Berührung fühlte sich wundervollen an. Es war, als würde ich nach all der Zeit endlich ankommen.

„Ich will euch Beide ja nicht stören", brach Milo das Schweigen und zog sich die graue Mütze tiefer ins Gesicht. „Aber ich denke, du musst da etwas mit uns besprechen, Harp."
Widerwillig löste ich mich aus der Umarmung und fasste blindlings nach meinem demolierten Trolley.
„Nein, muss sie nicht. Ich werde mir einfach etwas Anderes suchen", winkte ich schnell ab. „Vielleicht rufe ich Mal bei Ava an", fügte ich zögerlich hinzu, als ich den Blick meiner besten Freundin bemerkte.
„Ava?", hakte diese mit einem verächtlichen Schnauben nach und kniff die Augen zusammen. „Willst du den Rest deines Lebens damit verbringen, deiner Freundin beim Sex zuzuhören?"

Ich wandte mich unbehaglich unter dem Blick der Beiden und schüttelte schließlich den Kopf. „Ava würde schon etwas Rücksicht zeigen. Immerhin hat sie nicht jede Nacht einen neuen Typen an der Angel."
„Oh doch, das hat sie", entgegnete Harper mir prompt und rollte mit den Augen. „Glaub mir, Macy. Ich habe nur eine Woche überstanden, ehe ich ausgezogen bin."

„Also ich hätte grundsätzlich nichts gegen eine dritte Mitbewohnerin", warf Milo in unser Gespräch ein und warf mir einen kritischen Blick zu. „Solange du deine Überraschungsattacken in Zukunft unterlässt."
Harper warf ihm einen dankbaren Blick zu, ehe sie sich hoffnungsvoll an mich wandte.
„Blake wird auch schon nichts dagegen haben", versuchte sie mich zu locken.

„Gegen was werde ich nichts haben?" Die tiefe, raue Stimme schreckte uns alle auf und ich wäre beinahe über meinen Koffer gestolpert, hätte mich Harper nicht rechtzeitig am Arm festgehalten.
Meine Augen flogen zu dem schwarzhaarigen Kerl hinüber, welcher sich neben Milo im Türrahmen aufgebaut hatte und mich mit gerunzelter Stirn betrachtete. Er war unverkennbar der Typ auf dem Foto, dass ich zuvor im Flur gesehen hatte. Nur ohne das Lächeln.

Perplex starrte ich den Fremden an und ließ meine Augen langsam über sein kantiges Gesicht wandern. Wie von selbst verschlang ich jedes Detail, dass sein Aussehen zu bieten hatte. Von den dunklen Bartstoppel an seinem Kiefer, über die markanten Gesichtszüge und das Tattoo, dass sich über seinen Oberarm schlängelte, bis hin zu der kleinen Narbe an seiner rechten Augenbraue, die dafür sorgte, dass diese Stelle nur spärlich behaart war. Und diese wunderschönen, frostblauen Augen, die mich abschätzig musterten.

„Blake, das ist meine Freundin Macy", murmelte Harper zögerlich und schlang den Arm fester um meine Schulter.
Blake nickte mir vage zu. „Die Irre", bemerkte er mit einem kurzen Seitenblick zu Milo, der seine Vermutung mit einem knappen Nicken bestätigte. „Die Irre."
„Ich bin keine Irre", protestierte ich augenblicklich und funkelte die Beiden wütend an.
„Wie dem auch sei, Macy wird eine Weile bei uns wohnen", funkte Harper erneut dazwischen und warf Milo einen eindringlichen Blick zu. „Nicht wahr, Milo?"

Die dunkelblonden Locken wippten, als Milo sich einen Hauch zu schnell herumdrehte und Blake zustimmend gegen die Schulter boxte. „Ja, Alter. Das stimmt."
„Wohnen? Eine Weile?" Anhand seines grimmigen Ausdrucks und dem monotonen Klang seiner Stimme konnte ich erkennen, dass Blake alles andere als begeistert von dieser Idee war.
Als sich unsere Blicke kreuzten, versuchte ich mich an einem attraktiven Lächeln, was er jedoch mit einem Grunzen kommentierte. „Auf keinen Fall."
Das Lächeln gefror mir auf den Lippen, noch ehe es sich wirklich zu seiner Größe entfalten konnte.
„Warum nicht?" Die Frage entwich mir, ehe ich sie zurückhalten konnte. Harper warf mir einen überraschten Blick zu, was ich ihr nicht verübeln konnte.

Normalerweise war ich in Anwesenheit Fremder schüchtern und zurückhaltend. Ich überließ anderen das Reden, während ich mich still und heimlich im Hintergrund hielt.
Ich weiß nicht, was mich dazu bewegt hat, diese Scheu abzulegen und Blake direkt anzusprechen.
Vielleicht lag es daran, dass sein Anblick mein Herz schneller schlagen ließ und ich mir unwillkürlich wünschte, er würde mich mögen? Ich weiß es nicht.

„Wir haben keinen Platz", erwiderte Blake lediglich. „Oder täusche ich mich etwa?"
Diese Frage war ganz eindeutig an Milo und Harper gestellt worden, doch ich war komischerweise die Erste, die es schaffte, ihre Lippen voneinander zu lösen.
„Ich könnte mir mit Harper ein Bett teilen. Das wäre kein Problem, oder?" Ich warf meiner Freundin einen fragenden Blick zu, woraufhin sie schnell den Kopf schüttelte.
„Das würde gehen!", stimmte sie mir zu.
Siegessicher wandte ich mich wieder Blake zu und stutzte, als ich das zornige Funkeln in seinen blauen Augen erkannte. Sofort versagte meine Zunge ihren Dienst und blieb wie ein Klumpen Ton an meinem Gaumen liegen.

Mit dem grimmigen Gesichtszügen und den funkelnden Augen sah er durchaus gefährlich aus. Zudem spannte sich sein Bizeps unter dem grauen T-Shirt bedrohlich an, als wäre er bereit, jederzeit zum Schlag auszuholen.
Sein Kiefer mahlte angespannt, als er mit zusammengekniffenen Augen erst mich, dann Harper musterte. „Nein."

„Ach Blake, komm schon! Nur eine Woche. Wo soll sie denn sonst hin?" Harper ließ meine Schulter los und trat einen Schritt auf Blake zu. Sie neigte den Kopf zur Seite und berührte ihn flehend am Arm.
Blake seufzte auf und fuhr sich mit der Hand durch die dunklen Haare, welche an der Seite etwas kürzer waren und sich oben, in üblicher BadBoy-Manier wölbten. Wie eine eingefrorene Welle standen sie von seinem Kopf ab.

„Fünf Tage. Dann ist sie wieder weg." Blake warf mir einen kurzen, undefinierbaren Blick zu, ehe zurück in die Wohnung kehrte. Erst als die dumpfen Geräusche seiner Schritte versiegt waren, fiel mir Harper quietschend um den Hals. „Keine Sorge. Aus den fünf Tagen mache ich einen ganzen Monat!", flüsterte sie mir siegessicher ins Ohr, ehe sie mich am Ellbogen durch die Tür nach drinnen zog.

„Milo, bist du so lieb und bringst Macy ihr Gepäck in mein Zimmer?", fragte Harper unseren Mitbewohner und lächelte ihn zuckersüß an, ehe sie mich auch schon in das offene Wohnzimmer führte.

So, das ist das erste Kapitel meiner neuen Geschichte 'About Us', die am 5. Oktober offiziell startet bzw. weitergeht und dann jeden Freitag geupdatet wird (Da ich es vermutlich sowieso nicht einhalten würde, lege ich mich Mal nicht an eine Zeit fest :D ).

Übrigens soll das der erste Teil einer Trilogie werden - Mal sehen, ob ich es schaffe ^^

Über Feedback und Kritik würde ich mich sehr freuen <3 :)

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