19. Und?

Maeve P.o.V.

Hätte ich gewusst, dass es so traumhaft und magisch sein würde neben Mace aufzuwachen, hätte ich sämtliche Hebel in Bewegung gesetzt ihn irgendwie früher zu treffen, koste es was es wolle.

Ich bin erst achtzehn, aber ich habe in meinem Leben noch nichts gespürt, dass sich so richtig angefühlt hat, so leicht und so fast-perfekt.

Mace schläft ohne Shirt, ohne Pulli, sprich optimal, um seinen trainierten Bauch, sämtliche Muskeln und Narben auszuspähen. Knapp unter den linken Rippen hat er eine schmale, helle Hautstelle, wie von einem Messerschnitt.

Jetzt allerdings habe ich einzig und allein Augen für sein Gesicht, seine Haare. Eigentlich bin ich keine Rückenschläfer, aber diese Nacht schien das die beste Lösung zu sein. Mace Arm liegt unter meinem Nacken, vollkommen entspannt, wie jegliche Gesichtsmuskeln. Die Locken kringeln sich munter und frei in seine Stirn, ein bisschen über die Augenbrauen. Seine Lippen liegen so sanft, so verlockend federleicht aufeinander.

Am liebsten würde ich schreien davonlaufen. Seit wann bin ich so hypersensibel und schnulzig geworden, dass all diese Dinge in meinem Kopf aufpoppen, wie Platzregen und bleiben liegen wie fester Schnee.

Fraglich, wie ich gestern ins Bett gekommen bin, die logischste und wahrscheinlichste Erklärung ist, dass Mace mich hochgetragen hat. Aber... wann bin ich eingenickt? Ich glaube, ich weiß noch wie sie das Monster im Stadion verfolgt haben, aber mehr...

Er sieht so friedlich aus, wie ein Engel. Wie Karamell.

Mein Blick gleitet zu dem silbernen Atomwecker auf seinem Nachttisch – ein schlichter, schmaler Beistelltisch mit quadratischer Platte und Lampe. Halb zehn... Als wir den zweiten Teil angefangen haben war es glaube ich etwa halb zwölf...

Ein schlechtes Gewissen verströmt sich allmählich in meinem Geist. Natürlich werden die Jungs das verstehen, dass ich müde war von der Arbeit, aber es tut mir unheimlich leid gegenüber Mace. Ich wollte nicht einfach so wegkippen...

Mace Augenlider flackern so urplötzlich, dass mein Herz einen Moment stillsteht, ich spüre seine Hand auf meiner Taille, die wild zittert, sachte kneift. Vorsichtig streiche ich über seine Wange, lehne mich nach vorn und streife seine Lippen mit meinen. Ich hasse Alpträume, wer tut das nicht, aber jemanden, den man liebt, dabei zu sehen, ist immer etw-...

Liebt.

Okay.

Nein, unmöglich. Wir kennen uns eine Woche und das hier ist sowieso alles überdurchschnittlich schnell. Dahinter steht keine Eile, kein Drang, sondern ein Gefühl, dass es richtig ist, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass wir uns in Lichtgeschwindigkeit bewegen und alles andere regulär weiter tickt. Nein, er bedeutet mir nur unendlich viel, zu viel für diese...

Was hacke ich eigentlich immer auf der Zeit herum? Es ist jene endlose Diskussion mit mir selbst: Glaube ich an die wahre Liebe, glaube ich an das Schicksal und daran, dass manche Dinge einfach sein sollen? Jein. Wie sollte man nicht daran glauben, wenn genau so etwas, genau so jemand wie Mace auftaucht, aber wie sollte ich, wenn die Dinge mit Ashton so schmerzhaft waren?

Als er langsam ins Licht blinzelt muss ich automatisch lächeln. „Guten Morgen.", wispere ich, nur wenige Zentimeter von seinen Lippen entfernt.

Es war nicht meine Intention ihn zu wecken, aber vermutlich besser als ein Alptraum. Einen Augenblick lang mustert er mich nur ungläubig, bis er schließlich ebenso selig lächelt. „Daran könnte ich mich gewöhnen."

„Ich mich auch." Ich hauche ihm noch einen Kuss auf den Mund. Vielleicht sind seine Lippen mehr wie Karamell, als seine Haare. Ich liebe Karamell-Bonbons oder Karamell-Popcorn, vielleicht bin ich deswegen süchtig nach seinen Lippen, die wiederum nach Zimt schmecken, was ich immer noch nicht nachvollziehen kann. Er kann mir dafür nach wie vor keinen plausiblen Grund nennen. Ich weiß nicht, ob er sich heimlich vor dem Schlafengehen Labello auf die Lippen geschmiert hat oder tatsächlich keinen Schimmer hat, aber das ist etwas, an dem ich rein gar nichts auszusetzen habe. Zimtige Lippen sind... Ich weiß nicht... märchenhaft, zu schön, um wahr zu sein.

Plötzlich hebt er seinen Arm an, jener, auf dem ich liege, und zwingt mich quasi dazu, unmittelbar an ihm zu lieben, das Ohr auf seiner Brust, seinen Herzschlag hörend... Er drückt seine Lippen auf meinen Scheitel und ich muss sagen... Es gibt kaum ein schöneres Gefühl.

Instinktiv, wie eine Spinne, lasse ich meine Hand über die Haut fahren. „Tut mir leid, dass ich gestern einfach weggenickt bin...", murmle ich schuldbewusst. Kein großer Kloß, doch er eine kleine Version steckt in meinem Hals. Ein albernerer Grund sich schuldig und schlecht zur fühlen... Die Arbeit ist dafür verantwortlich, die gestressten, unordentlichen Menschen.

Ich bemerke, wie er sich eine gelöste Haarsträhne geangelt hat, sie um seinen Finger wickelt und sobald ich fertig gesprochen habe, damit stoppt. „Bitte? Vee, dafür brauchst du dich nicht entschuldigen."

Unsicher, obwohl ich ihm Glauben schenke, allein wegen seiner traumhaft rauen Morgenstimme, lege ich den Kopf so weit in den Nacken, um ihn ansehen zu können. „Aber ich sollte...-" „Hör auf." Mace grinst mich belustigt an, als hätte ich ihm von einem misslungenen Hechtsprung vom drei Meter Brett erzählt. Plötzlich tippt er mir auf die Nasenspitze, bei jedem Wort. „Ich versteh das, die Jungs erst recht."

Unmöglich nicht zu schmunzeln. „Danke fürs hochtragen." „Wenn ich dafür immer so aufgeweckt werde, nichts lieber als das."

„Bah, du bist so kitschig."

„Du nicht?"

„Nein?"

„Mein kleiner Teufel."

Bevor ich irgendwie reagieren kann, was ich rein theoretisch auch überhaupt nicht getan hätte – praktisch ebenso wenig –, presst Mace seine Lippen auf meine und liegt über mir. Die Unterarme links und rechts neben mich gestützt, die Locken baumeln wie Trauerweidenäste über mir. „Teufel?" Noch ein Kuss. „Hübscher Teufel."

„Besser."

Automatisch schlinge ich meine Hände um seinen Hals und ziehe ihn zu mir herunter, damit er nicht die geringste Chance hätte zurückzuweichen, obwohl... ich bezweifle, dass er das tun würde.

***

Mace P.o.V.

Fast...

Nur fast... So viel Anstand hat meine Vee. Vee, ich glaube ich lass das mit Maeve sein, Vee ist... frecher.

Ich glaube ich habe sie angestarrt, als hätte sie drei Augen, nachdem sie mir offenbart hat, sie wäre längst nicht so mutig wie es mir all die Zeit vorgekommen ist. Schon klar, eine Woche...

Ihre schlagfertigen Antworten, die Courage mich zu küssen, das kaum sichtbare Zögern, falls sie das überhaupt je tut, dachte ich, nur Schein? Nein, bestimmt nicht. Ich glaube, tief drin, ist Vee voller Mut und Selbstbewusstsein, aber das weiß sie nicht. Sie hätte mich nicht geküsst, wenn sie so unfassbar schüchtern wäre, oder hätte Murph so auf die Palme bringen können. Er hat selten ein Mädchen gesehen, dass ihm so Paroli bietet und vor allem mit so viel Klasse und Niveau wie meine Freundin.

Meine Hand wackelt wie eine von diesen Wackelkopf-Figuren in der Luft herum, während ich ihr nachsehe und logischerweise winke. Logisch... Alles ist logisch. Nein, mit Maeve ist nichts logisch, dass ist alles ein Gefühl, ein Gefühl, dass verdammt viel Sinn ergibt und dass sich so fest in sämtlichen Partien meines Hirns, meines Körpers verankert hat, als hätte es schon immer zu mir gehört und würde mich umbringen, sollte ich es entfernen, oder sie.

Sobald sie um die Ecke ist und mir ein letztes Lächeln schenkt, zehre ich längst wieder danach, ich habe von diesem Mädchen nicht mal annähernd genug.

Seufzend klappe ich die Haustür zu, nehme einen letzten befreiten Atemzug, bevor ich mich in die Bresche schmeißen werde. In die Höhle der Löwen in Form meiner Kumpels.

Großartig.

Keine Frage, sie lieben Vee, wie auch nicht, aber ich ahne stark, was folgt. Nicht die 'Und? Wie findet ihr sie?'- Konversation, sondern 'Du bist das Volltrottel!'- Gespräch.

Ich weiß.

Ich weiß, alles was sie sagen... stimmt. Ich weiß es, was genau sie mir vorwerfen, was ich falsch mache und dass sie es nur gut meinen.

Verlegen, ja verlegen und trotz meines Wissens schrecklich nervös, schlurfe ich in die Küche. Murph und Isaac, der natürlich schon sein zweites Musli futtert, sitzen auf den Barhockern, den Rücken zum Fenster, aus dem Mann zur Straße hinausblicken kann, den Rücken zum Waschbecken, zum Kühlschrank, aber nicht zu mir. Nein, die Türe ist seitlich daneben, und ich lehne mich sowieso an den Schrank. Von hier aus liefere ich mir regelrecht selbst aus, denn Max und Mika lungern noch am Esstisch, auf der Eckbank und studieren meinen Ausdruck.

„Und?", hätte ich fragen können, stattdessen sage ich nichts. Ich schweige. Der Raum fühlt sich an, als hätte jemand – Maeve, als sie ging – die Luft herausgesaugt und nun schnüren meine Jungs mir die Kehle ab.

„Du bist ein Idiot!" Wie recht Isaac doch hat.

„Und ein verteufelter Glückspilz!" Welch Ironie, danke Murph. „Warum, Mace? Warum!"

Mein großer Zeh, munter in langweiligen schwarzen Socken, tippt unruhig auf dem Parkett herum. Nicht die beste Reaktion, nein, ein Schuldeingeständnis, dass ich sowieso nie abgestritten habe.

Da keine Antwort von mir kommt, nimmt Max das wohl als Anlass seine Logik behaftete Meinung, für die ich ihn sonst liebe, kundzutun. „Mace... Du weißt, dass es eine Frage der Zeit ist, bis sie rausfindet, wer du, wer wir sind. Ich spreche für uns alle, wenn ich sage, wir wollen sie nicht anlügen. Maeve ist was Besonderes, ja, aber, wenn du ihr das weiterhin verschweigst, du musst nicht mal mehr lügen, dann treibst du sie von dir weg."

Ich schlucke. Ein hilfloses Schulterzucken. Als wüsste ich das nicht.... Aber wenn es jemand wahrhaftig laut ausspricht, die an den Kopf wirft, ohne es so hart werfen zu wollen... „Ich weiß nicht wie...", stammle ich.

Ja, ja, ja. Ich bin der größte Lebende Widerling. Selbst wenn ich Maeve nicht anlügen würde, ihr das, dieses riesige Etwas, zu verschweigen, ist mindestens genauso schlimm. Aber gelogen habe ich sowieso schon, als ich ihr mit dem Tontechniker zugestimmt habe, als ich das mit Murphs Großeltern und diesem Haus, der Arbeit von uns im Studio, bestätigt habe. Als ich Murph stellvertretend gezwungen habe zu lügen.

Einerseits bin ich von ihrem Verständnis überzeugt, sie würde meine Gründe nachvollziehen können, aber gleichzeitig auch nicht. Andererseits... Sie würde mir das nicht mehr verzeihen. Die Dinge, die sie angedeutet hat, was ihr Ex-Freund getan hat...

„Man! Du hättest von Anfang an ehrlich sein sollen." Mika. Am liebsten würde ich sagen, er kann gut reden, aber er kann es wirklich. Bei ihm und Peyton war das ähnlich. Sie steht zwar selbst im Rampenlicht, Instagram und Co., aber Mika hat es ihr beim ersten Date sofort gesteckt und Peyton hat darüber nur überrascht geschmunzelt, mit den Schultern gezuckt und gemeint, das wird schon, wenn es soll.

„Als ich im H&M mit ihr im Lager war?"

„Ja, zum Beispiel. Hör zu, ich versteh, dass es mit ihr anders ist, als bei Toni und mir, aber deine Beziehung hat einen Stempel drauf, mit rotem Datum. Keiner weiß wann, aber wir wissen Alle, dass..."

Wow, er hat den Punkt ziemlich gut getroffen.

Schweigen überhüllt uns, ein explosives, tödliches Schweigen. Ich spüre Murphys Blick auf mir, alle Blicke auf mir, nur ich stiere wie ein verblendeter Angsthase in den Boden, zu scheu und feige etwas zu tun. „Du wirst es ihr nicht sagen, oder?"

Murph kennt mich am besten. Es spielt keine Rolle, dass ich Mika und Max genauso lange kenne, oder dass ich zu Isaac sofort einen Draht hatte, denn auf diese seltsame Universum-Weise ist es Christopher O'Conry, der mich durchschaut wie kein Zweiter.

Wieder schweige ich. Ich bin ein ekelhafter Feigling, ein Weichei.

Ich spiele mit Maeves Gefühlen, mit meinen, mit der Ehrlichkeit von meinen Freunden und natürlich mit dem Glück.

„Wir werden mitmachen... Solange du das willst und jeder andere auch, ich bin mir sicher, aber du weißt... Es wird böse enden."

Selten war ich so dankbar über Worte. Er mag gelegentlich ein Schwachkopf, Quatschkopf oder sonst was sein, Rebell oder Chaot, aber tief im Herzen ist er so klug wie Max und Mika zusammen. Er zeigt das kaum, aber wir vier wissen es und ich bin mir sicher, Maeve hat das auch gemerkt.

„Wir verstehen dich. Glaub mir, es ist verlockend jemanden zu haben, bei dem du weißt, dass er dich wirklich deinetwegen liebt und deinen Charakter würdigt." Isaac.

Wir alle kennen es. Sobald du Ruhm hast, weißt du nicht mehr eindeutig, wer dich wirklich mag, oder wer nur etwas abhaben möchte.

Isaac hat das ziemlich schnell kapiert, Max wusste es sofort, Mika, Murph und ich haben eine Weile gebraucht und nach vier Jahren im Scheinwerferlicht lernt man das. Man gewöhnt sich daran, findet sich damit ab, dass es eine unwiderrufliche Entscheidung war. Du weißt, dass es ein Segen ist, deine Musik zu leben, davon zu leben, aber es ist genauso ein Fluch. Egal wie man es dreht und wendet, egal wie viele Promis das vorher schon gesagt haben, du glaubst, du kannst es besser, kannst dein Privatleben besser schützen oder deine Normalität wahren, aber ganz ehrlich? Nein.

Das kannst du nicht. Kein Stück. Du kannst du selbst bleiben, aber dein Leben wird von der Presse, den Fans -die du eigentlich liebst- und den Hatern zerrissen, ausgetreten und diskutiert.

Alles was du tust, mit wem du etwas anfängst oder nicht, wenn du anschreist oder auch nicht, bekommt eine Spalte in der Klatschzeitung, einen Post auf Instagram oder Twitter. Falschmeldungen, verdrehte Sachverhalte....

„Mace..."

Oh, ich drifte ab. „Manchmal wünsche ich mir wieder in Hailsham zu sein.", brumme ich aus dem Nichts.

Es ist wahr. Natürlich bin ich dankbar für alles, aber ich würde lügen, zu behaupten, ich würde meine Heimat, die Ruhe, den Trott dort nicht vermissen. Ein bisschen was wird immer daran hängen, glaube ich.

„Ich auch."

So geht es reihum. Jeder vermisst es... Aber gleichzeitig auch nicht.

Vier Jahre und man kann es nur akzeptieren. Es war unsere Entscheidung, unser freier Wille. 

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HeyHo, 🌹

na alles fit? 

 Hättet ihr genauso wie Mace gehandelt? 

Was sind eure Vermutungen wie es weitergeht?

LG & XOXO

eure Maggie 🧡

Ps. Schaut gerne mal bei LATE vorbei, bald kommt das erste neue Kapitel. (Oder beim Klassiker: CLIVE)💘

Pps. Folgt mir auf Instagram: @somelittlestories16

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