17. Kirschrote Krawatte

Maeve P.o.V.

„What's my name, huh? What's my name?"

Ein schwerer Fehler, Murphy tatsächlich Murphy zu nennen und nicht Murph, so wie er es mir nicht nur angeboten hat, sondern mich regelrecht dazu verdonnert hat, als er mir das klassische Malerhemd zugeworfen hat. Ein altes, kariertes Knöpfhemd mit unzähligen bunten Farbsprenkeln, das mir gnadenlos zu groß ist und fast bis zu den Kniekehlen reicht. Ich musste die Ärmel dreimal umstülpen, dabei hat er mich schamlos ausgelacht. „Du siehst wirklich göttlich aus." Und zack, hat er ein Foto gemacht: flacher Pferdeschwanz, das XXXXL-Hemd und schwarze Leggins, aber die Krönung waren definitiv die knallpinken Clogs – genauso zu groß.

Und während wir Stück für Stück das Weiß überpinselt haben, bin ich nicht mehr aus dem Lachen herausgekommen und habe eine markante Sache bemerkt:

Murph ist einer der verrücktesten Box-Fans, die ich kenne, schlimmer als Pierce. Sämtliche Muhammad Ali Geschichten, Anekdoten über Mike Tyson und brandaktuell Anthony Joshua, durfte ich mir anhören. Eigentlich nichts zum Lachen, aber die Art, wie Murph das erzählt, ist zum Wegschmeißen.

Es ist, als hätte er Dutzende Biografien verschlungen und sich unzählige Kämpfe angesehen, Live, im Fernsehen oder vielleicht war er selbst im Ring... könnte man glatt denken.

„Ich bitte um Vergebung."

„Angenommen." Patsch! Schon prangt ein kleiner, blauer Fleck an meiner Wange. Vielleicht hätte ich auf die Leiter steigen sollen.

„Du Monster!", fluche ich und schleudere einen Pinsel voll zurück, quer über sein Gesicht, was ihn natürlich empört aufatmen lässt.

Bevor er jedoch seine Rolle - mittlerweile klatsche ich die Farbe mit Pinsel von einem Deckel an die Wand und er tunkt seine höchst professionelle Malerroller in den halbvollen Eimer – herausziehen kann und zum Gegenschlag ausholt, hebe ich die Hand. „Nein! Ich bin hier nur zu Gast, du hast Zeug zum Wechseln!"

Die Farbe tropft zurück, er überlegt, wägt ab, ob meine Argumentation Sinn ergibt und er mich tatsächlich verschonen sollte. „Nur dieses eine Mal, Vee."

Vee, das hat tatsächlich noch keiner getan, mich so genannt.

Und... es ist auch nicht Murphs Einfall gewesen, hat er gestanden, sondern Mace.

Wir haben etwa eine halbe Stunde schon gestrichen, als ich ihm von der Bea-Aktion berichtet habe und daraufhin fast gestorben wäre vor Lachen. „Du bist wirklich ein wahrer Teufel, Vee."

„Vee?", habe ich gefragt und Murph blinzelte schuldbewusst, er war abrupt ernst, nur ein seichtes, unvermeidliches Grinsen. „Mace.", murmelte er, „Mace hat dich mal so genannt."

Vee...

Irgendetwas umgibt Murph, dass mich widerstandslos entspannt. Als er die Musik wieder aufgedreht hat – ein bisschen gemäßigter, nachdem ich ihn auf die Nachbarn hingewiesen habe und er etwas von „Tust du nie was Verbotenes" gemurmelt hat, wusste ich, dass wir gute Freunde würden. Das erste Lied war Paradise City von Guns N' Roses.

Auf die Frage, ob er Rock höre, meinte Murph, er würde modernen Rap und R&B bevorzugen, aber zwischendurch „dröhnt" er sich gerne mit den „Klassikern" zu, was die CDs im Auto erklären würde.

Es kam mir nicht vor wie eineinhalb Stunden, nicht im Geringsten, viel mehr wie zehn Minuten.

„Schon klar.", strahle ich frech, „Jetzt erzähl fertig."

Er hatte bis eben von Alis Widerstand gegen dessen Einberufung für den Vietnamkrieg berichtet. Grob wusste ich darüber Bescheid, Pierce hatte davon zu Beginn unserer Zeit etwas gebrabbelt, aber das war längst wieder aus meinem Kopf geflogen.

Und schon legt er wieder los. Vollkommen in seinem Element und das faszinierende, was er nicht mal selbst bemerkt, glaube ich: Murph reimt in seinem Redefluss. Er reimt, ohne es zu beabsichtigen, er reimt, als würde er seinen Lebtag nichts anderes tun.

„Was in aller Welt machst du mit meiner Freundin?"

Ein stummer Schrei flieht aus meiner Kehle. Deckel und Pinsel klatschen auf den Malerfließ-bedeckten Boden und ich springe einen Schritt zurück. Richtig, ich springe einen Schritt von der Wand weg, weil Mace Stimme durch die Zimmertür ertönt...

Eine Hand presst sich auf meine Brust, an mein Herz, die andere hindert meinen Mund an weiteren Schreien.

Als wäre meine peinliche Reaktion nicht schon schlimm genug...

PLATSCH!

Instinktiv kneife ich meine Augen so fest zusammen wie ein Brett in einem Schraubstock und die Lippen ebenso.

Es fühlt sich an wie die Ice-bucket-Challenge, zu der mich Maria und Pierce gemeinschaftlich gezwungen haben, nachdem die beiden Helden es zuerst vollzogen haben und dabei – ja beide, auch Pierce – einen entsetzlichen Kreisch-Laut von sich gegeben haben.

Aber es ist kein Eis, sondern Farbe... Farbe, die über meine Haare, mein Gesicht meinen Hals, meine Schultern und in meinen Ausschnitt läuft.

Ich bin ein positiver Mensch. Ekelhaft positiv, sagt Pen. Also: Immerhin kein Capriblau, sonst sähe ich aus wie ein Schlumpf.

Schritte, Luft schnappen und schließlich lautstarkes Gepruste und Gegacker.

„Nein!", stoße ich aus, wische den rinnenden Farbfluss von meiner Nase, „... das ist jetzt nicht passiert."

„F*ck." Ein reueloses Glucksen von Murph.

„Christopher..."

So heißt der Gute und verabscheut diesen Namen mindestens so sehr, wie meine Schwester das Sieben-Uhr-Aufstehen.

Die Leiter klackert, er traut sich tatsächlich herunter?

Zimmerwarm rinnt die Farbe auf meiner Haut und zwischen dem Stoff hinunter.

Dem Gelächter nach, amüsieren sich die Jungs köstlich darüber, den Tap-Klack-Geräuschen zur Folge traut Murph sich allen Ernstes herunter.
Im Grunde ist es sowieso zu spät für irgendeine Rettung, weshalb ich nach dem Saum des Hemdes greife und meine Augenpartei halbwegs frei wische. Eine elende Sauerei, meine Handrücken sind schmierig davon, meine Haare triefen und tropfen vor Farbe, ich spüre das Extra-Gewicht.

Vor fünfzehn Minuten hatte ich mit Murph über die kritische Malerkübel-Position verhandelt. Er hatte ihn auf dem Knie stehen, eine Hand am Henkel. Mein Vorschlag war, er solle sich einen Stock holen, den Henkel durch und zwischen die Leiter Beine hängen, aber nein. Langweilig und übervorsichtig, nannte er es.

Wieder bereue ich es, nicht auf die Leiter gestiegen zu sein. Mein erster bläulicher Blick galt nicht Mace, nicht den drei Jungs hinter ihm, sondern Murph. "Rache, mein Lieber, Rache, irgendwann.", grinse ich ironisch und beobachte zufrieden den skeptischer werdenden Gesichtsausdruck. "Ali-Style", füge ich noch rasch an, bevor ich mich seufzend zu Mace wende.

"Der Plan ist jetzt wohl... ins Wasser gefallen." Wer auch immer der schrecklich lustige Scherzkeks mit Pompadour Schnitt ist... Verdammt, der war gut.

Widerwillig muss ich mitlachen und kassieren dafür überraschte, aber zufriedene Gesichter.

Schon klar, Pen wäre vor Empörung auf und davon, Leanne hätte angefangen mit Murph über die Befestigung von Eimern voller Farbe zu diskutieren, Zayne und Pierce hätten eine kumpelhafte Boxshow begonnen. Aber ich, Maria auch, fange an zu lachen.
Ich lache mit.

Als ob es vorhin nicht oft genug seltsam war.

"Murph, komm, lassen wir dir Lovebirds allein."

Immer noch mit misstrauischer Miene, aber längst wieder mit einem süffisanten Grinsen, quetscht sich Murph an Mace vorbei und rauscht mit den anderen davon.

Mace hingegen tritt allmählich mit einem überaus belustigen Schmunzeln und tiefen Grübchen immer weiter in den Raum. Unter seinen Nikes raschelt es, bis er nur noch eine lächerliche, aber teuflische Armlänge vor mir stoppt.

"Hey.", lächle ich sanft und wische mir einen neuen Tropfen beiseite, der unbedingt in mein Auge wollte.

"Hey, es tut mir leid, dass du solange warten musstest. Ich ähm hatte...-"
"... Stress im Studio. Murph hat mir alles erzählt."

Vielleicht ist es Einbildung, vielleicht die Farbe oder es ist echt, aber ich könnte schwören, dass Mace Teint mit einem Schlag blasser wurde, so käsig weiß wie jetzt. "Was, erzählt?"

Trotz des Wissens, blaue Hände zu bekommen und schrubben zu müssen, griff er nach meinen, ganz zärtlich und mit einer gewissen Furcht. "Das die Band bei euch gerade so viel Stress macht." Ein Glucksen dringt aus meinem Mund. "Wieso hast du mir eigentlich nicht erzählt, dass ihr so ein eingeschworenes Team seid und zusammenwohnt?"

Rückblickend war es ein bisschen peinlich, aber jetzt... nicht mehr sonderlich.

Seine Hand ist noch ein wenig kalt, vielleicht sind sie vom Studio heimgelaufen, aber darunter, und unter der Farbschicht, spüre ich das warme Kribbeln. Es ist nur eine winzige Geste, dass er meine Hand trotzdem nimmt, doch sie bedeutet mir unfassbar viel, mehr als ich zugeben würde.

Mit der freien Hand fährt er sich unruhig durch die Haarpracht. Die Locken schlingen sich fröhlich um jeden einzelnen, langen Finger, bis sie wieder heraus purzeln. „War das wichtig?"

„Nein, aber es war ein bisschen peinlich vor Murph.", grinse ich, die Scham schon längst vergessen.

Mace Augen fokussieren mich, ausschließlich meine Augen, nicht die Farbe darum herum, nicht meine Haare oder Körper, nur meine Augen. Der Schalk blitzt wie ein Leuchtfeuer in der Nacht auf. „Dir ist etwas peinlich?" Mein Grinsen wird breiter, das hat er von mir wohl nicht erwartet. Habe ich so einen Eindruck gemacht? Als wäre mich nichts peinlich?

Na gut, manchen wäre dieser Farbunfall sicher peinlich, doch ich lache. „Es gibt viele Ding, die mir schrecklich unangenehm sind, aber man kann sie manchmal nicht wirklich ändern, also lach ich."

Wieder dieses Funkeln in seinen Augen, dieses Lächeln auf seinen Lippen, die mich rötlich anschimmern... Sein Kiefer... Er war eines der ersten Dinge, die mir an ihm so aufgefallen sind. Mace hat keinen Quadratschädel, wie ich das gerne beschreibe, sondern ein exakt-passendes spitzes Kinn, die Haut schmiegt sich um die Knochen und wirkt wie das traumhafteste goldene Geschenkpapier. Nur das Herzmuttermal an seinem Hals fasziniert mich noch mehr.

„Warte kurz." Er löst seine Hand abrupt von meiner und lässt mich mit zusammen gekniffener Stirn und einem verrunzelten Lächeln stehen. Gespannt beobachte ich ihn, wie er sich an Murphs Bett, zumindest vermute ich das unter der Folie, schlängelt und sich dahinter bückt.

Mit einem triumphalen Grinsen, wie ein kleiner Junge, der sein erstes selbstgezimmertes Kunstwerk aus dem Kindergarten mit nach Hause bringt, hält er eine andere graue Fließdecke nach oben, genau so eine, wie die, auf der wir stehen, die im ganzen Raum den Boden bedeckt. „Was genau...-"

Mehr lässt er mich nicht sagen, denn er steht unlängst vor mir und legt mir die Plane um die Schultern, wie eine Ganzkörperschürze. Mit dem bereits farbigen Daumen wischte er über meiner Lippe die tropfenförmige Ansammlung beiseite und bevor ich auch nur meine Ahnung aussprechen, geschweige denn zu Ende denken, oder lachen kann, streifen seine Lippen über mein.

Zuerst sanft, bedacht, die Nase nicht auch noch mit Farbe einzusauen, aber dann mit mehr Druck und es ist ihm vermutlich egal. Ein sehr überzeugender Kuss.

Mit geschlossenen Augen stehe ich vor ihm, die Nasenspitzen aneinander, „Sehr kreativ.", wispere ich und würde ihn liebend gerne zu mir ziehen, durch seine traumhaften Locken fahren... „Du musst dich Duschen, ich brauch mehr davon.", nuschelt er in den Kuss hinein und bringt mich damit zum Strahlen.

Es ist unglaublich wie so wenig, so simple Wörter, das Herz in einen Marathonzustand bringen, so als würde man einen Sprint hinlegen und müsste sämtliche Fußballer schlagen.

Als wir uns wohl oder übel trennen mustere ich ihn genauer.

Schmal geschnittene, schwarze Jeans, lockerer Hüftsitz, dazu ein klassisches weißes Hemd mit aufgekrempelten Ärmeln und einer kirschroten Krawatte.

„Sag mal... zieht ihr euch immer so schick im Studio an oder ist das für mich?"

Mace Blick flackert erneut auf diese unruhige Weise, wie er sich vorhin durch die Haare gefahren ist. Er fokussiert meine Hände, die das Fließ umklammern. „Mottotag, die anderen sehen auch so aus."

„Mottotag? Okay, wo arbeitest du, ich will da auch anfangen.", kichere ich und schüttle meinen Kopf.

Was für eine Arbeit...

Eine abwinkende Geste seinerseits und ein bemühtes Lächeln veranlassen mich den Mund zu halten. Es ist ihm auf eine sonderbare Weise wohl unangenehm über die Arbeit zu reden. Ich wollte mich nicht aufzwängen oder ihm irgendwelche pikanten Infos entlocken. Hoffentlich habe ich ihm nicht das Gefühl gegeben...

Mein Herz schlägt jetzt aus einem anderen Grund schneller, ein komplett irrationaler Grund, ich sollte nicht so viel in diese albernen Pausen interpretieren, schließlich ist das immer subjektiv.

„Mace, ich wollte dich nicht bedrängen..."

„Gott, Maeve, nein! Niemals, okay? Ich bin nur ein bisschen überarbeitet, es tut mir leid. Ich würde dich jetzt so gerne umarmen."

Erleichtert blinzle ich ihn an und nicke stumm. Farbe tropft von meiner Augenbraue auf meine Wange, haarscharf vor meinen Augen. „Ja, bezüglich der Dusche... Das nehme ich gerne an."

Für einen Augenblick legt er seinen Kopf ein wenig schräg, grübelt offensichtlich, wie ich fleckenlos ins Bad kommen könnte und nickt schließlich überzeugt von seinen Gedanken. „Okay, wenn du die Schuhe ausziehst und das Hemd so halb über deinen Kopf ziehst, dass die Haare überdeckt sind, dann sollte es gehen, oder?" Zustimmend wippe ich mit dem Kopf. Mein Freund ist wirklich ein kluger Kopf...

Gesagt getan. Sichtlich um Fassung bemüht und mich nicht schon wieder hemmungslos auszulachen presst er die zuckenden Lippen aufeinander. „Wag es nicht etwas zu sagen.", zische ich amüsierter als beabsichtigt. Ich wollte streng klingen.

„Komm.", lacht er hilflos und hält mir die blaue Hand entgegen.

Bevor ich aus dem Raum trete werfe ich einen Blick zurück. Es ist ein einziges Schlachtfeld. Der Deckel hat im unteren Bereich ein paar dicke, zähe Kleckse an die Wand geklatscht. Murph hat den Eimer zwischen die Leiterbeine gestellt und ich frage mich ernsthaft, wie genau er es bewerkstelligt hat, ihn mir so präzise und aus Versehen über den Kopf zu kippen. Ich hätte nicht gedacht, dass er so schreckhaft ist.

Sämtliche Möbel und Boden sind abgedeckt, entweder mit Fließ oder dieser seltsam grauen Plastikplane.

Erst jetzt wird mir die Höhe und Größe bewusst. Die Leiter ist mindestens zwei Meter hoch und wenn Murphy darauf steht, reicht er vielleicht drei Stufen vor dem Umschlag darauf steht, reicht er mit Ach und Krach an die Decke. Mace Raum sicher auch, Murph hat die Tasche für mich einfach hineingeworfen.

„Ich ähm bring dir dein Zeug und was für die Klamotten."

Nun habe ich doch noch Zeit das Bad zu inspizieren. Geräumig, aber nicht riesig. Eine Eckdusche, Badewanne, Toilette, Waschbecken. Ziemlich simpel, aber alles in einem schicken – Überraschung – Blau-Weiß gehalten, definitiv nicht von den Jungs eingerichtet, dessen bin ich mir sicher.

„Danke."

Er wollte schon verschwinden, die Hand aus meiner lösen, doch ich hielt ihn nochmal zurück. Es gibt nicht eine Frage, die mir unter den Nägeln brennt. „Mace?"

Dieses verfluchte nervöse Flackern, vielleicht bilde ich mir das nur ein.

„Wie bist du eigentlich auf Vee gekommen?"

Für einen Moment sieht er aus, als wäre ich ein Gespenst und hätte ihn mit allen Mitteln der Kunst erschreckt, aber so schnell färbten sich seine Wangen auch zart rosarot. „Murphy..."

„Er hat mir erzählt, dass du mich so nennst.", grinse ich amüsiert über seine Reaktion.

„Hat er das?"

„Ja...", flöte ich zweideutig, es könnte sowohl positiv als auch negativ sein.

„Und du findest ihn..."

„...perfekt, naja fast, perfekt gibt's nicht."

„Ach egal.", seufzt er aus dem Nichts und legt seine fast-perfekten Hände um meine Wangen, küsst mich auf die kitschigste Weise, dass ich vor Lachen fast zurückweiche. Der Abstand zwischen unseren Körpern ist zum Totlachen, die Form eines Hauses in etwa.

„Ich könnte dich Cece nennen." Verlockend wackle ich mit den Augenbrauen und knabbere auf meiner Lippe herum. „Wag es nicht.", lacht er herzlich und hindert mich erneut am Reden. Mace...

„Muss ich nicht, ich hab mir was überlegt."

„Und das wäre?"

„Ace."

„Ace?"

„Ace, Murph meinte so nennt dich keiner."

„Was Murph alles weiß." Er lächelt selig, kein Stück genervt davon, dass ich mit Murphy so viel gequatscht habe, was mich wiederum unheimlich erleichtert.

„Ja, viel...", schmunzle ich zurück und mein Herz schlägt nur noch schneller, als er auf seiner Unterlippe herum zu kauen beginnt.

„Und warum Ace?"

Wenn er ehrlich ist, kann es sich das glaube ich denken. „Das weißt du schon... Und jetzt raus, ich muss mich duschen, ich hab Hunger."

„Weil ich so ein Ass bin?"

Ich komme ihm näher und mit jedem Schritt vor, weicht er einen zurück. „Vielleicht überlege ich mir das mit dem Spitznamen nochmal." Damit schließe ich die Tür vor seiner Nase. Ich sperre nicht ab, die Jungs wissen, dass ich im Bad sein werde.

„Wirf das Zeug einfach in die Wanne.", tönt es von draußen und ich kann mir sein verschmitztes Grinsen deutlich vorstellen.

Mein Bauch kribbelt aufgeregt, als das Wasser auf mich niederprasselt. Waschechtes blaues Wasser. Es ist ein surreales Gefühl. Ich hätte nie im Leben gedacht, heute hier zu stehen, hätte man mich vor einer Woche danach gefragt. Mace hat mich einfach überrollt, mir keine Chance gegeben zu flüchten, vor dem Glück davon zu rennen und ich habe nicht einmal einen Zweifel an seiner Ernsthaftigkeit.

Chemie und Vertrauen...

Erleichtert fahre ich durch meine Haare, zum Glück ist die Farbe noch feucht und frisch. Ich genieße das prickelnde Prasseln, solange... bis ich bemerke, ich habe kein Duschgel oder Shampoo, nur die zig Flaschen im silbernen Eckregal hier in der Dusche. Von tropischem Duft, bis zu kalifornischer Meeresbrise und Honig ist alles dabei. Also gezwungenermaßen freie Auswahl...

Instinktiv greife ich nach der blauen Flasche. Alles blau, ich glaube langsam, ich werde verrückt, was haben diese Jungs mit blau. L'oreal Men – Mountain Water. Ich habe noch nicht mal daran geschnuppert, aber bin mir sicher, dass es Mace gehört. Das Axe Alaska in schwarz wir zu einhundert Prozent Murphy gehören. Fraglich wem Hugo Boss und Tommy Hilfiger gehören, aber okay... Luxus.

Als ich in die Dusche gestiegen bin war es halb zehn, ich habe seit vier Uhr nichts mehr gegessen und bin so langsam, aber sicher am Verhungern. Mein Magen schenkt mir die grummelnde Zustimmung und sorgt dafür, dass sich in meinem Kopf sämtliche Essensfantasien auftun: von Pizza mit zerlaufenem Käse, Mozarella, bis hin zu Mac N Cheese und Kartoffelsalat ist alles dabei.

Es ist eine alberne Taktik, um nicht über die verrückten Tatsachen nachzudenken. Ich meine, ich kenne Mace eine Woche. Eine WOCHE! Das ist nichts. Meine Eltern haben sich klassisch über Freunde kennen gelernt und erst nach fünf Dates – innerhalb von drei Wochen – hat sie seine Freunde kennengelernt, ähnlich Pen und Dustin.

Irgendwie...

Ich steige aus der Dusche. Es fühlt sich richtig an. Es widerspricht allen Vorsätzen, die ich mir nach Ashton eingetrichtert habe: einem Jungen/Mann nicht mehr allzu schnell zu vertrauen, vorsichtig zu sein und erstmal warten. Aber mit Mace... Mit Mace rückt das Alles in ein gar lächerliches Licht. Ich verschwendete nicht Mal einen Gedanken daran, dass er mich je betrügen könnte oder mit der Angst, es könnte sein. Es ist einfach leicht, richtig.

Natürlich weiß ich nicht, ob er genauso fühlt, aber ich hoffe es, sonst macht all sein Verhalten keinen Sinn. Es macht keinen Sinn, dass er mich seinen Freunden vorstellt, mich zum Übernachten überredet und so nervös ist oder mir einen zuckersüßen Spitznamen gibt.

Während meine Füße anfange den flauschigen Frottee-Teppich zu lieben, fischen sich meine Hände ein mausgraues Handtuch aus dem Regal. Ich bin mir ziemlich sicher die zwei Regale schon mal bei Ikea gesehen zu haben, als CD- oder Bücherregale. Hier fungieren sie für Handtücher, die ordentlich zu Rollen gebündelt sind und griffbereit auf Benutzung waren.

Vee, schwärmt die Stimme in meinem Kopf, er nennt mich Vee.

Ich frage mich, wieso noch keiner meiner Familie oder Freunde darauf gekommen ist. Mae, Ma vi oder sogar Murphs Schnapsidee mit Vivi oder Viv habe ich schon gehört. Aber nicht Vee, dabei liegt es eigentlich ziemlich nah. Von Queenie oder Eve mal ganz abgesehen.

„Maeve" Mace. Ich wickle mir rasch das Handtuch um den Körper, ein bisschen kurz, aber okay. „Ja." „Ich ähm, ich habe deine Sachen..."

„Komm einfach rein.", lache ich.

Meine Worte überrumpeln mich selbst ein wenig, aber jetzt ist es zu spät, um mir das anmerken zu lassen, also einfach cool bleiben. Früher oder später...

Zögerlich drückt er die Klinke herunter, was mich natürlich ein bisschen belustigt. Wie ein Gentleman fokussiert er den Boden, nicht meinen Körper, als wollte er mich nicht in eine unangenehme Lage bringen, oder sich. In einer Hand meine Tasche, in der anderen ein Hoodie.

Er selbst hat sich mittlerweile in eine schwarze Version, mit kleinem weißen Addidaslogo, geschält und dazu eine stinknormale Jogginghose. „Also..."

Ich weiß, dass er meine Füße sieht, meine immer noch nassen Füße, die einen Schritt auf ihn zu machen.

Seine Haare sind verwuschelte als zuvor, vogelwild und fallen ihm frecher in die Stirn. Nur langsam, zögernd, gleitet sein Blick an meinen Beinen, dem Handtuch, meinen Schultern zu meinem Gesicht.

Es ist seltsam, so war das mit Ashton nie. Nie so unheimlich intensiv und gelöst. Ich kann das schlichtweg nicht vergleichen. Mace schluckt leicht und lässt den Hoodie sinken. „Ja?", grinse ich teuflisch. Woher kommt plötzlich der Mut, die Zuversicht, dass er das gleiche empfindet? Dasselbe brennende Gefühl im Bauch, das Kribbeln in den Händen.

Eben noch etwas bedrückt, unsicher und jetzt so frei und locker, angestachelt von der Flamme in meinem Magen.

Noch ein Schritt. Egal was wir beginnen, wir können nicht viel mehr tun, die Jungs warten unten sicherlich.

Ich stehe so dich vor Mace, dass gerade noch eine Hand zwischen uns gepasst hätte und blinzle ihn von unten an. Mein Kopf liegt sanft im Nacken. Es ist kitschig, klischeehaft, aber irgendwie... ist es mir egal. Soll es einmal kitschig sein, von mir aus.

Mace Atmen ist flach, nicht ärger ist der meine. Das Geräusch von Stoff und Boden, Tasche und Boden, hindert mich nicht daran ihn weiter anzusehen. Es ist so, als gäbe es nur ihn. Das ist so unfassbar... Schlimm.

Seine Hände fahren um meinen Körper, legen sich auf meinen Rücken und ziehen mich bestimmt an sich, kein Platz mehr für die Hand, für Papier oder sonst was, nur noch der Stoff, der uns trennt.

Innerlich bete ich, dass er jetzt bloß nichts sagt von wegen 'Du bist wunderschön'.

Seine Lippen öffnen sich leicht, er überlegt tatsächlich... Aber dann entscheidet er sich wohl dagegen und senkt sie lieber auf meine. Selig schließe ich die Augen, lasse meinen Fingerspitzen freien Lauf, durch seine Haare. Es ist intensiv, aber nicht wild, leidenschaftlich, aber mit einer Grenze. „Amacing.", lächle ich, als er seine Stirn schnulzig gegen meine lehnt, die Augen geschlossen, aber sobald ich das gesagt habe, funkelt er mich amüsiert an. „Maevelous." „Oh Gott." „Mace reicht." „Fang nicht damit an."

Statt der herrlichen Diskussion presse ich meine Lippen auf seine. Definitiv der falsche Augenblick, um über Arroganz zu reden.

„LEUTE! Macht mal hinne oder sagt wenigstens Bescheid, wenn ihr vögeln wollt. Wir haben Hunger."

Prustend driften unsere Köpfe auseinander, als Murphs Stimme von unten ertönt. „Sind gleich da."

„Ich bitte darum."

„Du darfst ihn also Murph nennen."

„Er darf mich Vee nennen, obwohl er meinte ihm würde Viv besser gefallen."

„Er mag dich."

„Weil ich Murph sagen darf?"

„Nein, weil er dir nicht den Kopf abgerissen hat als du ihn Christopher genannt hast."

Empört schiebe ich ihn von mir und muss meine Mundwinkel anstrengen, nicht zu grinsen. „Er hat mir einen halben Eimer Farbe über den Kopf gekippt?"

Dafür bekomme ich ein spitzbübisches Schulterzucken. „Das spielt bei ihm keine Rolle, er hast den Namen. Unsere Mathelehrerin hat ihn so genannt, als einzige, eine verkniffene, strenge, alte Schachtel und die hat ihn gehasst. Also wirklich gehasst. Von der ersten Klasse bis zur fünften, alle nannten ihn Murphy, nur sie nicht."

„Ironie, mein Mathelehrer hasst mich auch."

„Vielleicht versteht ihr euch deswegen so perfekt.... Fast perfekt."

Ich nicke lächelnd. „Bestimmt, jetzt raus. Ich muss mich anziehen."

Mace zieht eine leichte Schnute. „Und wenn ich nicht gehe?" „Dann glaube ich nicht, dass wir hier GLEICH raus sind."

Schon wieder... Dieser Mut, diese Zuversicht, dass ich diese Dinge einfach sagen kann, ohne danach wie ein Feuermelder auszusehen. Es ist eine Art Spiel und ich glaube, ich erkenne das, was man Prickeln und Funken zwischen Menschen nennt, erst jetzt. Damals mit Ash, bin ich bei jeder Kleinigkeit feuerrot geworden, aber jetzt... Jetzt bin ich es, die diese Dinge sagt und Mace, der breit grinst, der mich anstrahlt und mich so tief küsst, dass ich für einen Moment erwäge, ihn wirklich nicht gehen zu lassen, aber mein Magen tut sein Übriges.

„Raus...", zische ich lachend und schiebe ihn aus der Tür. „Teufel, die roten Haare passen." „Klappe."

Sein kehliges Lachen höre ich durch die Türe, genauso wie das Treppengepolter.

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Ein langes Kapitel, was?

Hehe, ich dachte mir, ich gebe euch mal ein bisschen mehr Lesestoff.

→Na was sagt ihr🧐? Murph, Yay or Nay?

 →Boxen - Yay/Nay? (Wenn ja, wer ist euer King👑?)

LG & XOXO

eure Maggie 🧡

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