#4 3

Who the fuck do you think I am ?- Don't Hurt Yourself - Beyoncé

Ich rief ihn nur einmal an dem Abend an, da ich nicht als besessene Freundin dastehen wollte, was mir aber eine bittere und schlaflose Nacht bescherte. Ich überlegte zu viel und die Zahnräder in meinem Kopf drehten sich so laut, dass ich meine Augen durchgehend offen ließ.
Ich schwankte zwischen zwei Seiten hin und her, ob ich Schluss machen sollte oder nicht. Mal war ich mir sicher, mal nicht, und wann immer es sich wieder auf die andere Seite drehte, wurde ich erneut hellwach von dem Gefühl der Bestimmung - dass ich mir sicher war, was ich wollte.

Schließlich überkam mich die Erschöpfung doch, aber der ersehnte Schlaf kam viel zu spät. Ich schlief daher nur eine Stunde und ließ mich von meinen Kopfschmerzen und dem Handywecker aus meinen unruhigen Träumen reißen. Mein erster Gedanke bezoh sich auf die Schule : Fuck.
Mein zweiter war noch unklar : Wo ist Pax ?
Mein dritter schnürte mir fast die Kehle zu : Achja stimmt. Er hat mich sitzen lassen.

Ich gab ihm diese eine Chance. Doch mal wirklich - wieso regte ich mich so auf ? Ich hatte schließlich keinen Hund in mein Leben gelassen, der mir hinterherlief und nach meiner Aufmerksamkeit bellte und sich gerne streicheln ließ. Vermutlich traf das nur teilweise zu.
Ich zwängte mich lustlos in die Jeans. Er musste einfach zur Schule kommen. Was auch immer passiert war, es hatte ich nicht ganze Nacht dauern können. Und wenn, war ich ein gutes Beispiel dafür, dass man nach einer schlaflosen Nacht sehr wohl den Arsch bewegen konnte. Wenn ihm also was an mir lag, würde er entweder zur Schule kommen oder sich melden, sobald er wach war.

Mit einem unwohlen Gefühl checkte ich mein Handy wieder und wieder, doch ich fand keinen Rückruf und genauso wenig eine Nachricht von ihm. Sei nicht so überrascht. Was erwartest du sonst von ihm ?

•°•°•°•

Jason nahm mich mit zur Schule. Während der ganzen Fahrt konnte ich seine Blicke auf mir fühlen, wann immer ich den Kopf zum Fenster drehte, um die Natur zu bewundern. Mal erwischte ich ihn dabei, wie besorgt er mich ansah, ließ es aber dabei, weil er mich kannte. Ich lächelte nie, egal ob ich glücklich war. Vielleicht nur in Pax' Anwesenheit, doch das hatte sich ja schon erledigt. Nach diesen zwei Wochen war ich also nichts mehr für ihn.

Jason öffnete kurz den Mund laut atmend, aber ließ ihn wieder zuschnappen. Ich hasste das. Machte er das mit Absicht ?
"Sag schon, Brüderchen. Was liegt dir auf dem Herzen ?"
"Witzig, dass du es erwähnst. Ich wollte dich genau das selbe fragen."
"Hm.", schnaubte ich in bitterlichen Belustigung und verschränkte typisch die Arme vor der Brust. "Mir liegt nichts auf dem Herzen."
"Siehst aber so aus.", erwiderte Jason knapp und abschließend, weshalb das kurze Gespräch beendet war. Konnte man mir meine Gefühle wirklich ansehen ? Ich hatte meinen Mund immer zu einer gelangweilten Linie verzogen und meine Augen so gut wie verschlossen, aber trotzdem ist es unübersehbar, was ich fühlte.
"Ich nehm mir einen Joint.", meinte ich und kramte in dem Fach herum. Jason nickte nur kurz, ohne den Blick von der Straße zu nehmen. Es wunderte mich, dass er, als großer Bruder, nicht verhinderte, dass ich Mist baute. Doch es gab zwei Sorte von Kiffern - die einen wissen, dass es übel ist und die anderen behaupten, es sei gesund. Ich gehörte irgendwie zur zweiten Kategorie. Vielleicht zog es dich zu sehr in eine andere Welt, aber es war nicht schlecht für deinen Körper, nur für deine Zukunft - das war das, wovor die Eltern Angst hatten. Nicht, dass es deiner Gesundheit schadete, sondern dass du nicht arbeiten gehst und kein Geld für sie verdienst. Eltern zockten einen sowieso ab.

Ich zündete mir den Joint an und atmete den Rauch tief ein. Man, das hatte ich vermisst. Dieses befreiende Gefühl, als wäre ich zuvor in Ketten gefangen gewesen, und jetzt bin ich endlich befreit. Das Fenster fuhr ich herunter, und der Wind tat gut, weil mein Körper seltsam erhitzt war. Wir kamen leider viel zu schnell an und mein Joint war weg geraucht. Schade, dass die besten Momente nur kurz sind.

Jason parkte sein Auto schnell ein. Ich hatte schon beinahe vergessen, wie das funktionierte, so lange war ich kein Auto mehr gefahren. Die Luft im Auto war ekelerregend und stickig, weshalb ich unbemerkt aufatmete, als ich ausstieg. Mir war klar, dass der Geruch von Gras an mir hing und Pax würde es nicht gut heißen, doch er war viel schlimmer als ich.
Was auch immer - ich wusste nicht einmal, ob er hier war und wiederkommen würde. Anscheinend hatte er Spaß daran, immer wieder zu verschwinden, aber gerade interessierte es mich nicht, was er tat.

Mona war wieder da und strahlte wie nie zuvor. Ihr Lächeln erhellte alles um sie herum, ließ die Blümchen sprießen und die Blätter grüner wirken. Dieses Gras war fantastisch.
Ich umarmte sie fest und ignorierte ihren festen Druck auf meiner Narbe.
"Du hast mir hier echt gefehlt.", murmelte ich und grinste. Sie nickte und strich sich ihre Haare zurecht. "Du mir auch. Jetzt bringen wir wieder Chaos in die Schule."
Ich lächelte sie breit an und kniff sie in die Wange. "Komm."

Ich fühlte mich energiegeladen und glücklich, doch als ich Pax mit seinem düsteren Blick mit seinen Drogenjunkies stehen sah, fiel meine Laune zum Nullpunkt. Man konnte ihm nicht aus dem Weg gehen, wenn man es wollte. Einen Versuch war es wert. Bevor er mich überhaupt ansah oder bemerkte, fing ich an, mich mit Mona zu unterhalten und hakte mich bei ihrem Arm unter. Er stand direkt am Eingang, weshalb ich auf die andere Seite der Doppeltür zusteuerte.

Als ich die Tür aufschob, konnte ich seinen beißenden Blick auf mir fühlen, was ich angestrengt ignorierte.
Mona sah verblüfft hinter sich, als sich die Tür hinter sich schloss.
"Willst du Pax nicht Hallo sagen ?"
"Ne, er kann gerne zu mir kommen.", entgegnete ich beiläufig und ging zu meinem Spind.
"Er sieht nicht besonders glücklich aus.", meinte sie leise, so als wäre es ein Geheimnis. Ich zuckte die Schultern und verdrehte die Augen. "Ist er es denn jemals?"
"Wioleth, lass das.", seufzte sie. "Du verhälst dich komisch."
"Ich habe jedes Recht dazu.", ließ ich meine Wut einbisschen rauskommen. "Er hat mich ignoriert. Also ignoriere ich ihn."
"So funktioniert eine Beziehung nicht-"
"Tu du mal jetzt nicht auf Beziehungsberaterin. Ich weiß, was ich tue, okay ? Wenn ich dir erst alles erzähle-"

"Wioleth.", ertönte seine raue Stimme. Er lehnte neben mir auf dem Spind, sexy wie immer. Mona entfernte sich langsam von uns und wandte sich an andere Mädchen. Um ihn nicht ansehen zu müssen, sah ich Mona hinterher. Ich hasste es, mich zu streiten und Blickkontakt zu halten. Er wider rum war geübt in sowas. Schlägereien und Gebrülle. Das musste ein Kinderspiel für ihn sein.

"Pax.", murmelte ich abwesend und tat auf konzentriert, als ich mir die nötigen Bücher in die Tasche schob.
"Du riechst nach Gras. Hast du geraucht ?"
"Was interessiert dich das ? Ich mache sowieso, was ich will.", sagte ich leichthin. Eine Weile war er still, aber sein Atem war angestrengt und schwer, als wollte er sich zusammenreißen und versuchen, nicht auszuflippen. Ich fuhr mich durch die Haare und sortierte mein Schließfach. Seine Anwesenheit machte mich nervös, auf gute und auf eine schlechte Weise - er machte mich wütend, aber er machte mich auch wirklich heiß auf ihn.
"Bist du sauer ?", fragte er besorgt. Ernsthaft ? War das wirklich ernst gemeint ?
"Wieso sollte ich sauer sein ?", antwortete ich mit einer Gegenfrage, und meine Stimme triefte vor Sarkasmus.
Er gab ein amüsiertes Schnauben von sich, das aber ganz und gar nicht witzig gemeint war. Ich sah ihn immer noch nicht an und versuchte, das hinauszuzögern. Bloß keinen Augenkontakt mit dem Teufel. Er würde sich als Engel verkleiden, den Zauberglanz über seine fiesen Augen legen, um mich zu verarschen. So schnell verzieh ich ihm nicht. Das konnte er sich abschminken.
"Ich konnte dich nicht zurückrufen.", meinte er kühl und rutschte näher an mich. Ich knallte den Spind mit Vehemenz zu, aber er zuckte nicht zusammen und lehnte sich näher zu meinem Gesicht.
"Natürlich nicht."
"Die Situation war äußerst wichtig.", gab er fast gelangweilt zurück, als hätte er keine Lust auf mich. Das konnte ich ihm nicht übel nehmen. Noch weniger wollte ich das Gespräch führen.
Meine Augen wanderten wie von Zauberhand zu seinen, und uch konnte es nicht verhindern. Sie waren wie eisige Flammen, als sei das Meer in seiner Iris zu Eis gefroren. Mein Herz wurde schwach bei dem Anblick seines Gesichtes. Er war so unglaublich göttlich, aber seine sonst so kantigen Züge waren noch hohler und erschöpft. Seine lila-blauen Augenringe konnte man nicht mehr übersehen und seine Lippen waren von einer dunklen Farbe, was ihn mit seiner bleichen Haut aussehen ließ wie einen Vampir.
"Willst du mir erzählen was so wichtig war oder willst du lieber alles geheim halten ?"
Er leckte sich die Unterlippe, wohl wissend, dass es mein Unterleib kribbeln ließ, wenn er so lüstern auf mich herabblickte. Ich fühlte mich immer verdammt winzig, wenn er mich so ansah, wie ein diktatorischer König seine Sklaven unterdrückte.
"Was heißt alles ?", fragte er monton.
"Na.. Ich finde einfach, dass ich nur einen Prozent von dir kenne und das macht es mir wirklich schwer, dir zu vertrauen."
"Vielleicht möchte ich nicht, dass du mir vertraust.", sagte er diesmal mit einem Anflug von Verzweiflung in seiner sonst so kalten Stimme. "Weil ich dir sonst alles sagen müsste und ich nicht will, dass mein Engel vor mir wegläuft.", lächelte er und berührte leicht meine Wange.
Ich schüttelte nur meinen Kopf und ließ mich nicht von seiner warem Berührung ablenken. "Jede andere wäre schon lange auf der Suche nach einem vernünftigen Jungen."
"Du findest nicht, dass ich vernünftig bin ?", grinste er breit und legte mir seinen Finger auf die Lippen. Genau deshalb wollte ich ihn nicht ansehen oder in seiner Nähe sein - egal was er tut, es war schwer, weiterhin wütend zu sein. Doch ich fand meinen Atem wieder und befahl den Schmetterlingen, still zu halten. Ich drehte meinen Kopf von ihm weg und biss mir auf die Unterlippe. Hör auf. Er sieht es doch.
"Du bist ein fieser Kerl, weißt du das eigentlich ? Ich verstehe nicht, wieso ich noch immer mit dir zusammen bin."
"Ach.", meinte er belustigt. "Jetzt komm schon."
Er nahm mich nicht ernst, aber nur, weil ich nicht komplett ernst war. Trotzdem loderte in mir nicht nur die Flamme der Lust und Liebe, sondern auch unkontrollierbare Wut. Nicht nur auf ihn, sondern auf die Welt und alles, was am leben war. Irgendwann mal würde ich alles rauslassen und das an ihm. Er hatte sowieso eine Portion davon verdient. Das war wahre Liebe.

Ich antwortete ihm nicht mehr und er gab ein bittersüßes Seufzen von sich, das mir den Drang gab, meine Finger durch seine Haare zu fahren, meine Lippen auf seine zu pressen und mich an ihn zu schmiegen, aber er konnte und durfte mich nicht so kontrollieren. Ich musste ihm beibringen, dass wir auf der selben Wellenlänge stehen und nicht er Herrscher unserer Beziehung war.

"Ich rede mit dir.", drängte er mich laut. "Ich will nicht, dass du wütend bist." Aus seinem Mund hörte sich es an wie eine Aufforderung, als wäre ich beim Militär.
Es wunderte mich sehr, dass er sich nicht entschuldigt hatte und mich stattdessen so dumm anmachte. Aber wirklich - wo blieb die Entschuldigung ? War das nicht das was man als erstes tat, wenn man weiß, dass man was verbrochen hat ?
Doch für gewöhnlich überraschte es mich gleichzeitig kaum, denn so war er. Ein Arschloch, ein guter Vortäuscher und vielleicht auch ein Lügner. Denn falls er mich angelogen haben sollte, hatte ich es nicht bemerkt. Mona hatte irgendwie recht - ich musste zugeben, dass es bei uns überhaupt nicht funktionierte. So sah ich das wenigstens, denn Pax schien alles in Ordnung zu finden, so wie es war. Aber dass ich ihm zutraute, er hätte mich schon mal belogen, vielleicht sogar heute Nacht, war das wirklich nicht okay.
Wenn ich ihn ansah, war das nun doch nicht so leicht, Klartext zu reden. Er sah mich wirklich tief an, spießte mich mit seinen Blicken auf und ließ mich nach mehr betteln, nach mehr schmerzhafter Liebe.

Aber ich hielt mich zurück, versteckte meine Gefühle und Wünsche hinter meinen Augen und fuhr ihm nur kurz über die Lippen, sagte aber nichts. Er wollte, dass ich sprach, aber zuerst sollte er mir einen Teil seiner Seele zeigen. Dann würde ich mich revanchieren.

Seine Augen glitten zu meinen Lippen und hinterließen brennende Spuren überall, wo er mich ansah.
"Ich will dich wirklich küssen. Jetzt.", hauchte er gegen meinen Finger, denn ich weiterhin auf seine Lippen gelegt hatte.
Ich schüttelte den Kopf und lächelte süß. "Falls du es nicht verstanden hast, ", meinte ich und mein Lächeln verblasste. " ich bin sauer auf dich und warte darauf, dass du es wieder gut machst."
Bevor ich mich umdrehte, um zu gehen, gab ich ihm einen kurzen Kuss auf die Wange. Ich schnappte die lachenden Worte "Du kannst echt eine Diva sein" auf und fühlte eine tiefe Befriedigung in meiner Seele. So zähmt man seinen Mann.

•°•°•°•

Ich wusste nicht, dass ich so viel schreiben wollte omg. Hoffe aber ,dass es halbwegs in ordnung so ist. Wieso mache ich mir überhaupt gedanken ? Schließlich ist es ja meine geschichte haha. Aber es soll euch natürlich gefallen, deshalb ist feedback super, auch wenn es negative kritik ist. Hatte aber viel spaß beim schreiben und hoffe, dass sich das gelohnt hat xD

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