#3 0

You are never coming home, never coming home. - The Ghost Of You - My Chemical Romance

Der Abend war der größte Fehler.
Die Menge erstickte mich oder ich konnte einfach nicht schwimmen, denn ich ertrank.
Menschen umarmten sich, schlungen die Arme um den Geliebten für eine Nacht. Sie sahen aus wie Schlangen, die sich erwürgten. Worte wurden geflüstert, so viele schöne Worte die nicht für mich bestimmt waren.
Kurz schloss ich die Augen mit der Vorstellung, wie Pax mir all das sagte, diese sanften Worte die Balsam für meine zerbrochene Seele waren.
Doch ich schlug es mir aus dem Kopf und drängte mich durch die Menge, bevor ich noch in dieser Luft erstickte. Schwitzige Körper berührten mich und schubsten mich und ich hätte sie so gerne zurückgeschubst, auf ihnen herumgetreten und mir vorgestellt, dass sie mich so zerstört hätten, weil es niemanden sonst gab, dem ich die Schuld geben konnte außer mir.

Ich suchte panisch nach Mona und bemerkte immer mehr, dass die Menge praktisch aus einer Person bestand - sie alle verhielten sich komplett gleich. Sie klebten aneinander. Ich hatte noch nie so eine Droge gesehen, es schien so, als sei jeder hier vom Amor abgeschossen worden.

"Wioleth!", brüllte Mona mir ins Ohr, weil die Musik verdammt laut war.
Ich drehte mich um. "Hi!", schrie ich zurück. Meine Ohren fingen an zu bluten. Diese Lautstärke war so unerträglich wie die Last auf meiner Seele. Ich sah Mona in die Augen. Selbst wenn das Licht in ihnen leuchtete, wurden ihre Pupillen nicht kleiner. Sie war aufgedreht, konnte kaum still stehen und sah ständig nach hinten, nur um einige Typen anzugrinsen.

"Ich hol' mir was zu trinken, okay ?", schrie ich in ihr Ohr und sie nickte. Ich bahnte mir einen Weg durch die tanzende Menge und ging zur Küche. Die Flaschen standen dort verteilt herum, manche waren irgendwie auf der Küchenlampe gelandet, weil garkein Platz mehr war.
Ich nahm mir den klischeehaften roten Plastikbecher und schüttete ihn mir mit Whiskey voll. Whiskey trank man zwar nicht aufeinmal, doch ich wollte mir die Kante geben, deshalb trank ich es direkt auf.
Das Schwindelgefühl hielt nur für einen Moment, doch kurz darauf hätte ich fast wieder einen Anfall bekommen.
Claude stand neben mir und betrachtete mich. "Geht es dir gut ?"
"Gut ? Mir geht es fantastisch.", meinte ich sarkastisch. Er schien meinen Ton entweder nicht bemerkt zu haben oder ignorierte es schlicht.
"Super. Ich freu mich, dass du hier bist."
"Mhm.", machte ich nur und öffnete eine Flasche Vodka. "Ich auch. Ich meine, ich freue mich auch, dass ich hier bin."
Er lachte und seine perfekten Zähne blitzten auf. Das Lächeln erinnerte mich an ihn.

Ich setzte mir den Becher an die Lippen und trank einige Schlücke.
"Pass lieber auf, dass du nicht zu viel trinkst.", meinte er besorgt.
"Ich bin wegen nichts anderem hier. Außerdem kann man nicht zu viel trinken, nur bis zum Komasaufen."
"Deshalb ja."
"Du hast mich ja noch nie trinken sehen.", zuckte ich die Schultern.

Er nickte einfach und wollte etwas sagen, doch ich war bereits auf der Suche nach Mona.
Ich fand sie mit einem Typen rumknutschend, der nicht Paul war. Das würde Ärger geben. Aber nur, wenn er es herausfand.
Ich zog sie weg, obwohl ich sie nicht mehr aus der Situation retten konnte. Wer weiß, was sie schon getan hatte, bevor ich überhaupt hierher gefahren war ?

Sie grinste zufrieden, ihre Augen halb zu.
"Das Grinsen wird dir schon bald entgehen, glaub mir", zischte ich wütend. Warum war ich so wütend ?

Sie nuschelte irgendetwas vor sich hin, doch die Musik war einfach zu laut, weshalb ich nur zusehen konnte, wie sich ihr Mund bewegt.
Dann holte sie eine kleine Schachtel aus ihrer Hosentasche. "Willst du was ?", schrie sie dann wieder.
Ich öffnete die Schachtel und sah lauter bunte Blättchen.
Ich tippte meinen Finger hinein. Ein kleines Blättchen, das so viel anrichten kann.
Es klebte mir an der Fingerspitze.
Ich öffnete meinen Mund.
Ich legte es mir auf die Zunge.
Und ich tauchte in eine ganz andere in Welt. All meine Empfindungen, meine Gefühle und Gedanken kreisten sich und veränderten sich komplett.
Meine Lippen sehnten sich nach anderen und meine Hände lechzten nach Haut und Haaren, doch die Wirkung war schwach, weshalb ich mich zurückhalten konnte.

Ich ging in die Küche, in der es leiser war, doch das Licht sah grell aus.
"Wieso haust du einfach ab?", fragt seine plötzlich anregende Stimme hinter mir. Ich drehte mich zu ihm. "Ich war noch nicht fertig."
"Ich auch nicht.", murmelte ich und zog ihn an seinem Kinn auf meine Lippen. Verdammt, das fühlte sich unglaublich heiß an. Ich wollte mehr, ich wollte ihn verschlingen. Meine Arme drückten ihn näher zu mir und er drängte mich zur Wand.
Ich biss ihm in die Unterlippe und er knurrte, was mich noch mehr anmachte.
Er bewegte seine Lippen etwas widerwillig, doch gleichzeitig war es so, als wollte er es auch. Ich lehnte mich zurück und sah ihn an.
"Was ist los ?", hauchte ich an seine Lippen und verteilte kleine Küsse auf seine. Ich fühlte unglaublich viel Liebe, doch nicht für ihn, sondern für alles. Für die Welt, für mein miserables Leben. Ich akzeptierte es, denn ja, ich lebte zwar nicht mehr, doch ich atmete noch, was ein gewaltiger Unterschied war.

Seine Augen verhakten sich mit meinen. "Ich will das genauso sehr wie du, aber ich bin eigentlich nur hier... Naja, ich bin von einem Freund aus hier und.. Ich.. Ich kann das nicht machen."
"Gestern warst du noch ganz anders.", murrte ich angenervt und strich ihm die ganze Zeit durch die Haare. "Du warst ja sogar darauf aus, mich anzumachen."
"Ja, es tut mir auch Leid, aber das war eigentlich garnicht so gemeint."
"Es war nicht so gemeint ?", fauchte ich. Ich hasste ihn. Ich hasste die Welt und mein Leben. Mir liefen die Tränen einfach so die Wangen hinunter und ich konnte sie nicht kontrollieren.
Mir war schwindelig, aber ich krallte mich fest an ihn. "Wieso tust du sowas ?"
Wieso tat er sowas ? Wieso ? Ich verspürte plötzlich Schmerzen in meiner Seele. War da doch ein funken Licht in mir ?

"Es ist dumm.", entgegnete er. "Aber ich sollte dich testen. Ob du dich auf jemanden einlässt. Und das ging ja ziemlich schnell."
Ich war nicht in der Lage zu überlegen. Alles was ich denken konnte war einfach diese miese Aktion von ihm und meinen Drang, jemanden abzuschlecken.
"Und was beweist das jetzt? Dass ich eine Hure bin ? Überleg mal, ich hatte noch nie einen Freund und kann hier niemanden betrügen, also -"
"Ich sage doch nicht, dass du eine Hure bist. Hör mal, Wioleth, ich mag dich wirklich sehr."
Ich fuhr ihm wieder durchs Haar und er schloss seufzend die Augen. "Aber ich bin nicht freiwillig hier. Ich werde dafür bezahlt, bei dir zu sein."
"Was redest du ?"
"Pax."

Mein Herz machte einen Satz. "Was ist mit.. Pax ?", schluckte ich. "Was hat das mit ihm zu tun?"
"Er liebt dich-"
"Wer's glaubt.", lachte ich bitter. Irgendwie hatte ich mich damit abgefunden. Entweder konnte ich weiter heulen oder mein Leben leben.
"Lass mich ausreden.", sagte er gereizt und nahm meine Hände aus seinen Haaren. "Er will dich in Sicherheit wissen. Ich sollte nur einmal nach dir sehen, wie du zurecht kommst nach all dem-"
"Was glaubt er wie ich zurecht komme ?!", brüllte ich fast . "Ja, mir geht es fantastisch, danke der Nachfrage!"
"Wioleth-"
"Rede einfach nicht mehr mit mir über ihn, okay ? Bring mir das alles nicht hoch, es war schon schwer genug."
"Er wollte doch nicht abhauen, Wioleth. Es tut ihm wirklich Leid."
"Wieso kann er mich nicht anrufen und- Warte mal. Abhauen ?"
Claude runzelte die Stirn und sah wieder sexy aus, aber ich verschränkte die Arme vor der Brust.
"Was glaubst du denn ? Ich dachte, du weißt das."
"Nein, nein, nein.", lachte ich spöttisch. "Ich dachte, er sitzt im Knast."
"Wieso sollte er im Knast sein ? Wegen Drogenmissbrauch ? Also das wusste ich nicht."

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