#2 9

Lonely is the night, when you find yourself alone...
Lonely is the night, when there's no one left to call. - Lonely Is The Night - Billy Squier

Ich zeigte noch nie so oft in einem Leben auf. Meine Mitschüler sahen mich merkwürdig an, weil ich so hyperaktiv war. Doch ich versuchte aufzupassen, viel zu reden, um mich abzulenken. Ich merkte schon, wie die Droge nachließ. Die Gedanken traten in den Vordergrund. Ich schob sie zurück, um mich später mit ihnen auseinander zu setzen.

"Hi.", sagte ein Junge nach der Stunde. Er war süß. Er hatte den gewohnten Surferlook - gebräunte Haut, blonde Locken. "Kann ich mich neben dich setzen ?", fragte er und strubelte sich kurz durch die Locken.

Ich nickte einfach hastig und malte in meinem Collegeblock weiter wie ein Kind. Es nahm immer weiter ab, doch wenn ich so tat, als sei ich noch auf Droge, würde es funktionieren. Placeboeffekt.
"Du bist Wioleth, oder ? Viele haben über dich gesprochen, als du nicht da warst. Bin schon etwas länger hier."
"Aha.", meinte ich und malte den Mond auf die karierte Seite. "Wie heißt du denn ?"
"Claude."
"Hast du französische Eltern?"
"Nein, aber sie wollten einen französischen Sohn, schätze ich.", lachte er und lehnte sich auf seine Hand.
"Und woher kommst du ? Aus Miami oder was ?", babbelte ich und ich wollte einfach weiter reden, doch ich hielt die Klappe.
Er nickte und runzelte leicht die Stirn. "Deine Pupillen sind groß."
"Tatsache.", murmelte ich. "Es scheint mir auch keine Sonne in die Augen."
"Vielleicht liegt es daran, dass du verliebt bist. Naja, wenn man jemanden sieht, den man liebt, werden die Pupillen größer.", sagte er leise und fing an in mein Block zu malen.
Dann kicherte er.
"Spinner.", nuschelte ich hinter meiner Hand hervor. "Das wünscht du dir vielleicht."
"Vielleicht. Hab' dich gesehen und du bist mir direkt aufgefallen. Spreche immer alle an, die mich interessieren."
"Hm. Das ist super, dass du so direkt bist."
Ein aber wäre mir herausgerutscht, wenn ich jetzt klar im Kopf gewesen wäre.
Aber ich will dich hier nicht haben.
Aber ich will alleine sein.

Er nickte. "Hey, heute ist so eine Party. Gehst du hin?"
"Partys sind nicht so mein Ding, wenn ich mit Menschen reden muss. Ich gehe da nur wegen dem gratis Essen hin."
Und dem Alkohol. Und den Drogen.

"Du musst ja nicht reden. Nicht direkt.", grinste er frech auf meine Lippen hinab. Oh, ich schmolz ja sowas von dahin. Er sieht nicht mal annähernd heißer aus als Pax. Aber er war schon ein Hingucker.
"Nein danke. Meine Lippen behalte ich für spezielle Menschen."
Da waren die Drogen plötzlich weg.
Er biss sich auf die Lippe und stand auf, als es schellte. "Ich gebe nicht auf, Süße."

Ich kotzte gleich. Wirklich. Warum sprach er mit mir, als würde er mich kennen ?
Wie war es eigentlich dazu gekommen ?
Aber, fuck, der war wirklich süß. Nur nicht heiß. Einfach nur süß.
Jemanden, den ich leicht zerbrechen konnte.

Als die Drogen vollends die Wirkung aufgaben, fiel ich beinahe vor Traurigkeit auf die Knie. Das schwerelose Gefühl war weg, meine Gelassenheit. Die ganze Last drückte mich auf den Boden.
Nach der Schule nahm ich Jason's Auto wieder, weder um nach Hause zu fahren, noch um Mona zur Seite zu stehen. Ich hatte genug. Wieso half mir nie jemand ?
Weil ich niemanden an mich ranließ. Oder in mich. Ha ha nicht so. Ich meinte in meine Seele hineinsehen. Doch ich konnte niemanden trauen. Ich traute mir nicht einmal selbst.

Als ich das Lenkrad fest umschloss, geradeaus in eine unbekannte Richtung sah, wollte ich meine Hände scharf nach links oder nach rechts drehen. Dieses Verlangen, mich in den Tod zu stürzen oder gegen ihn, war so groß, dass meine Finger prickelten. Das war der Moment, an dem ich Sterben würde. In jeder Sekunde konnte ich sterben.
Jetzt zum Beispiel.
Oder jetzt.
Oder jetzt.

Doch es war armselig, sich umzubringen. Schon sich selbst zu bemitleiden war lächerlich. Eine Wahl hatte ich aber nicht. Klar, man hatte immer eine Wahl. Doch deinem Gehirn konntest du nichts vormachen.
Ich überlegte, ob ich zur Party gehen sollte. Wenn sie bei Jackson war, würde es reichlich Drogen geben. Ich könnte mich ordentlich wegknallen.
Oder ich könnte weiter bitterlich im Auto liegen und flemmen, so wie ich es immer tat, als ich noch mein Auto hatte.
Es stand noch in der Garage, wartete darauf, dass ich wieder einstieg und Meilen fuhr. Weg von allen Problemen, vom Kummer.
Das war schön gewesen.

Ich hatte fast mein ganzes College-Geld ausgegeben, was ja jetzt keine Rolle mehr spielte. Noch dreißig Dollar.
Konnte ich etwas sinnvolles damit erreichen ? Mir etwas holen, das ich brauchen würde ?

Ich fuhr an unserem Haus vorbei zum Laden. Gott sei Dank war der neue Typ nicht da. Dieses Mal hätte ich ihm die Flaschen auf den Kopf gehauen.
Die Frau an der Kasse sagte nichts, aber sie sah mich mitleidig an. War das so stark zu sehen, dass ich ein Problem hatte ?
Dabei hatte ich keine Probleme. Das hatte ich vergessen.
Ich war glücklich und munter und mutierte nicht zu meinem Vater und würde nicht enden wie er, auf dem Sofa liegend und mit eine Sabberspur an dem Kinn. Wo war der eigentlich ?
Das brauchte mich nicht zu interessieren. Ich war so. Ich redete es mir ein. Das war ich, eine schlechte Person ohne Gefühle, die ich nur mit meinen Drogen oder Alkohol bekam.
Dabei steckte ich mir zwei Schachteln Zigaretten unbemerkt in die Tasche.
"Schönen Abend.", sagte die Frau und lächelte breit.
Ich nickte nur knapp und ging aus dem Laden, stieg in das Auto und fuhr einfach herum. Das Benzin ging mir fast aus, doch es war ja nicht mein Auto. Jason konnte dafür bezahlen.

Die Flasche öffnete ich beim Fahren, als sei es ein angeborenes Talent. Vielleicht wurde ich ja nur dafür geboren. Mich vollzusaufen und dabei Tricks auf die Bühne zu legen, mit dem Unterschied, dass keiner zu sah.
Das war also meime Bestimmung. Saufen und sich mit Drogen zu zerstören.

Ich sang zu einem alten Rocklied - oder es hörte sich einfach alt an - und verätzte mir meine Kehle mit dem kühlen Vodka. Ich parkte an der Klippe, an der ich mit Pax war, stellte mir nach einem Joint vor, dass er neben mir war und lachte.
Ich rief ihn sogar an, doch er ging wie vermutet nicht ran.

Es war irgendwann kurz vor Mitternacht, als Mona anrief.
"Diese Party ist der Knaller ! Komm zu Jackson!"
Hatte ich sonst noch was übrig ?
Ich konnte mich entweder jetzt töten oder bis morgen warten.

"Bin gleich da ."

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Es hat heute bei uns geschneit. Das ist kein normales Aprilwetter mehr. Wie war das Wetter so bei euch ?

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